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Die großen Interessenverbände und ihr Einfluß | APuZ 48/1973 | bpb.de

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APuZ 48/1973 Artikel 1 Um die soziale Sicherheit Die großen Interessenverbände und ihr Einfluß

Die großen Interessenverbände und ihr Einfluß

Thomas Ellwein

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die Darstellung über den Verbändeeinfluß beruht auf Auswahlkriterien, welche sich durch drei Fragen näher bestimmen lassen: Welche Interessen finden in der Bundesrepublik Deutschland Verbandsrepräsentanz? Welche Partizipationschancen eröffnen sich dem Verbandsmitglied? Wie üben die Interessenverbände Einfluß aus? Der Beschreibung des Verbandseinflusses wird eine Typologie zugrunde gelegt, die im Ansatz schon auf die jeweiligen Einflußmöglichkeiten hinweist: 1. Vereinigungen innerhalb des Wirtschafts- und Arbeitssystems; 2. Vereinigungen im sozialen Bereich; 3. Vereinigungen im Freizeit-Bereich; 4. Vereinigungen im Bereich von Kultur, Politik und Religion; 5. Einen Sonderfall bilden schließlich die Vereinigungen von politischen und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts. Idealtypisch kann von einem Verein dann gesprochen werden, wenn die relevanten Zwecke primär internen Charakter haben, und vom Verband, wenn es vorwiegend um Außenvertretungen geht. Einflußreich ist ein Verband dann, wenn er für seine Belange und Forderungen Zugang zur Öffentlichkeit findet, wenn er sich als Informationslieferant für Ministerialbürokratie und Parlament unentbehrlich macht, der Öffentlichkeit suggerieren kann, er vertrete nicht spezifische Gruppen-, sondern allgemeine Interessen. Notwendige Kritik gegen den Verbändeeinfluß hätte sich nicht gegen diese Interessenvertretung und die damit verbundene Interessenauswahl zu richten, sondern dagegen, daß sich Verbände dem umfassenden Öffentlichkeitsanspruch des politischen Systems entziehen und daß ihr Einfluß nicht ausgewogen stattfindet. Wo immer es um politischen Einfluß geht, muß er den demokratischen Normen des politischen System entsprechen, also in der Hauptsache auf einem in verbandsinterner, freier Wilensbildung zustande gekommenen Mandat beruhen und öffentlich erfolgen — trotz der Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen.

Mit dem Gegenstand dieses Beitrages geht es ähnlich zu wie mit der öffentlichen Verwaltung. Ihr gegenüber, so heißt es in einem bekannten Lehrbuch des Verwaltungsrechts, sei die Wissenschaft von jeher um eine Definition verlegen. „Das hat seinen Grund nicht in einer mangelnden Durchbildung der Wissenschaft. Es handelt sich überhaupt nicht um einen behebbaren Mangel der Theorie. Vielmehr liegt es in der Eigenart der Verwaltung begründet, daß sie sich zwar beschreiben, nicht aber definieren läßt." Auch die Interessenverbände beschäftigen die Wissenschaft ausgiebig. Man kann sich aber nicht auf eine befriedigende Definition verständigen; deshalb läßt sich das zu behandelnde Gebiet nicht zureichend abgrenzen Was stellen Verbände überhaupt vor? Worin unterscheidet sich von ihnen die besondere Spezies der Interessenverbände? Welche Rolle spielen Interessen in der Gesellschaft? Welche Möglichkeiten für die Partizipation des Bürgers entstehen durch die Verbände? Solche Fragen lassen sich beliebig vermehren und zeigen, wie relativ unbestimmt das ist, worum es nachfolgend gehen soll, und unter welchen unterschiedlichen Aspekten man es sehen kann. Kurz: Dem Autor eröffnen sich gerade für einen kurzen Beitrag die verschiedensten Wege des Vorgehens; das Thema kann ins Beliebige abgleiten.

Der nachfolgende Beitrag ist vornehmlich deskriptiv angelegt. Die Beschreibung beruht auf Auswahlkriterien, welche sich durch drei Fragen näher bestimmen lassen: Welche Interessen finden in der Bundesrepublik Deutschland Verbandsrepräsentanz? Welche Partizipationschancen eröffnen sich dem Verbandsmitglied? Wie üben die Interessenverbände Einfluß aus? Erst im Anschluß an die Deskription, welche einer Beantwortung dieser drei Fragen dient, wenden wir uns den eher theoretischen Problemen zu, wobei die Absicht überwiegt, den Stellenwert des Verbandseinflusses im politisch-sozialen System näher zu bestimmen

Vereinigungen in der Bundesrepublik

Welche Interessen werden in der Bundesrepublik durch Verbände repräsentiert? Oder prinzipieller: Welche Gegebenheiten des politisch-sozialen Systems begünstigen das Formieren von Interessen und welche erschweren es? Diese beiden Fragen decken sich nicht voll; beide wenden sich aber zunächst dem System der Vereinigung als einem Ganzen zu. Gerade dies tut die Wissenschaft in der Regel nicht. Sie kann dabei von einer ganz praktischen Erwägung ausgehen. Die Zahl der Vereinigungen ist nämlich unbekannt. In der Bundesrepublik Deutschland läßt sich allenfalls mit der Faustregel arbeiten, daß auf jeweils tausend Einwohner mindestens drei bis vier Vereinigungen kommen. Das entspräche einer Gesamtzahl von über 200 000. Da hierzu örtliche oder regionale Totalerhebungen nicht vorliegen handelt es sich unstrittig um einen unhantierbaren Gegenstandsbereich. Ihm gegenüber muß sich die Wissenschaft entweder zurückhalten oder sie muß ihn auf ihre Weise hantierbar machen.

Auf diese Weise kommen wir zu der einleitend absichtlich ausgeklammerten Notwendigkeit einer Definition. Um einen Gegenstand hantierbar zu machen, grenzt ihn die Wissenschaft durch Definition ein. Fast alle gängigen Verbands-und auch die meisten Interessenbegriffe dienen der Einschänkung dessen, was es zu analysieren gilt Dagegen läßt sich nichts einwenden, wenn man sich der Probleme des Vorgehens bewußt bleibt. Am Beispiel: Nimmt man per definitionem die vielen tausend kleinen Sport-und Gesangs-vereine aus der Betrachtung heraus, handelt es sich nur dann um ein legitimes Verfahren wissenschaftlicher Analyse, wenn man nicht so tut, als ob es in jenen Vereinen überhaupt nicht um Interessen, um Einfluß, um relevante Gruppenbildung ginge. Abgesehen von den vielleicht übermächtigen Dachverbänden — ich erinnere an den Einfluß der Deutschen Sportverbände auf das Fernsehprogramm — wird jeder kleine Sportverein zur Lobby, wenn es um einen Zuschuß zum örtlichen Sportplatz geht, gibt jeder kleine Sportverein die Bühne ab, auf welcher der Bundestagsabgeordnete seine spätere Wahl mehr absichert als in Parteiveranstaltungen, und kann jeder kleine Sportverein ein wichtiges Vehikel sein, über das Interessen der Sportindustrie in mehrerlei Hinsicht zur Geltung kommen. Dies alles darf man nicht wegdefinieren, auch wenn man es nur bruchstückhaft und vielfach ohne zureichendes empirisches Material einzubeziehen vermag.

Ähnliche Bedenken muß man gegen viele der verbreiteten Verbandstypologien anmelden

So unbestreitbar ihre Notwendigkeit ist — wie wollte man sonst der Vielzahl von Verbänden deskriptiv und analytisch gerecht werden —, so wenig darf man übersehen, daß jede Typologie auf einer Vorauswahl oder auf Vorentscheidungen beruht, mit denen sich bestimmte Vorstellungen von Macht, Einfluß oder Interessen durchsetzen, welche man später, während des Geschäfts der Einordnung konkreter Verbände in die Typologie, meist wieder vergißt. Das gilt sogleich für die wohl allgemeinste Einteilung der Verbände, „die fast in der ganzen Literatur (z. T. widerstrebend) übernommen wurde, (nämlich) die Sonderung der materiell interessierten oder in engerem Sinne . ökonomischen Gruppen'von den nicht ökonomischen oder . sozialen Gruppen', zu denen vor allem Verbände mit politischen (soweit sie nicht mit Parteien verbunden sind), religiösen oder humanitären und kulturellen Zielen gehören" (promotional groups) Diese Typologie kommt der Selbstdarstellung vieler Verbände weit entgegen, nicht jedoch der Realität, in der sie, ob man das nun schön findet oder nicht, immer schwerfällt, zwischen materiellen und ideellen Interessen klar zu unterscheiden.

Ohne auf die gängigen Typologien weiter einzugehen, legen wir der Deskription vier Bereiche zugrunde, was eine vorläufige Ordnung erlaubt, ohne ganz trennscharf zu sein.

Außerdem muß noch von einer Sondergruppe die Rede sein:

1. Vereinigungen innerhalb des Wirtschaitsund Arbeitssystems. Zu ihnen gehören vor allem die Produzentenvereinigungen (Wirtschaftsverbände, Innungen, Kammern, deren Zusammenschlüsse usw.), die weithin fehlenden, jedenfalls aber machtlosen Konsumentenvereinigungen, die Vereinigungen der Arbeitspartner im weiteren Sinne und die Berufsvereinigungen einschließlich der Berufsgenossenschaften. 2. Vereinigungen im sozialen Bereich, gleichgültig ob es sich dabei um Verbände handelt, die soziale Interessen ihrer Mitglieder vertreten, oder um solche, welche unbestimmten oder bestimmten Personengruppen helfen oder deren Selbsthilfe unterstützen wollen.

3. Vereinigungen im Freizeit-Bereich, welche der gemeinsamen Pflege von Sport, Musik, Hobbys, Geselligkeit usw. und eventuell auch der Wahrnehmung sich damit verbindender Interessen dienen.

4. Vereinigungen im Bereich von Kultur, Politik und Religion, deren gemeinsames Merkmal der sich Wertorientierung ergibt — und damit vielfach in die Behauptung einmündet, man spreche für eine Gruppe, die viel größer als die im eigenen Verband organisierte sei; zu den kulturellen Vereinigungen gehören auch solche wissenschaftliche, die nicht zu den Berufsvereinigungen zählen.

5. Einen Sonderfall bilden schließlich die Vereinigungen von politischen und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechtes, also in der Hauptsache die Vereinigungen der Gemeinden, Gemeindeverbände und ihrer selbständigen oder nicht selbständigen Einrichtungen. Von einem Sonderfall müssen wir deshalb sprechen, weil hier der Theorie nach keine „eigenen" oder „Gruppeninteressen" zu repräsentieren sind und sich hinsichtlich des Mandats der Organe dieser Vereinigungen Schwierigkeiten ergeben können.

