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Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der UNCTAD | APuZ 37-38/1980 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 37-38/1980 Kritik der entwicklungspolitischen Empfehlungen der Nord-Süd-Kommission Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der UNCTAD Nahrung als Waffe?

Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der UNCTAD

Markus Timmler

/ 47 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die 1964 gegründete UNCTAD ist auf Drängen der Entwicklungsländer und gegen den hinhaltenden Widerstand der Industriestaaten zustande gekommen. Der UNCTAD gehören zur Zeit 161 Staaten an. Sie ist damit die größte Völkergemeinschaft und umfassender als die Vereinten Nationen mit ihren 153 Mitgliedern. Kristallisationspunkt der sehr vielfältigen Tätigkeiten der UNCTAD ist die Förderung des internationalen Handels als Mitte) der wirtschaftlichen Entwicklung, vor allem der Staaten der Dritten Welt, und der internationalen Umstrukturierung. Für die Errichtung der UNCTAD waren zwei Gründe maßgebend: Zum einen verkannten die entwickelten Staaten die zukunftsträchtige politische Bedeutung der Dritten Welt, deren Länder bei Erlangung der Unabhängigkeit um 1960 politisch, wirtschaftlich und militärisch völlig unbedeutend waren. Zum anderen meinten die Industriestaaten, über die Rohstoffe, Arbeitskräfte und Standortvorteile der Länder Afrikas, Asiens und auch Lateinamerikas wie eh und je auch in Zukunft entsprechend ihren Bedürfnissen nach eigenem Gutdünken verfügen zu können. Die jungen Staaten ihrerseits erkannten sehr bald, daß die politische Souveränität ohne ein Mindestmaß auch wirtschaftlicher Eigenständigkeit wertlos ist. Diese streben sie mit Hilfe der UNCTAD an. Die Industriestaaten hingegen sind nach wie vor der Meinung, daß allein das von ihnen 1948 gegründete GATT geeignet sei, die Entwicklungsländer in die internationale Wirtschaft einzubeziehen. Bisher haben fünf weltweite Tagungen der UNCTAD stattgefunden. Alle waren für die Entwicklungsländer insofern ein Erfolg, als sie ihre wirtschaftspolitische Stellung im internationalen Kräftespiel verbessern konnten. Zugleich offenbarten diese Konferenzen die zunehmende Bedeutung der Dritten Welt für die Erhaltung des Friedens sowie für eine gedeihliche soziale und wirtschaftliche Zukunft der Völkergemeinschaft. Schließlich hat die UNCTAD neben zahlreichen Studien und Analysen internationaler wirtschaftlicher wie sozialer Probleme in den Bereichen Rohstoffe, Handel, internationales Transportwesen, Schiffahrt, Technologietransfer konkrete Vorschläge erarbeitet und Abmachungen herbeigeführt, die die immer noch anzutreffende Behauptung widerlegen, es handele sich bei UNCTAD um eine „Schwatzbude“, die keinerlei praktische Ergebnisse zeitige. Vielmehr hat sich die „Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung" als ein internationales Diskussionsforum erwiesen, das geeignet ist, globale Probleme umfassend zu diskutieren und für ihre Lösung globale Vorschläge zu erarbeiten.

I. Im Vorfeld der UNCTAD )

„Die Reihe positiver Ergebnisse ist ein Beweis für die Kapazität der Vereinten Nationen (VN) — insbesondere der UNCTAD —, Verhandlungen, ungeachtet vielfältigster Interessen der daran Beteiligten, zu einem erfolgreichen Ende zu bringen", erklärte Gamani Corea, der Generalsekretär der UNCTAD, in seinem diesjährigen Rechenschaftsbericht (11. Juli 1980) vor dem „Wirtschafts-und Sozialrat" der Vereinten Nationen (VN) — Economic and Social Council (ECOSOC). Zum Beweis dieser Feststellung verwies Corea auf das im Oktober 1979 abgeschlossene „Internationale Kautschuk-Abkommen” (International Natural Rubber Agreement), auf die im April 1980 verabschiedeten „Grundsätze und Regeln zur Kontrolle einschränkender Geschäftspraktiken" (Principals and Rules of Restrictive Business Practices), auf die im Mai 1980 getroffene Abmachung über die verschiedenen Arten des internationalen Transports von Gütern” (Convention on International Multimodal Transport) und auf den Kodex für den Stück-gutverkehr (Code of Conduct for Liner Conferences), der 1974 ausgehandelt wurde und in diesem Jahr in Kraft treten wird. Von besonderer zukunftsträchtiger Bedeutung ist nach den Worten Coreas die Verabschiedung der 58 Artikel umfassenden Statuten des Gemeinsamen Fonds (GF) am 27. Juli 1980, dem Kernstück des im Mai 1976 von der IV. UNCTAD beschlossenen Integrierten Rohstoffprogramms. Mit dieser Erfolgsmeldung Coreas ist zugleich die immer noch zu hörende Behauptung widerlegt, internationale Organisationen, und hier wiederum vor allem die UNCTAD, seien „Schwatzbuden“, die keinerlei konkrete Ergebnisse zeitigten. Hierauf wird am Schluß der Arbeit noch ergänzend eingegangen.

Hier sei vorerst festgehalten, daß die UNC-TAD die umfassendste internationale Organisation ist. Sie hat 161 Mitglieder, während die VN zur Zeit nur 153 zählen. Die sehr vielfältige Tätigkeit der UNCTAD dient letzten Endes der neben Jagd und Ackerbau ältesten wirtschaftlichen Betätigung, dem Handel, und zwar der Förderung sowie der internationalen Umstrukturierung des Handels als Mittel der wirtschaftlichen Entwicklung.

Um den vielschichtigen und sehr komplizierten Faktor Handel in unserer rasch kommunizierenden Welt optimal nutzen zu können, sind neben einem möglichst reichhaltigen Angebot von Erzeugnissen aller Art ein großes Maß ökonomischen und politischen Wissens, Erfahrung und eine Fülle von technisch-organisatorischen Kenntnissen erforderlich — Voraussetzungen, über die die jungen Staaten der Dritten Welt überwiegend nicht verfügen.

Gleichwohl verlangte die Mehrheit der Entwicklungsländer nach dem Erringen der staatlichen Souveränität nicht nur in politischen, sondern auch in Fragen der Weltwirtschaft Mitsprache. Dabei stießen sie teils auf die Gleichgültigkeit, teils auf den Widerstand der Industriestaaten.

Diese, die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, die großen wie die kleinen, nahmen das Heraufkommen einer Dritten Welt in den fünfziger Jahren kaum zur Kenntnis. Sie waren mit sich selbst beschäftigt. Nachdem sie die Leiden des Krieges hinter sich hatten, war ihr Tun und Denken von zwei Besorgnissen bestimmt: Zum einen sollten sich so schreckliche Zustände wie die von 1939 bis 1945 und zum anderen so chaotische wirtschaftliche Verhältnisse wie die der dreißiger Jahre nie wiederholen.

Allgemeines Abkommen über Zölle und Handel Zu diesem Zweck hatten sie schon 1944 — also noch während des Krieges — in dem kleinen Badeort Bretton Woods (New Hampshire/USA) den „Internationalen Währungsfonds", IWF (International Monetary Fund = IMF) und die „Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung" (International Bank for Reconstruction and Development, kurz WeltBank genannt) gegründet. Die Mitglieder des Fonds verpflichteten sich, in allen Fragen der Währungspolitik eng zusammenzuarbeiten. Die nationalen Währungen wurden in feste Beziehungen zueinander gebracht, DevisenBeschränkungen nach und nach aufgehoben, und bei etwaigen (vorübergehenden) Schwierigkeiten in den jeweiligen nationalen Zahlungsbilanzen wurde (und wird) mit Mitteln des Fonds ausgeholfen. Die Bank stellte Kredite zur Verfügung, um die zerstörten Städte, Fabriken und Infrastrukturen wieder aufzubauen. Auch der Handel sollte wieder flott gemacht werden. Als Leitlinie dafür war ursprünglich eine Charta geplant, die Grundlage für die Arbeit einer internationalen Handelsorganisation (International Trade Organization — ITO) sein sollte. Zur Vorbereitung hatte der „Wirtschafts-und Sozialrat der Vereinten Nationen" (Economic and Social Council = ECOSOC)

1946 vorgeschlagen, einen Ausschuß zu bilden mit der Aufgabe, die Charta auszuarbeiten. Während der Verhandlungen über die Fassung der Charta einigte sich der Ausschuß bereits am 30. Oktober 1947 endgültig auf den vierten Abschnitt des Entwurfs. Dieser behandelte die Senkung von Zöllen sowie den Abbau aller nicht tarifärer Handelsschranken. Er war überschrieben „Allgemeines Abkommen über Zölle und Handel" (General Agreement on Tariffs and Trade = GATT). Aus Gründen der Eilbedürftigkeit beschloß der Ausschuß, diesen Teil des Entwurfs bereits am 1. Januar 1948 in Kraft zu setzen.

Zunächst war dieses Abkommen nur als Provisorium gedacht. Es sollte die Zeit bis zum Inkrafttreten der ITO-Charta überbrücken. Diese wurde von den 52 Teilnehmern an der Konferenz in Havanna am 10. März 1948 zwar verabschiedet; sie ist aber dann später nicht ratifiziert worden und deshalb bedeutungslos geblieben. Insbesondere war der amerikanische Kongreß nicht bereit, der Charta zuzustimmen. So wurde aus dem Provisorium GATT eine dauernde Einrichtung.

Unter den 23 Signatar-Staaten des GATT waren zehn, die heute als „Entwicklungsländer" eingeordnet werden, nämlich Brasilien, Burma, Ceylon (Skri Lanka), Chile, Kuba, Indien, Libanon, Pakistan, Rhodesien/Njassaland (heute drei Staaten: Sambia, Zimbabwe, Malawi) und Syrien. Doch keines dieser Länder — soweit es sich nicht überhaupt noch um Kolonien handelte — hatte eine eigene handelspolitische Vorstellung. Eine solche hätte bei den damals herrschenden Machtverhältnissen auch gar nicht geltend gemacht werden können. GATT war also eine Organisation für die auf dem Weltmarkt mit einer Vielzahl von Produkten bereits konkurrierenden Handels-staaten. Außerdem verfügten diese Staaten über ein reiches handels-und betriebswirtschaftliches Erfahrungswissen (know how), über ein ausgebautes Verteilersystem und über ein ausgefeiltes Marketing. Das alles gab es in den Ländern der Dritten Welt, die fast ausschließlich auf den Handel mit Rohstoffen angewiesen waren, nicht. Natürlich wußten dies die Industriestaaten. Gleichwohl gingen sie in der Folgezeit von der Vorstellung aus, daß den Interessen auch der wirtschaftlich und technisch unterentwickelten Länder am besten gedient wäre, wenn sie dem GATT beiträten. Diese Auffassung übersah dreierlei: — daß die Entwicklungsländer entschlossen waren, sich nach dem Erlangen der politischen Souveränität auch von den herkömmlichen ökonomischen Bindungen an die bereits industrialisierten Länder bzw. ehemaligen Kolonialmächte zu lösen;

— daß den Entwicklungsländern von der Sache her, wie eben gezeigt, alle Voraussetzungen fehlten, um für sie nutzbringend aktiv im GATT mitzuarbeiten;

— daß angesichts des finanziellen und handelspolitischen Gefälles zwischen den hoch-entwickelten Industriestaaten und den technisch wie wirtschaftlich unterentwickelten Ländern von einer gleichberechtigten Partnerschaft bei Verhandlungen keine Rede sein konnte.

Aber das wollte man sich in der Euphorie der fünfziger Jahre in den westlichen Industrie-ländern nicht eingestehen. Hier war der Wiederaufbau praktisch geschafft. Man konnte wieder alles kaufen und verkaufen. Die Kapazitäten wurden laufend erweitert. Optimismus beherrschte Produktion wie Handel. Nach Jahren der Entbehrung und Unsicherheit kam man stabilen Verhältnissen jeden Tag näher. Nicht nur das! Unmerkbar wurde die Wirtschaft als Folge dieses in allen „westlichen" Industriestaaten anzutreffenden ökonomischen Erfolgserlebnisses zu einem diese Staaten auch politisch verbindenden Element.

