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Die These von der jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung 1776-1945 | APuZ 25/1977 | bpb.de

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APuZ 25/1977 Bürger hinter Datengittern. Auswirkungen der Computer-Technologie auf die Gesellschaft Der deutsche Wahlkampf 1976 in der französischen Regionalpresse Die These von der jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung 1776-1945

Die These von der jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung 1776-1945

Johannes Rogalla von Bieberstein

/ 41 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Seit 1776 sind Aufklärer und Freimaurer von Repräsentanten der kirchlichen Orthodoxie und des Ancien Regime als Gegner von „Thron und Altar“ und Verschwörer gegen die überkommene Sozialordnung bekämpft worden. Ausgangspunkt für die vornehmlich von Geistlichen entwickelte gegenaufklärerische und konterrevolutionäre Verschwörungsthese war die Vorstellung, daß das System von „Thron und Altar" sakral legitimiert ist. Daher mußten alle Versuche, es weiterzuentwickeln oder gar durch ein anderes, demokratisches System abzulösen, als verschwörerischer Aufstand gegen Gott und seine irdischen Beauftragten abgelehnt werden. Bei der Konstruktion der Verschwörungsthese spielte die Freimaurerei, welche die aufklärerischen Humanitäts-und Toleranzideale in die Wirklichkeit zu überführen suchte und innerhalb der Logen von konfessionellen und ständischen Schranken absah, als vermeintliches organisatorisches Rückgrat der Verschwörer eine hervorragende Rolle. Von der gegenaufklärerischen bis hin zur nationalsozialistischen Polemik erschienen die Parolen der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" als in die politische Realität übertragene freimaurerische Grundsätze. Die Tatsache, daß die Freimaurerei auch einen Beitrag zur Emanzipation der Juden geleistet hat, welche von den Freimaurern gleich den Angehörigen anderer Religionen, Konfessionen und Nationen als Brüder angesprochen wurden, ist von den Gegnern der Judenemanzipation dahin gehend ausgelegt worden, daß die Freimaurerei eine projüdische, ja, eine von den Juden manipulierte und gesteuerte Organisation sei, die im Dienste angeblicher jüdischer Weltherrschaftspläne stünde. Eine Analyse des einschlägigen Quellenmaterials ergibt den Schluß, daß es den Anhängern der Verschwörungsthese letztlich darum ging, die auf dem Prinzip der Rechtsgleichheit und der Volkssouveränität beruhende Demokratie, d. h. die „Ideen von 1789", zu bekämpfen. Insoweit stimmten die Nationalsozialisten, welche die Verschwörungsthese von den Anhängern von „Thron und Altar" übernahmen und ihren spezifischen Zielen dienstbar machten, mit den anti-bzw. vordemokratischen Repräsentanten des Ancien Regime überein.

I. Fragestellung

Im Januar 1937 hielt Heinrich Himmler einen Vortrag über Wesen und Aufgabe der SS und der Polizei. Darin erklärte er: „Wir müssen uns darüber klar sein, daß der Gegner in einem Krieg nicht nur im militärischen Sinne Gegner ist. Wenn ich hier von Gegner spreche, so meine ich selbstverständlich damit unseren natürlichen Gegner, den internationalen jüdisch-freimaurerisch geführten Bolschewismus." Zwei Jahre später, am 25. Februar 1939, behauptet Josef Goebbels in einem Artikel im Völkischen Beobachter: Die Drahtzieher hinter der umfassenden Kampagne gegen das friedliebende Deutschland sind „die Kreise des internationalen Judentums, der internationalen Freimaurerei und des internationalen Marxismus"

Im folgenden wird der Versuch unternommen, den Ursprung und die politische Funktion dieser von führenden Nationalsozialisten benutzten Verschwörungsthese zu skizzieren und zu analysieren, welche — wie eine kurz vor seinem Tode abgegebene Stellungnahme von General Franco und die Affäre des Erzbischofs Lefebvre zeigen — auch heute noch Anhänger hat.

II. Der weltanschauliche Hintergrund der Verschwörungsthese

Der weltanschauliche Hintergrund sowohl für die Entstehung der Verschwörungsthese als auch für ihren Einsatz als publizistisches Kampfinstrument ist die Bekämpfung von Aufklärung und Französischer Revolution durch die politische und religiöse Orthodoxie; denn der aufklärerische Glaube an die Vernunft und die humanitären Ideale sowie der Toleranzgedanke der aufklärerischen Philosophie schienen die aus dem Mittelalter überkommene, religiös gegründete und durch konfessionelle und ständische Schranken gekennzeichnete

Der vorliegende Aufsatz stellt die überarbeitete Fassung eines Referates dar, welches der Verfasser Ende Februar 1977 auf Einladung der Deutschen Botschaft in Israel in Jerusalem, Haifa und Tel Aviv gehalten hat. In ihm sind einige der wichtigsten Forschungsergebnisse der Dissertation des Verfassers zusammengefaßt, die 1976 unter dem Titel „Die These von der Verschwörung 1776 bis 1945. Philosophen, Freimaurer, Juden, Liberale und Sozialisten als Verschwörer gegen die Sozialordnung" im Herbert Lang Verlag, Bern, erschienen ist.

Herrschaftsordnung von Thron und Altar indirekt oder gar direkt in Frage zu stellen.

Da es in verschiedenen Staaten Europas zu einem — oft recht oberflächlichen — Bündnis von absolutistischen Herrschern und aufklärerischer Philosophie kam, war es unvermeidlich, daß die Repräsentanten der kirchlichen Orthodoxie die aufklärerischen Ideen als zersetzend betrachteten. Aus ihrer Perspektive sahen kirchliche Traditionalisten es nicht ohne Grund als verhängnisvoll an, daß die vielfach deistisch geprägten aufklärerischen Ideale die überkommenen Dogmen aufweichten. In diesem Zusammenhang ist speziell an das unter politischem Druck zustande gekommene päpstliche Verbot des Jesuitenordens von 1773 zu erinnern, der in vielen katholischen Staaten praktisch über ein Erziehungsmonopol verfügt und damit so etwas wie die Rolle eines Garanten der Rechtgläubigkeit wahrgenommen hat. Im Zusammenhang solch einer Politik wirkte es begreiflicherweise fatal, daß aufgeklärte Despoten auf die sakrale Legitimation ihrer Herrschaft und damit auch auf die Kir-ehe als eine wichtige soziale Stütze ihrer Macht offensichtlich keinen sonderlichen Wert mehr legten und vielmehr unter tendenzieller Aufgabe der Symbiose von Thron und Altar dazu neigten, sich wie Friedrich der Große zweckrational-utilitaristisch, d. h. modern ausgedrückt: nach dem Leistungsprinzip, zu legitimieren. In der historischen Rückschau erscheinen die Vorhaltungen von Traditionalisten gegenüber manchen zeitweiligen Bundesgenossen und Weggefährten aufgeklärter Fürsten insbesondere auch aus dem einfachen Grund nicht ungerechtfertigt, weil an Hand einer Anzahl von Biographien der Nachweis geführt werden kann, daß sich auf dem Wege eines konsequenten Übergangs aus einer aufgeklärt-absolutistischen eine konstitutionalistische oder gar eine demokratisch-republikanische Einstellung entwickeln konnte. Friedrich Wilhelm von Preußen, der Nachfolger von Friedrich II. (dem Großen), gehörte zu denen, welche das Steuer noch vor Ausbruch der Revolution herumzuwerfen suchten. So kann das gegenaufklärerische Religionsedikt von 1788, welches denjenigen Geistlichen und Lehrern, die „Irrtümer öffentlich oder heimlich" ausbreiteten, die Amtsenthebung androhte und eine scharfe Überwachung der Lehr-und Pfarramtskandidaten verfügte bereits als eine Art konterrevolutionärer Präventivakt interpretiert werden.

Nachdem aufklärerische Grundsätze bereits in der Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung von 1776 zu politischen Formprinzipien geworden waren, wurde also schon vor der Französischen Revolution in einigen europäischen Staaten — darunter Preußen — eine allerdings mehr ideologische und potentielle als reale und politische Bedrohung des Anden Regime konstatiert. Ihre organisatorische und soziale Verankerung schien diese Bedrohung der überkommenen Sozialordnung vornehmlich in den sogenannten „geheimen Gesellschaften" zu haben

Nach den Worten des protestantischen Leipziger Theologen, radikalen Aufklärers und Freimaurers Karl Friedrich Bahrdt sind eben diese Gesellschaften neben der Aufklärung als solcher das „Steckenpferd" gewesen, „auf dem sich Thorheit und Weisheit unserer Zeitgenossen tummelt" Die hervorragende Bedeutung, welche im späten 18. Jahrhundert den meist unpolitischen und harmlos-geselligen geheimen Gesellschaften fast durchgängig zugebilligt wurde, erklärt sich daraus, daß diese Gesellschaften freie Zusammenschlüsse von Gleichgesinnten gewesen sind und in der gebildeten Ober-und Mittelschicht tout le monde ihnen angehörte. In einer noch durch ständische und konfessionelle Schranken geprägten Gesellschaft waren solche freien Assoziationen etwas durchaus Neues. Denn der absolutistische Staat konnte aufgrund seines Selbstverständnisses kein Assoziationsrecht, welches der Vereins-und Parteifreiheit zugrunde liegt, gewähren. Vielmehr lizensierte und tolerierte er geheime Gesellschaften nur insoweit, als sie keine politischen oder sonstwie unerwünschten Aktivitäten entfalteten. Das Attribut „geheim" weist in diesem Zusammenhang in aller Regel nicht darauf hin, daß die betreffende Gesellschaft im heutigen Sinn geheim war. Vielmehr ist hier geheim als gleichbedeutend mit . nicht-staatlich’, , privat'zu interpretieren.

III. Die Freimaurerei als Substrat der Verschwörungsthese

Die Freimaurerei, welche 1796 von einem konterrevolutionären deutschen Publizisten als „Grund aller Revolutionen, die bisher vorgegangen und noch bevorstehen", bezeichnet und diffamiert worden ist stellte im 18. Jahrhundert gewissermaßen die geheime Gesellschaft par excellence dar. Als eine zwar private und diskrete, jedoch im heutigen Sinn nicht geheime Gesellschaft war sie das „stärkste Sozialinstitut der moralischen Welt im 18. Jahrhundert" In diesem Institut manifestierte sich der „Geist der Freiheit", wel-eher nach Kant die veranlassende Ursache aller geheimen Gesellschaften gewesen ist

Abgesehen von diesem Charakter der Freimaurerei waren in ihr die aufklärerischen Ideale von religiöser und konfessioneller Toleranz, kosmopolitischer Einstellung, Humanität und Brüderlichkeit verkörpert. Insbesondere, weil diese Prinzipien die religiösen, staatlich-nationalen und ständischen Schranken relativierten, konnte die Freimaurerei als eine Art private und konkrete Vor-wegnahme auf eine ideale Wert-und Sozialordnung erfahren werden. Eine Wiener Freimaurerschrift von 1786, welche den bezeichnenden Titel Schatten und Licht führt, macht dies deutlich. Es heißt darin: „Die Maurerei. . . vereinigt Leute aus allen Nationen, von allen Religionen, von allen Ständen: der Mexikaner, der Sibirier, der Deutsche und der Japaner, der Christ und der Muselman, und der Jude, der Minister, der Kapuziner und der Feldmarschall umarmen einander in der Loge: die Meinungen der Sekten werden wechselseitig geduldet."