Diese Gruppen von Vereinigungen lassen sich in Kürze etwa so beschreiben:

Wenig Zuordnungsschwierigkeiten gibt es bei der Organisation von Fieizeitinteressen. Die entsprechenden Vereinigungen — meist eingetragene Vereine — bilden ihrer Zahl nach mit Abstand die größte Gruppe. In ihren regionalen und bundesweiten Zusammenschlüssen und in ihren Dachverbänden errechnen sich auch Mitgliederzahlen, welche mit denen des Deutschen Gewerkschaftsbundes — nach den Kirchen der mitgliederstärkste Verband schlechthin — konkurrieren können Die Freizeitvereinigungen verfügen darin über das weithin gemeinsame Merkmal, daß sie Dienstleistungen erbringen. Unter diesem Oberbegriff lassen sich dann so unterschiedliche Vereinigungen zusammenfassen wie der ADAC, bei dem man sich als Mitglied bestimmte Dienstleistungen „kauft", oder die Wissenschaftliche Buchgesellschaft, welche die Vereinsform — und die Mitgliedsbeiträge als deren Ausdruck — benötigt, um die Ladenpreisbindung von Büchern u umgehen, oder ein kleiner Gesangs-oder Wanderverein, in dem Mitglieder direkt zusammenkommen oder in dem ihr Kontakt und gemeinsame Veranstaltungen durch den Vereinsvorstand erleichtert oder initiiert werden. Dabei geht es dann um sehr unterschiedliche Formen auch der Mitgliedschaft, weil diese sowohl persönliches Engagement als auch bloß Beitragshingabe und viele Formen dazwischen bedeuten kann — natürlich auch innerhalb eines Vereins selbst, der durchaus für die Masse der Mitglieder nur Zahlstelle zu sein braucht, während er für einen Kern noch ganz andere Bedürfnisse befriedigt. Eine Analyse erschweren innerhalb dieser Gruppe deren Dachverbände. Bei ihnen kann es sich viel stärker um Repräsentation organisierter Interessen handeln, um Interessenwahrneh-mung in der und gegenüber der Öffentlichkeit, um Einflußnahmen auf die politische Führung. Dachverbände wirken in diesem Sinne als Lobby für den Bau von Sportanlagen oder für die Pflege des Musikunterrichts in den Schulen. Zwischen ihnen und der Ministerialbürokratie oder der Politik gibt es persönliche Beziehungen und Bindungen. Unübersehbar sind auch die ökonomischen Interessen, welche auf dieser Ebene ins Spiel gelangen. Freizeit und Freizeitinteressen erweisen sich somit als mehrdimensional. Der Sport diene als Beispiel, wenn er hier der Erholung wegen, dort als Disziplinierungsmittel oder als Reaktion auf Werbeeinflüsse betrieben wird. Auf diese Weise machen erst die Dachverbände deutlich, welchen Mechanismus auch die Organisation von Freizeitinteressen darstellen kann — das „kann" bleibt wichtig; wer hinter allem und jedem nur die ökonomischen Impulse wittert, wird der Realität kaum gerecht.

Eine ebenso facettenreiche Gruppe bilden die Vereinigungen im sozialen Bereich. Die Vereinigungen dieser Gruppe unterscheiden sich von den Vereinigungen im Wirtschafts-und Arbeitssystem dadurch, daß sie sich nicht am Berufsfeld orientieren, die Mitgliedschaft in ihnen also in aller Regel mit dem Beruf als der hauptsächlichen Erwerbsquelle nichts zu tun hat. Im Mittelpunkt der Bestrebungen von Vereinigungen dieser Gruppe steht die soziale Hilfe im weitesten Sinne. Es kommt mithin zum Zusammenschluß, weil Besonderheiten der sozialen Position als benachteiligend empfunden werden oder objektiv benachteiligend sind und man hofft, dies durch eine gemeinsame Organisation mindern oder sogar beseitigen zu können. Zu der genannten Gruppe zählen die vielen Selbsthilfeorganisationen von den Clubs der Langen bis hin zu den Vertriebenenverbänden, soweit sich diese überwiegend als Sozialverbände betrachten, was zunehmend weniger der Fall ist, oder von den Hausfrauenverbänden bis zu kleinen Zusammenschlüssen älterer Menschen. Neben wenigen großen Verbänden geht es im Selbsthilfebereich meist um kleine Vereine, die den Vereinszweck schon erreichen, indem es eben zum Zusammenschluß und damit zum Kontakt, zum Erfahrungsaustausch und zur unmittelbaren persönlichen Hilfe kommt. Ähnlich fällt das zahlenmäßige Verhältnis auch bei denjenigen sozialen Vereinigungen aus, die vorwiegend der Hilfe für andere dienen. Hierzu zählen das Rote Kreuz, die Caritas oder die Innere Mission, Vereinigungen der Gefangenenfürsorge, der Verein der Freundinnen junger Mädchen, der Seerettungsdienst, der Mütterdienst, die zahllosen Fördervereine für Kindergärten, Schulen, Altersheime, Erholungsheime usw. und bedingt auch die freiwilligen Feuerwehren. Insgesamt bilden die Vereinigungen dieser Gruppe einen Bereich, in dem zu einem Teil soziale Selbstregulierung innerhalb der Gesellschaft stattfindet — dies macht auch den Schwerpunkt der Tradition aus —, wobei wir unberücksichtigt lassen, ob man dabei Mängel im sozialen System nur verhüllt oder sie zureichend transparent macht, während zu einem anderen Teil spezifische Vereinigungen eben verdeutlichen, daß Selbsthilfe nur begrenzt wirkt, also der Staat eingreifen muß. Ein Teil der großen Sozial-verbände konzentriert sich deshalb auch ganz auf die Lobby-Tätigkeit — als Beispiel dafür sei das Deutsche Studentenwerk genannt, ehedem ein der Selbsthilfe dienender Verein, heute ein Dachverband mit dem wichtigsten Zweck, in Bonn studentische Sozialbelange zu vertreten

Die Vereinigungen im Bereich von Kultur, Politik und Religion bilden eine höchst differenzierte Gruppe. Ihr gehören Vereinigungen zur Förderung „ideeller" Interessen an, weithin also Gesinnungsgemeinschaften. Als gemeinsames Merkmal läßt sich die Wertorientierung oder das „pflegende" Element ansprechen. Verbindlicher wirkt die negative Abgrenzung: Die Vereinigungen dieser Gruppe streben für ihre Mitglieder oder für sich selbst keine ökonomischen Vorteile und keine soziale Sicherung an und im Vergleich zu Freizeitvereinigungen spielt für sie auch die „Geselligkeit" oder eine sonstige „Freizeitgestaltung" keine ausschlaggebende Rolle — etwas spielt dieses Moment allerdings stets mit herein. Aus der Wertorientierung ergibt sich das verbreitete Bestreben in Vereinigungen dieser Gruppe, für eine „Quasi-Gruppe" aller Recht-gläubigen, Vernünftigen, Naturliebenden usw. zu sprechen. Was man selbst als „Wert" empfindet, gilt objektiv als Wert und soll dementsprechend allgemein anerkannt werden. In Vereinigungen dieser Gruppe kann es deshalb missionarisch oder auch sektiererisch zugehen; meist handelt es sich aber um eine einfache Fördertätigkeit, mit deren Hilfe man in der Öffentlichkeit Akzente zu setzen hofft. In diesem Sinne gibt es eine große Spannweite von Vereinigungen, die zu der behandelten Obergruppe zählen: unter den politischen Gruppen z. B. die Europa-Union oder Landsmannschaften; unter den kulturellen Gruppen die Tier-oder Naturschutzvereine oder die zahllosen Verbände, die sich der Erhaltung von Brauchtum oder Kunstwerken widmen; unter den weltanschaulichen oder religiösen Gruppen schließlich die Kirchen oder besondere Gesinnungsbünde.

In diesem Zusammenhang ergeben sich zwei Besonderheiten: Die eine bilden die großen christlichen Kirchen. Sie wollen in Zusammenhang mit dem Verbandswesen nicht erwähnt werden und allenfalls als Vereinigung sui generis gelten, was die ihnen verliehene Privilegierung in praxi auch unterstreicht Zu einem Teil drückt sich in diesem Verhalten die Ablehnung all dessen aus, was sich mit dem Begriff der „pressure group" verbindet. Klaus von Beyme weist aber sicher zutreffend darauf hin, daß „von seinem Selbstverständnis her gesehen ... jedoch kaum ein Verband eine , pressure group'ist Fraglos repräsentieren aber auch die Kirchen Interessen, vertreten sie gegenüber Öffentlichkeit und politischer Führung und bedienen sich nahezu aller üblichen Mittel der politischen Einflußnahme. Umgekehrt ergeben sich für das einzelne Kirchenmitglied: Mitgliedschaft, Beitragspflicht, Mitwirkungsmöglichkeiten und immer wieder die Frage, ob denn Kirchenvertreter durch jene Mitwirkung dazu legitimiert sind, so im Namen der Kirchenmitglieder zu sprechen, wie sie es oft tun, oder ob man sich als Kirchenangehöriger mit der von den Kirchen beanspruchten Legitimation abfinden soll, Stellungnahmen auch ohne Zustimmung der Kirchenangehörigen abgeben zu können — mit der Begründung, die Kirche sei kein demokratisch sich legitimierender Verband, sondern eine eigenen Gesetzen unterworfene societas, eine Auffassung, die zwischen den beiden großen Kirchen kontrovers ist.

Als eine andere Besonderheit seien hier die spezifisch wissenschaftlichen Vereinigungen angesprochen, die im allgemeinen den kulturellen zugerechnet und dann vergessen werden. Zu einem Teil fällt die Wissenschaftspflege in den Bereich der Fortbildung und damit in die Zuständigkeit berufsständischer Vereinigungen. Was übrig bleibt, bedarf insofern der „Pflege", als es andernfalls nicht genügend zur Geltung käme. So gesehen übernehmen die zahllosen historischen Vereine eine wichtige wissenschaftsfördernde Funktion, ähnlich der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik, der Deutschen Vereinigung für Parlamentsfragen oder ähnlich auch einem Verein, der nur existiert, um eine Ex-10 pedition zu fördern. Der Bereich verdient auch deshalb hervorgehoben zu werden, weil er nur gering besetzt ist. Wissenschaftsförderung ohne unmittelbare ökonomische oder persönliche Interessen kommt selten vor; entsprechende Vereine finden auch nicht viele Mitglieder. Nur in den eher traditionellen Bereichen wie denen der Geschichtswissenschaft, der Literatur oder der Sprachforschung, der Musik und der Geographie gibt es genügend Förderorganisationen, deren Mitglieder ohne materielle Interessen etwas ermöglichen — sei es auch nur das Verfügbar-machen eines Sockelbetrages, mit dessen Hilfe man dann öffentliche Zuschüsse erhalten kann.

Als Sonderfall wurde die Gruppe der Vereinigungen von Körperschaften des öffentlichen Rechts eingeführt. Wie bei anderen Interessenverbänden auch geht es diesen Vereinigungen um eine Interessenvertretung gegenüber Öffentlichkeit und politischer Führung. Bund und Länder beherrschen die „Bundesebene" unmittelbar, die Länder über den Bundesrat. Der kommunale Bereich findet sich nicht vertreten, obgleich der Bundesgesetzgeber z. B. auch über die Finanzausstattung der Gemeinden entscheidet. In dieser Sicht bedeuten der Deutsche Städtetag oder der Gemeindetag einen Repräsentationsersatz. In anderer Sicht geben sie den Hintergrund ab für die Tätigkeit der Arbeitsgemeinschaften kommunaler Arbeitgeber (als Tarifpartner) oder für mannigfache Dienstleistungen gegenüber den Mitgliedern, wobei nur die Arbeit der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsvereinfachung erwähnt sein soll. Dennoch bleibt es ein Sonderfall, daß mit Hoheitsrechten ausgestattete Gebietskörperschaften sich in Verbänden eigener Art zusammenfinden, um dann gemeinsam Lobby-funktionen wahrzunehmen. Das schwört den staatstheoretischen Zwiespalt herauf, daß nämlich kommunale Mandatare des Souverräns mit staatlichen Mandataren des gleichen Souveräns Interessenkonflikte z. B. um Steueranteile austragen — ein Konflikt, den man hinsichtlich des Bundesrates durch dessen formale Konstruktion als reines Bundesorgan vermeiden konnte. Sicher läßt sich in der Staatspraxis jener Zwiespalt neutralisieren;

bei der relativen Sonderstellung der Gruppe aber bleibt es. Zur Gruppe gehören außerdem Vereinigungen wie die Westdeutsche Rektorenkonferenz, ebenfalls ein Zusammenschluß öffentlich-rechtlicher Anstalten und Körperschaften; der Zwiespalt erscheint hier weniger deutlich; die Frage nach dem Mandat stellt sich jedoch ebenfalls.

