Strukturwandel des Alters
Die nachberufliche und nachfamiliäre Lebensphase in der bundesdeutschen Gesellschaft verändert sich auf eine bislang unbekannte Weise. Während "Alte" bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts eine soziale Minorität darstellten und als Gruppe gesellschaftlich weitgehend unbedeutend blieben
In den letzten Jahrzehnten ist in nahezu allen Industrieländern ein einschneidender "Strukturwandel des Alters" zu verzeichnen, der durch "Verjüngung", "Entberuflichung", "Feminisierung", "Singularisierung" und "Hochaltrigkeit" gekennzeichnet ist
Die Erwerbsquote älterer Frauen entwickelt sich als Folge der vermehrten Teilnahme am Erwerbsleben im mittleren Lebensalter gegenläufig. Sie stieg in den alten Bundesländern von 37,2 Prozent 1970 auf 48,8 Prozent 1996. Der Übergang in den Ruhestand konzentriert sich eindeutiger auf das 60. Lebensjahr, während er bei den Männern in der Altersspanne von 57 bis 65 Jahren erfolgt
Zwar kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht von einem Gültigkeitsverlust der männlichen Normalbiographie gesprochen werden, aber durch die faktische Verkürzung der Lebensarbeitszeit erhält die Erwerbsarbeit im Lebenslauf ein anderes Gewicht. Die einst "normale" Altersgrenze ist zum äußersten Arbeitslimit geworden, aber auch die Gefahr frühzeitigen unfreiwilligen Ausscheidens aus dem Erwerbsleben steigt - so bilden ältere Arbeitnehmer ab 45 Jahren in der Gruppe der Langzeitarbeitslosen mittlerweile eine Zweidrittel-Mehrheit
Die "Freisetzung des Alters in der Arbeitswelt" ist dabei vor allem Folge betrieblicher Personalstrategien, die weniger Leistungsproblemen Älterer geschuldet sind, sondern vielmehr Resultat zumeist völlig altersneutraler betriebswirtschaftlicher Anlässe
Unter sozialstruktureller Perspektive hat die Verkürzung der Lebensarbeitszeit eine gravierende Konsequenz - immer mehr Menschen scheiden zu einem immer früheren Zeitpunkt aus dem Erwerbsleben aus, ohne sich "alt" zu fühlen. Viele Ältere sind nicht mehr erwerbstätig, aber durchaus noch erwerbsfähig, und mit zunehmend besseren gesundheitlichen, materiellen und Bildungsressourcen ausgestattet. Auch auf Grund der gestiegenen Lebenserwartung kann die nachberufliche Lebensphase bis zu 25 Jahre und länger dauern. Die Selbstzuschreibung "Alt" erfolgt zumeist erst ab dem 70. bis 75. Lebensjahr und damit weit nach dem Eintritt in den Ruhestand
Dieses Auseinanderklaffen von "sozialem" und "biologischem" Alter hat eine zunehmende Differenzierung des Alters zur Folge. So wird bereits vom "dritten" und "vierten" Lebensalter gesprochen bzw. von "Jungsenioren, Senioren und Hochaltrigen"
In der gerontologischen Diskussion ist dabei ein Perspektivwechsel zu verzeichnen. Lange Zeit stand die Frage der individuellen Bewältigung des Übergangs in den Ruhestand und des damit in arbeitszentrierten Gesellschaften verbundenen Verlustes an sozialer Integration, Anerkennung und Partizipationsmöglichkeiten im Vordergrund. Insbesondere im männlichen Lebenslauf galt die Erwerbsaufgabe als kritisches Lebensereignis, zu dessen Bewältigung gesellschaftliche Unterstützung vonnöten sei. Kritisch hinterfragt wurde in diesem Zusammenhang die empirisch nie eindeutig belegte Theorie des notwendigen "Disengagements" Älterer, d. h. der Annahme, dass der Rückzug Älterer aus sozialen Rollen der Erwerbs- und Familienarbeit eine individuell wie gesellschaftlich funktional notwendige Vorbereitung auf den Tod sei
Angesichts der kürzer werdenden Lebensarbeitszeiten, der kontinuierlich steigenden Zahl Älterer und der damit verbundenen zunehmenden Belastung der sozialen Sicherungssysteme wird in den letzten Jahren jedoch verstärkt die Frage aufgeworfen, ob es sich eine Gesellschaft überhaupt noch leisten kann, die vorhandenen Zeit- und Kompetenzressourcen Älterer ungenutzt zu lassen
So erstaunt angesichts der geleisteten Beiträge Älterer zur Generationensolidarität, dass bei den hier vorgestellten Forderungen in ihrer Argumentationsweise vielfach die Anerkennung von bereits ausgeübten sozialen Aktivitäten sowie der Tatbestand unterschiedlicher Lebenslagevoraussetzungen für aktives wie produktives Alter(n) nicht ausreichend berücksichtigt werden. Wie die folgenden Ausführungen zeigen, ist Zeit auch im Alter eine Ressource, die nicht nur entpflichtete - freie - Zeitanteile enthält.