Da die moderne, spekulative Freimaurerei, die bereits 1788 von Nicolas de Bonneville als phenomene dans d'histoire de l'esprit humain 10) gepriesen wurde, am Anfang des 18. Jahrhunderts im protestantischen England gegründet worden ist, hat sie naturgemäß sehr bald den Argwohn der katholischen Kirche erweckt. Die die religiöse Toleranz propagierende und daher dem Deismus-Verdacht, wenn nicht gar dem Atheismus-Vorwurf ausgesetzte Freimaurerei wurde bereits im Jahre 1738 durch eine im Prinzip auch heute noch gültige, allerdings im Jahre 1974 modifizierte und erheblich abgeschwächten päpstliche Bulle verdammt. Bei der Begründung dieser Verdammung standen bezeichnenderweise politische Argumentationen wie die vermeintlidiee Bedrohung der Ruhe des Staates im Vordergrund.

Nachdem der Abbe Gaultier bereits 1746 die Freimaurer bezichtigt hatte, unter dem Schlagwort der natürlichen Religion alle Sekten zu organisieren und eine „conspiration generale contre la religion" zu bilden veröffentlichte der Abbe Larudan 1747 in Amsterdam die Broschüre Les francs-mapons In ecrases. dieser Schrift, die den englisch-französischen Krieg zum Hintergrund hat, warnte Larudan vor einer großen antikatholischen, protestantisch-freimaurerischen Verschwörung.

Er warf den Freimaurern vor, sie machten „die vollkommene Freiheit und Gleichheit, so uns von allen Arten der Obrigkeit losmacht. . . einem jeden beliebt und anständig" Cromwell habe den Freimaurer-orden gegründet, um „das menschliche Geschlecht zu bessern und Könige und Potentaten, deren Geißel er war, auszurotten"

Während diese beiden Schriften bei aller Grundsätzlichkeit eine tagespolitische Zielsetzung hatten, soll nun anhand zweier Belegstellen der dieser Polemik zugrunde liegende christlich-heilsgeschichtliche Bezugsrahmen der Verschwörungsthese aufgezeigt werden.

Joseph Torrubia, ein spanischer Dominikaner und Mitglied der Inquisition, hat diesen 1752 in seiner Schrift Centinella contra Francs-Masones mit der folgenden Warnung bezeichnet: „Der Katholik ist hier (in der Loge) der Bruder des Lutheraners, des Kalvinisten, des Zwinglianers, des Schismatikers und wer weiß, ob nicht des Mohammedaners und Juden." Nachdem die Fortschritte der Aufklärungsbewegung, welche nicht zuletzt in einer enormen Expansion der Freimaurerei zum Ausdruck kommen, die Befürchtungen der christlichen Orthodoxie nur noch steigern konnten, diffamierte der Aachener Dominikaner Greinemann 1778 die Freimaurer von der Kanzel wie folgt: „Die Juden, die den Heiland kreuzigten, waren Freimaurer, Pilatus und Herodes die Vorsteher einer Loge. Judas hatte sich, bevor er Jesus verriet, in einer Loge zum Maurer machen lassen." Mit diesen Äußerungen stellte sich Greinemann in die Tradition des christlichen Antisemitismus. Zugleich aber brachte er erstmals die Juden und die Freimaurer in einen konspiratorischen Zusammenhang, welcher dann bis in das 20. Jahrhundert hinein von vielen konter-revolutionären und faschistischen Agitatoren und Propagatoren der Verschwörungsthese immer wieder behauptet und konstruiert worden ist.

Wie brisant dieses zugleich antifreimaurerische wie antijüdische Feindbild bereits damals war, ist daraus zu ersehen, daß die zitierte Predigt des Pater Greinemann pogromartige Ausschreitungen gegen freimaurerische — gewissermaßen liberale — Aachener Bürger provoziert hat. Diese haben Interventionen protestantischer Reichsfürsten gegen die Reichs-stadt Aachen zur Folge gehabt.

Das Bemerkenswerteste, sozialpsychologisch vielleicht Zugkräftigste und für alle Verschwörungstheoreme Charakteristische an der Argumentation dieses Geistlichen ist die in der Verschwörungsthese vollzogene Synthese von archaisch-religiösen und säkular-weltlichen Momenten. Das letztere ist darin begründet, daß die Freimaurerei als eine zugleich aufklärerische und unpolitisch-esoterische Organisation ungeachtet aller freimaurerischer Praktiken und Riten eine moderne, bürgerliche Organisationsform verkörperte, welche zwar in keinem offenen, aber doch latenten Gegensatz zur ständisch-hierarchischen stand. Dieser besondere Charakter der Freimaurerlogen, der über das „Freimaurerische" im engeren Sinne hinauswies, war es auch, welcher den Freimaurer Lessing 1779 sagen ließ: „Die Freimaurerei ist nichts Entbehrliches, sondern etwas Notwendiges, das in dem Wesen des Menschen und der bürgerlichen Gesellschaft gegründet ist. ” In der gleichen Schrift Ernst und Falk sprach Lessing von einem Freimaurer, der zu denjenigen gehöre, die „in Europa für die Amerikaner fechten". Er habe „die Grille" — so heißt es weiter—, „daß der Congreß eine Loge ist, daß da endlich die Freimaurer ihr Reich mit gewaffneter Hand gründen" Wenngleich Lessings Vorstellungen kaum für die deutschen oder auch europäischen Freimaurer verbindlich gewesen sein dürften, so machen sie doch deutlich, warum nach 1789 (bis hin zu den Nationalsozialisten!) die Parolen der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit" fälschlicherweise als spezifisch freimaurerisch hingestellt und auf dieser Annahme Verschwörungskonstruktionen errichtet werden konnten. Bereits 1791 konnte daher ein Augsburger Jesuit im Hinblick auf die Freimaurerei erklären: „Eine Bruderschaft, die unter Personen von verschiedenen Ständen eingegangen wird, hat kein Verhältnis zu der Verschiedenheit der hierarchischen Ordnung, welche Gott zur guten Leitung der Welt eingesetzt hat, und daraus folgt unnachläßlich der Umsturz des geistlichen und weltlichen Systemes." Auch die nach 1789 gemachte Äußerung eines bayerischen Grafen läßt erkennen, daß die Ablehnung des Gleichheitsprinzips der Verschwörungsthese zugrunde liegt: „Ich kann nicht begreifen, wie ein Edelmann Illuminat werden konnte, wenn er nach den Gesetzen des Ordens zum Schuster und Schneider Bruder sagen mußte."

IV. Die Versehwörungsthese als konterrevolutionäre Drahtzieher-Theorie

Eines der interessantesten Ereignisse der Untersuchung der Entstehung der Verschwörungsthese ist die Tatsache, daß das Grund-muster der antifreimaurerischen Verschwörungsthese bereits vor der Französischen Revolution und nicht erst als Reaktion auf diese Revolution entwickelt worden ist. Die Tatsache, daß dies vornehmlich in Deutschland geschah, kann als Beleg dafür genommen werden, daß die Verschwörungsthese nicht durch ein distanziertes und unparteiisches Erkenntnisstreben charakterisiert ist; vielmehr handelt es sich bei ihr um ein wertorientiertes, politisch-ideologisches Kampfinstrument.

Die Vorgeschichte der Verschwörungsthese ist eng mit dem 1776 in Bayern gegründeten und 1785 von der bayerischen Regierung verbotenen radikalaufklärerischen Illuminatenorden verknüpft Dieser Orden war formal eine Art von freimaurerischer Organisation und war doch zugleich als ein militanter und somit unfreimaurerischer Kampfbund am Vorbild des Jesuitenordens ausgerichtet. Er wurde binnen kurzem so berüchtigt, daß er von orthodox-katholischer Seite mit dem Satan in Verbindung gebracht wurde. Er war so diffa17) miert worden, daß Papst Pius VI. 1785 glaubte, die Sekte der Freimaurer habe ihren Sitz in München aufgeschlagen und verbreite „die für königliche Macht und Religion gleichermaßen verderbliche Pest in der ganzen Welt" Der sich in einer Fülle von Pamphleten manifestierende Skandal war so groß, daß in der 1786 anonym publizierten Schrift Enthüllung des Systems der Weltbürger-Republik „Revolutionen, die unausbleiblich sind" prognostiziert und Freimaurerlogen als „politische und moralische Pesthäuser" denunziert worden sind.

Solche Belege machen deutlich, daß das Bewußtsein gegenaufklärerischer Kreise in Deutschland bereits vor 1789 so präformiert war, daß der Pariser Bastillesturm von deutschen Repräsentanten der Gegenaufklärung sogleich als das Resultat freimaurerischer und illuminatischer Machenschaften hingestellt werden konnte. Mit der deutschen antiilluminatischen Verschwörungsthese hat der mehrere Jahre am Hofe des Landgrafen von Hessen-Kassel tätige Marquis de Luchet das französische Publikum bereits 1789 in seinem Essai sur la secte des Illumines vertraut gemacht. Nachdem der Hochstapler Cagliostro im Dezember 1789 von der päpstlichen Polizei verhaftet worden war, ist die antifreimaurerische und anti-illuminatische Verschwörungsthese von vatikanischen und kirchlich-antirevolutionären Kreisen gezielt verbreitet worden. So wurden Gerüchte lanciert, nach denen Cagliostro der Chef des für den Bastille-Sturm verantwortlichen Illuminatenordens sei. In der 1791 von der päpstlichen Kammerdrukkerei veröffentlichten und auch in französischer, deutscher, englischer und polnischer Übersetzung erschienenen Dokumentation zum Cagliostro-Prozeß wurde den „Freimaurerrotten" vorgeworfen, das „Joch der Subordination und des Gehorsams" abschütteln zu wollen, um die „ganze Welt in Aufruhr und Tumult" zu setzen

Wie hier nicht näher dargelegt werden kann, ist die Verschwörungsthese in den Jahren 1790 bis 1795 im wesentlichen von deutschen Autoren, die übrigens überwiegend anonym und konspirativ arbeiteten, zu einem schlagkräftigen publizistischen Instrument entwikkelt worden Als solches Instrument war die Verschwörungsthese nicht zuletzt ein Produkt der Revolutionsfurcht, d. h.der Furcht vor dem äußeren französischen und dem inneren deutschen Feind. Dabei wurden die als innerer Feind angesehenen und vielfach als deutsche Jakobiner bezeichneten Republikaner als Sympathisanten und vermeintliche Verbündete der revolutionären Franzosen und damit zumindest als potentielle Urheber konspirativer Machenschaften nicht weniger als der äußere Feind gefürchtet. Denn schließlich behauptete die Verschwörungsthese in ihrer extremsten Ausprägung als Drahtziehertheorie, daß die französischen Freimaurerlogen vom deutschen „Illuminatismus imprägniert" worden seien und daß ohne diesen „letzten und gefährlichsten Stoß" die Französische Revolution schwerlich ausgebrochen wäre In der hier zitierten und von dem antirevolutionären Professor Leopold Alois Hoffmann herausgegebenen Wiener Zeitschrift wurde diese Variante der Komplott-Theorie pathetisch und nicht ohne Chauvinismus so formuliert:

„Nicht die Franzosen sind die Erfinder dieses großen Entwurfes, die Welt umzukehren; diese Ehre kommt den Deutschen zu . .. Aus dem in Deutschland entstandenen und noch gar nicht verloschenen, sondern nur verborgen und desto gefährlicher sein Wesen treibenden Illuminatismus, sind diese Comites politiques entstanden, die dem Jakobinerclub sein Dasein gegeben."

