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Verhältnis von Staat und Kirche in Rußland und in der Sowjetunion | APuZ 35/1988 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 35/1988 Die 19. Unionsparteikonferenz der KPdSU Nationalismus und die Grenzen der Sowjetunion als Weltmacht Verhältnis von Staat und Kirche in Rußland und in der Sowjetunion

Verhältnis von Staat und Kirche in Rußland und in der Sowjetunion

Klaus Heller

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Mit der „Taufe der Kiever Rus’ “ (988) wurde die dortige Kirche zu einem Glied der griechischen Kirche und damit „orthodox“, d. h. in Liturgie wie in Spiritualität ganz anders geprägt als der katholische Westen. Bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts bestand eine enge Verbindung zwischen Herrscher und Kirche. Erst nach der Kirchenreform Peters des Großen (1721) trat eine Säkularisierung nach westlichem Vorbild ein, die die Russisch-Orthodoxe Kirche zu einer staatlichen Institution für die sittliche Erziehung des Volkes und dieses zu Untertanen machte. Erst nach 1917 vermochte sich die Kirche selbst zu reformieren, aber zugleich kam es zur Trennung der Kirche vom Staat. Unter den Bolschewiki verlor die Russisch-Orthodoxe Kirche darüber hinaus ihr gesamtes Eigentum und ihre Rechte als juristische Person (1918). Mit dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion (1941) wandelte sich dieses Verhältnis. Stalin bemühte sich um die Kirche, die von Anfang an ihren Patriotismus unter Beweis gestellt hatte. Es kam im Laufe der Zeit zu erheblichen staatlichen Konzessionen. Zu erneuten Repressionen gegenüber der Russisch-Orthodoxen Kirche führte die in den Jahren 1959 bis 1964 unter Chruschtschow wieder entfachte antireligiöse Propaganda. Seit Gorbatschow (1985) mehren sich die Anzeichen, daß Partei und Staat in der Sowjetunion sich gegenüber der Kirche in einem so weitgehenden Umdenken befinden, daß sie nicht nur wiederum zu größeren Konzessionen ihr gegenüber bereit scheinen, sondern sogar zu einer gesetzlichen Garantierung ihrer Rechte.

I.

Für die Russisch-Orthodoxe Kirche, die bis heute nach dem Julianischen Kalender rechnet, gilt der 12. Juni 988 als offizielles Datum für die „Taufe der Kiever Rus’“. Nach der „Nestorchronik“ fand damals auf Geheiß Vladimirs L, des Heiligen, eine Massentaufe der Bevölkerung Kievs im Dnjepr statt. Kaum wird man mit diesem, historisch nicht eindeutig gesicherten Ereignis einen einmaligen Taufakt in Verbindung bringen dürfen. Unter den Ostslaven gab es zuvor schon Christen, und auch danach dauerte es noch eine lange Zeit, bis das Christentum im ostslavischen Siedlungsgebiet endgültig Fuß gefaßt hatte. Die Entscheidung des Kiever Herrschers war in erster Linie politischer Natur gewesen, brachte ihm doch die Übernahme des Christentums byzantinischer Prägung die Heirat mit einer purpurgeborenen Prinzessin und dadurch enge Verbindungen mit dem byzantinischen Kaiserhaus ein. Die durch ihn aus politischen Gründen betriebene Christianisierung bedeutete somit für die Kiever Rus’ den Eintritt in die christlichen Königreiche Europas. Freilich war durch die Verbindung mit der religiös-kulturellen Sphäre von Byzanz zugleich auch eine bald nicht mehr überwindbare religiöse und kulturelle Verschiedenheit gegenüber dem katholischen Westen begründet. Nach dem Schisma zwischen Ost-und Westkirche von 1054 blieb die Kiever Rus’ „orthodox“, d. h. „rechtgläubig“ und damit in Liturgie wie in Spiritualität ganz anders geprägt als die abendländische Welt.

Bis 1037 ist nichts Sicheres über die Entwicklung der ostslavischen Kirche bekannt Es ist sogar zu bezweifeln, ob die Kirche in der Kiever Rus’ sofort ein Glied der griechischen Kirche geworden ist. In der Folgezeit begannen sich von Kiev aus Eparchien zu entwickeln, denen jeweils Bischöfe vor-standen, die vom Kiever Metropoliten eingesetzt wurden, der wiederum jurisdiktionell dem Patriarchen von Konstantinopel unterstand.

Wenngleich die Kirche der Kiever Rus’ bis zuletzt weitgehend von Byzanz geprägt wurde — waren doch selbst von den 23 Kiever Metropoliten der vormongolischen Periode (bis 1237) nur drei Ostsla-ven, die übrigen aber alle Griechen —, so wird man dennoch nur in Ansätzen von einem ähnlichen harmonischen Zusammenwirken (symphonia) der weltlichen und geistlichen Gewalt ausgehen dürfen, wie es dem byzantinischen Ideal eines gleichberechtigten Nebeneinanders entsprochen hätte. Kaum zu bezweifeln ist aber, daß die Kirche der Kiever Rus’ mit der Zeit immer mehr Einfluß auf alle Lebensbereiche zu nehmen begann. Mit schweren Strafen bedrohte sie jeden, der die von ihr gesetzten sittlichen Normen verletzte, die Fürsten nicht ausgenommen. In der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts fiel die Kiever Rus’ in die Hände der Tataren. Trotz aller Härte übten die Khane der Goldenen Horde religiöse Toleranz, die großzügige Privilegierungen der Kirche selbst dann noch nicht ausschloß, als sie selbst den Islam als Glauben angenommen hatten. Angesichts einer solchen Haltung konnte sich die Kirche nach den Verwüstungen des Tatareneinfalls verhältnismäßig schnell wieder erholen und maßgeblichen Einfluß auf die weitere politische Entwicklung in der Rus’, die bereits vor der Tatarenzeit in zahlreiche Teilfürstentümer zersplittert war, gewinnen. In dieser schweren Periode aber ermahnte die Kirche die Fürsten immer wieder, ihrem Glauben treu zu bleiben und sich miteinander gegen den äußeren Feind zu verbünden, der nicht nur in Gestalt der Tataren aus dem Südosten, sondern auch in der zunächst noch heidnischen Litauer sowie der Ordensritter und Schweden aus dem Westen und Nordwesten die Rus’ immer wieder von neuem bedrohten. In jener Zeit wurden die Begriffe „russisch“ und „orthodox“ zu Synonymen.

Als im 14. Jahrhundert die Fürsten von Moskau — zunächst als Großfürsten von Vladimir — vom Nordosten her den Führungsanspruch gegenüber der gesamten Rus’ zu erheben begannen, war ihnen dies vor allem deshalb möglich, weil ihnen die Kirche zur Seite stand. Der sich ihnen anschließende Metropolit von Kiev und der ganzen Rus’ nahm eindeutig für sie Partei, so daß Fürsten-und Kirchenpolitik eine enge Verbindung eingingen. Nachdem die Moskauer Großfürsten ihre territoriale Machtbasis genügend verbreitert hatten und sich mit dem seit Ende des 14. Jahrhunderts rasch fortschreitenden inneren Verfall der Goldenen Horde die unmittelbare Tatarengefahr mehr und mehr zu relativieren begann, wurden sie, gestützt und angetrieben durch den nunmehr in Moskau residierenden Metropoliten, zu Vorkämpfern der politischen Einigung aller orthodoxen Russen

Dabei richtete sich der gemeinsame Kampf nicht nur gegen das „Tatarenjoch“. Große Teile der Rus’, die heutigen Westgebiete der Sowjetunion, gehörten seit dem 14. Jahrhundert zum litauischen, dann litauisch-polnischen Machtbereich. Durch die Florentiner Union von 1439 zwischen Ost-und Westkirche bestand ernsthafte Gefahr, daß diese orthodoxen Landesteile noch stärker an das katholische Kernland des litauisch-polnischen Reiches angebunden würden.