Andere Zielvorstellungen Diese erfolgreiche Dynamik auf dem Weg zu Wachstum und Wohlstand wollte man nicht beeinträchtigen durch die Beschäftigung mit Problemen der Dritten Welt, die neu waren, von deren Eigenart man nichts verstand — dies galt besonders für die Bundesrepublik und die USA — oder von denen man in jener Zeit nichts wissen wollte (ehemalige Kolonialmächte).

INHALT I. Im Vorfeld der UNCTAD II. Die Gründung der UNCTAD III. Verlauf und Atmosphäre der I. Konferenz IV. Aufbau und Aufgaben der UNCTAD V. Unterschiede zwischen GATT und UNCTAD VI. Sechzehn Jahre UNCTAD VII. Der praktische Wert der UNCTAD Die Entwicklungsländer beobachteten zunächst mit Staunen, dann mit Neid, schließlich mit Empörung, wie wenig die Industriestaaten bei ihren Dispositionen den Hunger, die Krankheiten, die Arbeitslosigkeit und die besonderen sozialen Gegebenheiten in der Dritten Welt berücksichtigten. Zugleich erkannten sie zunehmend deutlicher, daß die hoch-entwickelten Staaten ein gut Teil ihres Reichtums den natürlichen Ressourcen und den billigen Arbeitskräften eben dieser Dritten Welt verdankten.

Nicht zuletzt mit dieser Tatsache begründeten die Entwicklungsländer ihr Verlangen, von jenem Reichtum auch zu profitieren. Sie beanspruchten diese Teilhabe um so nachdrücklicher, als es in vielen Fällen um die nackte Existenz ihrer Völker ging. Dem Verweis der Industriestaaten auf den Währungsfonds, die Weltbank und das GATT als geeignete Organisationen zur allmählichen Behebung des wirtschaftlichen, technischen und sozialen Rückstands ihrer Länder setzten die jungen Staaten ihre ganz anders gearteten Zielvorstellungen von einer Organisation für den Handel entgegen.

Im Währungsfonds, sofern die Entwicklungsländer ihm überhaupt angehörten, bildeten ihre Anteile eine Minderheit. Auch die Weltbank war ursprünglich in erster Linie für die Bedürfnisse der hochindustrialisierten Staaten gedacht. Erst elf Jahre nach ihrer Gründung entstand die Tochter IFC (International Finance Corporation = Internationale Finanz-Korporation) und weitere vier Jahre später die IDA (International Development Association = Internationale Entwicklungsorganisation). Aber auch diese Institutionen dienten zunächst nur den ärmeren unter den reichen Ländern. Demgegenüber forderten die Entwicklungsländer eine Organisation, die allen Staaten dieser Erde offen stehen, die alle mit dem Handel direkt oder indirekt verbundenen Faktoren diskutieren sollte und die vor allem den Notwendigkeiten der damals 2, 1 Milliarden Bürger der Dritten Welt weit stärker Rechnung zu tragen hätte als alle Anfang der sechziger Jahre bestehenden Organisationen.

Die Industriestaaten sahen in diesen Forderungen ein vorübergehendes Aufbegehren wirtschaftlicher Vasallenstaaten, die ihre politische Position aus Mangel an Sachkenntnis und Augenmaß überschätzten. Daher meinten sie, jene Forderungen nicht ernst nehmen zu müssen.

So überhörten sie auch die zum Sammeln der Afrikaner und Asiaten rufenden Reden eines Nkrumah, Tour 6, Nasser und Sukarno, und sie übersahen die Zielstrebigkeit, mit der die Dritte Welt im Hinblick auf die Verwirklichung ihrer Forderungen zu Werke ging. Zugleich unterschätzten die Industriestaaten die Bedeutung der Entwicklungsländer im internationalen wirtschaftlichen Kräftespiel auch für ihre, der Industriestaaten, eigene politische und ökonomische Zukunft.

Alle diese Gegebenheiten führten zwischen 1958 und 1962 zu einer rasch zunehmenden Entfremdung zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten. Diese steigerte sich in den folgenden Jahren zu jener Konfrontation, die gegenwärtig das Klima der Verhandlungen zwischen Nord und Süd bestimmt.

Als die Entwicklungsländer um 1960 zu der Überzeugung gekommen waren, daß die Indu-striestaaten sie weiterhin in wirtschaftlicher Botmäßigkeit halten wollten, wurden sie of-fensiv. Außerdem fühlten sie auch ihre eben erlangte politische Souveränität bedroht; denn im Kalten Krieg liefen die Länder der Dritten Welt Gefahr, zum politischen Interessengelände der „westlichen" wie „östlichen" Industriemächte zu werden. Die jungen Staaten waren entschlossen, diesen Entwicklungen entgegenzuwirken. Sie begannen, sich zusammenzuschließen.

Wegbereiter der UNCTAD Einige der Wegbereiter der UNCTAD waren — wie sich im Nachhinein herausgestellt hat — fünf Erdöl fördernde Entwicklungsländer, die ihre staatlichen Einnahmen zu mehr als drei Vierteln aus der Förderung des Erdöls bestritten. Äußerer Anlaß war das Verhalten der „Sieben Schwestern". Diese beherrschten in den fünfziger Jahren das Erdölgeschäft vom Bohrloch bis zur Tankstelle. Angesichts des damaligen Aufschwungs der Weltwirtschaft pumpten die Konzerne die schwarze Flüssigkeit in jeden Tanker, dessen sie habhaft werden konnten. Die Folgen waren eine Erdöl-schwemme und (Anfang 1959) der Zusammenbruch des Preisgefüges. Als die Konzerne dann, ohne die Regierungen der jeweiligen Förderländer vorher zu fragen, den Listenpreis um 18 cts. auf 1, 67 Dollar pro Faß (159 Liter) herabsetzten, lud der damalige Staatschef des Irak, General Kassem, Vertreter von Iran, Kuwait, Saudi-Arabien und Venezuela für den 14. September 1960 nach Bagdad ein. Diese fünf Staaten zusammen förderten damals 38 Prozent allen Erdöls. Ihre Vertreter beschlossen, eine „Organisation Petroleum exportierender Länder“ (Organization of Petroleum Exporting Countries = OPEC) zu gründen. Für die Arbeit der Organisation wurden drei Ziele genannt: „Ein gleichbleibendes Einkommen für die Erzeugerländer, eine wirtschaftliche und regelmäßige Belieferung und ein angemessener Gewinn (fair profit) auf das Kapital derjenigen, die in der Erdölindustrie investieren". Das sind Forderungen, wie sie später von der „Gruppe der 77" (siehe weiter unten) im Rahmen der UNCTAD für alle Rohstoffe erhoben werden. Dieser ersten wirtschaftlichen Frontstellung von zunächst einigen wenigen Entwicklungsländern gegenüber Industriestaaten folgte im Vorfeld der UNCTAD ein Jahr später die politische Distanzierung der Dritten Welt sowohl von der Ersten, der „westlichen", wie von der Zweiten, der „östlichen" Welt. Auf Initiative der damaligen Staatschefs von Ägypten (Nasser), Indonesien (Sukarno) sowie Jugoslawien (Tito) und unterstützt von Nehru (Indien) trafen sich Vertreter aus 25 bündnis-oder blockfreien Staaten vom 1. bis 15. September 1961 in Belgrad Voraussetzung für die Teilnahme war, daß die jeweiligen Regierungen eine unabhängige, auf friedliche Koexistenz bedachte und auf Bündnisfreiheit gegründete Politik verfolgten.

Ähnlich wie bei der „Gruppe der 77" (siehe weiter unten) handelte es sich bei der Gruppe der Blockfreien Staaten um eine lose Interessen-verbindung. Sie verfügte zunächst weder über eine Organisation noch über ein Sekretariat. Während die „Gruppe der 77" (innerhalb der UNCTAD) vorwiegend wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Interessen vertritt, sind die Blockfreien in der Hauptsache politisch-ideologisch orientiert. Die Anzahl der Teilnehmer an den Konferenzen der Blockfreien ist im Laufe der Jahre von 25 (1961) auf 95 Staaten gestiegen, die bei der 6. Gipfelkonferenz der «Blockfreien" vom 3. bis 9. September 1979 in Havanna (Kuba) vertreten waren. „Die gemeinsam verfolgte Politik der Blockfreiheit sollte in der Perspektive dieser Staaten elementar dem Zweck dienen, ... ihren Einfluß und ihr Prestige in den internationalen Beziehungen zu erhöhen und gegenüber den Großmächten ihre spezifischen eigenen Interessen zur Geltung zu bringen, ohne sich dabei in militärische und politische Konflikte hineinziehen zu lassen."

Ausgelöst worden war diese Suche der Dritten Welt nach einem eigenen politischen Weg durch die Rücksichtslosigkeit, mit der die bereits industrialisierten Mächte während der fünfziger Jahre fortfuhren, über die Regierungen junger Staaten hinweg politisch, militärisch und wirtschaftlich zu disponieren, wann immer und wo immer dies ihren Interessen nützlich erschien (Krise um den Suez-Kanal, Eisenhower-Doktrin, „Bestrafung" Guineas durch Frankreich für das „Nein" zur Commu-naut, Kongo-Krise, Verweigerung der Unabhängigkeit an Algerien usw.).

Das war für Männer wie Nkrumah, Nasser und Sukarno seit 1958 Anlaß gewesen, neben Regierungen auch die Völker asiatischer und afrikanischer Entwicklungsländer (Parteien und Gewerkschaften, soweit damals vorhanden) für die 1955 in Bandung begründete „Afro-Asiatische Solidarität" zu mobilisieren. Außerdem wandten sie sich unter Verweis auf gemeinsame Interessen wegen politischer Unterstützung an einige lateinamerikanische Entwicklungsländer. Diese folgten dann auch 1962 einer afro-asiatischen Einladung zu einer „Konferenz über wirtschaftliche Entwicklungsprobleme" nach Kairo (9. bis 18. Juli). Es war das erste Mal, daß Vertreter der drei technisch und wirtschaftlich unterentwickelten Regionen (Kontinente) zusammentrafen.

Als Ergebnis der Konferenz wurde eine 69 Punkte umfassende Erklärung veröffentlicht. Dort heißt es in den Paragraphen 59 und 60: „Die Konferenz spricht sich nachdrücklich zugunsten einer internationalen Wirtschaftskonferenz im Rahmen der Vereinten Nationen aus und ruft die Entwicklungsländer auf, dahin zu wirken, daß die Konferenz zu einem möglichst frühen Datum im Jahre 1963 einberufen wird." „Die Konferenz empfiehlt, daß die Tagesordnung der internationalen Wirtschaftskonferenz alle wesentlichen Fragen mit Bezug auf den internationalen Handel, den Handel mit Rohstoffen und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Entwicklung? -und bereits entwickelten Ländern einschließen soll."

II. Die Gründung der UNCTAD

Wieweit die vorstehend erwähnten Initiativen (erdölfördernder Länder, der afro-asiatischen Solidarität, der Gruppe der Blockfreien, das Aufbegehren einzelner Politiker wie Nkrumah, Nasser, Ben Bella oder Sukarno) unmittelbar und einzeln zur Gründung der UNC-TAD beigetragen haben, ist schwer zu ermessen. Alle waren sich jedoch einig in dem Protest gegen das selbstherrliche Verhalten der „Imperialisten“. Außer Frage steht auch, daß diese verschiedenen Initiativen insgesamt das internationale politische Klima zugunsten der Dritten Welt geschaffen hatten, das für die Errichtung einer weltumspannenden Organisation für Handel und Entwicklung im Rahmen der VN Voraussetzung war.

Die Vorbereitungen Dieses „Klima“ erklärt die Einstimmigkeit des Beschlusses Nr. 1707, mit dem die 16. General-versammlung der VN im Dezember 1961 den Generalsekretär der VN beauftragte, mit den Regierungen Konsultationen aufzunehmen „über die Zweckmäßigkeit, eine internationale Konferenz über Probleme des internationalen Handels, vornehmlich im Hinblick auf die Rohwaren-Märkte", einzuberufen. Die „westlichen“ Industriestaaten stimmten dafür, obwohl sie von der Notwendigkeit einer solchen Konferenz keineswegs überzeugt waren.