Wenngleich festzuhalten ist, daß die Verschwörungsthese vornehmlich in Deutschland entwickelt worden ist, so sind doch die beiden großen synthetischen Darlegungen dieser These nicht von Deutschen, sondern im Jahre 1797 von einem Franzosen und einem Schotten vorgelegt worden Dies waren die von dem im englischen Exil lebenden Exjesuiten und Abbe Barruel verfaßten und in neun(!) europäischen Sprachen übersetzten Memoires pour servir ä l'histoire du Jacobinisme und das ebenfalls mehrfach aufgelegte und übersetzte Buch des Edinburgher Professors John Robison Proofs of a conspiracy against all the religions and governments of Europe, carried on in the secret meetings of free masons, illuminati and reading spcietes.

V. Die Einbeziehung der Juden unter die Verschwörer

Es wurde bereits gezeigt, daß die christlichen Freimaurer auch die Mohammedaner und Juden als „Brüder" angesprochen haben. Weiter wurde anhand eines Zitates aus einer Predigt des Aachener Dominikanerpaters Greinemann belegt, daß die damit beförderte Emanzipation der Juden und ihre Integration in die bürgerliche Gesellschaft aus orthodoxer Sicht nicht nur scharf abgelehnt, sondern zum Anlaß dafür genommen wurde, den christlich-mittelalterlichen Judenhaß neu zu beleben.

Tatsächlich ließ das freimaurerische Grundgesetz, die Alten Pflichten von 1723, eine Aufnahme von Juden in Freimaurerlogen prinzipiell zu Wenn jedoch mit Ausnahme von Holland und England in die europäischen Logen Juden in aller Regel nicht aufgenommen wurden, so geschah dies nicht so sehr deshalb, weil etwa die Freimaurer judenfeindlich gewesen wären, sondern weil sie Rücksicht auf die ihnen vielfach argwöhnisch gegenüberstehende Obrigkeit nehmen mußten. Dies schloß natürlich nicht aus, daß Aufklärer und Freimaurer wie Lessing Wesentliches zur Vorbereitung der Judenemanzipation geleistet haben.

Daß die Diskriminierung der Juden durch die Freimaurer nicht unumstritten war, geht z. B. daraus hervor, daß es 1780 zu der Gründung einer nichtregulären, „Winkelloge" genannten Freimaurerloge kam, welche Christen und Juden zu ihren Mitgliedern zählte. Der Gründer dieses von Jacob Katz erforschten Orden der asiatischen Brüder Hans Carl Ecker von Eckhofen, veröffentlichte 1788 die Schrift Werden und können Israeliten zu Freimaurern aufgenommen werden?, in welcher er die Aufnahme von Juden in die Freimaurerlogen befürwortete. Außer diesem Orden hat sich besonders die 1792 in Hamburg gegründete Demokratenloge Einigkeit und Toleranz für die Judenemanzipation eingesetzt. In den Statuten dieser Loge, deren Ämter von Juden und Christen paritätisch besetzt waren, heißt es programmatisch: „Es findet kein Unterschied der Religion statt, Türken, Juden und Christen sind unsere Brüder. Wir glauben, daß Wahrheit und Weisheit keine Fabrikware sind, die eines Monopols oder Patents bedürfen. 32)

Neben diesen beiden Logen spielt in der konterrevolutionären Propaganda — bis hin zur nationalsozialistischen — die 1807 in Frankfurt gegründete Loge Zur Aufgehenden Morgenröthe eine besondere Rolle. Da ihre Mitglieder überwiegend Juden waren — auch Ludwig Börne dazu , wurde gehörte — sie vielfach als „Judenloge" bespöttelt. Dar gegen diese Loge zielende Antisemitismus war insofern nicht mehr der traditionell christliche, weil er bereits eine Allianz mit dem modernen Nationalismus eingegangen war. Fatal war, daß diese Loge unmittelbar dem Pariser Grand Orient unterstand und sie deswegen nach der Ausschaltung Napoleons als landesverräterische Organisation verdächtigt werden konnte.

Anhand der 1816 in Frankfurt am Main von Johann Christian Ehrmann publizierten Schrift Das Judentum in der Maurerey, eine Warnung an alle deutschen Logen kann verdeutlicht werden, wie Nationalismus, Antiliberalismus, Fremdenhaß und Antisemitismus eine gefährliche, in einer Verschwörungsthese kulminierende Synthese eingehen konnten.

Dort wird nämlich nicht nur die Aufgehende Morgenröthe als Teil des französischen, „politisch-militärischen Spionagesystems" denunziert, in dem „Spieler, Huren und Juden"

eine wichtige Rolle gespielt hätten sondern darüber hinaus wird der in der Verbannung lebende Napoleon als Mittelpunkt einer Verschwörung dargestellt, die eine „allgemeine Weltrevolution" zum Ziel habe. Bei dieser bevorstehenden Revolution käme der von den Juden unterwanderten Freimaurerei eine besondere Rolle zu, zumal die Juden mit ihrem Geld schon viele Staatsmänner von sich abhängig gemacht hätten

Während der hier angesprochene Nationalismus sowie der Antikapitalismus die weltlich-moderne Komponente der Verschwörungsthese verkörperten, verfügte diese zugleich über eine religiöse und apokalyptische Seite. Dies zeigen z. B. die kirchlichen Reaktionen auf die Einberufung der jüdischen Notabeinkonferenz — das Sanhedrin — durch Napoleon im Jahre 1806; denn dieser Schritt trug ihm den Vorwurf ein, eine antichristliche Politik, zu verfolgen und ein falscher Messias zu sein.

Im unmittelbaren Zusammenhang mit dieser Politik Napoleons muß ein Schreiben interpretiert werden, welches der Florentiner Hauptmann Simonini 1806 an den Abbe Barruel gerichtet hat. Darin beglückwünschte Simonini Barruel zunächst zu seinen oben erwähnten Memoires, kritisierte jedoch, daß er bei der Entlarvung der verschwörerischen Sekten die jüdische nicht berücksichtigt habe. Die secte judaique stelle nämlich eine puissance la plus formidable dar. Gemeinsam mit den anderen Sekten der Sophisten, Freimaurer, Illuminaten und Jacobiner bilde sie eine einzige Fraktion, deren Ziel die Auslöschung des Christentums sei. „Zwei Juden" hätten die Freimaurerei und den Illuminatenorden gegründet mit dem Ziel, die wirtschaftliche Macht der Christen zu brechen und eine jüdische Weltherrschaft aufzurichten Diese phantastische Konstruktion, die von orthodox-katholischen Kreisen in ganz Europa kolportiert worden ist, soll von Papst Pius VII. als richtig und glaubwürdig anerkannt worden sein.

Im Zusammenhang mit der europäischen Krisensituation von 1819 ist die antisemitisch akzentuierte Verschwörungsthese neu aufgefrischt worden. So behauptete der spanische Gesandte in Berlin, Vallejo, in einer Denkschrift, daß „alle Juden" der revolutionären Sekte angehörten und daß die Juden ihre „wichtigsten Bankiers" seien Wenige Monate später soll ein ominöser Mann dem Abbe Barruel folgendes erzählt haben: Die in Cadiz meuternden Truppen, die zur Unterdrückung der Revolution in Südamerika eingeschifft werden sollten, seien von Emissären des Pariser Grand Orient zur Befehlsverweigerung angestiftet worden. Dieser Grand Orient unterstehe einem Tres Grand Orient, der sich aus 21 Mitgliedern zusammensetze. Neun dieser 21 obersten Freimaurer wären Juden! Alle Freimaurer auf der Welt seien dieser Organisation zu absolutem Gehorsam verpflichtet, was um so bedeutsamer sei, als sie sogar in jedem Dorf über Agenten verfügten

Der historische und ideologische Ursprung dieser antisemitisch geprägten Version der

Verschwörungsthese, welche zu den Vorläufern der um 1900 gefälschten sogenannten Protokolle der Weisen von Zion gehört, ist das Grand Firmament des Florentiners Filippo Buonarroti und der Newtons-Rat von Henri de Saint-Simon. Das Grand Firmament war eine am organisatorischen Vorbild der Freimaurerei ausgerichtete republikanische und national-emanzipatorische Organisation, welche in der Reaktionszeit die nationalen Freiheitsbewegungen ohne großen Erfolg zu koordinieren suchte. Die Bildung des Conseil de Newton war von Saint-Simon in seinen Lettres d'un habitant de Geneve vorgeschlagen worden. Dieser aus 21 Mitgliedern bestehende Rat sollte die Herrschaft der Wissenschaft einleiten und die vom Vatikan geprägte christliche Ära durch eine szientistische, nachchristliche ablösen. Die dargelegten Fakten erlauben es mittlerweile, die innere Logik und damit auch die politische Brisanz der die Freimaurer und die Juden in eine konspiratorische Beziehung setzenden Verschwörungsthese zu verdeutlichen. Diese These führte schließlich am Ende des 19. Jahrhunderts zu den Doppelbezeichnungen judeo-maqonnerie, judeo-masonstvo und Judeo-Freimaurerei. Sie kulminierte in der Behauptung Erich Ludendorffs, daß „das Geheimnis der Freimaurerei überall im Juden" verborgen liege, ja, daß der Freimaurer ein „künstlicher Jude" sei Der Hintergrund für solche Diffamierungen war die bereits dargelegte Tatsache, daß die Freimaurerei als eine aufklärerische Organisation auch einen Beitrag zur Emanzipation der Juden geleistet hat. In diesem Zusammenhang ist anzumerken, daß bereits die christliche Orthodoxie und die politische Konterrevolution den Aufklärern und den Revolutionären vorgeworfen hatten, sie nähmen die Juden in Schutz und die Juden stellten als Nutznießer der Revolution ein Werkzeug der antichristlichen und revolutionären Sekte dar. In einer Fußnote zu der deutschen Übersetzung der Memoires des Abbe Barruel ist deshalb bezeichnenderweise schon im Jahre 1800 vom „Judentum der Freimaurer" oder der „Freimaurerei der Juden" die Rede Wenn man berücksichtigt, daß die christliche und politische Orthodoxie davon ausging, daß die Aufklärung eine „philosophische Conjuration" darstelle, und darüber hinaus von einem „philosophischen Satanismus" sprach, so wird deutlich, daß die Freimaurerei in ihren Augen gewissermaßen die soziale Konkretisierung aller negativen Prinzipien darstellte.