Moskau war deshalb in Reaktion auf diese Unionsbestrebungen seit 1448 autokephal geworden. Dadurch wurden die Verbindungen zwischen dem Metropoliten und dem damaligen Großfürsten Ivan III. (1462— 1505) noch enger. Beide brauchten einander mehr denn je: der Großfürst den Metropoliten zur Durchsetzung seiner selbstherrscherlichen Bestrebungen, der Metropolit den Großfürsten zur Unterordnung der weitgehend selbständigen Bischöfe unter seine jurisdiktionelle Gewalt.

Somit bestand in der Moskauer Periode eine substantielle Interessengemeinschaft zwischen den Großfürsten und späteren Zaren und den Metropoliten. Der von der Kirche niemals bestrittene Führungsanspruch der Großfürsten und Zaren beruhte nicht auf rechtlichen Ansprüchen, sondern vielmehr auf religiösen Anschauungen über die Pflichten des „rechtgläubigen Zaren“ gegenüber der Kirche, ja über die gesamte orthodoxe Welt nach dem Fall Konstantinopels (1453). Als legitime Erben des byzantinischen Kaisers, als Herrscher eines „Dritten Roms“ empfanden sich freilich die Großfürsten und Zaren von Moskau im 16. und 17. Jahrhundert keineswegs. Angestrebt wurde von ihnen nur die jurisdiktioneile Verselbständigung der russischen Kirche, die sich seit 1449 faktisch vom Konstantinopolitaner Patriarchat getrennt hatte. Dies wurde 1589 in direkten Verhandlungen mit dem Patriarchen von Konstantinopel, Jeremia II., erreicht. Eine ökumenische Synode in Konstantinopel unter Beteiligung aller östlichen Patriarchate bestätigte 1590 die Errichtung des neuen Patriarchats in Moskau und wies ihm — nach Jerusalem — den fünften Rang zu.

Damals ging jedoch die Alt-Moskauer Macht bereits ihrem Ende entgegen. Nach dem Aussterben der Rjurikidendynastie im Mannesstamm (1598) folgte eine Zeit der „Wirren“ (smuta), die vor allem durch die direkten polnischen Interventionen zugleich zu einem Kampf für die Einheit und Freiheit der Orthodoxie der „ganzen Rus’“ gegen das Lateinertum wurde. Nachdem das Moskauer Zartum unter der neuen Dynastie der Romanovs (seit 1613) wieder politisch und territorial einigermaßen geeint worden war, wurde die Russisch-Orthodoxe Kirche durch die Reformen des Patriarchen Nikon und der Synoden von 1653— 1656 von einer tiefgehenden Spaltung heimgesucht, die bis heute nicht überwunden ist

Obwohl es sich im Grunde um Äußerlichkeiten handelte — ging es doch nur um Reinigung des orthodoxen Ritus nach dem griechischen Vorbild —, wandten sich weite Kreise der Pfarrgeistlichkeit und des Kirchenvolkes gegen diese Neuerungen. Man wehrte sich gegen die Textverbesserungen nach den griechischen Originalen und die Reform des Ritus, weil man dadurch ein Ausbleiben des Heilwirkens Gottes in der Liturgie befürchtete. Der Gegenspieler der offiziellen Kirche auf Seiten dieser „Altgläubigen“ war der Erzpriester Avvakum. Auch wenn Nikon bald nach den Reformsynoden 1666 seines Amtes enthoben wurde, weil er die Vorrangstellung der geistlichen vor der weltlichen Macht beanspruchte, beseitigte dies die Spaltung (raskol) keineswegs. Auf der Synode von 1666/67 wurden nämlich zugleich auch die nikonianischen Neuerungen gebilligt und über die Alt-gläubigen das Anathema ausgesprochen. Trotz schwerer, oftmals blutiger Verfolgungen hielten diese auch weiterhin am alten Ritus fest.

Noch aber blieb die weltliche Gewalt ganz durch die religiös-sittlichen Normen der Kirche geprägt. Der Stoß gegen die überlieferten Anschauungen, daß sich der Zar nicht nur staatlich-politisch, sondern auch religiös-ethisch gegenüber den ihm von Gott anvertrauten Untertanen verhalten müsse, wurde erst von Peter dem Großen (1689— 1725) geführt. Es war der Geist der westlichen Säkularisierung, der das ganze Reformwerk dieses Zaren erfüllte und die traditionellen Lebensordnungen des russischen Volkes erschütterte. Dem Irdischen wurde nunmehr ein Selbstwert zugemessen, und der Kirche fiel von jetzt an die Aufgabe zu. sich am Aufbau dieses Irdischen zu beteiligen, indem sie das Volk zu guten Untertanen erzog. Im Zuge dieser Kirchenreform von 1721 wurde die Russisch-Orthodoxe Kirche somit zu einer staatlichen Institution für die sittliche Erziehung des Volkes umgeformt. An die Stelle des Patriarchen trat 1725 ein „Heiligster Regierender Synod“ aus Bischöfen, der für alle Glaubensfragen und für die Kirchenordnung zuständig war und dem als weltliches Kontrollorgan ein Oberprokureur zur Seite gestellt wurde, der im 19. Jahrhundert allmählich die einflußreichste Person im Synod wurde

Da sich aber weder Peter der Große noch seine Nachfolgerjemals Eingriffe in Dogma und Liturgie der Russisch-Orthodoxen Kirche erlaubten, wurde das neue Staatskirchensystem vom Kirchenvolk auch weitaus gelassener hingenommen als seinerzeit die Reformen Nikons. Überhaupt wird man die Bedeutung der petrinischen Kirchengesetze nicht überschätzen dürfen. Eine Modernisierung der Gesellschaft nach westlichem Vorbild ist dadurch nicht gelungen. Eher war eine Erstarrung die Folge. Indem die Kirche zu einem Teil der Staatsgewalt und der „Heiligste Regierende Synod“ zu einem staatlichen Verwaltungsorgan wurden, erhielt die Orthodoxie zwar eine herrschende und gegenüber den anderen Religionsgemeinschaften in Rußland privilegierte Stellung eingeräumt, aber sie verlor dadurch zugleich ihre Verbindung zum Kirchenvolk, das es vor Ort nur mit ungebildeten Popen zu tun hatte.

II

Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Oberprokureur immer mehr zum ausschließlichen Vermittler zwischen Kaiser und Kirche und am Ende zum eigentlichen Leiter der Staatskirche. Die Oberprokureure bauten ihre Behörde und ihren Kompetenzbereich zu einer ministergleichen Stellung aus. Unter der Oberprokuratur K. P. Pobedonoscevs (1880— 1905) waren schließlich Initiative und kirchliche Handlungsfähigkeit ganz auf diesen kaiserlichen Beamten übergegangen

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts begann sich aber Unzufriedenheit mit der staatlichen Gängelung der Kirche zu regen. Vor allem die weniger privilegierten Teile der Geistlichkeit forderten eine stärkere Teilnahme am staatlich-gesellschaftlichen Leben. Dabei gerieten auch die sozialen Probleme des heraufziehenden Industriezeitalters in ihren Gesichtskreis. Im allgemeinen jedoch wurde die Auseinandersetzung mit der politischen und sozialen Wirklichkeit von Seiten der Kirche nur defensiv geführt. Im Vordergrund stand dabei die polemische Auseinandersetzung mit den gesellschaftsverändemden Ideologien des Westens, die auch in Rußland Fuß zu fassen begannen

Die öffentliche Diskussion über notwendige Reformen in der Staatskirche brachte aber erste Erfolge, als eine außerordentliche Konferenz des Ministerkomitees unter Witte zu Beginn des Revolutionsjahres 1905 über die Gewissensfreiheit in Rußland beriet. Am Ende stand das Gesetz „über die Befestigung der Grundsätze der Glaubenstoleranz“ vom April 1905, das erstmals den legalen Austritt aus der Russisch-Orthodoxen Kirche und den Anschluß an andere Konfessionen möglich machte. Die Staatskirche war aber weiterhin die einzig privilegierte, und das Missionsverbot für alle anderen kirchlichen Gemeinschaften blieb weiterhin in Kraft.