Zeitverwendung im Alter
Wie viel freie Zeit haben Ältere und wie verbringen sie diese? Die Sonderauswertung der Zeitbudgeterhebung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahre 1991/92 zur Zeitverwendung Älterer kommt zu dem Ergebnis, dass ältere Menschen zwischen 60 und 64 Jahren durchschnittlich 19 Stunden des Tages zu Hause verbringen, über 70-Jährige 20,5 Stunden. Dies ist gegenüber der Altersgruppe der 35- bis 44-Jährigen ein Mehr von knapp vier Stunden. Ältere Männer sind dabei etwas weniger häuslich als ältere Frauen
Im Hinblick auf die generelle Zeitverteilung ist festzuhalten, dass mit zunehmendem Alter erwartungsgemäß mehr Zeit für Freizeitaktivitäten
Für das höhere Lebensalter, die über 70-Jährigen, kommt die Berliner Altersstudie zu dem Ergebnis, dass von täglich durchschnittlich 16,2 Stunden freier Zeit fast 38 Prozent auf Freizeitaktivitäten, 7 Prozent auf soziale Aktivitäten im Sinne von Gesprächen und Besuchen und 15 Prozent auf Ruhen entfallen. Mit steigendem Lebensalter werden dabei die täglichen Ruhezeiten ausgeprägter, während die aktive Freizeit zurückgeht. Die meisten Aktivitäten werden alleine (64 Prozent) und zu Hause (80 Prozent) ausgeübt
Freizeitaktivitäten
Bezüglich der Handlungsmuster, die die Freizeit älterer Menschen bestimmen, kommt die Freizeitforschung seit den achtziger Jahren immer wieder zu folgenden Ergebnissen
1. Der höhere Anteil an Freizeit im Leben älterer Menschen wird zumeist zu Hause verbracht, wobei in der Regel alte Gewohnheiten ausgedehnt und intensiviert werden.
2. Das Freizeitverhalten im Alter wird weniger durch das chronologische Alter oder den Gesundheitszustand, sondern in erster Linie durch die Tätigkeiten und Interessen bestimmt, die bereits vor dem Ruhestand entwickelt worden sind, dies gilt auch für hilfs- und pflegebedürftige Personen; vor der Pensionierung gepflegte Pläne für Neues werden demgegenüber selten realisiert.
3. Geschlecht, Familienstand, sozioökonomischer Status, früherer Beruf sowie der Gesundheitszustand und das psychische Wohlbefinden haben allerdings ebenfalls einen Einfluss auf das Freizeitverhalten im Alter.