Dadurch, daß auch Juden von dieser Organisation profitieren konnten (statistisch gesehen war es natürlich nur ein winziger Prozentsatz von zugleich aufgeklärten und begüterten Juden), neigte man dazu, die von der christlich-mittelalterlichen Dämonologie ohnehin mit Satan in Verbindung gebrachten Juden nicht nur als Nutznießer, sondern auch als angebliche diabolisch-allmächtige Drahtzieher der Freimaurerei und aller unerwünschten politischen Entwicklungen überhaupt hinzustellen und zu diffamieren

VI. Die antimodernistische und antidemokratische Funktion des modernen Antisemitismus

Als den Freimaurern im Jahre 1854 in der Berliner Evangelischen Kirchenzeitung unterstellt wurde, sie verleugneten den Heiland, um „mit Juden und Türken fraternisieren zu können" hatte Heinrich Sybel zuvor in seiner christlich-germanischen Staatslehre von 1851 den politischen Stellenwert solcher Diffamierungen klar zum Ausdruck gebracht. Er lobte nämlich die solche Theoreme verbreitenden und den Gleichheitsgrundsatz bekämpfenden Christlich-Konservativen dafür, daß sie „in der ersten Linie des Kampfes gegen das demokratische Prinzip" ständen Aus solch einer Perspektive konnten die liberalen und demokratischen Ideen nur zu einer Verjudung des christlichen Staates führen — so der Titel einer 1865 in Leipzig anonym publizierten Schrift. Darin wird im übrigen beispielsweise behauptet, der von den Juden „so lange ersehnte Messias heißt Mammon, und das Weltreich der Juden wird die Geldherrschaft sein. Das ist die Perspektive der Zivilisation von heute"

Auch der für die Geschichte der Verschwörungsthese wichtige Jesuit Pachtler sagte den Freimaurern 1876 nach, sie böten dem „Christus hassenden Judentum . . . ein wahres Labsal und eine hocherwünschte Operationsbasis" In den Historisch-politischen Blättern für das Katholische Deutschland war über die Nutznießer-These hinaus bereits 1872 eine ausgesprochen antisemitische Version der Verschwörungsthese lanciert worden. Es heißt dort nämlich: „Die Spitze der Loge bildet Juda, die christlichen Logen sind blinde Puppen, welche von Juden in Bewegung gesetzt werden, ohne es größtenteils zu wissen."

Der tiefere Grund für diese Polemik ist 1875 in der Allgemeinen Zeitung des Judentums treffend charakterisiert worden: Indem die Kirchenpartei, so heißt es dort, „auf die Juden losschlage, glaube sie den ganzen modernen Staat, die ganze liberale Tendenz der Gesellschaft" zu treffen Gleiches läßt sich auch von der antifreimaurerischen Agitation sagen. Hierfür ist besonders bezeichnend, daß der Terminus Freimaurer schon zu Ende des 18. Jahrhunderts im übertragenen, metaphorischen Sinne als ein klerikal-konterrevolutionäres Schimpfwort gebraucht wurde. So denunzierte z. B.der französische Abbe Lefranc 1791 das Regime der Assemblee Generale als freimaurerisch

Der Terminus Freimaurer wurde also zu einer antimodernistischen Diffamierungschiffre für nahezu alle unerwünschten Entwicklungen. Als der mehr religiös geprägte Oberbegriff für Freimaurer ist der Begriff der häretischen Sekte anzusehen, der außer auf die Freimau-rer besonders auf die Philosophen, Protestanten, Juden, Physiokraten, Jakobiner und Republikaner angewandt worden ist.

Der Abbe Barruel hat dieser „Sekte" in seinen Memoires bezeichnenderweise nachgesagt: „Die Sekte kündigte sich in Amerika mit den ersten Grundlagen des Codex der Gleichheit, der Freiheit und des Souveränen-Volkes an." Letztlich ging es also darum, und Barruel hat dies sehr deutlich und unmißverständlich ausgesprochen, das sakral gegründete, hierarchisch strukturierte Ancien Regime (Thron und Altar) gegen das Prinzip der politischen Gleichheit und damit der Volkssouveränität zu verteidigen. Die Berufung auf die Volkssouveränität wurde dabei als ein Aufstand des unmündigen Menschen gegen seinen göttlichen Herrn gewertet.

VII. Die antisozialistische und antikapitalistische Ausprägung der Verschwörungsthese

Tatsächlich ging es den Verfechtern und Anhängern der Verschwörungsthese nicht nur um ideelle, religiöse und verfassungspölitische Interessen. So wurde nicht immer ohne jeden Grund außer Thron und Altar auch die besitz-bürgerliche Sozialordnung als bedroht angesehen. Bei manchen Propagatoren der Verschwörungsthese, die in der Regel auch Antisemiten waren, liegt im übrigen der Verdacht nahe, daß sie ihre politische Theoreme bewußt und kalkuliert als Rechtfertigungs- und Kampfinstrument für kaschierte politische und materielle Ziele eingesetzt haben.

Parallel zur krisenhaft verlaufenden historischen Entwicklung vom Absolutismus zur bürgerlichen und sozialen Demokratie, welche in der bolschewistischen Diktatur eine linkstotalitäre Perversionsform besitzt, erfolgte eine stete Anpassung der bereits im 18. Jahrhundert entwickelten Verschwörungsthese an die im Zeitalter der Industrialisierung und des Imperialismus in einem raschen Wandel begriffenen politischen und sozialökonomischen Rahmenbedingungen. Dies kann hier nur exemplarisch mit wenigen Fakten und Stichworten illustriert werden

Charakteristisch ist z. B.der folgende Umstand: Nachdem der katholische Advokat Ekkert aus Prag 1852 erklärt hatte, die deutsche Reichsverfassung von 1848/49 sei „vom engeren Maurerbund den reinen Social-Demokraten dekretiert" worden, stellte der Jesuit Pachtler in Reaktion auf den Pariser Kommune-Aufstand die These auf, die Sozialistische Internationale sei letztlich eine Schöpfung der Freimaurerei. Der internationale Arbeiter-bund, den Pachtler für die „furchtbarste politische und religiöse Verschwörung in der ganzen Weltgeschichte" hielt, sei nach den Grundsätzen der Loge aufgebaut. Für Pachtler, der ja auch die Ansicht geäußert hatte, die Loge stelle für das Christus hassende Judentum eine willkommene Operationsbasis dar, stand eine Symbiose von Freimaurerei und Liberalismus fest. Denn nach ihm „führen die Prinzipien der maurerischen Humanität direkt zum Sozialismus" Dabei glaubte er, daß der vom jüdisch-freimaurerischen Liberalismus begünstigte Sozialismus seinem liberalen Ziehvater als „Gottesgeißel für den Liberalismus" und mit ihm auch dem Freimaurertum und seinen Adepten letztlich „den jähen Untergang" bereite Außer durch das Aufkommen des Sozialismus ist die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts zu beobachtende Revitalisierung der Verschwörungsthese besonders durch die unter liberalem Vorzeichen erfolgte Einigung Italiens und Deutschlands sowie den Kulturkampf und Wirtschaftskrisen begünstigt worden.

Ein wichtiger religiös-ideologischer Ausgangspunkt für den Kulturkampf ist der 1864 von Papst Pius IX. verkündete Syllabus errorum gewesen. Darin werden u. a. Pantheismus, interkonfessionelle Toleranz, Rationalismus, Liberalismus, Sozialismus und Freimau-rerei in scharfer Form verdammt Das in diesem Syllabus formulierte antimodernistische Feindbild stellt die Folie für die besonders von kirchlicher Seite vorgenommene Aktualisierung der Verschwörungsthese dar. Die anspruchsvollste Neuauflage der Verschwörungsthese ist das zwischen 1874 und 1876 publizierte und mehrmals neu aufgelegte Werk des französischen Jesuiten Nicolas Deschamps Les societes secretes ou la Philosophie de l'histoire contemporaine. Dieses Buch knüpft unmittelbar an die Barruelschen Memoires an, welche im übrigen 1887 in Rom nochmals in italienischer Sprache veröffentlicht wurden.

Edouard Drumont hat 1885 in seinem Buch La France Juive die Juden nicht nur als Nutznießer der Revolution bezeichnet, sondern darüber hinaus den Gründer des erwähnten, quasifreimaurerischen Illuminatenordens, Adam Weishaupt, fälschlicherweise als Juden bezeichnet! In seiner 1893 in Paris publizierten Schrift La Francmaponnerie-Synagogue de Satan rekurrierte der französische Erzbischof Leon Meurin unmittelbar auf Barruel. Er berief sich ferner auf die Frankfurter „Judenloge" Zur Aufgehenden Morgenröthe und den Brief von Simonini. Gleich dem Abbe Bertrand, der 1901 in Paris das Pamphlet La Francmagonnerie, Secte Juive veröffentliche, glaubte Meurin das Geheimnis der Freimaurerei im Juden erblicken zu können.

Daß es sich bei den genannten Autoren nicht um Außenseiter in der katholischen Kirche handelt, belegt die 1884 erlassene antifreimaurerische Enzyklika von Papst Leo XIII. Humanum Genus. In dieser Enzyklika werden die Freimaurer erneut mit dem Kirchen-bann belegt; es wird ihnen vorgeworfen, daß sie darauf hinarbeiten, das Reich Gottes auf der Erde durch das von ihnen kontrollierte Reich des Satans zu ersetzen, „unter dessen Herrschaft alle stehen, die dem ewigen göttlichen Gesetz den Gehorsam verweigern"

Als satanisch erschien den Traditionalisten neben dem Liberalismus auch der moderne Kapitalismus und die von ihm herausgeforderte sozialistische Bewegung. Ausdruck dieser traditionalistischen und mittelständlerischen Einstellung sind antikapitalistische und antisozialistische Parolen, wie sie sich in dem

Buch des Monsignore Anselme Tilloy von 1897 Le peril judeo-mayonnique finden. In dieser Schrift, die bezeichnenderweise Cagliostro für einen Juden ausgibt, steht die rein politische, antikapitalistische Argumentation im Vordergrund, und zwar auf eine Weise, daß bei aller Traditionsbezogenheit die moderne rechtsradikale Demagogie überwiegt.

So wird dort behauptet, daß sich Frankreich in ökonomischer, politischer und sozialer Hinsicht unter dem Joch der jüdisch-freimaurerischen Sekte befände Aus dieser Feststellung wird die Forderung der rechtlichen Diskriminierung der Juden abgeleitet, wobei das mittelalterliche Verbot des Grundbesitzes hervorgehoben wird. Außer gegen die Juden wollte Tilloy gegen die Hochfinanz und gegen die Aktiengesellschaften vorgehen. Dabei definierte er ähnlich dem anonymen Verfasser der bereits erwähnten Schrift Die Verjudung der christlichen Völker den angeblich jüdisch kontrollierten Kapitalismus als System, in dem das Geld und die Spekulation den ersten Platz auf der Wertskala einnähmen Offensichtlich wollten die Anhänger solcher Auffassungen die als heil vorgestellte vorindustrielle Welt restaurieren, welche durch den Kapitalismus noch nicht verwüstet sei; denn dessen unmittelbare Folge sei Klassenhaß, Klassenkampf und der die gesellschaftliche Ordnung auflösende Sozialismus. Zumal auch der Übergang des traditionellen zu dem rassenideologischen Antisemitismus fließend ist, war mit dieser sozialromantischen Argumentation das Grundmuster der späteren rechtsradikalen Gesellschaftsanalyse und Agitation praktisch vorgegeben. Sie liefert nämlich die Begründung dafür, warum es z. B. am 24. April 1894 in der katholischen Augsburger Postzeitung heißt: „Die Sozialdemokratie — eine Sondertruppe der Börse und des Judentums" und warum es schließlich in dem Programm der NSDAP scheinbar paradox lautet: „Der Marxismus ist ein ausgesprochen kapitalistisches Truggebilde ... Kapitalismus und Marxismus sind eines."