Man beschränkte sich bei den Beratungen in den ersten Monaten des Revolutionsjahres 1905 indes nicht nur auf die Vorbereitungen des Toleranzgesetzes. Auf Anregung des Petersburger Metropoliten Antonij wurden auch Fragen einer grundsätzlichen Veränderung des Verhältnisses von Staat und Kirche sowie Probleme einer kirchlichen Neuordnung erörtert. Die Wurzel allen Übels für die Kirche sah man in der Bürokratisierung der Synodalverwaltung. Deshalb forderte man allgemein eine Wiederbelebung orthodoxer Konzilstätigkeit und die Wiedereinsetzung eines Patriarchen, der die Kirche wieder nach dem Synodalprinzip leiten sollte.

Nikolaj II. untersagte zwar diesem Gremium auf Intervention Pobedonoscevs die Behandlung solcher prinzipiellen Fragen zum Verhältnis von Staat und Kirche und überwies ihre Erörterung an den „Allerheiligsten Regierenden Synod“. Angesichts der allgemeinen Aufbruchstimmung im Lande war dieses Bischofskollegium aber nicht mehr länger bereit, derartige politische Einschränkungen hinzunehmen. In einem schriftlich formulierten Vortrag vor dem Kaiser forderten die Metropoliten von St. Petersburg, Moskau und Kiev die Einberufung eines russischen Konzils, das einen Patriarchen wählen und eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern vornehmen sollte. Nikolay II. beließ es indes dabei, die Einberufung eines Konzils für eine weniger unruhige Zeit als die gegenwärtige zu versprechen

Die nach den revolutionären Ereignissen einsetzende scharfe Frontstellung des Staates gegen jegliche revolutionären und oppositionellen Strömungen im Lande wurde von der Kirche aber dann nicht nur widerstandslos hingenommen, sondern sogar durch eine zunehmende Identifizierung mit der politischen Reaktion aktiv unterstützt. Besonders im Kampf gegen alle Formen des Sozialismus schien einzelnen Geistlichen jedes Mittel recht zu sein, sogar der Anschluß an rechtsradikale Verschwörer-gruppen wie den „Bund des russischen Volkes“.

Durch ihre Verbindung mit dem politischen Extremismus von rechts verlor die Russisch-Orthodoxe Kirche aber selbst in konservativen Kreisen vor und während des Ersten Weltkriegs immer mehr an Boden. Die Rasputin-Skandale führten schließlich zu einem totalen Autoritätsschwund in der Öffentlichkeit

III.

Die Weltkriegsjahre führten jedoch selbst beim Episkopat zu der Einsicht, daß sich die Kirche durch ihre allzu enge Bindung an die Autokratie in eine ausweglose Lage gebracht habe. Als im Februar 1917 das Ende der Romanov-Dynastie gekommen war, rührte sich deshalb in der Kirche auch keine Hand, um die alte Ordnung zu retten und die Revolution aufzuhalten. In allen wesentlichen politischen Fragen stellte sie sich hinter die provisorische Regierung. Auf die revolutionären Ereignisse des Jahres 1917 hatte die Kirche freilich kaum Einfluß. Die von den neuen Freiheiten berauschten Massen suchten bei ihr keinerlei moralisehen Rückhalt. Selbst die provisorische Regierung ging von Anfang an von einer strikten Trennung von Staat und Kirche aus. Noch weit weniger wußten die sozialistischen Parteien, allen voran die Bolschewiki, mit der Kirche als Überbleibsel des überlebten Systems anzufangen. Die im Laufe des Jahres 1917 zunehmende Radikalisierung der Bevölkerung in Stadt und Land, die auch immer wieder zu Übergriffen gegenüber der Kirche und ihrer Geistlichkeit führte, mußte besonders die Kirchenführer zutiefst erschrecken.

Vor dem allgemeinen Chaos suchten sie schließlich bei konservativen politischen Kreisen ihre Zuflucht. Gerade als die überwältigende Mehrheit des russischen Volkes, von den Bolschewiki aufgewiegelt, das Ende des Krieges und eine radikale Lösung des Agrarproblems zu fordern begann, rief deshalb die Kirche wiederum zur Vaterlandsverteidigung und zur Sicherung der Eigentumsrechte auf. Dabei dachte sie nicht zuletzt an ihr eigenes Land, das die Bauern auf dem Wege der „schwarzen Um-teilung" unter sich aufzuteilen begonnen hatten.

Als im August 1917 das erste Konzil nach 1681 im Kreml in Moskau eröffnet wurde, herrschte deshalb auch ein weitgehend konservativer Geist unter den dort versammelten Kirchenführern vor Ihnen ging es weniger um eine Reform der Kirche an Haupt und Gliedern als um die Wiederherstellung des durch Peter den Großen abgeschafften Patriarchats. Darin sahen aber die Vertreter der niederen Geistlichkeit eine Bedrohung des konzilaren Gedankens. Am Ende setzte sich der Episkopat durch. Die Wahl des Metropoliten von Moskau und Kolomna, Tichon, zum Patriarchen von Moskau und der ganzen Rus’ erfolgte am 5. /18. November 1917, also bereits nach der bolschewistischen Oktoberrevolution. Man kann nicht behaupten, daß das bolschewistische Regime von Anfang an die Russisch-Orthodoxe Kirche als Repräsentantin der alten gesellschaftlichen Kräfte systematisch verfolgt habe. Ohne Übergriffe der Bolschewiki und der linken Sozialrevolutionäre vor Ort gegenüber Bischöfen und Priestern, Mönchen und Nonnen im Bürgerkrieg zwischen „Rot“ und „Weiß“ in Abrede stellen zu wollen, muß doch festgehalten werden, daß von einer solch intransigenten Haltung der Sowjetregierung gegenüber der Kirche anfangs nicht die Rede sein konnte

Zwar war aus der Sicht des Marxismus-Leninismus die Kirche immer ein nützliches Werkzeug der ausbeutenden Klassen gewesen, zumal die Verbindung zwischen Orthodoxie und Autokratie in Rußland dafür ein besonders gutes Beispiel abgab. Aber die Religion war unter den Bedingungen des wissenschaftlichen Sozialismus sowieso zum Absterben verurteilt. Man hatte zunächst anderes zu tun, als sich mit einer so vorwissenschaftlichen Erklärung der Welt eingehender zu beschäftigen. Die damals zweifellos gegebene Kirchen-und Glaubensfeindschaft war eher spontan. Sie läßt sich jedenfalls nicht auf eine gezielte bolschewistische Agitationsund Propagandatätigkeit zurückführen. Andererseits unterließ das Patriarchat und der Großteil des Episkopats während des Bürgerkriegs nichts, was sie in den Augen der Bolschewiki als Helfershelfer des „Klassenfeindes“ erscheinen las-sen mußte. Obwohl der Patriarch an beide kämpfenden Seiten mehrmals den Appell richtete, mit dem Blutvergießen aufzuhören, nahm er doch zugleich einseitig gegen das neue sozialistische System Stellung und belegte es mit dem Kirchenbann. Für ihn wie für die anderen Kirchenführer waren die Bolschewiki nicht nur falsche Propheten, die das Volk durch das Versprechen irdischer Güter vom Glauben an das Jenseits abbrachten, sondern auch die Feinde des Vaterlandes, die mit den Deutschen einen schmählichen Frieden geschlossen hatten.