In der Debatte, die jenem Beschluß voraus-ging, bezweifelten sie zum einen, daß eine große Tagung geeignet wäre, die Probleme des Handels umfassend zu behandeln oder gar einer Lösung zuzuführen; zum anderen waren sie mehr oder minder alle der Meinung, daß die Probleme der Unterentwicklung am ehesten durch eine möglichst weitgehende Liberalisierung des Handels mit Hilfe des GATT gelöst werden könnten.

Gleichwohl waren sie wiederum nicht dagegen, als der „Wirtschafts-und Sozialrat" der VN (Economic and Social Council = ECO-SOC) gemäß dem positiven Ergebnis der Konsultationen beschloß, eine „Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Entwicklung“ einzuberufen sowie einen Ausschuß einzusetzen, der die Konferenz vorzubereiten hatte. Er bestand aus 32 Mitgliedern, wovon die Dritte Welt 20 Vertreter stellte, die OECD-Staaten neun und der Ostblock drei.

Zum Generalsekretär des Ausschusses wurde der Argentinier Professor Raoul Prebisch bestellt. Auf Vorschlag des Ausschusses beschloß der ECOSOC, die Konferenz für den 23. März 1964 nach Genf einzuberufen. Sie dauerte bis zum 15. Juni. Von den 18 Tagesordnungspunkten behandelten elf Verfahrensfragen, die anderen sieben stellten grundlegende Themen zur Diskussion, die heute, weil ungelöst, nach wie vor nicht nur Gegenstand der Beratungen in der UNCTAD sind, sondern die Diskussion des Nord-Süd-Dialogs in seinen verschiedenen Gremien beherrschen. Bei den substantiellen Angelegenheiten handelte es sich um:

— Ausbreitung des internationalen Handels und seine Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung;

— Internationale Rohwarenprobleme;

— Handel mit fertigen und halbfertigen Waren;

— Verbesserung des unsichtbaren Handels (Versicherungen, Lizenzen etc.) der Entwicklungsländer; — Auswirkungen der Bildung regionaler Wirtschaftsgruppen; — Finanzierung der Ausweitung des internationalen Handels;

—Institutionelle Vorkehrungen, Methoden und Organisationen (machinery), um die Maßnahmen im Hinblick auf die Ausweitung des internationalen Handels zu verwirklichen. Der Generalsekretär der VN hatte zu der Konferenz 122 Regierungen eingeladen, die entweder Mitglied der VN oder einer ihrer Sonderorganisationen waren. Zu letzteren gehörte auch die Bundesrepublik Deutschland, die damals noch nicht in die VN aufgenommen war Fachorganisationen, die mit den VN ständig zusammenarbeiten (Organizations in The United Nations'Family), und zwischen-staatliche wirtschaftliche Organisationen (Inter-governmental Economic Organizations) sowie inoffizielle Einrichtungen, die für die Fragen der Konferenz Interesse hatten, waren aufgefordert, Beobachter zu entsenden. Durch diese großzügige Handhabung der Einladungen sollte erreicht werden, daß in Genf alle Meinungen und Interessen in bezug auf das Thema der Konferenz gehört wurden.

Das Treffen war umfassend und gründlich vorbereitet worden. Bei ihrer Ankunft im Konferenzsaal des Palais des Nations fanden die Teilnehmer an ihren Plätzen rund einhundert Dokumente und Studien vor. Die Weltbank, die Internationale Arbeitsorganisation sowie die regionalen Wirtschaftsausschüsse für Europa, Afrika, Asien und Lateinamerika hatten sich über die zur Diskussion stehenden Themen geäußert. Der Internationale Gewerkschaftsbund, eine britische Economic Intelligence Unit, die EWG, die EFTA, Argentinien, Frankreich, Großbritannien, die UdSSR und andere Regierungen hatten Memoranden erarbeitet. Besondere Aufmerksamkeit fand das Dokument E/Conf. 46/3 mit dem Titel: „Gedanken über eine neue Handlungspolitik im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung" (Towards a New Trade Policy for Development) des Generalsekretärs Prebisch. Diese Arbeit hat das Denken und Verhalten der Vertreter aus den Entwicklungsländern während der Konferenz mit geprägt, zumal den Ausführungen Prebischs, der selbst aus einem Entwicklungsland stammt, über die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Welt im allgemeinen und über die ökonomische Lage der Entwicklungsländer im besonderen auch von den Industriestaaten nicht widersprochen wurde.

Es ist überdies bezeichnend, daß die Industriestaaten, damals wie heute, angesichts des Elends in weiten Teilen der Dritten Welt die Berechtigung der Forderungen der Entwicklungsländer an sich nie bezweifelt haben. Die Geister scheiden sich an dem Umfang der Forderungen, an ihrer Verwirklichung und an der Frage nach dem zweckmäßigsten Ordnungsprinzip.

Das erste offizielle Völkertreffen Die erste UNCTAD war nicht nur die größte internationale Tagung von Regierungen (120

Länder), die je stattgefunden hatte in Genf war zugleich ein bis dahin in seiner Farbigkeit und Vielfalt nicht gekanntes Völkergemisch versammelt. Afrikaner, die sich auf ihrem Kontinent nie begegnet waren, trafen sich hier in Europa zum ersten Mal. In Genf erhielten Asiaten und Afrikaner erste unmittelbare Eindrücke von Temperament und Auffassungen der Lateinamerikaner und umgekehrt. Die Amerikaner und die Sowjets kreuzten hier zum ersten Mal die geistig-politischen Klingen vor den Vertretern der Dritten Welt. Die Kubaner konnten hier ihre Stimme durch Che Guevara ebenso weltweit vernehmbar machen wie die von vielen beargwöhnten Israelis durch den Präsidenten ihrer Staatsbank, Horowitz. Nicht wenige nachgeordnete Mitglieder der verschiedenen Delegationen waren zum ersten Mal in Europa. Sie standen staunend vor den Hochhäusern, und angesichts der technisch modernen Innenausrüstung waren einige ratlos. Ein junger Mann aus dem Nahen Osten versuchte vergeblich, im Hotel die her-abkommende Rolltreppe hinaufzusteigen — keineswegs aus Übermut. Als ihm gesagt wurde, daß die Treppe nebenan nicht „weglaufe", er brauche sich nur auf eine ihrer Stufen zu stellen — und ihm dies vorgemacht wurde —, huschte ein dankbar verschämtes Lächeln über sein Gesicht. Für viele der rund 2 000 Teilnehmer erschloß sich nicht nur wirtschaftspolitisch innerhalb der Konferenzräume eine neue Welt, für sie wurde auch Genf, wurde Europa zu einem persönlich lange nachwirkenden Erlebnis.

Die Konferenz war von Anfang an in Händen der Entwicklungsländer. Den Präsidenten der Konferenz stellte Ägypten, den Berichterstatter Libanon und der Posten des Generalsekretärs fiel wiederum dem Argentinier Prebisch zu. Den fünf Arbeitsausschüssen, die die Konferenz bildete, stand je ein Argentinier (Roh-Stoffprobleme), ein Inder (Halbfertige und Fertige Waren), ein Jugoslawe (Unsichtbarer Handel und Finanzierung), ein Nigerianer (Institutionelle Angelegenheiten) und ein Australier (Ausweitung des Handels) vor. Der Präsident des gastgebenden Landes, der Schweiz, von Moos, und der damalige Generalsekretär der VN, U Thant, setzten die Akzente der Konferenz: der eine für die Industriestaaten, der andere für die Entwicklungsländer. Der Bundespräsident der Schweiz sagte in seiner Begrüßungsansprache u. a.: „Es ist das Ziel Ihrer Konferenz, den Weg zu einer neuen Handelspolitik zu suchen, die die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Industrie-und Entwicklungsländern anregen soll. Aus dieser Zusammenarbeit soll sich ein Klima entwik-keln, das die individuelle oder private Initiative begünstigt; denn auch wenn die Maßnahmen der Regierung richtig sind, so ist es doch unumgänglich, daß sie ergänzt, ich möchte fast sagen mit Leben erfüllt werden die Initiative und Tatkraft des einzelnen." Nach diesem Hinweis auf die Notwendigkeit einer „Neuen Handelspolitik“ und auf die private Initiative als Motor allen Fortschritts betonte der Generalsekretär der VN in seiner Rede eine Entwicklung, die sich in den folgenden zehn Jahren zu einer Forderung der Dritten Welt verdichten sollte, der Forderung nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung. U Thant sagte damals u. a.: „Es muß etwas falsch sein an der Wirtschaftspolitik im nationalen und internationalen Bereich, wenn sie eine Entwicklung ungezügelt laufen läßt durch die sich die reichen und die armen Länder immer weiter von einander entfernen.“

III. Verlauf und Atmosphäre der I. Konferenz

Die Konferenz dauerte drei Monate. Mehrmals drohte sie zu scheitern. Zu verschieden waren die ökonomischen Vorstellungen von Asiaten und Lateinamerikanern, Europäern und Afrikanern, Armen und Reichen, entwikkelten und unterentwickelten Ländern, tropischen und nichttropischen Volkswirtschaften, zu groß die kulturellen und wirtschaftlichen Verschiedenheiten zwischen Hindi und Moslems, Christen und Buddhisten — Verschiedenheiten, die ebenso zwangsläufig wie unbewußt, für den Beobachter aber durchaus feststellbar, das Verhältnis zwischen Konferenzpartnern bestimmten. Infolge dieser Gegebenheiten konnten auch die Interessen aller Beteiligten nur mühsam angenähert werden. Nicht selten kam es vor, daß einige Delegationsleiter zeitweise den Verhandlungen nicht zu folgen vermochten, sei es, daß sie mit den internationalen Gepflogenheiten einer solchen Konferenz nicht genügend vertraut waren, sei es, daß sie die jeweils relevanten Dokumente nicht gelesen hatten, oder ganz einfach, weil sie das Ausmaß einer solchen bis dahin noch nicht dagewesenen Konferenz überforderte. Etwas von diesem Wirrwarr ist übrigens noch heute, nach fünfzehn Jahren, spürbar, wie die V. große UNCTAD-Tagung 1979 in Manila gezeigt hat. Es wird immer dann offenbar, wenn nach den allgemeinen Erklärungen der Delegationsleiter im Plenum die sachliche Arbeit in den Ausschüssen beginnt.

Bei der ersten Konferenz war besonders er-durch schwerend, daß man einander noch nicht kannte. Man wußte erst recht nicht, welche Vorstellungen die Teilnehmer zu den einzelnen Punkten der Tagesordnung nach Genf mitbrachten. Das hat sich inzwischen geändert. Heute kennt man einander und auch die Probleme. Man weiß sowohl um die verschiedenen Auffassungen zu den jeweils anstehenden Fragen der einzelnen Länder-Gruppen (siehe weiter unten) wie der Regierungen. Im Jahr 1964 mußte man sich an alles und jeden erst herantasten. Selbst die Entwicklungsländer, also die ehemaligen Kolonien, wußten nicht, woran sie jetzt mit ihren früheren Kolonialmächten, den Industriestaaten, waren. Bisher hatte man in der Dritten Welt untereinander agitiert und argumentiert: bei den pan-afrikanischen und afro-asiatischen Konferenzen, in der OPEC, in der Arabischen Liga, in der Organisation für die Afrikanische Einheit Gewiß hatte jedes Enwicklungsland auch bereits mehr oder minder lange mit einzelnen Industriestaaten zu tun gehabt, gelegentlich auch mit der OECD, der EWG, der EFTA und/oder mit dem RWG. Nun aber saßen sich Vertreter entwickelter und unterentwickelter Staaten zum ersten Mal en bloc gegenüber. Wie würden sie aufeinander reagieren?