Für diese radikal antimodernistische These hatte der Antisemitismus, der im Parteiprogramm der NSDAP als der „gefühlsmäßige Unterbau" der Bewegung deklariert wurde, die Funktion einer Klammer. Zum einen war nämlich der Jude als Außenseiter der alten Gesellschaft zwangsläufig in den „modernen" Berufs-und Wirtschaftszweigen massiert und somit (sei es als Kapitalist oder sei es als liberaler Bürger oder sozialistischer Intellektueller) Verkörperung der Modernität; zugleich jedoch blieb der Jude trotz dieser Modernität für die kirchlichen, politischen und sozialen Antimodernisten sowie auch für den durch die sozialökonomische Entwicklung bedrohten Mittelstand eine seit alters her von der christlich-mittelalterlichen Dämonologie mit unheimlichen Zügen ausgestattete Figur.

Auf dem Hintergrund der Agitation gegen die Freimaurerei — welche als geheime Gesellschaft für Verdächtigungen unterschiedlichster Art anfällig war und auf welche die Vorwürfe des christlich-mittelalterlichen Hexen-glaubens mit großem Erfolg übertragen worden sind — konnte die sozialpolitisch brisante These von einer angeblich jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung ein explosives Kampfinstrument darstellen.

Ein wichtiger historischer Anlaß für die Aufstellung der bereits erwähnten sogenannten Protokolle der Weisen von Zion ist der Baseler Zionistenkongreß von 1897 gewesen. Nach diesen Protokollen, die unter Rückgriff auf die ältere antisemitische und antifreimaurerische Literatur unter maßgeblicher Beteiligung der zaristischen Geheimpolizei gefälscht worden sind, wurden in Basel uralte Träume von einer jüdischen Weltherrschaft zu einem politischen Aktionsprogramm verdichtet. Danach sollten die Juden unter Ausnützung der Freimaurerei sowie von Liberalismus, Demokratie und Sozialismus für ihre ureigenen Zwecke in diabolischer Weise auf den Sturz aller Throne, Religionen und Staaten hinarbeiten, um auf deren Ruinen ein jüdisches Weltreich zu errichten.

Wie der von hohen kirchlichem und politischen Stellen begünstigte Einsatz der Protokolle während der russischen Revolution von 1905 zeigt, war diese Verschwörungsthese die extremste ideologische Waffe der jegliche Liberalisierung ablehnenden orthodoxen Verteidiger von Thron und Altar. Nach übereinstimmendem Urteil det Historiker offenbarten die radikalen Verteidiger der zaristischen Selbstherrschaft bereits „präfaschistische" Züge. So hat z. B.der mit dem Zarenhof in Verbindung stehende erste Herausgeber der Protokolle, Kruszewan, bei der Anstiftung der blutigen Progrome von Kischinew eine finstere Rolle gespielt.

Diese Vorgänge verdeutlichen, daß Repräsentanten von autoritären Staaten im Moment ihrer politischen Infragestellung nicht vor einer extremen Radikalisierung zurückschrekken. In solchen Momenten der vitalen Bedrohung wurden die schließlich in Reaktion auf Aufklärung und Französische Revolution entwickelten Verschwörungstheoreme auch von solchen Konservativen gleichsam als Rettungsring aufgegriffen, welche ihnen und ihren oft recht obskuren Verfechtern in politisch ruhigen Zeiten sehr distanziert gegenüberstanden.

VIII. Die Reaktivierung der Verschwörungsthese im Ersten Weltkrieg

Dieses Verhalten kann auch an den Auswirkungen des Ersten Weltkrieges in Deutschland demonstriert werden. Bereits 1915 wurde der Krieg in einem Weltkrieg und Freimaurerei überschriebenen Artikel der Historisch-politischen Blätter für das Katholische Deutschland als Resultat einer freimaurerischen Verschwörung hingestellt. Der Haß aller Freimaurer richte sich gegen Deutschland und Österreich, weil diese in den Augen der Loge das europäische „Bollwerk des monarchischen Gedankens und den Hort des Klerikalismus, d. h. gläubigen Christentums" bildeten. Die „Zertrümmerung dieser beiden Reiche ist darum das Ziel des Freimaurerhasses", wird abschließend gewarnt

In der 1917 publizierten Schrift Freimaurerei, Weltkrieg und Weltfriede griff auch der Jesuit Gruber auf die Verschwörungsthese zurück. Er behauptete, daß die Freimaurer an allen Revolutionen seit 1776 „hervorragenden An-teil" hätten und daß die Losung der Französischen Revolution „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit" eine freimaurerische wäre. Der mit der Freimaurerei verbündeten Entente ginge es im Weltkrieg um den „Sieg des demokratisch nationalen Prinzips über das theokratisch-autokratische, monarchisch-feudale, militaristisch-imperialistische"

Ganz ähnlich äußerte sich am 9. Juli 1918 im preußischen Herrenhaus der alldeutsche Präsident des deutschen Flottenvereins, Fürst Otto von Salm-Horstmar. Für ihn war der Weltkrieg eine Auseinandersetzung der „jüdisch-demokratischen" mit der „deutsch-aristokratischen" bzw. „deutsch-germanischen" Weltanschauung. Der mit der Geschichte der Verschwörungsthese gut vertraute Salm-Horstmar glaubte, daß alle Revolutionen der Neuzeit von Freimaurern angezettelt wurden. Dabei wäre der Freimaurerorden stets ein Werkzeug der Juden gewesen. Lenin und Trotzki seien beide nicht nur Juden, sondern auch Freimaurer Im Jahre 1933 hieß es dann in dem von Curt Rosten verfaßten offiziösen ABC des Nationalsozialismus: „Der geistige Schöpfer des Kommunismus ist der Jude und Freimaurer Karl Marx-Mardochay. In seinem Werk Das Kapital, das er im Auftrage der internationalen jüdischen Freimaurerloge vor hundert Jahren anfertigte, hat er die geistige Basis für den Kommunismus geschaffen."

Solche abwegigen Thesen sind während des Ersten Weltkrieges auch von dem schon 1912 gegründeten Germanen-Orden aufgestellt worden, der 1918 in Thule-Gesellschait umbenannt wurde und sich als eine Art Anti-Freimaurerorden verstand. Von programmatischer Bedeutung ist die am 21. Juli 1918 in den Runen formulierte Aussage dieses Ordens: „Was uns (germanische Logen, d. Vf.) von der Freimaurerei trennt, ist unsere Weltanschauung . . . Wir hassen das Schlagwort von der Gleichheit, Gleichheit ist der Tod . . . Wir arbeiten für unser Volkstum und wissen, daß wir für den Fortschritt der Menschheit viel mehr tun, als alle Logen der Welt . . . Wir sind keine Demokraten . . . Demokratie ist jüdisch . . . Wir sind Aristokraten . .

Weihnachten 1917 wurde der Hochstapler Rudolf Glauer, der sich den klangvollen Namen „Rudolf von Sebottendorf" zugelegt hatte, zum Chef der bayerischen Provinz des Germanen-Ordens bestellt. Er übernahm 1918 die Zeitung Münchener Beobachter, die im gleichen Jahr in die Hände der NSDAP gelangte und unter dem Namen Völkischer Beobachter weitergeführt wurde. Mitglieder der in der Revolution von 1918/19 als rechtsradikal-terroristische Geheimorganisation operierenden Thule-Gesellschait waren so prominente spätere Nationalsozialisten wie Georg Feder, Dietrich Eckart, Hans Frank und Rudolf Heß.

IX. Die Verwendung der Verschwörungsthese durch Völkische und Nationalsozialisten

Zeitgeschichtliche Forschungen haben ergeben, daß Adolf Hitler als V-Mann der Reichs-wehr Kontakt zu rechtsradikalen Kreisen aufnahm und auch in die Thule-Gesellschait geladen worden ist Die Bedeutung der Tatsache jedoch, daß er und seine Anhänger Verschwörungstheoreme übernommen haben, welche ihrer Herkunft nach kirchlich-antimodernistischen und konservativ-monarchistischen Ursprungs sind, ist in den Gesamtdarstellungen des Nationalsozialismus und seiner Ideologie noch nicht recht gewürdigt worden.

Kaum Beachtung gefunden haben bisher auch folgende Fakten: Wenn man einmal von der Bezugnahme auf die sog. Protokolle der Weisen von Zion in Hitlers Mein Kampf absieht, so weist dieser ebenso wie der Mythus des 20. Jahrhunderts von Alfred Rosenberg keine Quellenangaben zur Herkunft, der antifreimaurerischen und antisemitischen, d. h. antidemokratischen Verschwörungstheoreme auf. Dies hat zur Folge, daß die Verschwörungsthese bis heute vielfach fälschlicherweise als spezifisch nationalsozialistisch angesehen wird. Dabei wurde übersehen, daß der frühere Moskauer Architekturstudent Alfred Rosen-berg Ende 1918 in München zur Thule-Gesellschaft gestoßen ist. Abgesehen davon, daß er bereits zuvor die bei den russischen „Weißen" populären Protokolle der Weisen von Zion kennengelernt hatte, trat Alfred Rosenberg in den Jahren 1920 bis 1923 als Über-setzer und Verfasser von antisemitischen Schriften und auch als Herausgeber einer deutschen Ausgabe der genannten Protokolle hervor. Unter dem Titel Der Jude, das Judentum und die christlichen Völker veröffentlichte Rosenberg 1920 eine Übersetzung der Schrift des Franzosen Gougenot des Mousseaux von 1869 Le Juif, le Judaisme et la Judaisation des Peuples Chretiens. Diese seinerzeit von Papst Pius IX. gelobte Schrift stellt eines der Vorbilder für die Protokolle dar und weist den Freimaurern eine Hilfsfunktion bei der Vernichtung des Christentums und der Aufrichtung der Judenherrschaft zu.

In seinen 1920 und 1922 in München publizierten Pamphleten Die Spur des Juden im Wandel der Zeiten und Da^/Verbrechen der Freimaurerei, Judentum, Jesuitismus, Deutsches Christentum greift Rosenberg fast auf die gesamte Pamphlet-Literatur zur Verschwörungsthese zurück. So beruft er sich z. B. auf den Abbe Barruel, auf Simonini, auf die Schrift Das Judenthum in der Maurerey von 1816, auf Eckert und den Jesuiten Pachtler.