Abschließend wenden wir uns der Gruppe von Vereinigungen zu, von der am meisten die Rede ist und die vielfach allein als der Inbegriff für Interessengruppen gilt, also den Vereinigungen innerhalb des Wirtschaftsund Arbeitssystems. Trotz mancherlei Bedenken kann man hier von einer Gesamtgruppe sprechen, weil es alle anzusprechenden Vereinigungen deutlich mit beruflichen oder ökonomischen Interessen ihrer Mitglieder zu tun haben — zumeist sogar mit primären Interessen Sicher berücksichtigt man daneben auch Dienstleistungsbedürfnisse und bemüht sich um Erfahrungsaustausch, Fortbildung, Information. In der Hauptsache geht es aber um die Interessenvertretung „nach außen", wobei „außen" dann als Ansprechpartner entweder der Staat oder seine Organe oder aber andere Interessenvertretungen auftauchen. Deskriptiv läßt sich innerhalb der Gruppe ein engerer Wirtschaftsbereich ausmachen, in dem vorwiegend die Produzentenvereinigungen auftreten, also die Industrie-und Handelskammern, die (fachlichen) Wirtschaftsvereinigungen, die Handwerkskammern und Innungen usw., alle orientiert an den verschiedenen Branchen und Formen der Produktion und der Verteilung von Gütern. Als Mitglieder treten fast ausnahmslos Betriebe auf, vertreten durch die Inhaber oder deren Beauftragte, so daß die Produzentenvereinigungen zugleich auch Arbeitgebervereinigungen darstellen; beschränkte Mitwirkungsmöglichkeiten der Arbeitnehmer in Kammern und Innungen ändern daran nichts. Partner dieser Produzentenvereinigungen müßten idealtypisch Konsumentenvereinigungen sein. Sie fehlen weithin. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verbraucherverbände kann die Lücke nicht ausfüllen; das Konsumenteninteresse erscheint als ein zu allgemeines Interesse, um eine Repräsentationschance zu finden. Das verweist auf ein Kernproblem des Verbändesystems. Wir kommen darauf zurück. Neben dem Wirtschaftsbereich gibt es den Arbeitsbereich mit den Organisationen der Arbeitspartner. Hier erhält ein Unterschied Bedeutung: Die Arbeitgeber verfügen über ein weitgefächertes Verbändesystem; sie können deshalb einfunktionale Arbeitgebervereinigungen bilden — zusammengefaßt in der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände neben der Vertretung öffentlicher Dienstherren. Demgegenüber übernehmen die Gewerkschaften nur im Mittelpunkt ihres Funktionsbündels Aufgaben als Tarifpartner, um im übrigen zahllose Dienstleistungen zu erbringen, „öffentliche" Funktionen wahrzunehmen und dem Anspruch nach die Arbeitnehmer auch gesellschaftspolitisch zu vertreten An Organisationen stehen dafür vor allem die Einzelgewerkschaften des DGB, die DAG und der DBB bereit. Schließlich sind noch die Berufsvereinigungen zu erwähnen, die nicht zugleich Produzentenvereinigungen sind, in erster Linie also die Vereinigungen der freien Berufe und ihre Kammern sowie die Vereinigungen der Landwirtschaft, zu denen wieder zum Teil ein entsprechendes Kammersystem gehört. Ein großer Teil der Fragen wegen des von Verbänden ausgeübten Einflusses auf die politische Willensbildung stellt sich in Zusammenhang mit diesen Vereinigungen des Wirtschafts-und Arbeitssystems. Die übrigen Vereinigungen bleiben gleichwohl wichtig, insoweit sie Funktionen im gesellschaftlichen System wahrnehmen, die für das System unentbehrlich sind.

Welche Interessen finden sich repräsentiert?

Welche Interessen werden durch dieses Vereinigungssystem repräsentiert? Einige Zahlen geben ersten Aufschluß. Da wir die Zahl der Vereinigungen nicht kennen, läßt sich auch die Zahl ihrer Mitgliederschaft nicht ermitteln. Umgekehrt erlaubt aber die Befragung eines repräsentativen Bevölkerungsquerschnittes eine Hochrechnung. Ihr zufolge kann man davon ausgehen, daß, bezogen auf denjenigen Teil der Gesamtbevölkerung, der älter als 14 Jahre ist, die Turn-und Sportvereine etwa 18 Prozent dieses Bevölkerungsteils als Mitglied haben und etwa ebensoviel die Gewerkschaften einschließlich des Deutschen Beamtenbundes, daß etwa 7 Prozent einem musischen Verein angehören, etwa 6 Prozent einem kirchlichen Verein, etwa 5 Prozent einem Berufsverband mit Pflichtmitgliedschaft und ebensoviel einem Hobby-Verein. Dabei überwiegt in der Regel die Mitgliedschaft der Männer; von den Frauenvereinen abgesehen zählen nur die kirchlichen Vereine mehr weibliche als männliche Mitglieder (72 : 28) und neben ihnen die Jugend-und Wandervereine, die aber insgesamt nicht sonderlich ins Gewicht fallen

Relativiert man ein solches Befragungsergebnis auf das umrißhaft ermittelte System Von Vereinigungen, erhält man ein vergleichsweise plastisches Bild. Vordergründig gelingt den Freizeitinteressen im weiteren Sinne in besonderem Maße die Organisation. Diese Feststellung erscheint gerechtfertigt, weil wir im Vereinigungssystem ein weit gestreutes Angebot vorfinden und daneben eine große Mitgliederzahl — die Mitgliedschaft ist dabei in der Regel ohne jeden Zwang zustande gekommen. Neben der Mitgliedschaft erscheint aber der Organisationsgrad besonders wichtig. Bezieht man ihn in die Betrachtung ein, differenziert sich das Bild. Zwar lassen sich die vier Bereiche Wirtschaft und Arbeit, Soziales, Freizeit, Kultur-Politik-Religion nicht scharf unterscheiden. Fraglos ergeben sich zwischen ihnen aber grundlegende Unterschiede hinsichtlich des Organisationsgrades.

Einen hohen Organisationsgrad weisen nur die Vereinigungen im Produzenten-und Berufsbereich auf: Alle Handwerksbetriebe, alle Werften, alle Rechtsanwälte, Ärzte oder fast alle Landwirte sind in ihnen organisiert, manchmal in einem merkwürdigen Nebeneinander von Zwangsmitgliedschaft (in der Kassenärztlichen Vereinigung oder in der Landwirtschaftskammer) und freiwilliger Mitgliedschaft (im Hartmannbund oder im Deutschen Bauernverband) Weniger hoch erscheint der Organisationsgrad im Arbeitsbereich. Hier sind zwar fast alle Arbeitgeber organisiert; von den Arbeitnehmern gehört indessen nur ein gutes Drittel einer Gewerkschaft an. Demgegenüber besteht ein nahezu völliges Defizit im Konsumentenbereich.

Im Ergebnis findet sich der höchste Organisationsgrad im Wirtschafts-und Arbeitsbereich, kurz: im Erwerbsbereich, wobei es allerdings erhebliche Unterschiede zwischen den Produzenten, Arbeitgebern und freien Berufen auf der einen Seite und den Arbeitnehmern auf der anderen Seite gibt. Die Organisation ökonomischer Interessen gelingt also vergleichsweise gut.

Angesichts einer solchen Feststellung wirkt der Hinweis auf die Mitgliederzahlen nur eingeschränkt relevant. Statistisch verfügen die Vereinigungen im Bereich von Kultur, Politik und Religion über die größten Mitgliederzahlen, wenn man die Kirchen einbezieht. Verzichtet man darauf wegen der relativ geringen Aussagekraft der Mitgliederzahlen oder wegen des unklaren Zusammenhangs zwischen Mitgliederschaft und deren Repräsentation, dann gibt es eine wohl ziemlich eindeutige Reihenfolge. Besonders günstig gestellt finden sich die Freizeitvereinigungen.

Die meisten von ihnen können aufgrund ihrer hohen Mitgliederzahlen ihre Vereinszwecke autark erfüllen; auf die auch dem Vereinssystem zugute kommende öffentliche Sportförderung oder auf die Zusammenhänge zwischen Maßnahmen zur Förderung des Fremdenverkehrs und den Interessen etwa von Wander-oder Heimatvereinen brauchen wir schon deshalb nicht einzugehen, weil wir einleitend jeder Vereinigung potentiell eine Lobby-Funktion zugesprochen und auf den Zusammenhang zwischen Freizeitinteressen von Mitgliedern und ökonomischen Interessen anderer Art schon hingewiesen haben. Man mag von gesellschaftskritischen Positionen aus hier zu erheblichen Einwänden gelangen;

auch ohne dies empirisch quantitativ belegen zu können, gehe ich davon aus, daß die Mas-se der Mitglieder in diesem Bereich aus eigenem Antrieb zur Mitgliedschaft gelangt und die dabei erkennbaren Bedürfnisse auch befriedigt findet. Daß Vereine außerdem andere Funktionen wahrnehmen, in die Lokalpolitik eingreifen oder mit ihren Dachorganisationen auf das Programm öffentlich-rechtlicher Sendeanstalten einwirken, steht auf einem anderen Blatt, ist aber jedenfalls Folge, nicht Veranlassung dieses Vereinssystems.

Ungleich weniger günstig liegt es hinsichtlich der Mitgliederzahlen bei den im weiteren Sinn wertorientierten Vereinigungen. Ihr Organisationsgrad bleibt gänzlich unbekannt, weil man z. B. die Zahl der an der Geschichte des Landes Lippe Interessierten nicht ermitteln und damit auch nicht den etwa 750 Mitgliedern des einschlägigen Vereins gegenüberstellen kann. Der Begriff taugt also in diesem Zusammenhang nichts; er setzt, wie sich erneut bestätigt, greifbare Interessen voraus. Man muß infolgedessen bewerten. Dazu fehlen jedoch Maßstäbe, über die Konsens besteht. Deshalb begnügen wir uns mit einigen bloßen Feststellungen: Die Erwachsenenbildung und die Kulturpflege in einem weiteren Sinne werden von weitaus mehr Menschen in Anspruch genommen als — in Vereinsform — „getragen". Tier-oder Naturschutzvereine — die Berufsvereinigungen der Landwirtschaftsexperten, Förster oder Jäger gehören nicht hierher — vereinigen zwar meist relativ mehr Mitglieder, sicher aber nur einen Bruchteil der Interessierten. Weltanschauliche oder politische Gruppierungen wie die Humanistische Union oder die Deutsche Atlantische Gesellschaft leiden allesamt unter Mitgliedermangel und viele von ihnen — was dann das Besondere an der Humanistischen Union ausmacht, auf die das nicht zutrifft — existieren nur, weil sie öffentliche Zuschüsse erhalten. Manche wissenschaftliche Vereinigungen gehen noch einen Schritt weiter und existieren überhaupt nur, um öffentliche Zuschüsse zu erhalten, um also die öffentliche Hand auf eine Aufgabe der Kulturpflege i. w. S. hinzuweisen. Gänzlich fallen schließlich im Blick auf ihre Mitgliederzahlen die sozialen Vereinigungen ab, wenn man die Vertriebenen-und die Kriegsopferverbände als Ausnahme gelten läßt. Die „großen" Sozial-verbände sind eher Institutionen als Vereinigungen (Werke der Kirchen, nominelle Vereine mit beschränkter Mitgliederzahl usw.), und die kleineren Verbände und Vereinigungen betreiben ihr Geschäft meist mit relativ wenigen Mitgliedern, vielfach deutlich zwischen aktiven und nur fördernden Mitgliedern unterscheidend. ökonomische Interessen im Erwerbsbereich haben die größte Repräsentationschance. In diesem Bereich gibt es den höchsten Organisationsgrad und mit dem DGB auch die Organisation mit der höchsten Mitgliederzahl. Dabei obwaltet offenkundig die Tendenz, die Organisation zu straffen. Das Gegenbild liefert der Freizeitbereich, in dem es die größte und damit differenzierteste Vereinigungschance gibt, der Gesichtspunkt der Organisation und ihrer Schlagkraft aber kaum eine Rolle spielt. Im sozialen Bereich ähneln dagegen die Vereinigungen, die materielle Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen, dem Organisationsbefund des Erwerbsbereiches; die Vereinigungen, welche selbst Hilfe leisten, machen sich oft mitgliederunabhängig — man muß es wohl als Ausnahme betrachten, daß ein reiner Mitgliederverein eine größere Einrichtung (z. B. ein Altenheim) auf längere Sicht hin allein unterhält. Abstrakt läßt sich sagen, daß primäre persönliche Interessen sowohl die Gruppe der wenigen Großverbände als auch die Gruppe der zahlreichen Freizeitverbände bestimmen, in dem ersten Fall der Adressat der Verbandsarbeit aber die Außenwelt ist und in dem zweiten Fall das Mitglied selbst — zwischen Verband und Verein ergeben sich so idealtypische Unterschiede; auch die Organisation läßt sich hier noch anfügen als der Vereinigungstypus, der sich ggf. eher mitgliederunabhängig stellt. Da wir uns jedoch auf eine Begriffsdiskussion an dieser Stelle nicht einlassen, entwickeln wir daraus auch keine neue Typologie.