Das Entstehen der „Gruppe der 77"

Einige Wochen nach Beginn der Konferenz stellten die Entwicklungsländer fest, daß sich an der ihnen bekannten Gleichgültigkeit der Industriestaaten gegenüber ihren Problemen nichts geändert hatte. Nach wie vor leugneten die Industriestaaten nicht die prekäre Lage der Entwicklungsländer. Sie waren auch bereit zu helfen. Aber kein Industriestaat wollte sich bei dieser Konferenz bindend festlegen, erst recht nicht festgelegt werden. Vielmehr wollte man mit seiner Hilfe und seiner Politik gegenüber den Entwicklungsländern zugleich auch seine eigenen Interessen fördern. Frankreich war hauptsächlich an den frankophonen Staaten in der Dritten Welt interessiert, Großbritannien an den Mitgliedern des Commonwealth, die Bundesrepublik dachte bei ihrer Hilfe auch an die Hallstein-Doktrin. Amerika bezeugte mit seinem Peace-Corps in der Dritten Welt zwar guten Willen, erregte durch seine Geschäftsmethoden aber auch manchen Arger. Die Russen wollten mit einem Minimum an Hilfe ein Maximum an Ideologie und Ressentiments gegenüber den „westlichen" Industriestaaten „verkaufen". Schließlich waren die potenten Industriestaaten des „Westens“ auch in Genf noch der Meinung, daß den Entwicklungsländern am ehesten geholfen sei, wenn sie sich den bestehenden, von ihnen gegründeten Organisationen anschlössen, daß also eine neue Organisation nicht nötig und die Konferenz an sich überflüssig sei.

Als die Entwicklungsländer dazu bei der Arbeit in den Ausschüssen meinten erkennen zu müssen, daß sie sich einzeln weder mit ihren Forderungen noch mit ihren Argumenten durchzusetzen vermochten und daß einige von ihnen dem Einfluß ehemaliger Kolonialmächte zu erliegen drohten, nahm die Konferenz eine dramatische Wendung.

Die jungen Staaten taten sich am 12. Mai 1964 zur sogenannten „Gruppe der 75” zusammen. Diese, zunächst nur für die Zwecke der Konferenz gedachte Gemeinschaft, entwickelte sich in der Folgezeit zum Erstaunen der Industriestaaten zu einer vor allem politischen Interessengemeinschaft der Dritten Welt.

Wie unklar damals noch die Begriffe Entwicklungsländer und Dritte Welt waren, geht daraus hervor, daß die Frankreich besonders verbundene Republik Elfenbeinküste der Gruppe fern blieb, Neuseeland sich ihr aber anschloß. Allerdings ist die Elfenbeinküste später der Gruppe beigetreten, Neuseeland zog sich zurück, und Süd-Korea, Süd-Vietnam und Kenia gesellten sich ihr noch in Genf dazu. Damit wuchs die Zahl noch während der Konferenz auf 77. Deshalb die entsprechende Bezeichnung der Gruppe. Sie ist seitdem nicht geändert worden, obwohl ihr gegenwärtig 120 Staaten der Dritten Welt zugerechnet werden.

Bis heute hat die „Gruppe der 77" keine feste Organisation; das heißt, anders als etwa die Mitglieder der EG, der OECD oder des RGW verfügt sie über kein Büro und über keine „Ge-danken-Schmiede", die die Interessen der Entwicklungsländer als Gruppe koordiniert, die Ereignisse unter ihren Aspekten kontinuierlich verfolgt und die jeweilige Problematik sachlich aufbereitet.

Bisher war es üblich, daß Sprecher der afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Länder vor wichtigeren Konferenzen, sei es in Genf, New York oder Rom (Sitz der FAO), ihre Meinungen zu den jeweils anstehenden Angelegenheiten austauschten. Aber diese zeitbegrenzten Fühlungnahmen reichten nicht aus, um eine Problematik auszuloten oder eine fundierte gemeinsame Auffassung zu erarbeiten.

Infolgedessen hat es zwar in politischen Fragen innerhalb der Gruppe kaum Schwierigkeiten gegeben, aber unter ökonomischen Sachaspekten waren und sind die Auffassungen, bestimmt von den jeweils nationalen Gegebenheiten, sehr verschieden. Daher reicht die Zeit meist nur zur Aufstellung eines endlosen Katalogs undurchdachter Forderungen. Das galt und gilt auch für die Tagungen der „ 77" vor den einzelnen Welthandelskonferenzen.

Vor und während der ersten Konferenz gab es solche Differenzen allerdings noch nicht. Damals hatten die zunächst 75 Entwicklungsländer ihre Zusammenarbeit wie folgt organisiert: In jedem der genannten fünf Ausschüsse bestimmten vier afrikanische, vier asiatische und vier lateinamerikanische Staaten zusammen einen Sprecher. Diese fünf Sprecher bildeten den Lenkungsausschuß der 75, der aus seiner Mitte einen Vorsitzenden wählte. Dieser hielt ständig Verbindung zum einen mit dem Präsidenten der Konferenz, zum anderen mit deren Generalsekretär.

Ebenso wie im Plenum hatten die Entwicklungsländer in den Ausschüssen die Mehrheit, von der sie auch rigoros Gebrauch machten, ohne den widersprechenden Argumenten der Industriestaaten jene Aufmerksamkeit zu widmen, die sie aus sachlichen Gründen verdienten. Jedenfalls waren die Entwicklungsländer untereinander einig, die Industriestaaten waren es nicht.

überdies waren die Industriestaaten von der Fülle der in den Konferenz-Dokumenten angesprochenen Probleme der Entwicklungsländer überrascht; sie hatten offenbar auch nicht mit der Zielstrebigkeit gerechnet, mit der die Entwicklungsländer bei dieser ersten Konferenz ihre Forderungen vorbrachten.

Die Schlußakte Daher kam gegen Ende der Konferenz eine ausgesprochen gereizte Stimmung auf. Die Industriestaaten wollten sich im Hinblick auf das Schlußdokument der Konferenz nicht erpressen und schon gar nicht in ein wirtschaftliches Ordnungssystem hineinreden lassen, das sich ihrer Meinung nach über alle Zweifel bewährt hatte. Schließlich betrachteten sie eine neue Organisation, wie insgeheim die ganze Konferenz, als überflüssig.

So ist es zu erklären, daß die Ergebnisse des vierten Ausschusses — „Institutioneile Vorkehrungen, Methoden und Organisation (machinery), um die Maßnahmen zur Ausweitung des Handels zu verwirklichen" — zu den umstrittensten gehörten. Nach sehr kontroversen Diskussionen einigte man sich auf den Kompromiß, der Vollversammlung der VN eine Organisation im Rahmen der Weltorganisation vorzuschlagen, also keine Sonderorganisation, die, wie etwa die FAO (Food and Agricultural Organization = Organisation für Ernährung und Landwirtschaft), finanziell selbständig ist, sondern ein Organ der Vollversammlung, dem die Haushaltsmittel von dieser zugeteilt wird.

Auch über alle übrigen Angelegenheiten der Tagesordnung kam man mit Hilfe der in den Ausschüssen geleisteten Vorarbeiten im Plenum schließlich zu einer Einigung. Es wurde ein grundlegendes Dokument verabschiedet, das unter dem Titel „Schlußakte" (Final Act) in die Wirtschaftsgeschichte eingegangen ist. Mit dieser Schlußakte ist 1964 eine Tagesordnung aufgestellt worden, deren einzelne Punkte die internationalen Beratungen bis heute beschäftigt haben und dies noch auf viele Jahre hinaus tun werden.

Die Schlußakte enthält 15 Allgemeine und 13 Besondere Grundsätze, von denen einige sich nur an die Industriestaaten, andere nur an die Entwicklungsländer wenden. Die ersten drei Allgemeinen Grundsätze beinhalten die Richtlinien für den internationalen Handel: Gleichberechtigung der Staaten, Selbstbestimmungsrecht der Völker, den Grundsatz der Nicht-Einmischung, keine Diskriminierungen aufgrund verschiedener Wirtschafts-und Gesellschaftssysteme, freies Verfügen über eigene natürliche Vorkommen u. a. m.

In den folgenden Abschnitten der Schlußakte werden dann die meisten einzelnen wirtschaftlichen und sozialen Bereiche behandelt angefangen von den verschiedenen Aspekten des Handels mit Rohstoffen, einschließlich der Indexierung, über die Industrialisierung, den Technologietransfer, die finanziellen Hilfeleistungen (0, 7 Prozent des Bruttosozialprodukts, öffentliche Hilfe, 1 Prozent Nationale Hilfe), den Ersatz natürlicher Rohstoffe durch Syn-thetika bis hin zu Fragen der Schiffahrt, der Währung, der Versicherung einschließlich der Rückversicherung, der Interdependenz von Handel, Kapital und Entwicklung sowie der Umstrukturierung, der Förderung ausländischer Privatinvestitionen und der Forderung nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung (NWWO).

Bezeichnend für die weitergehenden Absichten, die die Entwicklungsländer mit dieser Konferenz verbanden, ist die offizielle Erklärung der „Gruppe 77", die diese nach Verabschiedung der Schlußakte abgab. Darin heißt es, daß die Entwicklungsländer die „abschließenden Empfehlungen der Konferenz (gemeint war die Schlußakte; d. Verf.) nur als einen ersten Schritt in Richtung auf eine internationale Bestätigung (endorsement) einer neuen Handelspolitik im Dienste der Entwicklung ansehen .." Die Konferenz müsse ein entscheidender Faktor werden bei der Beendigung der Teilung der Welt „in Gebiete des Reichtums und in Gebiete unerträglicher Armut. Diese Aufgabe ist die größte Herausforderung unserer Zeit ... Die Entwicklungsländer sind einig in ihrer Entschlossenheit, das Streben nach entsprechender Abhilfe (redress) fortzusetzen und erwarten von der gesamten internationalen Gemeinschaft Verständnis und Unterstützung bei diesem Bemühen."

Fazit der I. Welthandelskonferenz Als Fazit des Verlaufs und der Ergebnisse der ersten „Konferenz der Vereinten Nationen über Handel und Entwicklung" sei folgendes festgehalten:

1. Die Konferenz vermochte, wie U Thant in seiner Eröffnungsansprache sagte, nicht mehr, „als der Menschheit, sowohl in den unterentwickelten wie in entwickelten Ländern, den Rahmen für Grundsätze und eine aktive Politik zu schaffen, die den Handel zu einem wirklichen Instrument des Fortschritts wirtschaftlicher Entwicklung machen .. .

2. Die in Genf gebildete gemeinsame Front der Entwicklungsländer gegenüber den Industriestaaten war ein Novum.

3. Diese Gruppe der 75 hat in Genf ihre Macht gekostet. Sie stellte fest, was erreicht werden kann, wenn die Entwicklungsländer zusammenstehen. Allerdings hat sich der Zusammenhalt mit den Jahren gelockert. Die spezifischen Bedürfnisse jedes einzelnen afrikanischen, asiatischen und lateinamerikanischen Entwicklungslandes bestimmen mehr und mehr die Überlegungen ihrer jeweiligen Regierungen. Aber immer noch klingt das Erfolgserlebnis von 1964 nach und erweist sich im Verein mit den nach wie vor zahlreichen Gemeinsamkeiten bei den Verhandlungen mit den Industriestaaten als ein politisch einigender Faktor.

4. Niemand kann sagen, die Entwicklungsländer hätten 1964 in Genf nicht nachdrücklich, umfassend und weltweit vernehmbar kundgetan, daß sie eine neue internationale Ordnung (nicht nur eine neue Weltwirtschaftsordnung)

anstreben, auch wenn damals wie heute niemand zu sagen vermochte bzw. vermag, wie diese neue Ordnung beschaffen sein und wie man sie herbeiführen könnte. Gleichwohl sagte mir ein Sprecher der „Gruppe der 77" am Ende jener Konferenz: „Hier ist ein neues Blatt in der Geschichte der Beziehungen der Völker aufgeschlagen, und wir werden es beschreiben." 5. Das wichtigste Ergebnis von unmittelbarer praktischer Bedeutung war die Empfehlung der Konferenz an die Vollversammlung der VN, eine Organisation zu errichten, die auf die Einhaltung und Verwirklichung der in Genf einstimmig verabschiedeten Grundsätze, Vorschläge und Forderungen bedacht zu sein hat.