Außer Rosenberg bezogen sich damals noch weitere Propagatoren der Verschwörungsthese auf die christlich-konterrevolutionäre Literatur. Unter ihnen seien hier Karl Heise und Friedrich Wichtl hervorgehoben. Heise veröffentlichte 1919 sein Buch Entente-Freimaurerei und Weltkrieg und Wichtl 1919 und 1921 die Pamphlete Weltfreimaurerei, Weltrevolution und Weltrepublik sowie Freimaurerei, Zionismus, Kommunismus, Spartakismus, Bolschewismus. Nach der Lektüre der Weltfreimaurerei von Friedrich Wichtl, in der Weltkapitalismus, Zionismus, Bolschewismus und Freimaurerei in eine verschwörerische Beziehung gesetzt werden, notierte der 19jährige Heinrich Himmler in sein Tagebuch: „Ein Buch, das über alles aufklärt (u) nd uns sagt, gegen wen wir zu kämpfen haben."

Diese Notiz macht deutlich, welch gefährliche Wirkung solche Autoren wie Wichtl in politischen Umbruchzeiten auf desorientierte und fanatisierte Leute haben können. Wichtl, der „in dem bolschewistischen Chaos eine Art Ubergangsstadium zur rein jüdischen Weltherrschaft" erblickte, hat 1921 in seiner Weltfreimaurerei drohend gesagt: „Das arme beschwindelte und so schmachvoll betrogene deutsche Volk aber stand bis jetzt jammernd da und schwieg — lange dauert es, bis sich beim gewissenhaften Deutschen die Wahrheit durchringt; aber dann wird der Furor teutonicus hervortreten wie nie zuvor."

X. Die „Annullierung der Revolution von 1789" als Ziel

So prophetisch solche Worte auch in der Rückschau erscheinen mögen, so wird doch deutlich, daß sie in erster Linie die durch den Ersten Weltkrieg herbeigeführte Situation widerspiegeln. Ohne irgend etwas beschönigen zu wollen, muß doch festgehalten werden, daß es die Weltwirtschaftskrise war, die die bereits stabilisierte Weimarer Republik aus dem Gleichgewicht brachte. Als ideologische Waffe und demagogisches Mobilisierungsinstrument spielte die Verschwörungsthese in den sozialen und politischen Entscheidungsschlachten eine nicht zu übersehende Rolle; denn mittels der in ihr benannten Sündenbökke wurde ein die reale Situation verschleierndes, dualistisches Weldbild erzeugt.

Außer Ernst-Wolfgang Böckenförde, welcher 1961 den vieldiskutierten Aufsatz Der deutsche Katholizismus im Jahre 1933 veröffentlichte hat insbesondere Ernst Topitsch darauf hingewiesen, daß bei aller prinzipiellen Ablehnung des Nationalsozialismus durch die Katholische Kirche zwischen beiden eine historisch fatale „gemeinsame Kampfstellung gegen Aufklärung, Liberalismus und Sozialismus" bestand

In wie zynisch-kalkulierter Weise diese von Ernst Nolte als „feindliche Nähe von Kon-servatismus und Nationalsozialismus" charakterisierte Nachbarschaft in der ideologisch-politischen Feindabwehr ausgenützt werden konnte, verdeutlicht das 1924 von Franz Haiser veröffentlichte Buch Freimaurer und Gegenmaurer im Kampf um die Weltherrschaft.

Darin legte der Begründer des den Nationalsozialisten nahestehenden „Allarischen t Bundes" sein Konzept offen so dar: „Vom christlichen Standpunkt aus ist der Jude Feind und Zerstörer von Religion und Sittlichkeit, von Thron und Altar. Diese Ansicht fördert den Zusammenhalt der rechtskulturellen Bewegung und wäre daher vom , Allarischen Bund'zu betonen" Je nach Zweckmäßigkeit müsse in manchen Ländern auf „die Unterwühlung von Thron und Altar durch die jüdisch-demokratische Freimaurerei", in anderen dagegen auf die „Gefahren des Bolschewismus"

am meisten hingewiesen werden Weiter heißt es bei Haiser vielsagend: „Religionsfragen dürfen wir in unserem Bunde nur sehr vorsichtig anfassen, weil wir uns an alle deutschen Rechtsparteien wenden, — somit auch an die kirchlich gesinnten."

Schließlich forderte er in Konsequenz dieser Überlegungen, daß die Stellung seines Bundes zu den Monarchisten, Legitimisten und Christlich-Sozialen „sehr dehnbar und berechnend" sein müsse. Denn: „Wir brauchen sie als Kämpfer gegen die ‘ Juden, Liberalismus, . Fortschritt', . Aufklärung'und Pöbelherrschaft, ihr sonstiges Programm geht uns nichts an. Jedenfalls ist äußerste Vorsicht mit ihnen am Platze"

Daß das hier angesprochene und durch die Symbiose von Thron und Altar geprägte christlich-konservative Weltbild wegen seiner ungewollten Vermittlung einer ideologischen Befangenheit gegenüber dem Rechtstotalitaismus tatsächlich Ansatzpunkte für die fachistische Demagogie bot, zeigt auch die Tatsache, daß Papst Pius XII noch am 24. Juli 1958 die Freimauerei als gemeinsame Mutter von wissenschaftlichem Atheismus, dialektischem Materialismus, Rationalismus und Laizismus bezeichnete und sie als Haupturheberin des „modernen Glaubensverfalls" angriff

Außer General Erich Ludendorf, welcher im Jahre 1927 in seiner Vernichtung der Freimaurerei durch Enthüllung ihrer Geheimnisse behauptet hatte, mit den „jüdisch-freimaurerischen Schlagworten . Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit werden die Völker geknechtet" war im übrigen auch der Protestant einKaiser Wilhelm II. in seiner niederländischen Emigration davon überzeugt, daß „der Weltkrieg durch die jüdischen Freimauerlogen in Frankreich, England und Italien angezettelt" worden sei 86).

Die recht pauschal-antimodernistische und im Anden Regime wurzelnde Frontstellung der Verschwörungsthese kann dazu beitragen zu erklären, warum ein nicht unerheblicher Teil des deutschen Bürger-und Bauerntums sowie auch der Geistlichkeit trotz aller fraglos bestehenden grundsätzlichen Vorbehalte gegenüber dem Nationalsozialismus in einer krisenhaften Situation mit ihm als dem vermeintlich geringeren Übel paktierte und somit die „Machtergreifung" begünstigt bzw. ermöglicht hat. Dabei spielte der Umstand eine erhebliche Rolle, daß die mit der Krisenbewältigung überforderte Weimarer Republik für viele mehr das Produkt der Niederlage als die Errungenschaft einer vorbehaltlos bejahten demokratischen Revolution war. So konnte etwa auch der Versailler „Knebelungsvertrag" als antideutsches Komplott „jüdisch-freimaurerisch-demokratischer" Entente-Mächte und als „Werk im Geist der Freimaurerei" hingestellt werden.

Aus den skizzierten Gründen richtete sich die Konspirationstheorie außer gegen die Juden und Freimaurer gegen die in der amerikanischen und französischen Revolution wurzelnde westliche Demokratie; darüber hinaus noch gegen die bolschewistische Diktatur, die von den Gegnern der westlichen Demokratie gemäß ihrem Selbstverständnis ihrerseits als Konsequenz der Ideen von 1789 hingestellt wurde

Dies ist der Hintergrund dafür, warum der Wiener Nationalökonom und Ständestaatstheoretiker Professor Othmar Spann im Jahre 1931 auf einer Tagung des Katholischen Akademikerverbandes im Kloster Maria Laach zur „Vernichtung der Midgardschlange von Marxismus und Demokratie" aufrufen konnte und es in einem Hirtenbrief des Linzer Bischofs Gföllner vom 21. Januar 1933 heißt: „Das entartete Judentum im Bunde mit der Freimaurerei ist auch vorwiegend Träger des mammonistischen Hochkapitalismus und vorwiegend Gründer und Apostel des Sozialismus und Kommunismus, der Vorbote und Schrittmacher des Bolschewismus." Aufgrund einer entsprechenden Lagebeurteilung hat der im deutschen Episkopat nicht unumstrittene Freiburger Erzbischof Gröber im Oktober 1933 das unter seiner Mitwirkung zwischen dem Dritten Reich und dem Vatikan abgeschlossene Konkordat in kurzsichtiger Weise folgendermaßen begrüßt: „Eine der ersten Kundgebungen des Führers war eine christliche. Er hat seine Hand erhoben gegen alle diejenigen, die gegen das Kreuz anstürmten." In seiner vom Sicherheitsdienst (SD) der SS kolportierten Erklärung vom 5. Februar 1942, in welcher davon die Rede ist, daß sich zwei verschiedene, in ihren „Grund -tendenzen“ jedoch vollständig einige „Richtungen des Atheismus“ gegenüberständen, und zwar „auf der einen Seite der Bolschewismus, verbunden mit dem Weltfreimaurertum, und auf der anderen Seite der heidnische

Nationalsozialismus“ hat Erzbischof Gröber deutlich werden lassen, daß diese politische Einschätzung gleich der traditionellen Verschwörungsthese aus dem Boden eines christlich-antipluralistischen Weltbildes erwachsen ist, welches als vordemokratisch zu kennzeichnen ist.

Wenn man einmal davon absieht, daß bereits der 4. Kongreß der Kommunistischen Internationale im November 1922 einen Unvereinbarkeitsbeschluß zwischen KP-Mitgliedschaft und Logenzugehörigkeit gefaßt hat, weil die westlichen Humanitätsidealen verpflichtete Freimaurerei eine der „reaktionärsten" Bewegungen der kapitalistischen Länder darstelle so ist hier besonders darauf hinzuweisen, daß die von den Nationalsozialisten übernommene und für ihre Zwecke zurechtgemachte Verschwörungsthese die Ablehnung der Ideen von 1789 eingestandenermaßen zur Basis hat. So hat z. B. Alfred Rosenberg am 11. August 1940 im Völkischen Beobachter die Freimaurerei bezichtigt, sie sei es gewesen, „aus deren Mitte die Losungen der Französischen Revolution gestiegen" wären. Bereits im Mythos des 20. Jahrhunderts hat Rosenberg behauptet, die Juden hätten sich die „Freimaurerphilosophie" dienstbar gemacht, weil dank der freimaurerischen „Humanitätspredigt und der Lehre von der Menschengleichheit . . . jeder Jude, Neger, Mulatte vollberechtigter Bürger eines europäischen Staates werden konnte"

Dementsprechend heißt es in dem vom nationalsozialistischen Institut Judenlrage veröffentlichten der Buch Die Juden in Deutschland, daß die „amerikanische Verfassung von 1787 und die Französische Revolution von 1789 in den jahrhundertealten Wall (des Ghettos, d. Vf.) eine Bresche gelegt haben. Beide proklamierten die Gleichberechtigung der Juden nach dem Prinzip der Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz." Nachdem der sich hinter dem Pseudonym „Wilhelm Meister" verbergende Paul Bang im Jahre 1919 in Judas Schuldbuch. Eine deutsche Abrechnung unter Bezugnahme auf Ferdinand Lassalles Kampf um das demokratische Wahlrecht gehöhnt hatte: „Der Einzug ins gelobte Land (der Juden, d. Vf.) bildet hier das allgemeine gleiche Wahlrecht" erklärte dann Engelbert Huber im Jahre 1934 in seinem Buch Freimaurerei. Weltmacht hinter den Kulissen, hinter der Forderung der politischen Ausschaltung der Freimaurer und Juden stünde das Ziel: „Annullierung der Revolution von 1789“

XI. Das Reichssicherheitshauptamt als Vollstrecker der Verschwörungsthese

Wie hier nicht näher begründet werden muß, hat sich die nationalsozialistische Gewaltherrschaft letztlich auch gegen diejenigen Konservativen und Christen gewandt, die mit dem Nationalsozialismus in der Negation der Ideen von 1789 weitgehend übereinstimmten. Ihre oft parteitaktisch motivierte anfängliche Begünstigung des Nationalsozialismus, dessen Skrupellosigkeit sie in keiner Weise gewachsen waren, entbehrt somit nicht der Tragik.