Immerhin bleibt die Frage nach dem inneren Befund wichtig; sie leitet über zum Thema der Partizipationsmöglichkeiten des Mitglieds. Vorher muß jedoch noch der Lücken-test folgen: Welche greifbaren Interessen finden sich nicht repräsentiert? Im Wirtschaftsbereich fallen hier die Konsumenteninteressen ins Auge, im Sozialbereich die Interessen großer Gruppen Betroffener, z. B. die der „Alten", die der Krankenhausbenutzer, die der Krankenversicherten; im Freizeitbereich gibt es keine Repräsentanz z. B.der Fernsehzuschauer, weshalb sich dann Programmzeitschriften zur Ersatzrepräsentanz hochstilisieren können. Die größten Lücken finden sich endlich im Bereich der Kultur i. w. S.: das Interesse der Landespflege, das der Brauchtumspflege, das der Pflege der Überlieferung, das der Förderung von Wissenschaft, welche nicht unmittelbaren ökonomischen oder Prestigeertrag bringt, das der „Umwelt" und ihrer Schutzbedürftigkeit verfügt nicht über einen eigenen „mächtigen Patron"; kleine Vereinigungen verdeutlichen oft nur, woran es fehlt. Natürlich verschwinden derartige Funktionen nicht gänzlich aus dem gesellschaftlichen System. Es genügt aber nicht, wenn allgemeine Belange nur von denen vertreten werden, die damit berufliche Interessen verbinden, wenn also nur die Förster Fürsprecher des Waldes, nur die Lehrer Fürsprecher der Schule, nur die Journalisten Fürsprecher „freier" Berichterstattung sind.

Organisation und Mandat der Verbände

In diesem Zusammenhang stellt sich noch einmal die Frage nach der Organisationsstruktur der Vereinigungen. Hierzu sei vorab erklärt: Will man nicht aus dem demokratischen ein Totalprinzip machen, bleibt die generelle Frage nach der verbandsinternen Demokratie und nach den Rechten des Mitglieds ohne allgemeines Interesse, solange kein Mitgliedszwang besteht und das Mitglied jederzeit austreten kann. Damit interessiert auch die Organisationsstruktur nicht. Legitimitätsfragen tauchen erst auf, wenn es für die Mitglieder ein existentielles Interesse auf Beteiligung an der verbandsinternen Willensbildung geben kann, gleichgültig ob das mit ökonomischen Belangen zu tun hat oder damit, daß Verbandsvorsitzende öffentlich namens ihrer Mitglieder sprechen. Das Mandatsproblem tauchte in der Bundesrepublik in Zusammenhang mit dem „politischen Mandat" der verfaßten Studentenschaft auf und führte sogar zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Natürlich war es nicht der erste Fall, daß ein Verband mit Zwangs-oder automatischen Mitgliedern politische Erklärungen abgab; nur erinnerte man an denkbare Mandatsbeschränkungen erst, als solche Erklärungen nicht mehr in die eingebürgerte Bandbreite der Auseinandersetzungen paßten. Faktisch stellt sich jenes Mandat als Organisationsproblem dar; im Rahmen der Organisation erfolgt die Willensbildung, welche ggf. ein öffentliches Handeln namens der Mitglieder legitimiert. Unter solchem Aspekt ergeben sich für die Verbände erste Maßstäbe aus der Sache selbst. Daß es z. B. im ADAC kein sonderlich reges Mitgliedsleben gibt und hier wie anderswo Mitgliedschaft nur eine Vorbedingung für das Abrufen von Dienstleistungen bedeutet, bleibt für unser Thema ohne Belang, so-29 lange sich der ADAC nicht allgemein zur Politik äußert. In Fragen des Straßenverkehrs darf er es bei einiger Zurückhaltung, weil alle Mitglieder wissen müssen, daß mit und ohne ihre Beteiligung der ADAC als sachverständiger Verband sich um Gehör bemüht — wie weit er es aufgrund seiner Organisationsstruktur dann auch findet, ist eine andere Frage. Auch die faktische Lobby-Funktion, welche der ADAC für die Automobilindustrie wahrnimmt, mag gesellschaftskritisch zu würdigen sein, bleibt aber nur dem unbedarften Mitglied verborgen. Tatsächlich besteht so kein Widerspruch zwischen dem, was der ADAC tut, und seiner Organisationsstruktur. Ihn gibt es noch viel weniger in den zahlreichen Vereinigungen mit einem „harten“ Mitgliedskern, bei denen die Organisationsstruktur nur unter dem Gesichtspunkt der Verwertung des Vereinsvermögens von größerem Interesse sein könnte.

Die Wünschbarkeit oder sogar Notwendigkeit einer realen Beteiligungschance für das Mitglied stellt sich mithin nicht in allen Fällen. Mit Sicherheit stellt sie sich aber dann, wenn man einer Vereinigung angehören muß, gleichgültig ob der Zwang gesetzlich oder durch ein faktisches Monopol auferlegt ist. Weiter müßte sich diese Frage an solche Vereinigungen wenden, die namens ihrer Mitglieder nicht nur rechtsgeschäftlich handeln — das tun alle Vereine —, sondern eben auch öffentlich auftreten: Hier interessiert Öffentlichkeit und Mitglieder die Legitimation der Verbandssprecher. So muß man z. B. unbedingt die Legitimation der vielen Verbands-vertreter in den Rundfunkräten erörtern und erkunden, wie denn jene Vertreter innerverhandlich ausgewählt werden. Das ergibt zwei Kriterien der Zwangsmitgliedschaft und der öffentlichen Funktion, die sich näher bestimmen lassen. Ein dritter Bezug fällt weniger eindeutig aus. Man muß aber wohl auch von solchen Verbänden eine Beteiligung ermöglichende Organisationsstruktur erwarten, die grundlegende Interessen des Mitgliedes vertreten, weshalb Austritt oder gar Neugründung sich nicht zumuten lassen. Das erfordert allerdings eine Vielzahl von Bewertungsvorgängen. Man sollte daher mit diesem Bezug nur vorsichtig operieren.

Die drei Kriterien wenden sich an verschiedene Adressaten: Stattet der Staat eine Vereinigung mit Zwangsmitgliedschaft aus oder duldet er ihr Monopol, muß er für eine Organisationsstruktur Sorge tragen, welche seinen eigenen Strukturprinzipien entspricht. Das gilt im allgemeinen auch nicht als bestritten. In Selbstverwaltungskörperschaften, etwa der Sozialversicherungsträger oder in der Bundesanstalt für Arbeit, wo in beiden Fällen ein großer Teil der Arbeitnehmer Zwangsmitglied ist, stehen diesen Vertretungsrechte zu. Auch die Landwirtschaftskammern in Norddeutschland oder die Industrie-und Handelskammern und die Handwerkskammern verfügen über eine entsprechende Organisation. Das zweite Kriterium wendet sich dagegen von außen an die Verbände. Es läßt sich aus der derzeitigen Praxis gewiß nicht ableiten; kaum jemand fragt einen Verbandsvorsitzenden nach seiner Legitimation zu öffentlichen Statements. Dennoch sollte sich eine solche Legitimation von selbst verstehen: für die Öffentlichkeit und für das Mitglied. Wer für seine Mitglieder etwas fordert oder in ihrem Namen etwas verhindern will, muß den Konsens mit den Mitgliedern nachweisen können — potentiell aus dem Vereinszweck, aktuell durch Gremienbeschluß. Gänzlich offen wirkt das dritte Kriterium. Zumeist wird sich aber doch feststellen lassen, ob es ein besonderes Interesse des Mitgliedes gibt, angesichts dessen ihm eine Mitsprache nicht mit dem Hinweis verwehrt werden darf, es könne ja jederzeit austreten. Wer sich z. B. als Gewerkschaftsmitglied auf den Rechtsschutz der Gewerkschaft im Arbeitsstreit verläßt, gerät dann, wenn ein solcher Rechtsstreit droht, in direkte Abhängigkeit. Die Gewerkschaft bedarf deshalb einer demokratischen Struktur.

Als Erfordernis soll nun gelten, daß alle Verbände, die regelmäßig öffentlich auftreten, Mindestkriterien entsprechen müssen. Ob und in welchem Umfange es in diesem Sinne verbandsinterne Demokratie gibt, muß mangels empirischen Materials dahingestellt bleiben. Verbreitete Erfahrung scheint es zu sein, daß die faktische Beteiligung in den Großverbänden der in den Parteien entspricht — Anwesenheit von 10 bis 25 Prozent der Mitglieder und geringe Bereitschaft, die anfallenden Nebenfunktionen zu übernehmen —, während es in dieser Hinsicht in den kleinen Vereinen schon deshalb besser liegt, weil es vor allem im Freizeitbereich oft gerade Vereinigungszweck ist, daß Mitglieder persönlich zusammenkommen. Sprechen wir idealtypisch vom Verein dann, wenn die relevanten Zwecke intern anfallen, und vom Verband, wenn es weithin um Außenvertretungen geht, während die Organisation primär materielle Dienstleistungen erbringt, dann erscheint es auch plausibel, als allgemeinen Erfahrungssatz festzuhalten: Organisationen haben oft Mühe, ihren eigenen Erfordernissen zu entsprechen; Verbände werden in ihrer Tätigkeit oft nur von einer kleinen Gruppe von Mitgliedern getragen und bemühen, sich selten, darum, die Mitgliedsarbeit und damit auch die Willensbildung der Mitglieder zu aktivieren; Vereine dagegen, sofern sie nicht Organisationen ähnlich nur einen konkreten Förderzweck verfolgen, Vereine vor allem des Freizeitbereiches also können eher eine größere Teilnahme der Mitglieder verzeichnen.

Zwangsläufig taucht das Problem der verbandsinternen Demokratie erst mit einer gewissen Größenordnung auf, angesichts der Notwendigkeit also, sich das Gepräge einer formalen Organisation zu geben. Damit scheiden, abgesehen von seinen Dachverbänden, der Freizeitbereich und auch die große Zahl der Vereinigungen im sozialen und kulturellen Bereich ganz aus. Es bleiben übrig die großen Interessenverbände, ein Bündel von etwa dreihundert, weniger als ein Prozent aller Vereinigungen. Von dieser kleinen Gruppe gehören die meisten zum Wirtschafts-und Arbeitsbereich und jeweils einige zum sozialen und zum kulturellen und politischen Bereich. Nur wenige davon sind wirkliche Massenverbände; fast alle verfügen über eine mehr oder weniger hoch formalisierte Organisation. Sie erschwert die verbandsinterne Demokratie aus angebbaren Gründen mehr noch als in den Parteien. Verbände benötigen wie die Parteien einen bürokratischen Kem, einen Apparat und Funktionäre. Die tatsächliche Erfüllung des Vereinigungszweckes hängt nicht nur von der spontanen oder regelmäßigen Teilnahme des Mitglieds ab, sondern auch oder sogar überwiegend von dem, was der Apparat leistet. Dazu gehören die Informationsbeschaffung und -Verarbeitung, die Bereitstellung von Material, die Wahl des Zeitpunktes für Entscheidungen, die Bestimmung der Wege an die Öffentlichkeit oder umgekehrt verbandsintern die Festlegung der Mitgliederversammlungen und ihrer Tagesordnungen. Wer demgegenüber mit „ungebrochenen" Teilnahmevorstellungen operiert, tut derartigen Organisationen Unrecht. Insonderheit kann man nicht den Großorganisationen zum Vorwurf machen, was schlechterdings unvermeidlich ist, ja man muß sogar akzeptieren, daß für ausgesprochene pressure groups die Binnenbeteiligung durch den Gruppenzweck eingeschränkt sein kann, weil — ganz pragmatisch betrachtet — eine erfolgreiche Gruppenstrategie durch allzu öffentliche Diskussion beeinträchtigt zu werden vermag.