Allerdings wurde auch durch die bolschewistische Gesetzgebung von Anfang an jegliche Privilegierung der Russisch-Orthodoxen Kirche aufgehoben. Durch das Dekret „Über die Trennung der Kirche vom Staat und der Schule von der Kirche“ vom 23. Januar/5. Februar 1918 wurde die Kirche vom Staat getrennt und alle Vorrechte auf Grund konfessioneller Zugehörigkeit aufgehoben.

Die Kirche verlor außerdem ihre sämtlichen Eigentumsrechte und damit auch die Rechte einer juristischen Person. Ihr gesamtes Vermögen wurde zum Volkseigentum erklärt. Ihr blieben nur die Gebäude und Gegenstände, „die speziell für gottes-dienstliche Zwecke vorgesehen sind“, zur kostenlosen Nutzung nach Gutdünken der örtlichen oder zentralen Behörden überlassen. Eheschließungen und Geburten waren von nun an Sache ziviler Behörden. Außerdem wurde die Schule von der Kirche getrennt und der Religionsunterricht in öffentlichen Lehranstalten nicht mehr zugelassen. Alle kircheneigenen Schulen und Hochschulen gingen verloren. Die zuvor von der Autokratie so behütete Kirche mußte sich jetzt „vogelfrei“ fühlen. Schutzlos war sie zunehmend örtlichen Repressionen ausgesetzt. Allein 1919 wurden 673 Klöster liquidiert und bis 1923 28 Bischöfe, 1 024 Geistliche und zahlreiche Gläubige getötet Die Religionsausübung wurde von den zentralen Behörden jedoch nicht direkt behindert. Die meisten Kirchen „arbeiteten“ weiter. Man versuchte von oben sogar mäßigend auf den atheistischen Übereifer der Parteiaktivisten vor Ort einzuwirken, wollte man doch die Kirche nicht zum Sammelbecken des Widerstandes gegen das eigene Regime werden lassen.

IV.

Nach dem Bürgerkrieg schien sich zunächst sogar eine Zeit friedlichen Nebeneinanders von Staat und Kirche anzubahnen. Da wurde Sowjetrußland 1922 von einer verheerenden Hungerkatastrophe heimgesucht. Weil sich die Kirche weigerte, zur Linderung der Hungersnot ihr geweihtes Gerät zum Ankauf von Getreide im Ausland zur Verfügung zu stellen, kam innerhalb der Sowjetführung rasch der Verdacht auf, daß damit politische Zwecke verfolgt würden. Verstärkt wurde dieses Mißtrauen gegenüber der Kirchenführung durch die offene Propagierung solcher Absichten seitens des Karlowitzer Synods, der Kirchenversammlung der mit den „Weißen“ ins Exil gegangenen Bischöfe, vom Ausland her. Es folgte die Beschlagnahme der Kirchen-schätze zur Unterstützung der Hungernden durch die Sowjetmacht, die bei der Geistlichkeit wie bei den Gläubigen starke Unruhe hervorrief. Patriarch Tichon rief zum offenen Widerstand auf und wurde verhaftet. Aus dieser Notlage konnte der Patriarch sich und die Kirche selbst dadurch nicht befreien, daß er die Karlowitzer Bischöfe suspendierte und ihre Sitze auf sowjetischem Territorium wiederbesetzte; ihm sollte sogar der Prozeß gemacht werden.

Dazu kam es jedoch nicht aus Rücksicht auf das westliche Ausland, auf dessen Hungerhilfe man angewiesen war. Der unter Hausarrest gestellte Tichon starb 1925.

Während der Zeit seiner Gefangenschaft durchdachte Tichon das Verhältnis seiner Kirche zu einem Staat mit offiziell atheistischer Weltanschauung. Am Ende seiner Überlegungen stand die Einsicht, daß die Kirche kein verbrieftes Recht darauf hätte, in einem christlichen Staat zu leben und dessen Förderung zu genießen. Auch einen atheistischen Staat müßte die Kirche deshalb als eine von Gott gegebene Ordnung achten. In seinem umstrittenen „Testament“, das nach seinem Tode veröffentlicht wurde, riefTichon deshalb die Kirche dazu auf, sich aller staatsfeindlichen Aktivitäten zu enthalten und die bolschewistische Sowjetregierung anzuerkennen. Metropolit Sergij als Patriarchatsverweser — einen neuen Patriarchen durfte die Kirche nach Tichons Tod nicht wählen — gab im Gefolge dieser Überlegungen und auf Drängen der Sowjetregierung 1927 eine Erklärung ab, in der er die Gläubigen auf den atheistischen Arbeiter-und Bauernstaat zu verpflichten suchte, um das Überleben der Kirche zu sichern.

Mit dem Jahre 1922 setzte ein systematischer Kampf gegen die Kirche ein. 1922 wurde eine soge-nannte „lebende“ Kirche als „progressive“ Gegen-kirche ins Leben gerufen, die allerdings wenig Erfolg hatte. Weit wirkungsvoller war die Gründung einer militanten „Gottlosenbewegung“, die 1925 in der Schaffung einer „Liga kämpferischer Gottloser“ zum Zwecke der endgültigen Ausrottung der Religion gipfelte. Aber der eigentliche Druck auf die Kirche setzte mit der Zwangskollektivierung der Bauern gegen Ende der zwanziger Jahre ein.

Die gesetzliche Handhabe für die nunmehr einsetzende stalinsche Kirchenverfolgung, in deren Verlauf es bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges zu einer fast vollständigen Zerschlagung der Russisch-Orthodoxen Kirche kam, bildete die Verordnung „über die religiösen Vereinigungen“ vom 8. April 1929 Sie verbot allen Religionsgemeinschaften jegliche gesellschaftliche, karitative und katechetische Tätigkeit. Das gesamte religiöse Leben wurde dadurch weitgehend auf den Gottesdienst im engsten Sinne beschränkt. Alle religiösen Kulthandlungen außerhalb der Kirchen wurden untersagt, soweit es sich nicht um solche auf Bitten von Sterbenden oder Kranken in Krankenhäusern oder Gefängnissen handelte. Aber auch diese durften nur in isolierten Räumen vollzogen werden. Ausgespart blieben auch die kirchlichen Verrichtungen auf den Friedhöfen. Der Einfluß der Kirche auf die Gesellschaft sollte dadurch möglichst stark begrenzt werden.

Die Verordnung von 1929 räumte zugleich den staatlichen Behörden umfassende Kontroll- und Eingriffsrechte gegenüber der Kirche ein. So wurde genau geregelt, unter welchen Bedingungen einer registrierten Kirchengemeinde vom Staat ein Gotteshaus zur Nutzung überlassen wurde. Zwanzig Laien, nicht der Priester, mußten dafür gegenüber den Behörden verantwortlich zeichnen.

Infolge dieses Gesetzes wurde auch die Freiheit der religiösen Propaganda aufgehoben, die die Verfassung der Sowjetunion von 1925 in Art. 4 noch garantiert hatte. In Art. 124 der Verfassung der UdSSR von 1936 ist deshalb nur noch von der „Freiheit der Ausübung religiöser Kulthandlungen“ die Rede. Dabei wurde zugleich die „Freiheit der antireligiösen Propaganda“ in die Verfassung aufgenommen Das Recht auf atheistische Propaganda wurde also ausdrücklich garantiert, während die Kirche nur noch geduldet wurde. Sie durfte ihren Gottesdienst feiern und die Sakramente spenden, mehr nicht.