Hier sei nur darauf verwiesen, daß die katholische Kirche 1937 mit der Enzyklika Mit brennender Sorge nach der gescheiterten Koexistenzpolitik erneut eine grundsätzliche Frontstellung gegenüber dem Nationalsozialismus bezog

Auf der Seite des Dritten Reiches manifestierte sich dieser Klärungsprozeß auch darin, daß die nationalsozialistische Verschwörungsthese in ihrer extremsten, wesentlich auf General Ludendorff zurückgehenden Ausprägung neben den Juden, Freimaurern, Liberalen und Sozialisten auch die Jesuiten und damit die katholische Kirche als angebliche Verschwörer denunzierte. Ludendorff hatte nämlich in dem von ihm 1929 gemeinsam mit seiner Frau Mathilde veröffentlichten Pamphlet Das Geheim-97) nis der Jesuitenmacht und ihr Ende behauptet, der Jesuit sei als „Finanzmagnat mit dem jüdischen Volke eng verbunden und mit der Freimaurerei in den Hochgradlogen eng vereint"

Ihren institutionellen Niederschlag hat diese Variante der Verschwörungsthese darin gefunden, daß im Amt VII des Reichssicherheitshauptamtes, welchem die „Weltanschauliche Forschung und Auswertung" übertragen war, im Jahre 1939 eine Stelle für weltanschauliche Bekämpfung der Gegner Judentum, Kirche und Freimaurer eingerichtet worden ist. Leiter des Amtes VII des RSHA war der nationalsozialistische Freimaurerexperte Prof.

Dr. Franz Alfred Six, welcher 1938 in seiner Schrift Freimaurer und Judenemanzipation als Beleg für seine Verschwörungsthese auch die oben erwähnte Broschüre von 1788 Werden und können Israeliten zu Freimaurern aufgenommen werden angeführt hat

Franz Alfred Six, der auch stellvertretender Leiter des Amtes II (Haushalt und Wirtschaft) des Reichssicherheitshauptamtes war, ist im Zweiten Weltkrieg als Vertrauensmann von Heinrich Himmler zum Leiter der Kulturpolitischen Abteilung des Auswärtigen Amtes aufgestiegen. In dieser Eigenschaft hat Six — der seinen zeitweise im Freimaurermuseum von Heinrich Himmler beschäftigten Untergebenen Adolf Eichmann als einen „pflichtbewußten und sachlich einwandfreien SS-Mann" gelobt hat — im April 1944 auf der interministeriellen Konferenz der Judenreferenten in Krummhübel ausdrücklich die „physische Beseitigung des Ostjudentums" und damit die sogenannte Endlösung der Judenfrage begrüßt

In der Broschüre Das Reich und der Westen hat Six das Credo des Nationalsozialismus und damit den Bezugsrahmen der Verschwö-loo) rungsthese so formuliert: „Der Nationalsozialismus stellt in allen seinen Postulaten eine Antithesis zum Westen, eine Gegenwelt zur nivellierenden Tendenz der Menschheitsauffassung des parlamentarisch-demokratischen Nihilismus, der Herrschaft der Vielen und Minderwertigen dar

Nach einem Schulungsbrief der NSDAP von 1939 fand die „gegnerische Einstellung der NSDAP zur Geisteshaltung der Französischen Revolution ... ihren Ausdruck in der .. . ablehnenden Haltung gegenüber der Freimaurerei", wobei diese als projüdische „zwischenvölkische Organisations-und Propagandaform für die Verbreitung der westlichen Organisations-und Verbrüderungsideologie des Liberalismus" gebrandmarkt wurde

Als Resümee sei hier festgehalten, daß sich die nationalsozialistischen Verschwörungstheoreme unmittelbar auf die in Reaktion auf Aufklärung und bürgerliche Revolution von Anhängern des Ancien Regime entwickelte Verschwörungsthese zurückführen lassen. Damit ist natürlich noch keine Antwort auf die quälende und vielleicht überhaupt nicht befriedigend zu klärende Frage erteilt, wie es geschehen konnte, daß die ein zugkräftiges, antimodernistisches und zugleich antidemokratisches Kampfinstrument darstellende Verschwörungsthese in Verbindung mit dem nationalsozialistischen Rassenwahn von Heinrich Himmler und seinem konspirativ arbeitenden Reichssicherheitshauptamt zu einem die menschliche Vorstellungskraft übersteigenden physischen Vernichtungsprogramm umgestaltet werden konnte.

Wenngleich Bruch zwischen der somit ein antimodernistischen, christlich-konservativen Tradition und der nationalsozialistischen . Weltanschauung'mit ihrem Endlösungs-Programm zu konstatieren ist, wie er einschneidender kaum gedacht werden kann, so hat man sich andererseits doch zu vergegenwärtigen, daß wesentliche Teile der NS-, Weltanschauung'— bei aller Modernität von Sozialdarwinismus, Rassismus und anderer Züge des Dritten Reiches — tief in dem durch die Symbiose von Thron und Altar gekennzeichneten vor-bzw. antidemokratischen Ancien Regime verankert sind Deshalb sollte man sich gelegentlich daran erinnern, daß Benjamin Disraeli einst prophezeit hat, die Zerstörung der traditionellen Einflüsse würde die Rache der „erzürnten Tradition" hervorbringen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Heinrich Himmler, Wesen und Aufgabe der SS und der Polizei (1937), in: Der Prozeß gegen die Kriegsverbrecher, Bd. 29, Nürnberg 1948, S. 229; vgl. auch Heinrich Himmler, Geheimreden 1933 bis 1944, Frankfurt/M. 1974, S. 56— 58.

  2. Zit. nach Ernest K. Bramsted, Goebbels und die nationalsozialistische Propaganda 1925— 1945, Frankfurt/M. 1971, S. 503.

  3. Zit. nach Ludwig Haeusser, Deutsche Geschichte vom Tode Friedrichs des Großen, Bd. 1, Berlin 1859, S. 202.

  4. Hierzu Kap. 2. 5 („Absolutistisch-ständestaatliche Gesellschaft und . geheime Gesellschaften'") von Rogalla von Bieberstein, Die These von der Verschwörung 1776— 1945, Bern 1976.

  5. Karl Friedrich Bahrdt, über Aufklärung und Beförderungsmittel derselben von einer Gesellschaft, Leipzig 1789, S. 249.

  6. Leopold Alois Hoffmann, Die zwo Schwestern P+++ (= Paris) und W++ (= Wien) oder neu entdecktes Freymaurer-und Revolutionssystem, o. O., 1796, Vorspruch.

  7. Reinhard Koselleck, Kritik und Krise, Freiburg, München 1959, S. 64.

  8. Immanuel Kant, Werke Bd. VI, Berlin 1914, S. 389 („Gemeinspruch").

  9. Schatten und Licht, Wien 1786, S. 30.

  10. Hierzu: Herder-Korrespondenz 1974, H. 11, S. 599 f. Zum beginnenden katholisch-freimaurerischen Dialog s. Rolf Appel u. Herbert Vorgrimler, Kirche und Freimaurer im Dialog, Frankfurt/M. 1975.

  11. Zit. nach Albert Monod, De Pascal ä Chateaubriand, Paris 1916, S. 302.

  12. (Larudan) Allerneueste Geheimnisse der Freimaurer, Th. 1, o. O., 1780, S. 108.

  13. Ebda, Th. 2 (1780), S. 39.

  14. Zit. nach Reinhold Taute, Die katholische Geistlichkeit und die Freimaurerei, Berlin 19033, S. 142.

  15. Zit. nach Arthur Singer, Der Kampf Roms gegen die Freimaurerei, Leizpig 1925, S. 37.

  16. Gotthold Ephraim Lessing, Sämtl. Werke (ed. F. Muncker), Bd, XIII, Leipzig 1897, S. 344.

  17. Ebda, S. 400.

  18. Projekte der Ungläubigen, o. O. (Augsburg) 1791, S. 5.

  19. Zit nach Richard Du Moulin-Eckart, Forschungen zur Kultur-und Literaturgeschichte Bayerns. Zweites Buch, München 1894, S. 197.

  20. Hierzu Richard van Dülmen, Der Geheimbund der Illuminaten, Stuttgart 1975. Ferner: Johannes Rogalla von Bieberstein, Die These von der Verschwörung 1776— 1945, a. a. O., Kap. 2. 7.

  21. Zit. nach Leopold Engel, Geschichte des Illuminatenordens, Berlin 1906, S. 13.

  22. Ernst August von Göchhausen, Enthüllung des Systems der Weltbürger-Republik, Rom (= Leipzig) 1786, S. VII.

  23. Ebda, S. 418.

  24. Leben und Thaten des Joseph Balsamo, soge-nannten Grafen Cagliostro ..., Zürich 1791, S. VIII.

  25. Hierzu Kap. 3. 3. („Die Verdichtung der Verschwörungsthese zu einer Drahtzieher-Theorie") in: Johannes Rogalla von Bieberstein 1976, a. a. O.

  26. Wiener Zeitschrift 1793, H. 2, S. 153 f.

  27. Ebda, S. 156.

  28. Hierzu Kap. 3. 4. („Die Systematisierung der Verschwörungsthese") in: Rogalla von Bieberstein 1976, a. a. O.

  29. Hierzu Jacob Katz, Jews and Freemasons in European History 1723— 1939, Cambridge/Mass. 1970, S. 13 ff.

  30. Hierzu ebda, Kap. III („The order of the asiatic brethren").

  31. Johann Christian Ehrmann, Das Judenthum in der M—y (Maurerey), Frankfurt/M. 1816, S. 4.

  32. Ebda, S. 7.

  33. Die angesprochenen Quellen sind publiziert in: Le Contemporain. Revue Catholique, T. XVI (Paris 1878), S. 59 ff.

  34. Zit. nach Etienne Lamy, Nicolas de Bergasse, Paris 1910, S. 300.

  35. Le Contemporain, Tonband = t XVI (1878), S. 67 f.

  36. Neu publiziert in: Henri Saint-Simon, Oeuvres t. I, Aalen 1964.

  37. Zit. nach: Freimaurerlexikon (Hrsg.: Lennhoff/Poser), Zürich 1932, Art.: Ludendorff.

  38. Augustin Barruel, Denkwürdigkeiten zur Geschichte des Jakobinismus, Th. 1. Münster/Westf. u. Leipzig 1800, S. 349.

  39. Karl von Eckartshausen, über die Gefahr, die den Thronen, den Staaten und dem Christenthume den gänzlichen Verfall drohet... o. O. 1791, S. 76.