Das individuelle Freizeitverhalten weist somit über die Jahre eine hohe biographische Kontinuität auf, aber auch das Tätigkeitsspektrum der Gruppe der so genannten "jungen Alten" scheint sich in den letzten Jahren kaum verändert zu haben. Eine Befragung des BAT-Freizeit-Institutes (BAT= British American Tobacco) kommt zu dem Ergebnis, dass die Alltagsaktivitäten mehrheitlich männlicher Ruheständler im Alter zwischen 58 und 68 Jahren in den neunziger Jahren denen der achtziger Jahre sehr ähnlich und immer noch eher traditionell sind
Neben dem Medienkonsum sind "ausgiebige Frühstücke", "Spazierengehen" und "sich der Familie widmen" Tätigkeiten, die zwei Drittel und mehr der Ruheständler sowohl in den achtziger wie den neunziger Jahren täglich oder häufig in ihrer Freizeit betreiben
Auch die regelmäßige Inanspruchnahme von Bildungsangeboten ist noch gering - trotz der öffentlichen Aufmerksamkeit, die der Altenbildung zugemessen wird. Den Ergebnissen des Alterssurveys folgend, hatten in einem Zeitraum von zwölf Monaten von den 60- bis 85-Jährigen zwar 14 Prozent wenigstens einen Kurs oder Vortrag besucht, davon jedoch 8 Prozent seltener als einmal im Monat
Die Ergebnisse der BAT-Freizeitstudie deuten allerdings erste Veränderungen des Freizeitverhaltens im Alter an, insbesondere auch eine Zunahme von ehrenamtlichem Engagement und geselligen Aktivitäten mit Freunden und Bekannten. Wesentlich auffälliger sind jedoch die Haltungsänderungen auf Seiten der Seniorinnen und Senioren. So scheint die "Geschäftigkeitsethik"
Für kommende Generationen "junger Alter" ist von einer Intensivierung dieser Haltung auszugehen - handelt es sich doch zunehmend um Angehörige rund um die 68er Generation und den damit einhergehenden gesellschaftlichen Wertewandel. Der steigende Stellenwert von Selbstverwirklichung, Genuss, aber auch gesellschaftskritischen Haltungen in Kontrast zu den klassischen Sekundärtugenden wie Leistungsorientierung, Fleiß und Affirmation dürfte kaum den geeigneten Boden zur Umsetzung von "Wiederverpflichtungsplänen", insbesondere auch mit Blick auf den steigenden Hilfebedarf mit zunehmendem Lebensalter, hergeben. Eine ausgeprägtere Beteiligung an Initiativen zur Verbesserung der eigenen Lebenssituation sowie die Ausweitung von Bildungsaktivitäten sind demgegenüber wesentlich wahrscheinlicher.
Produktive Tätigkeiten
In der Diskussion um die Gestaltung der nachberuflichen bzw. nachfamiliären Lebenszeit kommt in den letzten Jahren, wie eingangs bereits erwähnt, den "produktiven Tätigkeiten" ein besonderes Augenmerk zu. Mit Blick auf den gesellschaftlichen Beitrag Älterer konzentriert sich die empirische Erfassung dabei bislang auf solche Tätigkeiten, die ökonomisch fassbare Werte schaffen, wie z. B. Alterserwerbstätigkeit, Pflegetätigkeiten, (Enkel-)Kinderbetreuung, soziale Netzwerkhilfe, Hausarbeit und ehrenamtliches Engagement
Während die Alterserwerbstätigkeit deutlich rückläufig ist, binden unentgeltliche produktive Tätigkeiten im privaten oder ehrenamtlichen Bereich stärker die Ressourcen vieler Älterer. Auswertungen des Alterssurveys
(Enkel-)Kinderbetreuung geben im Rahmen des Alterssurveys 27 Prozent der 55- bis 69-Jährigen und 15 Prozent der 70- bis 85-Jährigen an. Frauen engagieren sich hier wesentlich häufiger als Männer, Ältere beiderlei Geschlechts in den neuen Bundesländern stärker als in den alten, wobei diese regionalen Unterschiede auch Folge unterschiedlicher Sozialisationsstrukturen sind.
Auch für den Bereich der informellen Netzwerkhilfe geben im Alterssurvey für den Zeitraum eines Jahres fast ein Drittel aller 55- bis 69-Jährigen und immerhin noch ein knappes Fünftel der 70- bis 85-Jährigen an, haushaltsfremde Personen aktiv unterstützt zu haben.