Aber selbst dies wurde ihr durch staatlich sanktionierte Willkür vor Ort oft genug verweigert. Der stalinistische Terror in den dreißiger Jahren tat ein übriges, um die Kirche fast zum Erlöschen zu bringen. 1939 sollen höchstens noch 4 Bischöfe (1917 waren es 163) im Amt gewesen sein. Die Zahl der geöffneten Kirchen und in Freiheit befindlicher Priester soll auf dem gesamten Gebiet der Sowjetunion nur noch einige hundert betragen haben.

V.

Das Blatt begann sich mit dem Tag des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion (1941) zu wenden. Von nun an ging der von Stalin seit Anfang der dreißiger Jahre in Szene gesetzte Sowjetpatriotismus mit der Russisch-Orthodoxen Kirche eine enge propagandistische Verbindung gegen den Hitlerfaschismus ein. Die noch verbliebenen Kirchenführer hatten von sich aus ihre volle Unterstützung bei der Verteidigung des Vaterlandes angeboten Metropolit Sergij.der Patriarchatsverweser, sandte sofort an alle orthodoxen Pfarreien eine Botschaft, in der er die Gläubigen an ihre patriotischen Pflichten erinnerte. Das gläubige Volk erwiderte den Appell seiner Kirche und sammelte Geld. Dafür wurden Panzer und Jagdflugzeuge gekauft. Getreu ihrer patriotischen Pflicht segnete die Kirche nicht nur diese, sondern auch alle anderen Waffen der Roten Armee.

Zunächst erwähntvember 1942, grüßte Metropolit Sergij Stalin als den „göttlich gesalbten Führer“, dem Gott Kraft für die Verteidigung des Vaterlandes geben möge. Von nun an hörten die Loyalitätsbekundungen der Kirche für den großen „Führer“ nicht mehr auf.

Stalin lohnte dies, indem er nicht nur die antireligiöse Propaganda einzustellen befahl, sondern vor allem auch dadurch, daß er selbst direkten Kontakt zu den Kirchenführern suchte Am 4. September 1943 wurden die drei ersten Hierarchen, der Patriarchatsverweser Sergij sowie die Metropoliten Aleksij von Leningrad und Nikolaj von Kiev und Galizien von ihm im Kreml empfangen. Bereits drei Tage später durfte Sergij sogar von einer eiligst zusammengerufenen Bischofssynode (ihre Teilnehmer waren zum Teil direkt aus den Straflagern oder aus ihren Verbannungsorten gekommen) zum Patriarchen gewählt werden. Sergij lebte nur noch ein halbes Jahr. Sein Nachfolger wurde im Mai 1944 der Metropolit Aleksij von Leningrad. Im Oktober 1943 kam es staatlicherseits zur Konstituierung ei-nes „Rates für Angelegenheiten der Russisch-Orthodoxen Kirche beim Rat der Volkskommissare [seit 1946: Ministerrat] der UdSSR“. Dessen erster Leiter, G. G. Karpov, erklärte im August 1944, daß er sich um ein gutes Einvernehmen mit der Kirche bemühen wolle. Dazu gehörten die Unterstützung der Kirche bei der Eröffnung neuer Gotteshäuser, bei der Wiederaufnahme theologischer Ausbildung sowie beim Entwurf einer kirchlichen Gesetzgebung. Den Versprechungen folgten Taten auf dem Fuße.

Die seitherige Rechtslage der Russisch-Orthodoxen Kirche fußt im wesentlichen auf einem am 31. Januar 1945 von ihrer Landessynode angenommenen „Statut über die Verwaltung der Russisch-Orthodoxen Kirche“, das von der Sowjetregierung gebilligt wurde. Danach wurde ihrer Landessynode „die oberste Gewalt in Dingen der Glaubenslehre, der Kirchenverwaltung und der kirchlichen Gerichtsbarkeit“ übertragen und den kirchlichen Gemeinden, soweit sie staatlich registriert waren, in begrenztem Umfang die Rechte einer juristischen Person gegeben. Dazu gehörte vor allem das Recht, für religiöse Zwecke Sammlungen durchzuführen

Seit 1944/45 konnte die Russisch-Orthodoxe Kirche erstmals wieder Kurse für Priester abhalten. Bis 1966 eröffnete sie acht Priesterseminare (im Kloster Zagorsk bei Moskau, in Leningrad, in Kiev, Minsk, Odessa, Saratov, Stavropol’ und Luck) sowie zwei Geistliche Akademien in Moskau und Leningrad. Hinzu kam eine gewisse Lockerung der Bestimmungen für den Religionsunterricht.

Obwohl die Russisch-Orthodoxe Kirche seit 1943 einen weit größeren Bewegungsspielraum erhielt, als sie je nach 1917 gehabt hatte, wurden die sehr scharfen Religionsgesetze von 1918 und 1929 nicht aufgehoben. Die Sowjetregierung hielt sich also jederzeit den Rückgriff auf die alten repressiven Bestimmungen offen. Obwohl seit 1948 auch wieder als „fanatisch“ bezeichnete Priester, Mönche, Nonnen und Gläubige in den Straflagern verschwanden, kam es bis zum Tode Stalins (1953) indes zu keiner Neuauflage der während des Zweiten Weltkriegs eingestellten atheistischen Propaganda. Wie in den dreißiger Jahren waren die Kirche und ihre Gläubigen auch in der Nachkriegszeit nicht die einzige verfolgte Bevölkerungsgruppe. Sie teilten ein gemeinsames Los mit den als „Kosmopoliten“ verfemten Intellektuellen und Künstlern.

VI

Geschützt durch ihre fraglose Loyalität gegenüber dem Sowjetstaat konnte sich die Russisch-Orthodoxe Kirche somit seit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs eine im Prinzip immer gefährdete, aber dennoch für die unmittelbare Zukunft relativ gesicherte Existenz aufbauen. Dies schien anfangs auch unter den unmittelbaren Nachfolgern Stalins weiterhin möglich zu sein, zumal diese die Kirche noch weit stärker als zuvor in ihr außenpolitisches Konzept einbezogen, indem sie ihr in der internationalen Friedensbewegung eine hervorragende Rolle zuwiesen.

Aber bereits am 10. November 1954 wurde durch einen richtungweisenden Beschluß des ZK der KPdSU „Über die Fehler in der Durchführung der wissenschaftlich-atheistischen Propaganda“ die Forderung erhoben, daß „der Kampf gegen die religiösen Vorurteile jetzt als ideologischer Kampf der wissenschaftlichen, materialistischen Weltanschauung angesehen werden“ müsse Daher sei „eine tiefgreifende wissenschaftlich-atheistische Propaganda durchzuführen“, für die das Zentralkomitee im November 1954 nähere Ausführungsbestimmungen erließ. Die Auseinandersetzung mit der Kirche wurde seitdem auf der weltanschaulichen Ebene ausgetragen, ohne daß dies eine Rückkehr zum politischen Atheismus der Vorkriegszeit bedeutet hätte. Die antireligiöse Propaganda nahm indes in den Massenmedien seit 1954 beträchtlich zu.