  40. Ebda, S. 96.

  41. Näheres hierzu in Kap. 5. 1. („Die Rolle der Juden im Rahmen der Verschwörungsthese") in: Rogalla von Bieberstein 1976, a. a. O.

  42. Nr. 20 vom 11. März 1854.

  43. Heinrich von Sybel, Kleine Historische Schriften, Bd. I, Stuttgart, 18803, S. 365.

  44. Die Verjudung des christlichen Staates, Leipzig 1865, S. 23.

  45. G. M Pachtler, Der stille Krieg gegen Thron und Altar oder das Positive der Freimaurerei, Am-berg 18762), S. 23.

  46. Bd. 70 (1872), S. 668.

  47. Zit. nach Jacob Toury, Die politische Orientierung der Juden in Deutschland, Tübingen 1966, S. 271.'

  48. J. F. le Franc, Le voile leve pour les curieux ou le secret de la revolution releve ä Taide de la franc-maponnerie, o. O. 1791, S. 62.

  49. Barruel, a. a. O. (s. Anm. 40) Th. 4 (1804), S. 599.

  50. Näheres hierzu bei Rogalla von Bieberstein 1976, a. a. O., Kap. 6.

  51. Eduard Emil Eckert, Der Freimaurerorden in seiner wahren Bedeutung, Dresden 1852, S. 367.

  52. G. M. Pachtler, Die internationale Arbeiterverbindung, Essen 1871, S. 77. f.

  53. G. M. Pachtler, Der Götze der Humanität oder das Positive der Freimaurerei, Freiburg i. Br. 1875, S. 431.

  54. Pachtler, Die internationale Arbeiterverbindung, S. 99.

  55. Ebda, S. 106.

  56. Hierzu Handbuch der Kirchengeschichte, Hrsg. H. Jedin, Bd. VI, Teil 1 (1971), S. 750— 756.

  57. Zit. nach Herder-Korrespondenz 1958/59 S. 746.

  58. Anselme Tilloy, Le peril judeo-maconnique, Paris 1897, Kap. VII.

  59. Ebda, S. 130.

  60. Zit. nach Amine Haase, Katholische Presse und die Judenfrage, München 1975, 154.

  61. Gottfried Feder, Das Programm der NSDAP, 891. — 895. Taus., München o. J., S. 53.

  62. Ebda, S. 26.

  63. Hierzu Norman Cohn, Die Protokolle der Weisen von Zion. Der Mythos von der jüdischen Weltverschwörung, Köln, Berlin 1969; Walter Laqueur, Deutschland und Rußland, Berlin 1966, S. 99— 121.

  64. Bd. 156 (1915), S. 65— 71.

  65. Hermann Gruber, Freimaurerei, Weltkrieg und Weltfriede, Leipzig 19172, S. 1.

  66. Ebda, S. 41.

  67. Stenogr. Berichte u. Verhandl.des Preuß. Herrenhauses in der Session 1916/18, 34. Sitzung, Sp. 1042— 1045.

  68. Curt Rosten, ABC des Nationalsozialismus, Berlin 19335, S. 240.

  69. Zit. nach Rudolf von Sebottendorf, Bevor Hitler kam, München 1933, S. 25 f.

  70. Hierzu Rogalla von Bieberstein, Die These von der Verschwörung, S. 206 f., wo sich weiterführende Literaturhinweise finden.

  71. Zit. nach Josef Ackermann, Himmler als Ideologe, Göttingen 1970, S. 25.

  72. Friedrich Wichtl, Freimaurerei, Zionismus, Kommunismus, Spartakismus, Bolschewismus, Hamburg 1921, S. 31.

  73. Ebda, S. 31.

  74. Hochland 53. Jg. (1961), H. 3, S. 215 ff.

  75. Ernst Topitsch, Sozialphilosophie zwischen Ideologie und Wissenschaft, Neuwied, Berlin 19662, S. 79 f.

  76. Ernst Nolte, Theorien über den Faschismus, Köln 19764, S. 60.

  77. Ernst Haiser, Freimaurer und Gegenmaurer im Kampf um die Weltherrschaft, München 1924, S. 4.

  78. Ebda S. 5.

  79. Ebda S. 103.

  80. Ebda S. 123.

  81. Ernst-Wolfgang Böckenförde, Der deutsche Katholizismus im Jahre 1933 (1961), zit. nach: Von Weimar zu Hitler 1930— 1933, Hrsg. Gotthard Jasper, Köln, Berlin 1968, S. 342.

  82. Zit. nach Franz Hillig, Haben sich die Freimaurer gewandelt?, in: Stimmen der Zeit, Bd. 175 (1965), S. 100.

  83. Hamburg 1927, S. 10.

  84. Friedrich Hasselbacher, Frankreichs Totentanz um die . Menschenrechte', Berlin 19413, S. 223; vgl. auch die katholische Wochenschrift „Allgemeine Rundschau", in der es unter Bezug auf den Versailler Vertrag heißt: „So wie einst die Christen im Circus Maximus des heidnischen Rom den Löwen vorgeworfen wurden, so sind wir — will es uns scheinen — den Finanzhyänen der freimaurerischjüdischen Weltplutokratie zum Fraß hingeworfen." Zit. nach Heinrich Lutz, Demokratie im Zwielicht. Der Weg der deutschen Katholiken aus dem Kaiserreich in die Republik, 1914— 1925, München 1963, S. 79.

  85. Vgl. Adolf Hitler, Mein Kampf, München 193318, S. 85: „Die Demokratie des heutigen Westens ist der Vorläufer des Marxismus, der ohne sie gar nicht denkbar wäre. Sie gibt erst dieser Weltpest den Nährboden, auf dem sich dann diese Seuche ausbreiten kann."

  86. Zit. nach Klaus Breuning, Die Vision des Reiches. Deutscher Katholizismus zwischen Demokratie und Diktatur, 1929— 1934, München 1969, S. 37.

  87. Zit. nach Anton Pelinka, Stand oder Klasse? Die christliche Arbeiterbewegung Österreichs 1933— 1938, Wien 1972, S. 216.

  88. Zu'Gröber s. jetzt Ludwig Volk, Die Fuldaer Bischofskonferenz und Hitlers Machtergreifung bis zur Enzyklika Mit brennender Sorge', in: Dieter Albrecht (Hrsg.), Katholische Kirche im Dritten Reich, Mainz 1976, besonders S. 42 ff.

  89. Zit. nach Hans Müller (Hrsg.), Katholische Kirche und Nationalsozialismus, München 1965, S. 213.

  90. Zit. nach Heinz Boberach (Bearb.), Berichte der SS und der Gestapo über Kirchen und Kirchenvolk in Deutschland 1934— 1944, Mainz 1971, S. 631.

  91. Zit. nach Guy Vinatrel, Communisme et Franc-maponnerie, Paris 1961, S. 122.

  92. Alfred Rosenberg, Der Mythos des 20. Jahrhunderts, München 1941170, S. 207.

  93. Die Juden in Deutschland, München 19365, S. 19.

  94. Wilhelm Meister (d. i. Paul Bang), Judas Schuldbuch, München 1919, S. 36.

  95. Engelbert Huber, Freimaurerei. Weltmacht hinter den Kulissen, Stuttgart 1934, S. 296.

  96. Zu dem vielschichtigen und leidenschaftlich diskutierten Problemkomplex Katholische Kirche und Nationalsozialismus s. jetzt die von Dieter Albrecht hrsg. Aufsatzsammlung „Katholische Kirche im Dritten Reich", Mainz 1976. Diese Aufsatzsammlung bemüht sich um ein einfühlendes Verständnis gegenüber der Kirche und versucht dabei die ebenso kritischen wie materialreichen Untersuchungen von Hans Müller (Katholische Kirche und Nationalsozialismus. Dokumente 1930— 1935, München 1963) und Guenter Lewy (Die Katholische Kirche und das Dritte Reich, München 1965) in die richtige Perspektive zu rücken. Darüber hinaus ist hier gesondert auf das unmittelbar auf der Erfahrung der nationalsozialistischen Kirchenverfolgung basierende und 1946 von Johann Neuhäusler veröffentlichte Buch „Kreuz und Hakenkreuz. Der Kampf des Nationalsozialismus gegen die Katholische Kirche", München 1946, hinzuweisen, in dem freilich die Widerstandsfähigkeit der Kirche einseitig hervorgehoben wird.

  97. 3i. _ 35. Taus., München 1929, S. 3.

  98. Hamburg, 1938, S. 10 f.

  99. Zit. nach Robert Kempner, Eichmann und Komplizen, Zürich 1961, S. 28.

  100. Zit. nach Robert Kempner, SS im Kreuzverhör, München 1964, S. 284.

  101. Berlin 1940, S. 27 f.

  102. Schulungsbrief. Zentrales Wochenblatt der NSDAP und der DAF, 6. Jg. (1939), 7. F„ S. 269.

  103. Vgl. hierzu Giuseppe Antonio Boraese, Der Marsch des Faschismus, Amsterdam 1938, S. 340, wo festgestellt wird, der Faschismus habe als erster „die Methoden der Linksrevolution und die Technik des Maschinenzeitalters den Zwecken eines reaktionären Umsturzes dienstbar gemacht .. .". Ferner Arthur Rosenberg (Historikus), Der Faschismus als Massenbewegung, Karlsbad 1934, S. 7: „Der Faschismus ist weiter nichts als eine moderne, volkstümlich maskierte Form der bürgerlich-kapitalistischen Gegenrevolution. „Zum Stand der Faschismus-Diskussion s. Ernst Nolte (Hrsg.), Theorien über den Faschismus, Köln 19764.

  104. Zit. nach Klemens von Klemperer, Konservative Bewegungen zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus, München 1962, 14.

Weitere Inhalte

Johannes Rogalla von Bieberstein, M. A., Dr. phil., geb. 1940; Studium der Neueren und Osteuropäischen Geschichte, der Slawistik und der Politischen Wissenschaften in Göttingen, Paris, München, London und Bochum; 1969— 1972 Wiss. Assistent m. d. V. b. an der Abt. für Geschichtswissenschaften der Ruhr-Universität Bochum; 1972— 1974 Ausbildung für den höheren Bibliotheksdienst; ab 1974 Bibliotheksrat an der Universität Bielefeld. Veröffentlichungen u. a.: Archiv, Bibliothek und Museum als Dokumentationsbereiche. Einheit und gegenseitige Abgrenzung, München-Pullach 1975 (Bibliothekspraxis Bd. 16); Die These von der Verschwörung 1776— 1945. Philosophen, Freimaurer, Juden, Liberale und Sozialisten als Verschwörer gegen die Sozialordnung, Bern 1976 (Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 63).