IV. Aufbau und Aufgaben der UNCTAD

Die XXIX. Generalversammlung der VN folgte dieser Empfehlung. Am 30. Dezember 1964 verabschiedete sie einstimmig den Beschluß Nr. 1995, die Gründungsurkunde der Organisation UNCTAD. Fortan war zu unterscheiden zwischen der alle drei bzw. vier Jahre stattfindenden Tagung aller Mitglieder und der ständigen Organisation. Für beide steht die Bezeichnung „Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung" oder gemäß der englischen Abkürzung UNC-TAD, zu deutsch kurz Welthandelskonferenz (WHK). Nachfolgend wird die englische Abkürzung (UNCTAD) für die Organisation und die deutsche (WHK) für die alle vier bzw. drei Jahre stattfindenden großen Konferenzen (Generalversammlungen) gesetzt.

Die verschiedenen Organe der Organisation sind: die Generalversammlung, also die Konferenz, der Handels-und Entwicklungsrat (Trade and Development Board, kurz Welthandelsrat genannt) sowie das Sekretariat.

Die Konferenz Die Hauptaufgaben der Konferenz sind:

1.den internationalen Handel überhaupt, besonders aber den Handel zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten, den zwi27 sehen den Entwicklungsländern untereinander sowie den zwischen Ländern mit unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Systemen zu fördern; 2. Grundsätze und Richtlinien für den internationalen Handel und die mit ihm verbundenen Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung aufzustellen;

3. Vorschläge zur Verwirklichung dieser Grundsätze und Richtlinien zu erarbeiten;

4. die Koordinierung der Tätigkeiten anderer Organisationen innerhalb der VN auf dem Gebiet des internationalen Handels und der damit verbundenen Probleme der wirtschaftlichen Entwicklung zu überprüfen und zu erleichtern; 5. multilaterale rechtsverbindliche Vereinbarungen auf dem Gebiet des Handels anzustreben in Verbindung mit den dafür zuständigen Organen und ohne Überschneidung mit der Tätigkeit bereits bestehender Verhandlungsgremien; 6. sich mit allen Fragen zu befassen, die im weitesten Sinne in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, z. B. Schiffahrt, Technologietransfer usw.

Im weiteren Sinne haben die Plenartagungen die Aufgabe, Richtlinien für das internationale wirtschaftliche und wirtschaftspolitische Vorgehen zu erarbeiten und die Effizienz der Organisation zu überprüfen.

Der Handelsrat Von den sehr vielfältigen Aufgaben des Handelsrats seien hier nur die wichtigsten genannt. Der Rat — nimmt die Zuständigkeit der Konferenz wahr, wenn diese nicht tagt;

— ist um die Verwirklichung von Empfehlungen und Erklärungen der Konferenz bemüht; — kann entweder selbst Untersuchungen und Berichte machen über Angelegenheiten des Handels und damit in Zusammenhang stehender Fragen oder solche in Auftrag geben; — bereitet die, Tagungen der Konferenz vor, einschließlich aller dafür erforderlichen Unterlagen; — berichtet der Konferenz und außerdem alljährlich dem Wirtschafts-und Sozialrat der VN über seine Arbeit;

— ist berechtigt, nachgeordnete Organe zu gründen und/oder Beratergruppen zu bilden, die er zur wirkungsvollen Erfüllung seiner Aufgaben für notwendig erachtet.

Die Zahl der Mitglieder des Rats war ursprünglich auf 55 beschränkt. Mittlerweile können jedoch alle Mitglieder der Konferenz daran teilnehmen. In den letzten Jahren nahmen an den alljährlich zweimal stattfindenden Ratstagungen zwischen 110 und 120 Mitglieder teil.

Von dem Recht, nachgeordnete Organe zu gründen und/oder Beratergruppen zu bilden, die er zur Erfüllung seiner Aufgaben als notwendig erachtet, hat der Rat umfassend Gebrauch gemacht. Zur Zeit gibt es acht ständige Arbeitsausschüsse für Rohwaren, für fertige und halbfertige Waren, für unsichtbaren Handel und Finanzierung des Handels, für Schifffahrt, für Technologietransfer, für wirtschaftliche Zusammenarbeit unter den Entwicklungsländern, einen Sonderausschuß für Präferenzen und die Gemeinsame Beratergruppe des Internationalen Handelszentrums, das 1968 von GATT und UNCTAD gemeinsam errichtet wurde. Daneben gibt es eine Fülle von ad hoc-und zwischenstaatlichen Ausschüssen. Ihre Tätigkeit ist zeitlich begrenzt, das heißt, sie werden aufgelöst, sobald ihre Arbeit beendet ist.

Alle Mitglieder des Rats, gleich welcher Wirtschaftssysteme und welchen Ranges der Entwicklung, betrachten ihn als das Forum, in dem die unterschiedlichsten Interessen diskutiert und noch am ehesten angeglichen werden können.

Das Sekretariat Die tägliche praktische Arbeit der UNCTAD wird von einem Sekretariat besorgt, das von einem Generalsekretär geleitet wird. Dies war seit der Gründung bis 1969 der Argentinier Raoul Prebisch. Ihn löste der Venezuelaner Manuel Perez-Guerrero ab. Der bisher dritte Generalsekretär ist seit dem 5. April 1974 der Srylankaner Germani Corea. Seine Amtsperiode wurde im April 1980 um weitere fünf Jahre verlängert. Das Sekretariat erledigt alle technisch-organisatorischen Arbeiten der Konferenz, des Rates und der nachgeordneten Arbeitsgruppen. Der Generalsekretär ist u. a. verantwortlich für die Unterrichtung der Mitglieder über alle laufenden Angelegenheiten sowie für die Verwirklichung der Beschlüsse und Empfehlungen der UNCTAD. Nicht zuletzt nimmt er in der Konferenz, im Rat und in den Ausschüssen Stellung zu den anstehenden Fragen und betätigt sich bei umstrittenen Angelegenheiten als Vermittler.

Im Generalsekretariat arbeiten gegenwärtig rund 450 hauptamtliche Kräfte. Der Haushalt für das Jahr 1978/79 betrug 33 486 000 US-Dollar, das waren fünf Prozent des Haushalts der VN. In diesem Betrag sind nicht eingeschlossen die Kosten der Konferenzdienste, die Ausgaben für die zahlreichen Sonderausschüsse und für das von UNCTAD und GATT gemeinsam betriebene Handelszentrum. Für letzteres sind weitere 6 Mill. Dollar anzusetzen. Alles in allem dürften die Ausgaben, einschließlich der Kosten für die Tagungen, allerdings ohne die der V. UNCTAD in Manila, für das Jahr 1978/79 rund 80 Mill. Dollar betragen haben. Das wäre etwa so viel, wie damals in zwei Stunden in der Welt für die Rüstung ausgegeben wurde.

V. Unterschiede zwischen GATT und UNCTAD

Die beiden Handelsorganisationen unterscheiden sich durch ihren rechtlichen Status, organisatorisch und durch ihre Zielsetzung. Die Beschlüsse des GATT müssen von den z. Z. 84 Mitgliedern durchgeführt werden. Geschieht dies nicht, so haben sie sich zu rechtfertigen. Die Regeln, die gemäß diesen einen Grundsätzen aufgestellt sind, bilden Kodex, der für Verhalten der -Vertragspar das verbindlich ist. teien Allerdings wird gegen diesen Kodex immer wieder verstoßen, zum Beispiel, wenn ein Land eine bestimmte Produktion durch Maßnahmen schützt (Zölle, Abschöpfungen, Kontingente, Subventionen), ohne diese vor ihrer Einführung, wie es der Kodex vorsieht, im GATT zu diskutieren.

Organisatorisch ist GATT eigenständig. Es hat einen eigenen Haushalt, der von den Beiträgen der Mitglieder finanziert wird. Gleichwohl arbeitet GATT, wie alle Sonderorganisationen, das heißt, alle Mitglieder der VN-Familie, mit der Generalversammlung eng zusammen.

Demgegenüber ist die UNCTAD, wie bereits erwähnt, ein Organ der VN. Als solches erhält sie von diesen die Mittel für ihren Haushalt, ist sie der Vollversammlung über deren Verwendung Rechenschaft schuldig und über den ECOSOC laufend zur Berichterstattung über ihre Tätigkeit verpflichtet.

Als Organ der Generalversammlung der VN gilt für die UNCTAD wie für die VN überhaupt der Grundsatz der Freiwilligkeit. Um ein extremes Beispiel zu geben: Selbst der Initiator eines Antrages braucht sich an diesen nicht gebunden zu fühlen. Infolgedessen kam es vor bis wenigen Jahren nicht selten vor, wie in persönlichen Gesprächen zugegeben wurde, daß die Vertreter eines Industriestaates, sei es in der Konferenz, sei es im Rat, einem Antrag zustimmten, obwohl sie von vornherein an Zusage entschlossen waren, sich ihre nicht zu halten.

Das hat sich geändert. Zwar hängt die Wirksamkeit der von der Konferenz und dem Rat gefaßten Beschlüsse in erster Linie von der Zustimmung der Industriestaaten ab, weil diese für die Durchführung dieser Beschlüsse die finanziellen Mittel aufbringen müssen und ihr Erfahrungswissen (knowhow) zur Verfügung stellen. Gleichwohl können die Industriestaaten aus politischen Gründen immer weniger die Beschlüsse als bedeutungslos abtun, selbst wenn sie ohne ihre Zustimmung verabschiedet worden sind.

Dessen ungeachtet gilt auch gegenwärtig noch die bei der Gründung der UNCTAD getroffene Feststellung: GATT ist ein Verhandlungsforum, die UNCTAD ein Diskussionsforum und die „Gruppe der 77“ eine pressure group. Ein weiterer Unterschied zwischen WHK und GATT ist mehr psychologischer Art. Die UNC-TAD ist auf Betreiben der Entwicklungsländer zustande gekommen. In dieser Organisation sehen sie gewissermaßen ihre politische Heimat. Das GATT hingegen ist auf Initiative der Industriestaaten zur Behandlung und Förderung ihrer Interessen, das heißt vornehmlich zur weiteren Liberalisierung ihres bereits florierenden Handels errichtet worden. Mit der Gründung der UNCTAD zielten die Vereinten Nationen und vor allem die Entwicklungsländer aber weiter. Das zentrale Thema der ersten Welthandelskonferenz, so heißt es in einer seinerzeit vom Auswärtigen Amt und dem Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam veröffentlichen Erklärung, „war die Frage, wie der Welthandel in den Dienst des wirtschaftlichen Aufbaus der Entwicklungsländer gestellt werden könnte".

Das GATT reichte dafür nicht aus; denn es ist auf der klassischen Konzeption gegründet, daß allein das freie Spiel der internationalen wirtschaftlichen Kräfte zu einer größtmöglichen Ausweitung des Handels und der besten Nutzung der natürlichen Vorkommen führt. Demgemäß sind die Regeln des GATT in erster Linie darauf abgestellt, dieses freie Spiel zu garantieren. Folgerichtig wird im Hinblick auf die Praxis davon ausgegangen, daß für eine Ausweitung des Handels lediglich die Beseitigung der Hindernisse notwendig ist, die dem freien Spiel der Kräfte in der Weltwirtschaft entgegen stehen.

Diese Auffassung hat aber eine gewisse Homogenität der Volkswirtschaften zur Voraussetzung. Mit anderen Worten: Es sind bei der Gründung des GATT die großen strukturellen Verschiedenheiten zwischen den Industriestaaten und den Entwicklungsländern mit allen ihren wichtigen Implikationen außer Betracht gelassen worden. Infolgedessen wurde auch die Disparität in der Nachfrage nicht bedacht. Die Entwicklungsländer benötigen zunächst Güter des täglichen Bedarfs und in einem späteren Stadium einfache Maschinen und Ausrüstungen. Die Industriestaaten sind fast ausschließlich an Rohstoffen interessiert Dabei ist die Nachfrage der in der Entwicklung begriffenen Länder immer größer, als diese mit ihren finanziellen Einnahmen befriedigen können, nicht zuletzt deshalb, weil ihr Bedarf (weit) größer ist als der der Industriestaaten und weil die Preise zwischen Rohstoffen und Industrieprodukten in keinem festen Verhältnis zueinander stehen.