Ihre Durchschlagskraft erhielt diese Propagandatätigkeit aber erst in den Jahren, als Chruev auf dem Höhepunkt seiner Macht stand (1959— 1964). Vom erneuten aggressiven Vorgehen von Partei und Staat gegen die Religionsgemeinschaften in der Sowjetunion wurde wiederum die Russisch-Orthodoxe Kirche besonders hart getroffen. Seit 1959 kam es zu einem rapiden Ansteigen der atheistischen Propagandatätigkeit. Sie richtete sich besonders gegen Berufstätige in qualifizierten Stellungen, die als Gläubige bekannt waren. „Wissenschaft“ und „Religion“ schlossen sich nach Auffassung der Parteipropagandisten aus. Wer dies nicht beherzigte, verlor seine Stellung

Der Pressekampagne folgte eine systematische „Kirchenbedrängung“. Das Gesetz von 1929 wurde wiederum voll angewendet gegen die seit 1943 gewonnenen Erleichterungen. Priester und Theologieprofessoren wurden zur öffentlichen Widerru-fung ihres Glaubens gedrängt, und den Kirchengemeinden gingen die eingeschränkten Rechte einer juristischen Person wieder verloren.

Als die Kirche diese neuen Verfolgungen nicht widerspruchslos hinnahm, sondern sogar vor der Welt gegen diese „öffentlichen Akte der Blasphemie“ Stellung bezog, reagierten Partei und Staat mit einschneidenden Maßnahmen. Die beiden Männer, die seit 1943 für das Nebeneinander von Staat und Kirche standen, wurden abgesetzt. G. G. Karpov, der Vorsitzende des Rates für Angelegenheiten der Russisch-Orthodoxen Kirche beim Ministerrat der UdSSR, wurde 1960 durch den weit weniger flexiblen V. A. Kuroedov ersetzt. Diesem ging es nicht mehr um die Kontrolle der Kirche, sondern um ihre innere Aushöhlung. Auf der anderen Seite mußte der engste Mitarbeiter des Partriachen, der die Kirche politisch im Inland wie im Ausland repräsentierende Metropolit Nikolaj von Kruticy und Kolomna, seine Ämter aufgegeben. Er wurde praktisch unter Hausarrest gestellt und wahrscheinlich gewaltsam beseitigt. Sein Nachfolger als Leiter des Außenamtes des Patriarchats wurde der junge und geschmeidige Metropolit Nikodim von Leningrad. Er führte die Kirche wieder in die Bahnen demütiger Loyalität gegenüber dem Sowjetstaat zurück.

Die seit Ende der fünfziger Jahre einsetzende erneute Verschärfung des Kirchenkampfes führte zwischen 1959 und 1964 zur Schließung von etwa 10 000 Kirchen, wodurch die Zahl der „arbeitenden“ Gotteshäuser auf die Hälfte sank. Zugleich wurde die Zahl der Gemeindepriester um etwa die Hälfte auf 15 000 reduziert. Auch gegen die Klöster richteten sich wieder staatliche Repressionen. So wurden von den knapp 70 Klöstern mehr als 40 geschlossen. Außerdem wurde die theologische Ausbildung des Priesternachwuchses durch die Auflösung von theologischen Seminaren (5 von 8) systematisch hintertrieben.

VII.

Nach dem Sturz Chruevs (1964) begann sich die kirchenpolitische Lage in der Sowjetunion wieder zu entspannen. Die massenweise Schließung von Kirchen und Klöstern hörte auf, und auch den Priestern wurde nicht mehr zuhauf die Registrierung entzogen. Zugleich normalisierte sich die Situation an den geistlichen Lehranstalten. Diese Hinwendung zu einem erneuten Nebeneinander von Staat und Kirche kam nicht zuletzt aus der Erkenntnis der Parteiführung, daß man durch die Schließung von Kirchen und die Drangsalierung ihrer Priester aus Gläubigen noch lange keine Atheisten machen konnte. Man wollte wohl auch der Gefahr der Bildung einer Untergrundkirche entgegenwirken. Bei den staatlichen Behörden hatte man sehr genau das Anwachsen einer innerkirchlichen Opposition registriert, die sich gegen den atheistischen Staat wie gegen die gegenüber der Obrigkeit allzu fügsame Kirchenleitung richtete. Die staatlichen Lockerungen gegenüber der offiziellen Kirche sollten verhindern, daß sich vor allem jüngere Leute aus der Intelligenz für ihren wahren Christusglauben eine versteckte kirchliche Heimstatt suchten, die dann nicht mehr wie die bestehenden offiziellen Kirchengemeinden in ihrer Wirksamkeit nur auf die Feier der Liturgie beschränkt wäre.

Für die Zeit nach Chruev ist deshalb besonders kennzeichnend, daß sich Partei und Staat wiederum verstärkt um die Kirchenführung bemühten. Von der Patriarchatsleitung wurde ihnen das auch durch eine nach wie vor vorbehaltlose Loyalität gegenüber ihrer Politik, nicht zuletzt auf dem Gebiet der Außenpolitik, gedankt. Aber diese neuerliche Entspannung im Verhältnis zwischen staatlicher und kirchlicher Führung wurde nicht von einem Abbau der seit der Zeit Chruev bestehenden erhöhten repressiven Kontrolle des kirchlichen Gemeindelebens begleitet. Den sowjetischen Behörden kam es in erster Linie auf eine scharfe Unterdrückung aller oppositionellen Regungen innerhalb der Kirche an, richtete sich doch deren „religiöse Renaissance“ besonders gegen administrative Willkürakte vor Ort. Es ging um die Überwindung des stalinistischen Geistes der Angst, der in Gestalt der örtlichen Polizeiorgane noch immer gegenwärtig war.

Partei und Staat aber dachten nicht daran, Abhilfe zu schaffen. Dazu machten ihnen die Oppositionellen im Lande und deren Resonanz in der westlichen Welt überhaupt viel zu viel zu schaffen. Immerhin wurden durch das am 23. Juni 1975 veröffentlichte Dekret „über die religiösen Vereinigungen“ die Kirchengemeinden, die Eparchialverwaltung und die Kirchenleitung wiederum als „beschränkt-begrenzt juristische Person“ anerkannt, wenn sie Rechtsgeschäfte tätigen, die aus einem Kultusvermögen „zum Erwerb von Wirtschaftserzeugnissen und Gegenständen zur Verrichtung religiöser Riten“ (Heiligenbilder, Kerzen usw.) führen

Nach dem Tode Breznevs (1982) setzte abermals eine Verschärfung der antireligiösen Propagandatätigkeit ein, die wohl in erster Linie im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Millenium der Taufe der Kiever Rus‘ (1988) zu sehen ist. Aber auch eine Reihe neuer — sowie Novellierungen alter — Ge-setze führten zu einer Verschlechterung der Lage der Gläubigen, da alle ihre Handlungen mehr oder weniger kriminalisiert wurden Im Vordergrund standen dabei Tatbestände wie Störung der öffentlichen Ordnung und Vergehen gegen sozialistisches Eigentum. Mittels der neuen gesetzlichen Vorschriften konnte die Gemeindearbeit von Priestern und Diakonen noch konsequenter bestraft werden, wenn sie den staatlicherseits zugestandenen Freiraum der Liturgie und der Sakramente verlies und sich katechetischen und karitativen Aufgaben zu-wandte.

Während Restriktionen und Schikanen gegenüber einzelnen Kirchengemeinden auch nach Breznev ein wesentliches Kennzeichen für die sowjetische Kirchenpolitik blieben, konnte sich die Kirchenleitung selbst einiger Konzessionen erfreuen. So wurden die Druckgenehmigungen für geistliche Literatur großzügiger gegeben und auch die Aufnahme-quoten für die geistlichen Lehranstalten erhöht.