Schließlich erfreut sich unter den produktiven Tätigkeiten im Alter das ehrenamtliche, also freiwillige Engagement einer steigenden öffentlichen Aufmerksamkeit. Bei der Frage nach individuell wie gesellschaftlich sinnvollen Betätigungsmöglichkeiten für Ältere wird gerne auf ehrenamtliche Aufgabenfelder und noch nicht ausgeschöpfte Potenziale verwiesen
Die vorliegenden Befunde zum Ausmaß ehrenamtlichen Engagements im Alter sind dabei äußerst uneinheitlich
Längsschnittdaten zeigen zudem, dass seit Mitte der achtziger Jahre auch bei den über 60-Jährigen die Engagementbereitschaft gestiegen ist. Allerdings nehmen vor allem die Anteile der Älteren zu, die sich eher sporadisch ehrenamtlich engagieren
Aktivität und Produktivität als Resultat positiver Lebenslagemerkmale
Als bisheriges Fazit ist festzuhalten, dass die Zeitverwendung Älterer zum einen immer noch durch ein häuslich orientiertes und eher traditionelles Freizeitverhalten, zum anderen aber auch durch die nicht unwesentliche Erbringung von Leistungen für Dritte gekennzeichnet ist, auch im höheren Alter. Wie die Lebensphase Alter gestaltet wird, hängt dabei nur z. T. von individuellen Gelegenheitsstrukturen und persönlichen Präferenzen ab. Immer wieder zeigen Untersuchungen, dass Möglichkeiten und Optionen für Aktivität und Produktivität im Alter sozial ungleich verteilt sind
Diesen Aspekten wird in der öffentlichen Diskussion z. T. nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Im Gegenteil, über die Verteilung von positiv wie negativ eindeutig wertenden Lebensstiletiketten wie "resignierte Ältere", "sicherheits- und gemeinschaftsorientierte Ältere", "pflichtbewusst-häusliche Ältere" und "neue Alte"
Derzeit bestehende Ansätze zur gesellschaftlichen Gestaltung des Alters und zur Unterstützung einer "tätigen nachberuflichen Lebensphase"
Zwar legitimieren sich die bestehenden Programme darüber, dass in jeder kommenden Altengeneration bessere Bildungs-, Einkommens- und Gesundheitsvoraussetzungen erwartet werden und dementsprechend die gegenwärtig eher noch recht kleine Gruppe der "neuen Alten" bald den Lebensstil im Alter prägen werde. Diese Perspektive klammert allerdings einige gegenläufige Tendenzen aus:
- Trotz durchschnittlich steigender Alterseinkommen ist für die Zukunft von einer zunehmenden "ökonomischen Polarisierung" des Alters auszugehen
- Erwerbs- und vor allem familiäre Versorgungsbiographien werden insbesondere für Frauen zunehmend instabiler und unsicherer mit dem Resultat eines höheren Armutsrisikos im Alter. Zugleich ändern sich jedoch auf Grund der gestiegenen Erwerbsbeteiligung von Frauen sowie der (langsamen) Veränderungen der Geschlechterrollen auch die Eintrittsbedingungen von Frauen in die Lebensphase des Alters.
- Als ein weiteres Risiko in der Lebenslage gilt der Gesundheitszustand älterer Menschen. Auf Grund der Zunahme chronischer Krankheiten ist die Gruppe der hochaltrigen Alten besonders betroffen
- Die Zahl älterer Migranten wird in Zukunft deutlich steigen. Ihre Lebenslagen sind in ausgeprägtem Maße von ungünstigen Bedingungen gekennzeichnet. Dementsprechend wird zukünftig ein - regional z. T. sehr ausgeprägter - gesellschaftlicher Handlungsbedarf auch im Bereich der offenen Altenhilfe entstehen.