An dieser Stelle wird dann auch der Unterschied zu den Parteien sichtbar. In der Theorie regte die Parteientwicklung zum Nachdenken über das Problem der vereinigungsinter31 nen Demokratie an Widersprüchliche Antworten erklären sich daraus, daß man mit unterschiedlichen Parteitypen operierte und auch mit unterschiedlichen Annahmen über das Konkurrenzverhältnis zwischen den Parteien. Fraglos liegt es bei den Verbänden noch schwieriger: Parteien haben es überörtlich und auch entscheidend mit Grundfragen zu tun. Es erscheint so immerhin möglich, daß das Mitglied wie auch der Wähler befragt wird und seine Meinung einbringt. Die meisten Verbände haben es dagegen mit Spezial-fragen zu tun Eine Mitgliederversammlung eines Verbandes stellt mithin etwas anderes dar als ein Parteitag. Bezeichnet man sie als das „oberste" Organ des Verbandes und beansprucht für dieses Organ neben der selbstverständlichen Wahl-und Kontrollkompetenz auch die Richtlinienkompetenz, kann das nur zu Scheindemokratie führen. Ein Parlament bedarf der internen Organisation, um arbeitsfähig zu sein. Seine Willensbildung findet in Ausschüssen, Arbeitskreisen oder Fraktionen statt, die Mehrheitsverhältnisse bedeuten eine Grundlegung. Jene MV, in der Regel höchstens für zwei Tage konstituiert, entbehrt die-ser inneren Organisation. Eine Folge davon ist das klare Übergewicht des Vorstandes, der seinerseits über den Apparat verfügt und mit ihm über die erforderlichen Spezialinformationen. Gegen den Vorstand kann man nur durch eigene Regie etwas unternehmen; insofern sind die „Mauschelei“ am Rande der Tagung und andere Formen der Gruppenbildung ganz legitim. Nur ändert sich so an der Sachlage nichts: Solange es Verbände mit Spezial-problemen, eingebettet in spezielle Informationssysteme, zu tun haben, scheitert an und in ihnen eine Demokratisierung, wie man sie in jüngerer Zeit immer wieder verlangt — in ebenso deutlichem wie untauglichem Rückgriff auf frühere Demokratievorstellungen, deren Merkmal die kurze Zeitspanne zwischen Vorbereitung — Entscheidung — Durchführung, kurz: die größere Spontaneität war.

Im Ergebnis muß man von sehr eingeschränkten Vorstellungen von innerverbandlicher Demokratie ausgehen, wenn man überhaupt Einschlägiges in der Realität antreffen will. Ihren Satzungen nach genügen sicher alle Verbände mit Zwangsmitgliedschaft und die meisten Großorganisationen, außerdem weithin die Vereinigungen im Freizeitbereich einem demokratischen Mindeststandard. Verbreitet unterscheiden sich vom Grundmodell vor allem die Wirtschaftsverbände, in denen oft nur ein ehrenamtliches Element mit gelegentlicher Bestätigung durch die Mitglieder übrig bleibt. Im übrigen aber läßt sich formal von einem eher hohen Stand der Demokratisierung sprechen. Das deutsche Vereinsrecht schützt neben den Geschäftspartnern von Vereinen auch die Mitglieder, und die Verbände beugen sich allgemeinen Gepflogenheiten. Deshalb liegen die realen Probleme nicht bei den Satzungen oder Statuten, sondern einfach darin, daß von einer gewissen Größenordnung ab die Organisation dem Mitglied überlegen ist. Insofern haben sicher die meisten Verbände mit wirklich personaler Mitgliedschaft nur ein eingeschränktes Mandat. Dennoch muß man puristische Folgerungen vermeiden: Das öffentliche Auftreten von Verbandsvorsitzenden erfolgt z. B. auch in der Absicht, zur Integration des Verbandes beizutragen, oft verliert auch ein öffentliches Auftreten nach vorheriger interner Diskussion an Nachrichten-wert. Pressure-groups bedürfen mithin der aktiven Spitze; richtliniengebende Versammlungen sind für sie nur schwer denkbar; was an innerverbandlicher Demokratie übrig bleibt, beschränkt sich auf Anregung, Kritik und Kontrolle und zuletzt auf die Abwahl — vorausgesetzt, man verfügt über einen Nachfolger.

Formen des Verbändeeinflusses

Nicht dem gesamten Vereinigungssystem, wohl aber einem wichtigen Teil davon, den 3 „großen Interessenverbänden" nämlich, kommt unmittelbarer politischer Einfluß zu. Obgleich das Vereinigungssystem keinesfalls alle wichtigen Interessen repräsentiert und die allgemeinen Interessen nahezu ganz ausklammert und obgleich dieses System deutlicher fast noch als die politische Demokratie sich auf das Prinzip der reinen Repräsentation festlegt und die unmittelbare Teilnahme von Mitgliedern ausschaltet, nimmt es an der politischen Willensbildung teil. Dies fordert Kritik heraus. Sie beruht nicht immer auf klaren Maßstäben und bezieht sich oft auf eine Realität, die man nicht genügend erhellt. Wir behalten deshalb den deskriptiven Ansatz noch bei und stellen zunächst das „wie" des Verbände-einflusses dar. Dabei mag es wenig Unterschiede zwischen den westlichen Industriegesellschaften geben Die „Lobby" siedelt sich dort an, wo politische und Verwaltungsentscheidungen initiiert werden. Das kann in Washington noch in größerem Maße der Kongreß sein, weil er sich das ausschließliche Recht der Vorlageinitiative bewahrt hat. In der Bundesrepublik ist es eindeutig die Regierung und die dieser unmittelbar nachgeordnete Ministerialbürokratie Diese eindeutige Adressatenwahl durch die deutschen Lobbyisten sagt einiges über die reale Machtverteilung in Bonn aus Dennoch sollte man auch dies nicht undifferenziert sehen. Eine Differenzierungsmöglichkeit ergibt sich durch die zeitliche Nähe zur Wahl. Bestimmt eine bevorstehende Wahl den politischen Alltag, behalten nur noch ganz wenige Verbände direkten Einfluß. Sie müssen dazu über eine tatsächliche oder doch wenigstens denkbare Mitgift verfügen: über eine größere Stimmen-zahl, über einen sicheren Zugang zur Massen-kommunikation, über Finanzen, die sich zur Wahlwerbung einsetzen lassen, oder über verbandsinterne Publikationen mit ähnlichen Möglichkeiten, schließlich auch über beständige Kontakte zu einer oder mehreren Parteien. Die erste Mitgift bringen nur Großverbände ein, die primäre ökonomische Interessen ihrer Mitglieder vertreten — Dachverbände aus dem Freizeitbereich scheiden hier also aus. Unter dem Aspekt denkbarer Wählerstimmen interessieren deshalb alle Gewerkschaften, der Deutsche Bauernverband und gegebenenfalls die Vertriebenenverbände, sicher auch die Kirchen, von denen allerdings nur die katholische in der Tradition direkter Wahlhilfe steht — und sich aus dieser Tradition allmählich entfernt.

Auch daraus ergibt sich kein einheitliches Bild. In den Bundestagswahlen seit 1949 kam es zu unterschiedlichsten Verwertungen von Stimmpaketen; allgemeine Tendenz dürfte jedoch inzwischen sein, daß kein Verband mehr über sein Stimmpaket verfügt: Der Bauernverband gefährdete sich schon in den fünfziger Jahren selbst durch eine zu einseitige Festlegung auf die CDU und die CSU; die Wahlaufrufe des DGB ließen manchmal an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig, ohne das Wahlergebnis wirklich beeinflussen zu können; die Präferenz des Deutschen Beamtenbundes für die CDU mag einer Grundeinstellung bei den Beamten entsprechen, hinsichtlich derer sich je länger, desto mehr Veränderungen feststellen lassen; über die Wahl-hirtenbriefe der katholischen Kirche gab es mit Recht sehr viel Streit, später dürfte das Mittel seine Funktion etwas eingebüßt haben — zum Teil als Folge einer größeren Breite auch der innerkirchlichen Diskussion. Anders ausgedrückt: Seit 1949 verlor die Parteienpräferenz der Großverbände eher an Gewicht. Eine solche Feststellung mag nach dem Bundestagswahlkampf 1972 und nach dem starken Engagement des DGB verwundern. Sicher haben auch die Großverbände zur Politisierung und zur intensiveren Information wie Meinungsbildung beigetragen und damit vielleicht die Wahlbeteiligung erhöht. Keinesfalls kann man aber sagen, sie hätten das Wahlergebnis maßgeblich bestimmt und mehr als einen Verstärkungseffekt erzielt. Unabhängig von der aktuellen Situation von 1972 erscheint die Vermutung belegbar, daß eine allzu deutliche Parteipräferenz von Verbänden deren Gewicht in Wahlsituationen eher abschwächt. Dies gilt auch für die Verbandspublikationen.

Die anderen beiden Voraussetzungen von erkennbarem Einfluß vor der Wahl brauchen hier nur erwähnt zu werden. Daß Geld in der Politik eine große Rolle spielt und nicht von den Vermögenden zu den Arbeitnehmerparteien fließt, versteht sich von selbst. In der Bundesrepublik gibt es zahlreiche Beispiele für die direkte Unterstützung vor allem der CDU und mehr noch der CSU durch Produzentenvereinigungen der verschiedensten Art, unter ihnen solche, die nur diesem einen Zweck dienen. Auch eine Analyse der Industrieeinflüsse auf Landeslisten erscheint an dieser Stelle nicht erforderlich. Was das „große" Geld anlangt, handelt es sich jedenfalls nur um eine kleine Gruppe von Verbänden Andere Verbände können persönliche Wahlhilfen geben. Hier allerdings erweitert sich das Feld wieder: In Wahlzeiten gewinnt jedes Podium für die Politik Interesse. Umgekehrt stellt der einigermaßen sichere Zugang zur Öffentlichkeit ein deutlich wirksames Filter dar. Nur wenigen Verbänden gelingt dieser Zugang; in Wahlzeiten, in denen Sendeminuten genau gezählt werden, reduziert sich diese Zahl noch mehr.

Steht keine Wahl bevor, erweitert sich sowohl das Spektrum der einflußreichen Verbände als auch das der Einflußmodalitäten. Dies hängt mit der Bedeutung zusammen, die gute Beziehungen zu wichtigen Abgeordneten und solche zur Ministerialbürokratie haben. Hinsichtlich der Abgeordneten rückt hier die Verbandsfärbung des Parlaments ins Licht hinsichtlich der Bürokratie die Privilegierung von Zentralverbänden durch die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien hinsichtlich beider aber vor allem das Problem der Information. Verbände machen sich vielfach iniormandi causa unentbehrlich. Sie verfügen über Unterlagen, welche Regierung und Parlament nicht zugänglich sind, und sie verfügen über Apparate, welche diese Unterlagen auch sachgerecht — und dann natürlich den Verbandsinteressen entsprechend — aufbereiten können. Zahllose Verbände, vor allem Wirtschaftsverbände, wirken dergestalt völlig im stillen; es genügt, wenn sie von zuständigen Ministeriaireferenten und sachverständigen Abgeordneten angesprochen werden oder diese ansprechen können.