Bereits 1981 konnte eine Fabrik für kirchliche Gebrauchsgegenstände eingerichtet werden, und 1983 wurde sogar das völlig verwahrloste Daniil-Kloster in Moskau zurückgegeben. Man wird in diesen Zugeständnissen wohl in erster Linie eine propagandistische Geste zu sehen haben, die eine liberale Kirchenpolitik von Partei und Staat gegenüber dem westlichen Ausland betonen soll. Andererseits wurde damit aber auch ein Dank an die Patriarchatskirche abgestattet für ihre friedenstiftende Rolle im Rahmen der staatlichen Friedenspolitik. Überhaupt scheinen der Russisch-Orthodoxen Kirche im Rahmen des „Sowjetpatriotismus“ bereits unter Breznev und erst recht unter seinen Nachfolgern Andropov und ernenko wiederum gesellschaftliche Integrationsfunktionen zugewiesen worden zu sein, die belohnt sein müssen, ohne daß ihr selbst dabei ein eigener gesellschaftlicher Freiraum zugestanden werden darf. Von einem Abflauen der antrireligiösen Propagandatätigkeit von Partei und Staat konnte jedenfalls keine Rede sein.

VIII.

Mit dem Amtsantritt Gorbaöevs (1985) änderte sich an dieser Grundhaltung der Partei-und Staatsführung gegenüber der Russisch-Orthodoxen Kirche zunächst nichts. Indes kam es im Hinblick auf die bevorstehenden Milleniumsfeierlichkeiten doch zu einigen kaum mehr erhofften Konzessionen an die Kirchenleitung, die aber für die einzelnen Kirchengemeinden keinerlei Erleichterungen brachten. Neben der bereits erwähnten Rückgabe des Daniil-Klosters in Moskau gehörte dabei die Zulassung eines Landeskonzils zu den größten Zugeständnissen. Hoffnungen auf eine Änderung der staatlichen Kirchengesetzgebung, die die kirchliche Hierarchie besonders auf den XXVII. Parteitag der KPdSU (1986) setzte, erfüllten sich freilich nicht. Der Parteitag befaßte sich überhaupt nicht mit religiösen Fragen — er hatte wohl auch Wichtigeres zu tun —, aber eine Erweiterung und vor allem Sicherung der Rechte der Kirchengemeinde als juristische Person hätte — selbst als bloße Absichtserklärung — als ein wichtiges Indiz für eine liberale Gesellschaftspolitik der neuen Parteiführung gedeutet werden können. Die Schwierigkeiten für eine schrittweise Aufhebung der Tabuisierung der Religion durch Partei und Staat ergeben sich bis heute aus der Unvereinbarkeit zwischen sowjetischer und christlicher Moral aus der Sicht der offiziellen marxistisch-leninistischen Weltanschauung.

Je näher aber die Feierlichkeiten zur Tausendjahrfeier der Russisch-Orthodoxen Kirche rückten, um so respektvoller wurde der Umgang von Partei und Staat mit ihr. Offensichtlich suchen beide Seiten nach einem neuen Modus vivendi. Dabei scheinen auch die heute circa 7 500 bis 8 000 orthodoxen Kirchengemeinden — bei circa 50 Mio. Gläubigen — mehr als zuvor einbezogen zu werden; jedenfalls dann, wenn sie gewillt sind, mit dem atheistischen Staat loyal zusammenzuarbeiten und die gegenwärtige Reformpolitik zu unterstützen.

Am 29. April 1988 kam es zu einem „historischen“ Treffen des Generalsekretärs der KPdSU mit Patriarch Pimen und anderen Mitgliedern der Synode der Russisch-Orthodoxen Kirche im Kreml. Gorbacev räumte bei dieser Begegnung Fehler von Partei und Staat gegenüber der Kirche und ihren Gläubigen ein. Nach Tass bedauerte er die Verfolgungen der Kirche unter Stalin als „tragische Geschehnisse der Zeit des Personenkultes“. Die Verfolgung der Kirche unter Chruev erwähnte er allerdings nicht. Diese Fehler würden aber jetzt korrigiert. So werde man in einem neuen sowjetischen Gesetz über Gewissensfreiheit „auch die Interessen der religiösen Organisationen berücksichtigen“. Der Staat werde sich deshalb künftig nicht mehr in die kirchlichen Angelegenheiten einmischen. Dabei erinnerte Gorbacev aber auch an das Fortbestehen weltanschaulicher Unterschiede zwischen Staat und Kirche. Doch gebe sein Reformprogramm die Möglichkeit, die Beziehungen auf eine neue Grundlage zu stellen, hätten doch die Gläubigen als „sowjetische Bürger, Arbeiter und Patrioten“ wie jeder andere „ein volles Recht, ihre Überzeugung mit Würde auszudrücken. Perestrojka und Demokratisierung geht auch sie an — in vollem Ausmaß und ohne irgendwelche Restriktionen“

In der Folge dieser offiziellen Äußerungen des Generalsekretärs kam es in der sowjetischen Presse zu offenen Diskussionen über den gesellschaftlichen Stellenwert der Kirche. So wurden unter anderem gewisse Parteiaktivisten in der Provinz bezichtigt, bis heute nicht einsehen zu wollen, „daß die Religion eine soziale Realität bleibt“. Sie würden wie früher fortfahren, „die Gesetzgebung über die Kulte zu untergraben und die konstitutionellen Garantien der Glaubensfreiheit zu mißachten“. Der Atheismus dürfe aber nicht gegen die Gläubigen, sondern müsse um sie kämpfen, damit sie — gerade unter Wahrung der Gewissensfreiheit — von der Richtigkeit der „wissenschaftlichen Weltanschauung“ überzeugt würden. Der Marxismus-Leninismus verpflichtet deshalb, von der „völligen Gleichheit aller Bürger der Sowjetunion, der Gläubigen wie der Ungläubigen“ auszugehen. Aus diesem Grunde sei auch die antireligiöse Politik in den fünfziger und sechziger Jahren falsch gewesen, die zu einem unerträglichen Druck auf Priester wie Gläubige und zu einer massenweisen Schließung von Kirchen und Klöstern geführt habe

Solche Ausführungen zeigen deutlich, daß zumindest zur Zeit der Feierlichkeiten der Russisch-Orthodoxen Kirche offiziell von einem Absterben der Religion nicht mehr die Rede ist. Aber bisher sind — außer großen Gesten wie der Rückgabe eines Teils des Kiever Höhlenklosters, das unter Chruscev 1961 konfisziert und in ein Kultur-und Atheismus-Museum umgewandelt worden war — von Partei und Staat kaum Zugeständnisse gemacht worden. Jedenfalls wurden die zwischen 1959 und 1964 geschlossenen circa 10 000 Kirchen bisher nicht wieder geöffnet. Die eher abwartende Haltung der Sowjetführung zeigte sich besonders anläßlich des „ökumenischen“ Empfanges bei Gromyko am 12. Juni 1988. Auf Fragen der orthodoxen Würdenträger und der ausländischen Milleniums-Gäste verschiedenster Konfessionen antwortete das sowjetische Staatsoberhaupt eher ausweichend. So sei zeitlich noch nicht abzusehen, wann ein neues Gesetz über die Gewissensfreiheit vorgelegt werden könne, an dem bereits gearbeitet werde. Weniger schwierig werde sich — allerdings „unter strenger Beachtung der sowjetischen Gesetzgebung“ — in

Zukunft die Neuzulassung religiöser Gemeinschaften und die Eröffnung weiterer Kirchen gestalten. Auf die Frage, ob der Kirche das Recht einer juristischen Person gegeben werde, verwies Gromyko ebenfalls auf künftige Gesetzesvorhaben. Dabei schloß er nicht aus, daß die bis jetzt verbotene öffentliche Wohltätigkeit der Kirchen gesetzlich geregelt werden könne. Die Frage nach einem Religionsunterricht für Kinder wurde von Gromyko jedoch dahingehend beantwortet, daß seit 1918 eine strenge Trennung der Kirche vom Staat und der Kirche von der Schule bestehe, die auch weiterhin aufrechterhalten bleibe