Konsequenzen für die Altenpolitik
Gerade weil die Mehrheit zukünftiger Älterer über ausreichende Finanz-, Bildungs- und soziale Ressourcen verfügt, ist davon auszugehen, dass sie das "Alter" erfolgreich bewältigen und zunehmend in der Lage sein werden, eigene Interessen zu organisieren. Diese Ansätze gilt es gesellschaftlich zu unterstützen. Versteht sich Altenpolitik als sozial verantwortliches Handeln mit dem Ziel des Ausgleichs sozialer Disparitäten, so ist jedoch zukünftig eine verstärkte Aufmerksamkeit für die benachteiligten Gruppen unter den Älteren vonnöten. Dabei ist die Stärkung von Eigeninitiative, Selbsthilfe und Bürgerengagement grundsätzlich zu begrüßen; aber "dort, wo die Potentiale auf Grund materieller, gesundheitlicher oder sozialer Defizite eingeschränkt bzw. ihrer Nutzung Grenzen gesetzt sind, sollen besondere Anstrengungen unternommen werden, um diese Beschränkungen abzumildern oder ganz aufzuheben"
Notwendig ist demgegenüber eine stärkere Zielgruppenorientierung und soziale Differenzierung in der Altenarbeit, die unterschiedlichen Kompetenzen, biographischen Erfahrungen, ethnischen Voraussetzungen und materiellen wie immateriellen Ressourcen Rechnung tragen. Wichtig ist darüber hinaus die infrastrukturelle Verankerung im vorrangigen Lebensraum gerade auch benachteiligter Älterer, dem Stadtteil
Ausblick
Es ist offenkundig, dass die demographischen Entwicklungen und ihre sozialen Folgen nicht ohne Konsequenzen für die Sozialpolitik in Deutschland und für die künftige Finanzlage der sozialen Sicherungssysteme sein werden. Angesichts des Altersstrukturwandels gewinnt folglich die Frage nach der Tragfähigkeit des Generationenvertrages noch stärker an Bedeutung. Dessen vorrangige Ausrichtung auf die finanzielle Sicherung der älteren Generation hat bereits den Nimbus der allein ausreichenden Altersvorsorge verloren, da die immaterielle Versorgung älterer Menschen zunehmend Einfluss auf deren Lebenslage nimmt. Insbesondere sind hier die personenbezogenen sozialen Dienste, in ihrer Wichtigkeit als nicht-monetäre Unterstützungsleistungen, maßgeblich für die Lebenslagen der wachsenden Gruppe der Älteren. Eine moderne Interpretation des Generationenvertrages hätte dieser Erkenntnis durch die gleichzeitige Absicherung der materiellen und immateriellen Risiken des Alters Rechnung zu tragen
Zwar ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt (noch) von einem funktionierenden System der intergenerationellen familiären Unterstützungsleistungen auszugehen (sowohl von den Jüngeren für die Älteren, aber auch der wirtschaftlich Stärkeren für die wirtschaftlich Schwächeren
Darüber hinaus stellt sich im Gesamtbild der sozialen Veränderungen der Faktor der ,Freien Zeit' - und dies nicht nur bezüglich der Älteren - als gesellschaftliche Gestaltungsaufgabe dar. Dabei stehen die gegenwärtigen Zeitstrukturen, die sich am Konzept der so genannten "Normalarbeitszeit" orientieren, grundsätzlich zur Disposition. Denn die - selbst in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit - nach wie vor starre Ordnung der Lebensarbeitszeitstrukturen, durch die die Zugangsbedingungen zu Bildung, Arbeit und Freizeit altersspezifisch festgelegt werden und durch die zugleich Erwerbsarbeit als die dominante, sozial akzeptierte Form der Arbeit "privilegiert" wird, hat eine ungleiche Verteilung der Zeitsouveränität zwischen den Generationen zur Folge. Ziel sollte dementsprechend eine gerechtere Verteilung von freier Zeit über den gesamten Lebenslauf sein. Erste Schritte in Richtung flexiblerer Lebensarbeitszeitmodelle werden dabei in den Diskussionen über Teilzeitarbeit, Wahlarbeitszeiten, Erziehungs- und Pflegeurlaube, Weiterbildungszeiten und Sabbaticals sowie vor allem der Altersteilzeit deutlich
Eine Flexibilisierung der Lebensarbeitszeit
Für beide Bereiche der staatlichen Sozialversicherung sind die ersten Schritte getan oder zumindest angedacht. Für den ebenso wichtigen Bereich der personenbezogenen sozialen Dienste sind demgegenüber zusätzliche Anstrengungen vonnöten. Dazu zählt auch die Neuorganisation von Lebensarbeitszeit, indem sie die dafür erforderlichen zeitlichen Freiräume schafft. In der Konsequenz wird so für eine perspektivische Erweiterung des Generationenvertrags in Richtung auf intergenerationelle Solidarität in beide Richtungen plädiert. Dies kann mit dazu beitragen, die demographischen Herausforderungen der Zukunft ohne nennenswerte Generationenkonflikte zu lösen.