Aus diesen Gründen strebten die Entwicklungsländer 1964 — und sie haben seitdem von diesem Vorhaben nicht abgelassen — für die gesamte Wirtschaftspolitik eine den ganzen Erdball umspannende, eigenständige, supranationale Organisation an, die für alle Fragen des Handels und der Entwicklung zuständig sein und damit das GATT ersetzen sollte. Angesichts des damals einhelligen Widerstandes der Industriestaaten gegen eine eigene Organisation verzichteten die Entwicklungsländer auf diese extreme Forderung. Schließlich hieß der Kompromiß: UNCTAD neben GATT.

Während der Vorbereitungen zur ersten Welthandelskonferenz versuchten die Mitglieder des GATT, den Absichten der Entwicklungsländer entgegenzuwirken. Sie setzten im Mai 1963 einen Ausschuß ein, der die Frage einer Änderung des legalen und institutionellen Rahmens des GATT im Hinblick auf den Handel mit den Entwicklungsländern prüfen sollte. Infolge der widersprechenden Vorstellungen in den Reihen der Industriestaaten einigten sich diese erst einige Monate nach der ersten Welthandelskonferenz auf einige die Entwicklungsländer begünstigende Maßnahmen. Außerdem gehörten dem GATT damals nur 60 Mitglieder an gegenüber 120 Teilnehmern bei der Gründung der UNCTAD.

VI. Sechzehn Jahre UNCTAD

Bisher haben fünf Welthandelskonferenzen stattgefunden:

I. 23. 3. — 16. 6. 1964 in Genf II. 1. 2. -29. 3. 1968 in Neu-Delhi III. 13. 4. — 21. 5. 1972 in Santiago de Chile IV. 5. 5. — 31. 5. 1976 in Nairobi V. 7. 5. -3. 6. 1979 in Manila Die ersten vier waren ein Erfolg für die Entwicklungsländer, die fünfte hatte ein für sie zwiespältiges Ergebnis. Die Industriestaaten standen bei der ersten Konferenz dem „new deal" der Entwicklungsländer passiv und desorientiert gegenüber. Sie stimmten in den Ausschüssen gegen eine Reihevon Empfehlungen, gaben dann aber der Schlußakte als Ganzer ihre Zustimmung, also auch den Empfehlungen, mit denen sie vorher nicht einverstanden gewesen waren.

Auch bei den folgenden Konferenzen verhielten sie sich gegenüber den Forderungen der Entwicklungsländer zurückhaltend. Sie betrachteten die Beziehungen zur Dritten Welt nach wie vor als politisches Randgeschehen. Die Zugeständnisse, die sie nach langen Verhandlungen in Neu Delhi und Santiago schließlich machten, erachteten die meisten von ihnen in den Auswirkungen auf ihre internationalen wirtschaftspolitischen Vorstellungen als nicht durchgreifend. Sie hielten sich ihrer Meinung nach im Rahmen der Entwicklungshilfe, bewirkten keine einschneidenden Veränderungen und konnten daher gemacht werden.

Nervös wurden die Industriestaaten in Nairobi angesichts der Forderung der Entwicklungsländer nach einem integrierten Rohstoff-programm. Ölembargo Oktober/November im 1973 hatte zwar kein Umdenken, aber ein gewisses Nachdenken über die Potenzen einiger Entwicklungsländer und deren Bedeutung für die eigenen Interessen ausgelöst. Aber auch hier meinte man, sich nach der Zustimmung zu diesem Programm durch Abgabe von „Erläuternden Erklärungen“ oder „Vorbehalten" jeder eingegangenen Verpflichtung, wenn schon nicht völlig entziehen, sie doch möglichst lange hinausschieben zu können. Das unbefriedigende Ergebnis der bisher letzten WHK in Manila erklärt sich zum einen aus der Uneinigkeit der „Gruppe der 77" und zum anderen daraus, daß die Industriestaaten, wie die einzelnen Erklärungen der Delegationsleiter zu Beginn der Konferenz erkennen ließen, es von vornherein darauf angelegt hatten, gemäß dem Ausspruch eines deutschen Parlamentariers, „noch einmal davonzukommen". Die Industriestaaten waren auch in Manila der Meinung, daß es nicht zweckmäßig sei, von der Defensive gegenüber den Forderungen der Entwicklungsländer zu konstruktiven Vorschlägen für den Nord-Süd-Dialog überzugehen. Erst nach der Geiselnahme von Teheran, nach dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Afghanistan und seit dem Beginn der Revitalisierung des Islam ist festzustellen, daß Politiker und Industriestaaten beginnen, das Verhältnis zur Dritten Welt unter wirtschaftlichen, sozialen bzw. kulturellen, politischen sowie militärischen Aspekten und im Hinblick auf die eigene Zukunft voll ins Visier zu nehmen.

Nachfolgend in Schlagworten die operativ fortwirkenden Ergebnisse der einzelnen Konferenzen: 1964 Genf 1. Mit der ersten WHK begann eine neue Etappe in der Geschichte der Wirtschaftspolitik. Es war für die Entwicklungsländer die erste Gelegenheit, „gegenüber den Industriestaaten und vor allem der Weltöffentlichkeit ihre Forderungen umfassend zu äußern und sie in Form von Empfehlungen an die Vereinten Nationen und an die teilnehmenden Länder zu kleiden".

2. Genf war der erste Versuch der jungen Staaten, das Gewicht ihrer politischen Stimme in den Bereichen der Wirtschaftspolitik geltend zu machen.

3. „Historisch gesehen, steht die Welt (seit der ersten WHK) einem ersten gigantischen Versuch gegenüber, auf dem Gebiet der Wirtschaftspolitik nationale Hoheitsrechte an eine für den ganzen Erdball zuständige supranationale Organisation zu übertragen."

4. In der permanenten Organisation UNCTAD und ihren Organen haben die Entwicklungsländer 1964 ein Forum erhalten, in dem ihre Probleme Vorrang haben.

5. Trotz der unterschiedlichen Gegebenheiten in Afrika, Asien und Lateinamerika und trotz aller Einzelinteressen haben die jungen Staaten damals ein Bewußtsein ihrer Zusammengehörigkeit entwickelt, das bis heute verbindend fortwirkt und wahrscheinlich auch noch einige Zeit fortwirken wird.

6. Ungeachtet dieser Gruppenbildung wurde damals bereits von Industriestaaten und Ent-wicklungsländern auch der Grundsatz einer weltweiten Solidarität betont.

7. Die Konferenz hat mit der Schlußakte die nach wie vor aktuelle Tagesordnung des nunmehr 16 Jahre andauernden Nord-Süd-Dialogs verabschiedet. 1968 Neu-Delhi 1. Auf der Basis der „Grundsätze" und „Empfehlungen" der Schlußakte von Genf hatten sich von nun an alle folgenden Konferenzen mit darauf fußenden Forderungen der Entwicklungsländer zu beschäftigen. Einen Katalog solcher Forderungen hatte die „Gruppe der 77" für die zweite Konferenz in der „Charta von Algier über die wirtschaftlichen Rechte der Dritten Welt“ aufgestellt.

Darin sind die Forderungen der Entwicklungsländer nach besseren Bedingungen im Welthandel und nach verstärkten Hilfeleistungen im einzelnen festgelegt. In Übereinstimmung mit der „Schlußakte" verpflichten sich die Entwicklungsländer zu gegenseitiger Unterstützung, und zwar durch wirtschaftliche Koordination sowie durch vermehrten Handel untereinander. Die „Charta der 77" wurde offiziell in die Dokumentation der II. WHK aufgenommen.

2. In dieser Charta werden zum ersten Mal auch die kommunistischen Länder expressis verbis aufgefordert, mehr für die Förderung des Handels der Entwicklungsländer zu tun und vermehrt handelspolitische Zugeständnisse zu machen.

3. Die indische Ministerpräsidentin Indira Gandhi erklärte in ihrer Eröffnungsansprache u. a.: „Die Frage lautet nicht, ob die Industriestaaten es sich leisten können, den Entwicklungsländern zu helfen, die Frage lautet vielmehr, ob jene es sich leisten können, diesen nicht zu helfen.“

4. Die Konferenz beschloß die Einführung eines Systems von Zollpräferenzen (der Industriestaaten) zugunsten der Entwicklungsländer. Dadurch wurde der das GATT beherrschende Grundsatz der Meistbegünstigung durchbrochen. Mit Hilfe dieser Präferenzen sollten die Entwicklungsländer in die Lage versetzt werden, ihre Exporterlöse zu vermehren, ihre Industrialisierung zu fördern und ihr Wachstum zu beschleunigen.

Die Präferenzen erfaßten jedoch nicht alle Produkte und vielfach auch nur in begrenzter Höhe. Vor allem Textilerzeugnissen und verarbeiteten landwirtschaftlichen Produkten wurden nur geringe Vorteile eingeräumt, oder sie wurden von der Vergünstigung sogar ganz ausgenommen, obwohl die jungen Staaten mit diesen Erzeugnissen noch am ehesten konkurrenzfähig waren. Am 1. Juli 1971 führte die EWG als erste die Präferenzen ein. Am 1. August desselben Jahres folgte Japan, am 1. Oktober 1971 die meisten anderen „westlichen“ Industriestaaten und — als letzte — auch die USA. 1972 Santiago 1. Die „Gruppe der 77" hat sich auf die dritte WHK vom 27. Oktober bis 7. November 1971 in Lima vorbereitet. In der peruanischen Hauptstadt hatte sie sich im Rahmen einer Deklaration und eines umfangreichen Aktionsprogramms auf zahlreiche Forderungen geeinigt. Nachdrücklich wird in dieser „Erklärung von Lima" die internationale Gemeinschaft aufgefordert, die Entwicklungsländer an jeder Konsultation und an jeder Entscheidung zu beteiligen, die eine Reform des internationalen Handels und des Währungssystems betrifft (s. nachfolgend unter 5.).

2. Bei der Konferenz in Santiago fand das Auftreten der Volksrepublik China, die am 25. Oktober 1971 in die VN aufgenommen worden war und zum erstenmal an einer WHK teilnahm, besonderes Interesse. Ihr Sprecher betonte, daß China ein Entwicklungsland sei, sich nachdrücklich zur Dritten Welt bekenne (China hat sich aber bisher der „Gruppe der 77“ nicht angeschlossen), zu einem Grundsatz des Vertrauens in die eigenen Kräfte (self-relian-ce), zu dem Befreiungskampf der Völker, die noch unter fremder Herrschaft stünden, und daß China bereit sei, den anderen Entwick-lungsländern gemäß den eigenen vorhandenen Kräften und Mitteln zu helfen.

3. In seiner Begrüßungsansprache sagte der damalige Staatspräsident Allende an die Adresse der Industriestaaten gerichtet: „Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre bin ich nicht der Meinung, daß die kapitalistischen Länder versuchen sollten, ... auf der Beibehaltung ihrer Kriegswirtschaft zu bestehen, nur, um Vollbeschäftigung zu sichern."

4. Der damalige mexikanische Staatspräsident Echeverria schlug vor, eine „Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten" zu verfassen (sie kam zustande und ist im Dezember 1974 von der Generalversammlung der VN gegen die Stimmen der meisten „westlichen“ Industriestaaten verabschiedet worden).

5. Auf dieser Konferenz gelang den Entwicklungsländern ein wirtschaftspolitischer Durchbruch insofern, als ihnen fortan die Mitsprache in allen internationalen Handels-und Währungsfragen zugestanden wurde. Diese Beschlüsse blieben ähnlich anderen Empfehlungen der vorangegangenen WHKs zunächst Papier. Konkrete Formen begannen sie nach dem Olembargo der OPEC-Staaten 1973/74 anzunehmen.

Die Mitsprache betrifft sowohl den internationalen Währungsfonds wie die Weltbank wie auch das GATT. In letzterer Organisation können seitdem alle Entwicklungsländer an den Beratungen teilnehmen, auch wenn sie nicht Mitglied des GATT sind.