Neben die Einflußnahme durch Information gehört die Einflußnahme über die Öffentlichkeit. Gelingt es einer Gruppe, ihr Thema zureichend in die Öffentlichkeit zu bringen, erringt es auch politisches Interesse; die Chance, daß man es dann in Bonn aufgreift, wächst. Dazu bedarf es des Einflusses auf die Kanäle der Medien, wie ihn eine geschickte publizistische Lobby, ein interessanter Pressedienst, ein namhafter Verbandsvorsitzender oder gute Beziehungen zu Großverlegern sichern. Wieder gerät so nur eine kleine Gruppe von Verbänden ins Spiel, nun allerdings auch solche, welche weder mit gewaltigen Mitgliederzahlen noch etwa mit Geld operieren können: Das Sozialprestige der Ärzte reicht aus, um jeder Pressekonferenz eines Ärzteverbandes Pressespalten und Sendezeiten zu sichern Ähnliches gilt für Professoren oder für einen Schriftstellerverband. Die Medien, so läßt sich zusammenfassen, spiegeln die allgemein angenommene Macht-und Einflußlage in ihrer Berichterstattung wider, erweitern aber das Spektrum etwas, weil und insoweit sie sich nicht darauf beschränken, nur die anerkannt mächtigen, nur die etablierten Verbände also, zu Wort kommen zu lassen.

Wirkungen des Verbändeeinflusses

Faßt man das Set der verschiedenen Möglichkeiten der Verbände, politischen Einfluß zu nehmen, zusammen, lassen sich die in Relationen zu den übrigen Verbänden und Vereinigungen besonders einflußreichen und damit mächtigen Verbände ungefähr herausschälen. Einflußreich ist demnach ein Verband, wenn er verläßlich für seine Belange, Themen und Thesen — und auch für seine verbandsintegrierenden Spitzenfunktionäre — Zugang zur Öffentlichkeit findet, wenn er sich als Informationslieferant für Ministerialbürokratie und Parlament unentbehrlich macht, wenn er über enge Beziehungen — gleich welcher Art — zu einigen wichtigen Abgeordneten verfügt und wenn er — nicht zuletzt — seinen Geschäftspartnern oder sogar der Öffentlichkeit suggerieren kann, er vertrete nicht spezifische Gruppen-, sondern allgemeine Interessen. Im Ausnahmefall läßt sich die Einflußskala noch erweitern, weil es manchen Verbänden gelingt, für ihre Belange einen eigenen Patron auch im Kabinett zu finden. Dabei bleibt es gleichgültig, ob man dazu ein eigenes, reines Klientelministerium errichtet (ein Vertriebenen-, ein Mittelstands-, ein ärzteorientiertes Gesundheitsministerium) oder ob man bestehende Ministerien so umfunktioniert, daß aus dem Wirtschafts-ein Arbeitgeber-und aus dem Arbeits-ein Arbeitnehmer-ministerium wird oder niemand mehr bei einem Landwirtschaftsminister daran denkt, daß dieser nicht nur Produzenten-, sondern auch Verbraucherminister sein soll

Die derart als einflußreich zu ermittelnden Verbände sollen nach bislang verbreiteter Auffassung, welche sich theoretisch mit den gleich noch anzusprechenden Pluralismusvorstellungen verbindet, einerseits ganz selbstverständlich zum politischen System einer modernen Industriegesellschaft gehören, andererseits dort auch die unverzichtbare Funktion des Vorsortierens und Bündelns von Interessen wahrnehmen Der politischen Führung soll damit die Ausgleichsaufgabe er-leichtert, zugleich soll sie aber auch handfest auf die zu befriedigenden Bedürfnisse hingewiesen werden. Ohne das theoretisch zu vertiefen, sei gleich eingewandt, daß diese These eine säuberliche Unterscheidung von Verbands-und politischer Ebene voraussetzt, an der es aber gerade fehlt. Die enge Verbindung zwischen den Parteien und den Verbänden belegt das ebenso wie das, was sich daraus im Parlament als Verbandsfärbung ergibt und dazu führt, daß das Parlament eben keinesfalls der Adressat von Verbandsaktivitäten ist, sondern Schauplatz, wo sie aufeinanderstoßen oder eben auch nicht — die pluralistische Harmoniehoffnung des gewissermaßen selbsttätigen Ausgleichs braucht ja nicht aufzugehen und kann es institutionell auch nur schwer, wenn im Landwirtschaftsausschuß des Parlaments die Landwirte ebenso geschlossen unter sich sind wie die Beamten im Innenausschuß.

Läßt man solche Hoffnungen unberücksichtigt, kann man sich mit der Feststellung begnügen, daß das Verbandssystem zumindest insofern funktioniert, als es nur eine Interessenauswahl in den politischen Prozeß eingibt. Das erleichtert diesen Prozeß, indem es ihn entlastet — weit über die rein technische Vorbereitungshilfe hinaus. Verbände sind demzufolge unentbehrlich. Weil die Parteien Wahlhilfe benötigen, die Wähler Interessen-orientierung, Parlament und Regierung den Sachverstand und die Informationen. Besteht dennoch ein Anti-Verbände-Affekt, so kann er nicht sonderlich tief sitzen; seine Vertreter nehmen ohnehin meist den eigenen Verband aus und niemand will auf die besondere Interessenartikulation neben den Parteien und auf den vielfältigen Service der Verbände einschließlich des oft gewährten Rechts-und Versicherungsschutzes verzichten. Notwendige Kritik hätte sich in diesem Sinne nur gegen die besonderen Formen des Verbändeeinflusses zu richten, in der Hauptsache dagegen, daß sich die Verbände dem umfassenden Offentlichkeitsanspruch des politischen Systems entziehen können und daß ihr Einfluß nicht ausgewogen stattfindet. Auf dieser Linie liegen die bekannten Änderungsvorschläge, denen zufolge die Verbände zur Offenlegung ihrer Maßnahmen gezwungen, Lobbyisten listenmäßig erfaßt und die Zugänge zu den Ministerien etwas eingeschränkt werden sollen Noch einfacher nimmt sich der Vorschlag von Wilhelm Hennis aus, den Regierungsvorlagen die Stellungnahmen der Verbände beizufügen, was unter anderem das schmutzige Spiel mancher Verbandsobristen beenden würde, nach außen ganz anders als nach innen aufzutreten.

Es bedarf des Hinweises nicht, daß an dieser Stelle der empirische Ansatz nicht mehr weiterführt. Fragt man nach den Wirkungen des Verbändeeinflusses und begnügt sich mit Deskription, verzettelt man sich in der Aufzählung der eklatanten Beispiele. Sie belegen tausendfach die abwehrende Wirkung des Verbändeeinflusses — man denke an den Widerstand der Kfz-Industrie gegenüber eingebauten Sicherheitsgurten im PKW — oder die stimulierende, ja provozierende — man denke nur an das Zustandekommen vieler Agrarsubventionen. Auch eine umfangreiche Addition solcher belegbaren Beispiele ergibt aber kein „Bild". Man kommt um dezidierte Wertungen nicht herum. Da die dafür erforderlichen Maßstäbe sich hier nicht zureichend entwikkeln lassen, begnüge ich mich mit folgenden Hinweisen:

Eine unstrittige Wirkung des Verbändeeinflusses ist bislang die Festigung des sozialen Status quo. Die Realität des Systems der Vereinigungen in der Bundesrepublik Deutschland zeigt gruppenbezogen einen hohen Organisationsgrad und nach außen Einfluß im eben dargestellten Sinne vorwiegend dann, wenn es um ökonomische Primärinteressen geht. Dabei tritt die „Besitzstandswahrung" in den Vordergrund; man verteidigt, was man entweder absolut oder als Anteil hat. Das Ergebnis wirkt konservierend und stellt eine Einschränkung des Handlungsspielraumes der Politik dar, die in der Konsequenz das soziale System innovationsunfähig machen kann. Als Beispiel dafür läßt sich der jahrelange erfolgreiche Widerstand der Produzentenvereinigungen gegen umweltschützende Maßnahmen nennen, gegen den es innerhalb des Verbändesystems kaum ein Gegengewicht gab.

Diese Wirkung des Verbändeeinflusses läßt sich sodann unter dem weiteren Aspekt sehen, daß sich in den Verbänden nur soge-nannte private Interessen mit wirklichem Erfolg organisieren lassen. Das führt zu einem Gegenüber von „Staatsautorität und Gruppen-egoismus" (Th. Eschenburg), welches an die älteren Formen des Dualismus von Staat und Gesellschaft erinnert, ohne daß die Staats-sphäre noch so autark ist, wie sie es nach früherem Verständnis einmal war. In der Hauptsache bewirkt es jedoch, daß als private vorwiegend ökonomische Interessen verstanden werden — die Konsequenzen liegen auf der Hand und werden seit einigen Jahren wohl auch zureichend diskutiert. Für das politische System im engeren Sinne ergeben sich daraus vor allem zwei Gefahren. Zum ersten wird heute ein erheblicher Teil der öffentlichen Diskussion von den Forderungen derer beherrscht, welche selbst keine Verantwortung übernehmen. Die Verbände tragen damit zur ständigen Intensivierung einer bloßen Erwartungshaltung gegenüber Staat und Gemeinwesen bei und sie schüren weiterhin die Entrüstung darüber, daß es dem Staat meist nicht gelingt, jene Erwartungen auch zu befriedigen.

Zum zweiten bewirkt es eine Moralisierung der politischen Auseinandersetzung. Zu einem Teil hängt das mit der deutschen Tradition zusammen, in der um des werterfüllten Staatsbegriffes willen das „Interesse" denunziert und polemisch gegen das Gemeinwohl gestellt worden ist, wobei dann der Staat dem Gemeinwohl, das Interesse aber dem individuellen Egoismus zugewandt war. Eine solche Interessendiskreditierung könnte die positive Folge haben, daß sich die Verbände um eine Gemeinwohlvorstellung bemühen und diese dann selbst in die Diskussion gerät. Das aber tritt nicht ein. Man verbleibt vielmehr in der Tradition, übernimmt die Interessendiskreditierung und gelangt dann konsequent zur nackten Identifizierung von Eigeninteresse mit Gemeinwohl oder wenigstens zur Interessenverhüllung. Auch hierfür sei auf Beispiele verzichtet, da jedermann die Attitüde kennt, nicht von den Interessen der Faßdaubenindustriellen zu sprechen, sondern von der durch zunehmende Verflaschung des Weins gefährdeten Kultur, oder nicht von der Vermehrung des Kapitals, sondern von jener der Arbeitsplätze — irgendein gemeinwohlorientierter Zusammenhang läßt sich immer finden

Wer derart eigene Interessen mit Höchstwerten verquickt, argumentiert dann moralisch — wer will denn nicht für die nationale Substanz oder Kultur eintreten! — und denaturiert damit die Politik. Die derzeitige moralische Empörung über das kapitalistische System mit seinen Ungerechtigkeiten oder Wachstumszwängen, seiner Uberflußproduktion oder seiner Umweltgefährdung unterscheidet sich wenig von dem, was die Verbände jahrelang getrieben haben. Der politische Radikalismus, beruhend auf der moralisierenden Empörung solcher, die nur reden, ohne direkt Verantwortung zu übernehmen, ist derart vom Bauernverband, von den Kirchen, von den Wirtschaftsverbänden, von den Vertriebenenverbänden oder auch von den Gewerkschaften vorbereitet worden, ohne daß man all das in einen Topf werfen darf. Unbeschadet aller Unterschiede: Aus hemmungslosem, weil in der Konsequenz nicht zu verantwortendem Fordern entwickelt sich ein rigider Moralismus in der Politik, eine ständige Suggestion, das Gemeinwesen müsse aus moralischen Erwägungen heraus dies oder jenes leisten, und dann eine ebenso moralische Enttäuschung darüber, daß politisch-pragmatisch ein alle überzeugender Ausgleich nicht gelingt und es nicht zur Erfüllung der eigenen Forderungen kommt. Das Wirken der großen Interessenverbände ist nicht staats-, wohl aber gemeinwesensgefährdend.

Herrschaft der Verbände oder was sonst?