Man wird die Äußerungen des nicht gerade zu den Reformern gehörenden und politisch nicht mehr sehr einflußreichen Staatsoberhaupts nicht überbewerten dürfen. Aber die in diesem Gespräch angeschnittenen Fragen weisen auf die Grundproblematik hin, die sich aus einem geregelten Verhältnis zwischen Partei, Staat und Kirche ergeben würde. Läßt sich überhaupt die herrschende marxistischleninistische Ideologie mit ihrem „wissenschaftlichen“ Atheismus mit der gesetzlichen Anerkennung der Existenz einer nicht mehr notwendigerweise absterbenden, weil gesellschaftlich überholten „vorwissenschaftlichen“ Religion in Einklang bringen, ohne daß sie selbst dadurch revisionistische Züge anzunehmen beginnt? Dies hätte nichts mehr mit einer „sozialistischen“ Demokratie zu tun, sondern würde — in letzter Konsequenz — zu einer pluralistischen Gesellschaftsordnung nach westlichem Vorbild führen. Dafür gibt es aber keine Anzeichen.

Vieles ist in der Sowjetunion heute selbst auf religiösem Gebiet in Fluß Bei allem durch die Reformpolitik aktivierten Patriotismus, der durchaus die Kirche einschließen kann — wie bereits Stalins Wendung während des Zweiten Weltkrieges gezeigt hat —, wird es bestenfalls zu einem gesetzlich geregelten Nebeneinander von Sowjetmacht und Kirche kommen können, wenn sich der Marxismus-Leninismus als einzig progressive gesellschaftliche Kraft nicht selbst aufgeben will. Aber das würde für die Russisch-Orthodoxe Kirche wie für alle anderen Glaubensgemeinschaften in der Sowjetunion nicht wenig sein, würden sie doch dadurch aus dem Teufelskreis der Willkür von staatlicher Konzession und staatlicher Repression herauskommen, der sich seit 1918 um sie schließt.

Fussnoten

Fußnoten

  1. L. Müller, Zum Problem des hierarchischen Status und der jurisdiktonellen Abhängigkeit der russischen Kirche von 1039, Köln-Braunsfeld 1959.

  2. H. -D. Döpmann, Der Einfluß der Kirche auf die moskowitische Staatsidee. Staats-und Gesellschaftsdenken bei Josif Volockij, Nil Sorskij und Vassian Patrikeev, Berlin 1967.

  3. H. Schaeder, Moskau — das dritte Rom, Darmstadt 1957.

  4. P. Hauptmann. Altrussischer Glaube. Der Kampf des Protopopen Awakum gegen die Kirchenreformen des 17. Jahrhunderts. Mit einem Anhang: Das russische Altgläubigentum in der Gegenwart, Göttingen 1963.

  5. I. Smolitsch, Geschichte der russischen Kirche 1700— 1917, Leiden 1964.

  6. G. Simon, Konstantin Petrovic Pobedonoscev und die Kirchenpolitik des Heiligen Sinod 1880— 1905, Göttingen

  7. J. Chrysostomus, Die russische Orthodoxie angesichts der zeitgenössischen sozialen Strömungen am Vorabend der Revolution von 1917, in: Ostkirchliche Studien, 17 (1968), S. 297-314.

  8. I. Smolitsch, Der Konzilsvorbereitungsausschuß des Jahres 1906, in: Kirche im Osten, 7 (1964), S. 53— 93.

  9. G. Simon, Zwischen Reformwillen und Reaktion. Kirche, Staat und Gesellschaft am Vorabend der Russischen Revolution, in: ders., Die Kirchen in Rußland. Berichte, Dokumente, München 1970, S. 9— 36.

  10. A. Kartaschew, Die provisorische Regierung und die russische Kirche, in: Orient und Occident, (1934) 15, S. 1-15.

  11. Zur sowjetischen Religionspolitik in den ersten Jahrzehnten nach 1917 siehe J. S. Curtiss. Die Kirche in der Sowjetunion (1917— 1956). München 1957; A. Kischkowsky. Die sowjetische Religionspolitik und die Russische Orthodoxe Kirche, München 19602; J. Chrysostomus, Kirchengeschichte Rußlands in der neuesten Zeit, 3 Bde., München-Salzburg 1965— 1968.

  12. R. Stupperich (Hrsg.), Kirche und Staat in der Sowjetunion. Gesetze und Verordnungen, Witten 1962. S. 5— 11; O. Luchterhandt. Die Religionsgesetzgebung der Sowjetunion. Berlin 1978. S. 11 — 17.

  13. F. v. Lilienfeld, Tausend Jahre Kirche in Rußland, in: Tausend Jahre Kirche in Rußland. Katalog zur Ausstellung, Tutzing 1987. S. 32 f.

  14. Kirche und Staat in der Sowjetunion (Anm. 12), S. 11 bis 28

  15. Ebda. S. 29

  16. F. v. Lilienfeld (Anm. 13), S. 34

  17. Zur sowjetischen Religionspolitik in und nach dem Zweiten Weltkrieg siehe außer der unter Anm. 11 angeführten Literatur noch W. Kolarz, Die Religionen in der Sowjetunion, Freiburg 1963.

  18. Kirche und Staat in der Sowjetunion (Anm. 12), S. 35 bis 41

  19. Ebda. S. 29-34

  20. Hierzu insbes. G. Simon, Der Sowjetische Staat un die Kirche, in: ders.: Die Kirchen in Rußland (Anm. 9), S. 67 bis 84

  21. G. Stricker. Die Kirchen in der Sowjetunion 1975— 1985, Berichte des Bundesinstituts für ostwissenschaftliche und internationale Studien (1986) 18, S. 12— 17.

  22. O. Luchterhandt (Anm. 12), S. 107— 120.

  23. G. Stricker, Aus der Russisch-Orthodoxen Kirche. Das Moskauer Patriarchat zwischen Breznev und Gorbaev, in: Kirche im Osten, 29 (1986), S. 171-185.

  24. Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 2. Mai 1988, S. 2.

  25. Novoe myslenie i svoboda sovesti; in: Literatumaja gazeta, Nr. 20, 18. Mai 1988, S. 10.

  26. Po slucaju istoriceskoj daty; in: Pravda, Nr. 164, 12. Juni 1988, S. 3.

  27. A. v. Borcke, Neues Nachdenken über Religion? Zeichen der Veränderung in der Sowjetunion?, in: Herder Korrespondenz 42 (1988) 6. S. 271— 276.

Weitere Inhalte

Klaus Heller, Dr. phil., geb. 1937; Studium der Geschichte, Germanistik und Slawistik in Würzburg und Tübingen; beide Staatsexamina für das Lehramt an Gymnasien in Geschichte, Deutsch und Russisch; Habilitation 1978; seit 1981 Professor für Osteuropäische Geschichte an der Universität Erlangen/Nürnberg und seit 1988 o. Professor für Osteuropäische Geschichte an der Justus-Liebig-Universität in Gießen. Veröffentlichungen u. a.: Revolutionärer Sozialismus und nationale Frage. Das Problem des Nationalismus bei russischen und jüdischen Sozialdemokraten und Sozialrevolutionären im Russischen Reich bis zur Revolution 1905— 1907, 1977; Der Russisch-Chinesische Handel von seinen Anfängen bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts, 1980; Die Geld-und Kreditpolitik des Russischen Reiches in der Zeit der Assignaten (1768— 1839/43), 1983; Russische Wirtschafts-und Sozialgeschichte. Die Kiever und die Moskauer Periode (9. — 17. Jahrhundert), 1987.