1976 Nairobi

1. Zur Vorbereitung auf diese Konferenz hatte sich die „Gruppe der 77" vom 2. bis 6. Februar 1975 in Manila eine Charta und ein Aktionsprogramm erarbeitet. Die Charta betont zwei Grundsätze: a) Die Verantwortung für die Entwicklung der Länder der Dritten Welt haben vor allem diese selbst; darum sollten sie ihre bilateralen und regionalen wirtschaftlichen Bindungen verstärken, b) Die Industriestaaten sollten den Ländern der Dritten Welt konkreter helfen, insbesondere durch eine Neuordnung der Weltwirtschaft.

2. Zwischen der dritten und dieser vierten WHK die komplexe der gesamten, war Vielfalt bisher vornehmlich in der UNCTAD, in seinem „Rat" wie in den Unterausschüssen behandelten Probleme durch zusätzlich einberufene weltweite Konferenzen einer breiteren Öffentlichkeit bewußt geworden. Es handelt sich hierbei um die 6. Sonderkonferenz der VN mit dem Ergebnis der Forderung nach einer neuen Weltwirtschaftsordnung (1974), die Weltbevölkerungskonferenz (1974), die Welternährungskonferenz (1974), die Weltindustriekonferenz (1975), die Welt-Frauen-Konferenz (1975), die 7. Sonderkonferenz der VN über Entwicklung und internationale Zusammenarbeit (1975). Und die vorbereitenden Papiere der Weltwohnungskonferenz (Juni 1976)

sowie die der Weltbeschäftigungskonferenz (Juni 1976) waren den Teilnehmern der IV.

WHK auch bereits bekannt. . Jetzt müssen", wie Corea in seinem die Konferenz einleitenden Referat u. a. sagte, „die mit allgemeinen Ausdrücken umrissenen Zielsetzungen durch einen Prozeß der Ausarbeitung und Verhandlungen in spezifische Vereinbarungen umgesetzt werden".

3. Die Tagesordnung der IV. WHK unterschied sich von denen der vorangegangenen Konferenzen denn auch dadurch, daß nicht alle Problembereiche der Entwicklungsländer gleichermaßen zur Diskussion gestellt wurden.

Nach allgemeiner Auffassung sollte konkret zunächst bei den Rohstoffen angesetzt werden.

Diese waren und sind als oft einzige Möglichkeit, Devisen einzunehmen, für viele Entwicklungsländer von vorrangigem Interesse.

4. Tatsächlich gelang es, zum einen die Entwicklungsländer von maximalen Forderungen abzubringen und zum anderen die Industriestaaten zur Aufgabe ihres hinhaltenden Widerstandes zu bewegen. Ergebnis: das Integrierte Rohstoffprogramm. Es sieht als Kern einen „Gemeinsamen Fonds“ (GF), die Errichtung von Warenlagern und „Flankierende Maßnahmen" vor. Das sind Maßnahmen zur horizontalen (Anbau weiterer Produkte) und vertikalen (Verarbeitung der Rohstoffe, Marketing, Ausbildung u. a. m.) Diversifizierung. 5. Dieser einstimmig gefaßte Beschluß wäre über seine unmittelbar praktische Wirkung hinaus geeignet gewesen, das gesamte Verhältnis zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten in gedeihliche Bahnen zu lenken. Diese Chance wurde verpaßt; denn kaum hatten die Industriestaaten dem Beschluß zugestimmt, zogen sie die Bremsen.

In „Vorbehalten" und „Ergänzenden Erklärungen" versuchten sie nach Meinung der Entwicklungsländer, ihr eben gegebenes Ja in ein Nein zu verwandeln. Doch die „Gruppe der 77“ bestand auf der Erfüllung des Beschlusses, mit dem allseits unbefriedigenden Ergebnis, daß es 1977 eines Ultimatums von Seiten der Entwicklungsländer bedurfte und es dann noch über drei Jahre dauerte, bis man sich zunächst auf die Grundelemente für die Statuten eines Fonds einigte. Nach weiteren langwierigen Verhandlungen konnten, wie einleitend dargestellt, am 27. Juni 1980 schließlich auch die Statuten verabschiedet werden. 1979 Manila

Die vorbereitende Tagung der „Gruppe der 77“ vom 12. bis 16. Februar 1979 in Arusha betonte noch stärker als bei früheren Gelegenheiten die eigene Verantwortung für die Entwicklung ihrer Länder, wie der Titel des Dokuments, mit dem sie dann nach Manila gingen, besagt: , Arusha Programme for Self-Reliance and Framework for Negotiations". Darin werden zwei Gedanken betont: a) Die Verwirklichung der self-reliance (Vertrauen in die eigene Kraft und materiellen Möglichkeiten) ist nur mit Hilfe der Industriestaaten möglich, b) In der einleitenden „Erklärung" wird eine zum ersten Mal 1963 geäußerte Forderung aufgegriffen, die übrigens auch im Schlußdokument der 6. Sonderkonferenz der VN zu finden ist: Die Entwicklungsländer bekämen nicht Entwicklungshilfe, sie hätten einen Anspruch auf Wiedergutmachung.

2. Zum ersten Mal drohten die unterschiedlichen Interessen innerhalb der „Gruppe der 77" als Folge ihrer verschiedenen Entwicklung während dervergangenen 15 Jahre die Einheit der Gruppe zu sprengen. Es wirkte zusätzlich erschwerend, daß diese Gruppe, wie oben ausgeführt, über keine Organisation verfügt, die die Ereignisse zwischen den Konferenzen systematisch verfolgt. Aber dank der anhaltenden Weigerung der Industriestaaten „östlicher" wie „westlicher" Prägung, einen Nord-Süd-Dialog tatsächlich zu beginnen, war die Einheit der „ 77" am Ende der Konferenz wieder hergestellt.

3. Dabei waren die Voraussetzungen für einen solchen Dialog ausgesprochen günstig; denn konkrete Verhandlungen über den Gemeinsamen Fonds sowie über den Technologietransfer hatten allseits befriedigende Fortschritte bis an die Grenze von Abschlüssen gemacht, und auch die bewiesene Bereitschaft der Industriestaaten, den Mangelländern Schulden zu erlassen, hatte das politische Klima verbessert. Die Entwicklungsländer wollten daher in Manila die für das Nord-Süd-Verhältnis grundlegende Interdependenz von Handel, Finanzen und Entwicklung vor dem Hintergrund der GATT-Verhandlungen (Tokio-Runde), der Beschlüsse der 6. und 7. Sonderkonferenz, des Anstiegs der ölpreise, der Instabilität der Währungen, der Rezession, der Inflation, der gestiegenen Defizite in den Zahlungsbilanzen der Entwicklungsländer und der Forderung nach ausreichender Befriedigung der Grundbedürfnisse angehen.

An der Weigerung der Industriestaaten, eigene konstruktive Vorschläge zu machen, scheiterte dieser Versuch. Anders als bei der III. UNIDO-Konferenz (21. Januar bis 8. Februar 1980 in Neu Delhi) ist es darüber jedoch nicht zu einem Eklat zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten gekommen. Man begnügte sich mit dem Verweis der Angelegenheit zwecks weiterer Verhandlung an den „Rat". 4. Die sozialistischen Staaten wurden in Manila von den Entwicklungsländern wegen ihrer mangelnden Bereitschaft zum Helfen zwar nicht gerade an den Pranger gestellt, aber doch — zum ersten Mal — auf die Anklagebank gesetzt. 5. Für die Mangelländer wurde ein umfassendes Sonderprogramm einstimmig beschlossen. Sein Kern: Die Industriestaaten verpflichten sich, ihre Entwicklungshilfe für die Mangel-länder zu verdoppeln.

VII. Der praktische Wert der UNCTAD

Immer noch begegnet man der Meinung, solche „Mammut-Konferenzen" wie die WHK mit zwei-bis dreitausend Delegierten von 160 Regierungen und weiteren etwa 2 000 Beobachtern und Journalisten wären zwecklos, weil sie nichts bewirkten und angesichts der Vielzahl von Meinungen auch nichts Konkretes bewirken könnten. Diese Ansicht ist falsch. Ihr ist zunächst folgendes entgegenzuhalten:

Wir leben in einer Welt, in der die Regierungen interdependent sind, also direkt oder indirekt voneinander abhängig. Wir haben es mit einer vielfältigen Verzahnung von Problemen zu tun, die sich weder durch staatliche noch kontinentale Grenzen voneinander abschotten lassen (z. B. Fragen der Umwelt, der Energie, der Währungen, des Handels, des technischen Fortschritts — Innovationen). Globale Probleme heischen globale Lösungen. Diese wiederum setzen ein in globales Forum voraus, dem die globalen Probleme unter globalen Gesichtspunkten zunächst klärend diskutiert werden müssen, um sie dann gegebenenfalls an sachlich kompetente Gremien zur Formulierung weiterzugeben. Diese Gremien erarbeiten Vorschläge oder auch schon Verträge, die an das Forum zurückzuüberweisen sind, um dort gebilligt oder mißbilligt zu werden. Ein sehr langwieriges und mühsames Unterfangen. Sicher! Aber nur auf diese Weise gelangen wir zu verbindlichen Lösungen und zu Ordnungen, die von Mehrheiten getragen werden.

Und weiter: Die oft zitierten „Reden zum Fenster hinaus", die „meist doch nur für den Hausgebrauch" bei den „Mammut-Konferenzen" gehalten werden, haben in diesem Prozeß eine sehr reale Bedeutung. Zum einen schaffen die grundsätzlichen Erklärungen der einzelnen Delegationen das Verhandlungsklima, in dem die Reden Aufgeschlossenheit oder Ablehnung zu den jeweils anstehenden Fragen verraten. Zum anderen künden sie von Absichten, die einzelne Regierungen im Hinblick auf diese Fragen verfolgen. Wenn zum Beispiel — wie in Manila — allgemein erwartet wird, daß der Sprecher eines Industriestaates in seiner Erklärung u. a.den Betrag nennt, den sein Land für den Gemeinsamen Fonds zur Verfügung stellen will, und er tut dies nicht, sondern spricht nur von „wohlwollender Haltung" und „grundsätzlicher Bereitschaft", weiß jeder Hörer, daß dieses Land den Fonds eigentlich nicht mag.

Ferner sollte nicht übersehen werden, daß heute die meisten nationalen Staatsgeschäfte international eingebunden sind. 75 Prozent der Arbeit der britischen Botschaften, so hat unlängst eine englische Untersuchung gezeigt, ist multilateral verknüpft.

Allein unter diesen Aspekten ist die UNC-TAD eine nützliche und unentbehrliche, eine Ausgleich bewirkende und daher eine Frieden sichernde Einrichtung. Ohne die UNCTAD wäre die gegenseitige Bedingtheit von Handel, Finanzen und Entwicklung, wäre die Abhängigkeit des „Nordens" von dem „Süden" und Regierungen, umgekehrt den Unternehmern und Gewerkschaften in aller Welt nicht so bewußt geworden, wie dies in zunehmendem Maße der Fall ist. Daß spektakuläre politische Ereignisse, wie die Vorgänge um das Erdöl oder die Revitalisierung des Islam, bei dieser Bewußtseinsbildung kräftig nachgeholfen haben, dieser ändert an grundlegenden Feststellung.

Es ist zwar nicht möglich, den Anteil der UNC-TAD an der Verbesserung des Status der Dritten Welt im internationalen Kräftespiel zu quantifizieren oder zu qualifizieren. Ebenso wenig läßt sich ermessen, wieweit die umfassende Tätigkeit dieser Organisation sich auf die einzelnen Volkswirtschaften auswirkt. Es kann aber nicht bezweifelt werden, daß die UNCTAD zu einem zentralen Motor aller ent-wicklungsund wirtschaftspolitischen Überlegungen der entwickelten wie unterentwickelten Länder geworden ist.