Fraglos stehen wir damit vor einem „einerseits — andererseits". Es spiegelt sich auch in der wissenschaitlichen Auseinandersetzung getreulich wider. Hier nahm man in der Nachkriegszeit erst zur Kenntnis, daß die Geschichte des Verbandssystems weiter zurückreicht als die der Parteien daß sich die Verbände 1945 wie 1918 rasch wieder konstituiert und trotz des ihnen gegenüber beste-henden Affektes auch durchgesetzt haben. Der Affekt speist sich aus der etatistischen Tradition. In der Wissenschaft brachte ihn zuerst Werner Weber zur Geltung, der von einer „Mediatisierung des Volkes" und vom „Pluralismus (d. h. eine ungeordnete Vielzahl) oligarchischer Herrschaftsgruppen" sprach Später folgte Theodor Eschenburg; sein Vortragstitel „Herrschaft der Verbände" wurde zum Schlagwort Das verhinderte indessen nicht den Einfluß vor allem der angelsächsischen Interessengruppen-und Plura- Jismustheorie und die Übernahme von Grundbegriffen der angelsächsischen Verbandsforschung

Die derzeitige wissenschaftliche Auseinandersetzung ist von den politischen Erfahrungen der sechziger Jahre geprägt. Aus ihnen erhielt die konservative Kritik Nahrung. Ernst Forsthoff stellte z. B. fest, in der Bundesrepublik wachse die Chance eines Interesses, befriedigt zu werden, „mit der sozialen Mächtigkeit des gesellschaftlichen Patrons (Verbandes), der dieses Interesse vertritt. Dem ist jedoch eine Grenze gesetzt. Es gibt Interessen, die so allgemein sind, daß sie nicht nur keinen gesellschaftlichen Patron finden können, sondern sogar die gesellschaftlichen Patrone entgegenstehender partikularer Interessen gegen sich haben... Die demokratischen Grundsätze, nach denen die Realisation eines Interesses um so größer sein sollte, je allgemeiner es ist, verkehren sich also in einer verbandsförmig organisierten Gesellschaft ohne politisch mächtige öffentliche Meinung in ihr Gegenteil." Neben eine solche eher gemeinwohlorientierte Kritik traten zunehmend Analysen der Antagonismen Man setzte sich mit der Behauptung eines pluralistischen Charakters der Gesellschaft auseinander und gelangte zu dem Ergebnis, daß man damit nur den Klassencharakter der Gesellschaft verhüllte, wie er sich auch in der Verbändestruktur äußere. Diese sei ein konservierendes Gebilde, innerhalb dessen sich die großen sozialen Gruppen wie die Gewerkschaften nicht gegen die kleineren, aber mächtigeren durchsetzen könnten. Gleichzeitig kam es zu dem Vorwurf, den Verbänden fehle es an verbandsinterner Demokratie, und man griff die ursprünglich von konservativen Kritikern getroffene Feststellung auf, die Verbände lenkten von den wirklichen, den „objektiven", also allgemeinen Interessen nur ab. Daraus ergab sich dann aber eine prinzipielle Auseinandersetzung mit der Gesellschaftsstruktur und es erschien widersinnig, sich mit der Analyse und Kritik von Verbandsstrategi-en politischer Einflußnahme zu begnügen, obgleich auch eine solche Analyse verändernde Wirkung haben kann. Natürlich fehlte es auch nicht an beruhigenden Feststellungen etwa von der Art, es könne nicht die Rede sein von „einer . Herrschaft der Verbände', einer unausweichlichen Beeinträchtigung der Prärogative des Parlaments, einer Verminderung der Aktionsfähigkeit der Parteien und einer Ausschaltung der politisch interessierten Öffentlichkeit" Das trifft jedoch nur dann zu, wenn man die Analyse auf den „politischen Prozeß der Gesetzgebung" beschränkt, ohne die diesem auferlegten restriktiven Bedingungen zu berücksichtigen.

Wissenschaftsgeschichtlich erscheint vor allem die mittlere Periode von Interesse, in der man sich um eine „nüchterne" Betrachtung bemühte. Damals galt es als selbstverständlich, daß man eindeutig zwischen Verbänden und Parteien unterscheiden und die Funktionen der Verbände präzise bestimmen könne. Das führte dann zu der Eingrenzung des Themas auf die pressure groups, ohne Rücksichtnahme auf deren sozialen und organisatorischen Hintergrund, und es führte dazu, daß einseitig der Verbandsaktivismus ins Auge gefaßt wurde, nicht auch der Beitrag, den die Verbände für Partizipation und Emanzipation des Bürgers leisten oder nicht leisten, und nicht auch die Problematik eines politisch-sozialen Systems, das sich in seiner Ausrichtung und in der Weiterentwicklung seiner Leistungen auf die mehr oder weniger zufälligen Auszahlungen eines wenig beeinflußbaren Subsystems, eben das der Verbände verläßt. Den theoretischen Rahmen einer so vordergründigen Betrachtung der Verbände gab die allgemeine Pluralismus-Vorstellung ab, so wie umgekehrt die Verbandsforschung auch Elemente einer Theorie der pluralistischen Gesellschaft bereitstellte Diese tauchte zwar in unterschiedlichsten Formen auf, von Interesse erscheint für unseren Zusammenhang aber vorwiegend die aus der Theorie in die Politik übernommene Ausgleichshoffnung. In einer pluralistischen Gesellschaft, so etwa formulierte man dies, in der sich alle Gruppen an der frei zusammenschließen dann öffentlichen Diskussion teilnehmen können, läßt sich dauerhaft kein relevantes Interesse aus dieser Diskussion ausschließen. Finden sich aber Interessen politisch alle diskutiert, nehmen sie auch an dem ständigen Wettbe-werb teil, durch den es immer wieder neu zu einem jedenfalls vorläufigen Ausgleich kommt In diesem Sinne konnte die Pluralismusvorstellung an die Stelle der älteren Harmonie-Ideale treten.

Wissenschaftsgeschichtlich erscheint diese Periode deshalb so interessant, weil man die eigene Analyse sehr verkürzen mußte, um an den theoretischen Annahmen noch festhalten zu können. Tatsächlich gelangte man bis zur Mitte der sechziger Jahre kaum dazu, die faktische Filterwirkung des Verbändesystems zu erkennen. Koalitionsfreiheit und Äußerungsfreiheit bringen indessen noch lange nicht „jedes" Interesse ins Spiel; es kommt entscheidend auf die Macht an, etwas zu thematisieren oder seine Thematisierung zu verhindern. An solcher Macht partizipieren die mächtigen Kerngruppen des Systems der Vereinigungen wohl mehr als die Parteien — hier stärker als im reibungslosen Zugang mächtiger Verbände zu den Schaltstellen staatlicher Macht sichert sich die Herrschaft der Verbände ab. Positiv wie negativ besteht damit die Leistung des Verbändesystems in der Mitbestimmung dessen, was in der öffentlichen Diskussion überhaupt zum Thema wird, und damit schließlich in dem Einfluß auf die Themen, denen sich die politische Willensbildung zuwendet. Neben dieser allgemeinen Auswahlfunktion des Verbändesystems insgesamt steht die spezifische Beeinflussungsfunktion eines kleinen Teiles jenes Gesamtsystems:

Was durch das Gesamtsystem thematisiert wird, empfängt durch den mächtigen Teil des Systems noch seine spezifische Richtung.

Was sich so für die Offentlichkeitswirkung des Verbandssystems zusammenfassen läßt, gibt auch der Vorstellung vom funktionierenden Wettbewerb ihren richtigen Platz. Sie ließe sich empirisch nur selten rechtfertigen.

Die Umweltgefährder etwa waren mit ihren handfesten ökonomischen Interessen den Umweltschützern innerhalb des Verbandsystems stets eindeutig überlegen. Diese Überlegenheit konnte sich lange auch öffentlich auswirken. Als außerhalb der Verbände der Umweltschutz als nunmehr unübersehbares Problem in die Diskussion geriet und sich die Politik an der Diskussion beteiligen mußte, verminderte sich allerdings die Filterwirkung des Verbandssystems. Das Beispiel verweist damit auch auf Grenzen der Verbandsmacht: Die heute verbreitete Pluralismuskritik geht von der Annahme aus, daß der gesellschaftliche Pluralismus, wie er im Verbandssystem sich ausdrücke, ein festgefügtes Machtsystem sei, in dem Macht ungleich verteilt bleibe, so „daß schließlich dank der Gesamtmacht der Verbände das öffentliche Interesse gegenüber der Vielfalt und Stärke privater Interessen meist den kürzeren zieht"

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung brachte viele kritische Akzente mit ein; an die Stelle des unreflektierten Anti-Verbände-Affektes mag so eine kritische Distanz zu den einflußreichen Verbänden getreten sein. An der Unvermeidlichkeit der Verbände ändert das nichts. Deshalb bleibt es bei der Notwendigkeit, diese Verbände effektiver ins politische System zu integrieren.

Unser empirischer Befund erlaubt die Zusammenfassung: Ein großes Vereinigungssystem bildet die Basis, auf der eine kleine Gruppe mächtiger Interessenverbände herausragt, deren Macht auf finanziellem Rückhalt, vielen Mitgliedern und auf der Fähigkeit beruht, eigene als allgemeine Interessen auszugeben. Während weiter die verbandliche Strukturierung der Gesellschaft durch das Vereinigungssystem insgesamt kaum mehr ein ernst zu nehmendes Problem bildet, bleibt die Tatsache der durch Verbände repräsentierten divergierenden Interessen ein letztlich unlösbares Problem, während sich die spezifischen Probleme des politischen Einflusses wenigstens vermindern lassen. Dazu bedarf es nicht einer Abschaffung der Verbände, die unentbehrliche Funktionen wahrnehmen, wohl aber einer stärkeren Integration ihres Einflusses ins politisch-soziale System. Das ergibt eine Art Programm: Wo immer politischer Einfluß stattfindet, muß er den demokratischen Normen des politischen Systems entsprechen, also in der Hauptsache auf einem in verbands-interner, freier Willensbildung zustande gekommenen Mandat beruhen und öffentlich erfolgen — trotz der Schwierigkeiten, die dem entgegenstehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ernst Forsthoff, Lehrbuch des Verwaltungsrechts, 9. Aufl. München 1966, S. 1.,

  2. Vgl. dazu Klaus von Beyme, Interessengruppen in der Demokratie, München 1970, der auch die wichtigsten einschlägigen Veröffentlichungen nennt.

  3. Genauere Auskunft über die diesem Vorgehen zugrunde liegende wissenschaftliche Position gibt Thomas Ellwein, Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. Köln 1973; der Abschnitt „Die Organisation von Interessen" stellt teilweise eine kürzere Fassung der deskriptiven Teile dieses Beitrages dar.

  4. über den Versuch einer vollständigen Erhebung des Vereinigungssystems in Frankfurt a. M. berichtet die Veröffentlichung „Vereine und Verbände in der Bundesrepublik Deutschland" (Bd. 5 d. v. Th. Ellwein u. R. Zoll hrsg. Reihe „Politisches Verhalten", München 1969 ff., der voraussichtlich 1974 vorliegen wird).

  5. Als kennzeichnend für die Bemühungen in der BRD — über den internationalen Aspekt informiert Klaus von Beyme, O.seien vor allem ge -a. a. — nannt: Bericht der vom Bundesminister des Innern eingesetzten Parteienrechtskommission, Rechtliche Ordnung des Parteiwesens, 2. Aufl. Frankfurt a. M. 1958, S. 79 u. 82; Rupert Breitling, Die Verbände in der Bundesrepublik, Meisenheim 1955; ders., Die zentralen Begriffe der Verbands-forschung, in: Politische Vjschr., 1960, S. 47 ff.; Wilhelm Hennis, Verfassungsordnung und Verbandseinfluß, in: Politische Vjschr., 1961, S. 23 ff.; Gerhard Wittkämper, Grundgesetz und Interessenverbände, Köln 1963; Heinz J. Varain, Parteien und Verbände. Eine Studie über ihren Aufbau, ihre Verflechtung und ihr Wirken in Schleswig-Holstein 1949— 1958, Köln 1964; Otto Stammer (Hrsg.); Verbände und Gesetzgebung. Die Einflußnahme der Verbände auf die Gestaltung des Personalvertretungsgesetzes, Köln 1965; Gerhard Leibholz u. Günther Winkler, Staat und Verbände, in: Veröff.

  6. Als Beispiele dafür nur R. Breitling, a. a. O., und Alfred Albrecht, Verbände, in: Staatslexikon, Band 8.

  7. K. v. Beyme, a. a. O., S. 31.

  8. Der DGB meldete Ende 1969 etwa 6, 5 Millionen Mitglieder (DAG: ca. 470 000; DBB: ca. 720 000). Zum gleichen Zeitpunkt gehörten dem Deutschen Sportbund ca. 7, 8 Millionen aktive und passive Mitglieder an, die in über 38 000 Vereinen organisiert waren. Dem Deutschen Sängerbund rechneten sich an über 10 000 Vereinsorten fast 15 000 Vereine und etwa 1, 5 Millionen Mitglieder zu, darunter allerdings über 930 000 „fördernde".

  9. Vgl. die vom Vorstand des DSW herausgegebene Schrift: Studentenwerke '71, Bonn 1971, mit Beiträgen über die Chance der eigenen Lobby-Tätigkeit.

  10. Vgl. dazu R. Breitling, a. a. O.

  11. K. v. Beyme, a,. a. O., S. 32.

  12. Vgl. zum Folgenden Joseph H. Kaiser, Die Repräsentation organisierter Interessen, Berlin 1956; Viola Gräfin Bethusy-Huc, Demokratie und Interessenpolitik, Wiesbaden 1962; Gerard Braunthai, Wirtschaft und Politik — Der Bundesverband der deutschen Industrie, in: Politische Vjschr. 1963, S. 369 ff.; Karl O. Hondrich, Die Ideologien von Interessenverbänden, Berlin 1963; Günter Schmölders, Das Selbstbildnis der Verbände, Berlin 1965; Edwin Buchholz, Die Wirtschaftsverbände in der Wirtschaftsgesellschaft. Eine Analyse Ihres Ordnungs-und Selbsthilfesystems als Beitrag zu einer Theorie der Wirtschaftsverbände, Tübingen 1969; Christa von Braunschweig, Der Konsument und seine Vertretung. Eine Studie über Verbraucherverbände, Heidelberg 1965.

  13. Vgl. dazu vor allem Joachim Hirsch, Die öffentlichen Funktionen der Gewerkschaften, Stuttgart 1966.

  14. Auch der Beamtenbund ausdrücklich als „Gewerkschaft der Berufsbeamten".

  15. Vgl. dazu Ralf Zoll, Interesse — Einfluß — Konflikt, Schwalbach b. Frankfurt 1970, S. 69 ff., Band 7 der in Anm. 4 genannten Reihe (geplant für 1974) wird unter dem Titel „Aktion und Apathie“ die Ergebnisse empirischer Erhebungen über die fak-

  16. Abgesehen von Vereinigungen mit Zwangsmitgliedschaft und Sonderfällen wie den Arbeitgebervereinigungen spricht man den Verbänden der Landwirtschaft einen besonders hohen Organisationsgrad zu; als Verband mit dem höchsten (freiwilligen) Organisationsgrad bezeichnet sich der Deutsche Bundeswehr-Verband praktisch also eine Gewerkschaft — im Selbstverständnis „eine berufsständische Vertretung der Soldaten". Vgl. Hermann Giesen, Der Deutsche Bundeswehr-Verband, Bonn 1970 [in der Reihe „Ämter und Organisationen der Bundesrepublik Deutschland", in der noch weitere hier einschlägige Vereinigungen dargestellt sind].

  17. Vgl. dazu aus der jüngeren Literatur vor allem Frieder Naschold, Organisation und Demokratie, Stuttgart 1969.

  18. Unter diesem Aspekt kann auch das politische Mandat zu einem neuen Problem werden. Je mehr Großverbände davon ausgehen, daß sie sich selbstverständlich mit Gesellschaftspolitik beschäftigen müssen, desto weniger leicht gelingt die Unterscheidung zu den Parteien hin. Vgl. dazu ein Interview des DGB-Vorsitzenden Heinz Vetter mit dem managermagazin 1 (1973), in dem Vetter auf die Frage, ob er notfalls auch an den politischen Parteien vorbei Systemveränderungen betreiben wolle, erwiderte: „Die Gewerkschaft als gesellschaftspolitische Organisation neidet den Parteien ihren Primat der Politik nicht, aber sie fühlt sich den Parteien nicht unterlegen als gesellschaftliche Kraft ... Wenn ich gesagt habe, notfalls an den Parteien vorbei, dann bin ich davon ausgegangen, daß die Parteien n ihrer Absicht, Volksparteien zu werden, bestimmte Arbeitnehmerforderungen nicht mehr erkennen. Dann wird einfach die Erkenntnis und die Willensbildung innerhalb der Arbeitnehmerschaft artikuliert werden müssen, so daß das Parlament sie begreift ...". Im Vorwort des Geschäftsberichtes der Bundesleitung des DBB zum Vertretertag 1972 heißt es u. a.: „In den letzten drei Jahren hat sich der DBB in wachsendem Maße zu Sachfragen geäußert, die nicht unmittelbar im engeren Bereich der Interessenpolitik zu liegen scheinen. Das zeigt aber nur, daß eine Großorganisation wie der DBB sich nicht der Stimme enthalten kann, wenn es um unsere Gesellschaftsordnung neu-oder umgestaltende allgemeine Fragen geht." Auf dieser Linie liegt auch die immer wieder auftauchende Forderung nach einem Wirtschafts-und Sozialrat als Nebenparlament mit legitimer Beschlußfassung über Gesellschaftspolitik — so als ob nicht fast jede Politik zuletzt auch Gesellschaftspolitik sei. Diese Forderung ist zuletzt vom DAG-Vorsitzenden anläßlich der Jahreswende 1972/73 erhoben worden.

  19. Vgl. dazu Henry Ehrmann (Hrsg.), Interest Groups on Four Continents, Pittburgh 1958, sowie die bei K. v. Beyme, a. a. O., für die wichtigsten Länder angegebene Literatur.

  20. Vgl. dazu W. Hennis, a. a. O., und seine frühe Analyse der Kanalisierung des Verbandseinflusses. Mit seinen Thesen setzt sich O. Stammer, a. a. O., anhand eines dafür allerdings wenig aussagekräftigen Beispiels auseinander — gemeint ist das Personalvertretungsgesetz, bei dem erhebliche persönliche Interessen der Spitzenbürokratie im Spiel waren und konkurrierende Verbände (DBB und OTV) über unterschiedliche Zugangsmöglichkeiten zu Regierung und Parlament verfügten.

  21. Als Beispiel dafür, wie man daraus sehr weitreichende Schlüsse im Rahmen eines insgesamt kritischen Ansatzes ziehen kann, nenne ich Otwin Massing, Parteien und Verbände als Faktoren des

  22. Vgl. dazu Heino Kaack, Geschichte und Struktur des deutschen Parteiensystems, Köln 1971, und Th. Ellwein, a. a. O., [hier auch mit einer kurzen Darstellung des Bundestagswahlkampfes 1972],

  23. Näheres und Literaturhinweise bei Th. Ellwein, a. a. O.

  24. Vgl. dazu Gerhard Loewenberg, Parlamentarismus im politischen System der Bundesrepublik Deutschland, Tübingen 1969, (mit einer ausführlichen Bibliographie).

  25. Einzelheiten dazu bei W. Hennis, a. a. O.; aufgrund der verbreiteten Kritik ist inzwischen die GGO wenigstens dahin geändert worden, daß die Zentralverbände nicht allein Entwurfsvorlagen erhalten, sondern mit ihnen gleichzeitig der Bundesrat.

  26. Die Verbindung zwischen diesem meßbaren Sozialprestige und einer besonderen Statusfurcht kennzeichnet die Verbandspolitik der Ärzte, wie es F. Naschold, Kassenärzte und Krankenversicherungsreform. Zu einer Theorie der Statuspolitik, Freiburg i. Br. 1967, in einer der aufschlußreichsten Analysen von Verbandsverhalten in der Bundesrepublik Deutschland nachgewiesen hat.

  27. Vgl. dazu Th. Ellwein, a. a. O., u.ders„ Probleme der Regierungsorganisation in Bonn, in: Politische Vjschr., 1968, S. 234 ff.

  28. Vgl. etwa Kurt Sontheimer, Grundzüge des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland, München 1971, und Alfred Grosser, Deutschlandbilanz, München 1970, S. 264 ff.

  29. Einzelheiten bei G. Wittkämper, a. a. O.; die „Liste" für die Lobbyisten liegt im Deutschen Bundestag seit Ende 1972 aus.

  30. Vgl. dazu schon früh Otto Heinrich von der Gablentz, Die versäumte Reform, Köln 1960, S. 74 f.; oder R. Breitling, a. a. O., S. 202 ff. Eine ähnliche These in etwas anderem Zusammenhang bringt Ernst Fraenkel, Deutschland und die westlichen Demokratien, Stuttgart 1964, S. 20 ff.

  31. Vgl. Thomas Nipperdey, Interessenverbände und Parteien vor dem Ersten Weltkrieg, in: Politische Vjschr., 1961, S. 226 ff.

  32. Werner Weber, Spannungen und Kräfte im westdeutschen Verfassungssystem, 2. Aufl. Stuttgart 1958, S. 22 u. 50.

  33. Theodor Eschenburg, Herrschaft der Verbände?, Stuttgart 1956; vgl. auch Götz Briefs, Pluralismus, in: Staatslexikon, Bd. 6 (1961).

  34. Im einzelnen dargelegt bei K. v. Beyme, a. a. O.;

  35. Ernst Forsthoff, Rechtsstaat im Wandel, Stuttgart 1964, S. 203 f. dazu die besonders

  36. Vgl. auch anschaulichen Passagen in Herbert Krüger, Allgemeine Staatslehre, Stuttgart 1964, § 24, bes. S. 400 ff.

  37. Eine Zusammenfassung dieser Kritik bei K. v. Beyme, a. a. O., u. K. Sontheimer, a. a. O.; s. a. Anm. 21. Materialreich Eric Boettcher, Von der Industriegesellschaft zum Neokolonialismus, in: Erwin K. Scheuch (Hrsg.), Die Wiedertäufer der Wohlstandsgesellschaft, Köln 1968.

  38. O. Stammer, a. a. O., S. 226.

  39. Vgl. dazu den kritischen Überblick von Rainer Eisfeldt, Der ideologische und soziale Stellenwert der Pluralismustheorie, in: Politische Vjschr., 1971, S. 332 ff.

  40. Vgl. etwa E. Fraenkel, a. a. O., S. 20.

  41. K. Sontheimer, a. a. O., S. 125.

Weitere Inhalte

Thomas Ellwein, Dr. jur., geb. am 16. 7. 1927 in Hof/Saale; Direktor des Wiss. Instituts für Erziehung und Bildung in den Streitkräften in München; ab 1952 Dozent und Verlagsleiter in München; ab 1955 Leiter der Bayer. Landes-zentrale für politische Bildung; ab 1961 a. o. und ab 1962 o. Prof, für Politik in Frankfurt/Main; ab 1968 Präsident des Deutschen Studentenwerks. Veröffentlichungen: Das Erbe der Monarchie in der deutschen Staatskrise, 1954; Klerikalismus in der deutschen Politik, 1956; Einführung in die Regierungs-und Verwaltungslehre, 1966; Regierung als politische Führung, 1970; Politische Verhaltenslehre, 1972; Das Regierungssystem der Bundesrepublik Deutschland, 1973; gemeinsam mit R. Zoll ab 1969 Herausgeber der Reihe . Politisches Verhalten'.