Eine ziemlich praxisnahe Bedeutung hat die UNCTAD als ökonomisches Barometer, das anzeigt, welches wirtschaftspolitische Wetter aufzieht, abzulesen an den Dokumenten, den Diskussionen oder den Beschlüssen des Rates bzw.der Konferenz. Dabei gibt die Art, wie diese Beschlüsse gefaßt werden, ob im Konsensus, d. h. mit allgemeiner Zustimmung, oder in namentlicher Abstimmung, ob mit im Nachhinein abgegebenen Vorbehalten oder ohne solche, Aufschluß über die aktuelle Wetterlage. Weiter hat UNCTAD konkrete wirtschaftspolitische Tatsachen geschaffen: Eine programmatische Grundlage für die Diskussion zwischen Entwicklungsländern und Industriestaaten (die Schlußakte), die Präferenzen, das Recht der Entwicklungsländer auf wirtschaftspolitische Mitsprache in allen handels-und wirtschaftspolitischen Angelegenheiten, eine Regelung der Schulden für die Mangelländer und einen Kodex für die Schiffahrt (Stückgut-Verkehr); das Integrierte Rohstoff-Programm (IRP) mit dem Gemeinsamen Fonds als Kernstück sowie ein Kodex für den Technologie-transfer sind auf den Weg gebracht und ein Sonderprogramm für die 30 Mangelländer ist beschlossen.

Schließlich reicht die Arbeit der UNCTAD mit ihren konkreten Auswirkungen in einzelne Wirtschaftsbereiche hinein und ist damit für Unternehmer und Gewerkschaften beachtenswert. Hierfür nur ein Beispiel: Das eben erwähnte, 1976 in Nairobi beschlossene Integrierte Rohstoffprogramm (IRP) sieht u. a. als preisstabilisierendes Element Ausgleichende Warenlager (Buffer Stocks) für zunächst zehn, später achtzehn Rohstoffe vor. Unter diesen zehn ist auch Kautschuk. Für diesen Rohstoff konnte im Rahmen des IRP im Oktober 1979 ein Abkommen getroffen werden. Es ist in mehreren Sitzungen eines ad hoc gebildeten Ausschusses von Fachkräften und danach — aufgrund der Ausschußergebnisse — im Rahmen der Vereinten Nationen, d. h.der UNC-TAD, ausgehandelt worden. Die deutsche Kautschuk-bzw. Gummiindustrie war bei all diesen Beratungen durch einen Vertreter als Mitglied der deutschen Delegation von Anfang an präsent. Dieser Wirtschaftszweig kennt nun durch eben diesen Vertreter und durch die Studien, die den Verhandlungen zugrunde lagen, diesen Sektor des Weltmarktes sowie die soziale und wirtschaftliche Lage in den Erzeugerländern genau und vermag auch zuverlässig einzuschätzen, was diese Entwicklungsländer fachlich können, zu welchen Leistungen sie in diesem Industriezweig fähig sind und wie sie zu ihren Partnern in den Verbraucherländern wirtschaftspolitisch stehen. Als Folge davon wissen die Unternehmer in den Industriestaaten nun, worauf sie sich für die Zukunft in diesem Bereich einzustellen haben. Sie werden Sicherheits-wie Risikofaktoren besser einschätzen und entsprechend den beschlossenen Regelungen sicherer als bisher disponieren können.

Die Arbeit der UNCTAD wird von Zeit zu Zeit dadurch erschwert, daß von Seiten der Entwicklungsländer versucht wird, sachliche Angelegenheiten mit politischen Interessen zu vermengen. Weiter wirkt vor allem zeitraubend die Tatsache, daß die multilaterale Rhetorik vieler Entwicklungsländer nicht immer im Einklang mit ihrer nationalen Politik steht Doch solche Vorkommnisse haben die zähe, pragmatische, nicht immer vom Rampenlicht der Öffentlichkeit beleuchtete Arbeit der UNCTAD bisher ebensowenig beeinträchtigt wie es ihre Bedeutung als „wichtiges und unverzichtbares Forum des Nord-Süd-Dialogs" geschmälert hat In diesem Zusammenhang ist schließlich bemerkenswert, daß die Entwicklungsländer bei der III. UNIDO-Konferenz in Neu-Delhi am 8. Februar 1980 ihr „Programm" gegen denWillen der Industriestaaten zur Abstimmung brachten — und damit die Konferenz zum Scheitern. Bei der V. WHK in Manila war man sich auch nicht einig. Aber anders als in Neu-Delhi ließ man es nicht zu einem Eklat kommen. Die strittige Angelegenheit wurde zur weiteren Behandlung an den Handelsrat verwiesen. Damit bewährte sich die UNCTAD einmal mehr als ausgleichender Faktor widerstrebender Interessen. Sie stärkte damit ihre Bedeutung, wie der Pole Tomasz Jodko als Sprecher der Gruppe D bei der letzten Tagung des Welthandelsrates am 20. März 1980 in Genf sagte, als „the main universal economic Institution on problems of trade and develop-ment", als die wichtigste universale Wirtschaftsorganisation für Probleme des Handels und der Entwicklung.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Für die „Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung" (United Nations'Conference on Trade and Development) ist auch im deutschen Sprachgebrauch die Abkürzung UNCTAD geläufig geworden. Sie wird darum auch hier für die ständige Organisation verwendet. Die verkürzte deutsche Bezeichnung Welthandelskonferenz (WHK) wird für die alle vier bzw. drei Jahre stattfindenden weltumfassenden Tagungen, die eigentlichen Konferenzen, gebraucht. Die UNCTAD besteht nun sechzehn Jahre, über ihre Tätigkeit ist in den Massenmedien von Zeit zu Zeit berichtet worden. In zahllosen Veröffentlichungen wurde ihre Arbeit unter wirtschaftlichen wie auch politischen Aspekten wissenschaftlich analysiert In Ergänzung zu diesem Abriß sei der interessierte Leser auf folgende Publikationen hingewiesen: a) „The Proceedings of the United Nations'Conference on Trade and Development" erscheinen in mehreren Bänden jeweils nach den Konferenzen (bisher fünf). Sie werden in New York herausgegeben und enthalten einen Bericht über den Verlauf der Konferenz, den Wortlaut oder neuerdings eine Inhaltsangabe der Erklärungen der Delegationsleiter, die Beschlüsse und die wichtigsten Dokumente, die der jeweiligen Konferenz vorgelegen haben. b) Die Jahrgänge von 1964 bis 1972 der „Nachrichten für Außenhandel", herausgegeben von der Bundes-stelle für Außenhandelsinformation in Köln. Dort hat der Verfasser über die Tätigkeit der UNCTAD und ihrer Organe laufend berichtet. c) Auch die Zeitschrift Außenpolitik" hat die Entwicklung der UNCTAD, insbesondere die der großen Konferenzen, verfolgt. d) Otto Matzke, UNCTAD IV und danach, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 37/76. e) Otto Matzke, Die anhaltende Kontroverse über einen Gemeinsamen Rohstoff-Fonds, a. a. O., B 44/77. f) Markus Timmler, Die Welt-Handelskonferenz in Genf 1964, 1964; Von Genf nach Neu Delhi, 1969; Die III. Welt-Handelskonferenz, 1974; Die Konferenz der . Gruppe der 77'und die Charta von Algier, 1968; Die wirtschaftliche Bedeutung internationaler Organisationen, 1971; alle Bücher herausgegeben von der Bundesstelle für Außenhandelsinformation in Köln.

  2. Nicht übersehen werden darf, daß der Handel auch einer der bedeutendsten Arbeitgeber ist. Er lag 1977 in der Bundesrepublik mit 2, 993 Mill. Arbeitern und Angestellten nach dem Verarbeitenden Gewerbe mit 9, 723 Mill, in der Liste der Erwerbstätigen an zweiter Stelle (Quellen: Vademecum des Einzelhandels, Köln 1978).

  3. S. hierzu: Volker Matthies, Die Bewegung der Blockfreien. Entwicklung — Probleme — Perspektiven, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 37/79 v. 15. September 1979.

  4. Von den damals 14 souveränen Staaten, die nicht den Vereinten Nationen angehörten, konnten diejenigen (8) eingeladen werden, die Mitglied einer der Sonderorganisationen der VN oder der „Internationalen Atom-Energie-Agentur“ (IAEA) waren. Dazu zählten die Bundesrepublik Deutschland, Süd-Vietnam, Süd-Korea, die Schweiz, Monaco, San Marino. Liechtenstein und der Vatikan-Staat.

  5. Die VN zählten damals 111 Mitglieder. Nachdem Somalia nicht teilnahm, die Sowjetunion mit drei Stimmen vertreten war (Weiß-Rußland und Ukraine), waren mit 112 Mitgliedern der VN und acht anderen Teilnehmern in Genf 120 Delegationen stimmberechtigt.

  6. Die UNCTAD zählt gegenwärtig 160 Mitglieder. Nach den Regeln der VN sind diese in vier Gruppen eingeteilt. Zur Gruppe A gehören die 91 afrikanisch-asiatischen Staaten (alles Entwicklungsländer), zur Gruppe B („westliche" Industriestaaten) werden 30 gerechnet, zur Gruppe C 27 lateinamerikanische und karibische Entwicklungsländer und zur Gruppe D 10 Staaten mit einem dirigistischen Wirtschaftssystem; davon gilt Rumänien als Entwicklungsland.

  7. Zu den 84 Ordentlichen Mitgliedern kommen drei Vorläufige (Kolumbien, Philippinen und Tunesien) sowie 30 Entwicklungsländer, die seit 1972 (s. weiter unten den Abschnitt „ 1972 Santiago") berechtigt sind, an den Verhandlungen des GATT teilzu-nehmen, auch wenn sie diesem Abkommen nicht beigetreten sind.

  8. In: Außenwirtschaft, 11/64, hrsg. vom Schweizerischen Institut für Außenwirtschaft und Marktforschung an der Hochschule St. Gallen.

  9. Dieser besagt, daß,'wenn ein Land einem anderen eine Zollpräferenz einräumt, also den Handel mit ihm begünstigt, es verpflichtet ist, diese Präferenzen, diese Vorteile, automatisch auch allen anderen Mitgliedern des GATT zu gewähren. Auf diese Weise soll vermieden werden, daß irgendein anderes Mitglied, d. h. ein drittes Land, diskriminiert wird.

  10. Markus Timmler, Nach Nairobi. Zwang zur Zu-sammenarbeit, in: Außenpolitik, 4/1976; ders., Die schlüsselfunktion des Gemeinsamen Fonds, in: Außenpolitik, 2/1979.

  11. Vgl. Markus Timmler, Manila, eine Chance verpaßt, in: Außenpolitik, 4/1979.

  12. Vgl. Peter Hermes, Die UNCTAD im Nord-Süd-Dialog, in: Außenpolitik, 1/1980.

Weitere Inhalte

Markus Timmler, Dr. phil, Studium der Neueren Sprachen, Volkswirtschaft und Geschichte; nach Tätigkeiten als außenpolitischer Redakteur zunächst der „Frankfurter Neue Presse“, dann der „Welt“ Chefredakteur des „Volkswirt"; danach internationaler Korrespondent der „Nachrichten für Außenhandel“ und schließlich selbständiger Publizist In diesen Funktionen hat der Autor seit den fünfziger Jahren bei vielen Reisen die Probleme der Dritten Welt vor Ort in Afrika, Asien und Lateinamerika sowie bei allen grundlegenden Internationalen Konferenzen verfolgt. Mitbegründer der Ausstellung „Partner des Fortschritts". Veröffentlichungen u. a.: Hunger ist kein Schicksal — Zwei Kontinente melden sich zu Wort, Hannover 1961; Die wirtschaftliche und politische Bedeutung der pan-afrikanischen Konferenzen, in: Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen, Köln und Opladen 1962; Die Welt-Handelskonferenz in Genf, Köln 1964; Gruppe der 77 und Charta von Algier, Köln 1968; Von der schöpferischen, fortwirkenden Entwicklungshilfe, Frankfurt 1979; Die wirtschaftliche Bedeutung internationaler Organisationen, Köln 1971; Können und Wollen — Die Strategie für das zweite Jahrzehnt der Entwicklung, Stuttgart 1972; Zusammenarbeit und Gruppen-Bildung in Schwarz-Afrika, Köln 1975; Verlieren die Industriestaaten die Initiative? Zur wirtschaftspolitischen Strategie der Entwicklungsländer während der letzten 25 Jahre, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 44/79.