Politische Partizipation von Frauen im vereinigten Deutschland Ein Ost-West-Vergleich
Beate Hoecker
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Zusammenfassung
Die These einer besonderen politischen Partizipationsschwäche ostdeutscher Frauen hält einer empirischen Überprüfung nicht stand. Zwar blieb die weibliche Beteiligung an der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl geringfügig hinter der Mobilisierung westdeutscher Frauen zurück, doch im Hinblick auf ihre Vertretung in Parteien und Parlamenten offenbart sich zumindest teilweise ein politischer Gleichstellungsvorsprung. So können die PDS und CDU im Osten unter ihren Mitgliedern auf ein deutlich überdurchschnittliches Ergebnis verweisen. In den ostdeutschen Kommunalparlamenten sind Frauen im Durchschnitt etwas besser, in den fünf Landtagen erheblich besser repräsentiert als ihre Schwestern im Westen. Unterschiede zwischen Frauen in Ost-und Westdeutschland gibt es aber nicht nur im Ausmaß ihrer politischen Partizipation, sondern auch hinsichtlich der jeweiligen Parteipräferenzen. Ostdeutsche Frauen setzen bei Stimmabgabe und Parteimitgliedschaft deutlich andere Prioritäten: Sie bevorzugen eher die PDS und distanzieren sich stärker von den westlichen Parteien. Die zweigeteilte politische Kultur des vereinigten Deutschlands spiegelt sich somit auch im politischen Verhalten der Frauen wider. Zugleich aber finden die neuen sozialen Disparitäten zwischen den Geschlechtern im Osten ihren Ausdruck im unterschiedlichen Wahlverhalten von Männern und Frauen. Wenn sich die westlichen Karrieremuster auch in den neuen Bundesländern weiterhin etablieren, dann dürfte die derzeitige politische Teilhabe ostdeutscher Frauen zukünftig kaum Bestand haben. Nur mit Hilfe gemeinsamer Strategien werden Frauen in Ost und West einen politischen Rückschlag verhindern können.
Das politische Verhalten von Frauen folgt eigenen Gesetzmäßigkeiten. Nicht die klassischen Partizipationsangebote liegen in der weiblichen Gunst vorn, sondern vielmehr die unkonventionellen Aktionsformen der neuen sozialen Bewegungen, die nach Ronald Inglehart überaus anspruchsvoll sind und zudem „ein recht hohes Kompetenzniveau" erfordern. Dieser zunächst für das Verhalten westdeutscher Frauen nachgewiesene Trend scheint auch in den neuen Bundesländern zu gelten. Der „eruptionsartige Aufbruch“ ostdeutscher Frauen im Herbst 1989, ihr aktives Engagement in der Bürgerinnenbewegung sowie ihr enttäuschter Rückzug aus der Politik bei zunehmender Institutionalisierung sind hierfür ein Beleg
Aber war dieser Rückzug nach der kurzen Wende, in der selbst eine demokratisch erneuerte DDR manchen noch möglich schien, ein vollständiger? Stimmt es, daß ostdeutschen Frauen heute jegliches Interesse an institutionalisierter Politik fehlt und ihrem Verhalten, wie Uta Schlegel vermutet, hier eine besondere Rückständigkeit im Vergleich zu den Frauen im Westen anhaftet Macht man sich die Mühe, das angeblich so „verbreitet distanzierte Verhältnis“ zur Politik anhand empirischer Daten zu überprüfen, dann ergibt sich bereits beim politischen Interesse ein sehr differenziertes und zugleich auch ambivalentes Bild.
Abbildung 7
Tabelle 4: Frauen in den Fraktionen der fünf ostdeutschen Länderparlamente Quelle: Zusammengestellt nach den Handbüchern der Landtage.
Tabelle 4: Frauen in den Fraktionen der fünf ostdeutschen Länderparlamente Quelle: Zusammengestellt nach den Handbüchern der Landtage.
So sind Frauen in Ostdeutschland im Vergleich zu westdeutschen Frauen zwar insgesamt etwas weniger stark an Politik interessiert, doch junge ostdeutsche Frauen mit höherer Schulbildung äußern ein deutlich stärkeres politisches Interesse als ihre Geschlechtsgenossinnen im Westen Bemerkenswert ist zudem, daß zwar auch in Ostdeutschland Männer ein ausgeprägteres Interesse an Politik bekunden als Frauen, die Unterschiede zwischen den Geschlechtern aber erkennbar geringer ausfallen als in der alten Bundesrepublik. Zugleich werden Frauen im Osten von ihren Kindern als Gesprächspartnerinnen für politische Fragen wesentlich ernster genommen als Mütter im Westen
Abbildung 8
Tabelle 5: Frauen in den Fraktionen der Länderparlamente der alten Bundesrepublik (Ende 1994*) Quelle: Berechnet nach den Handbüchern der Landtage.
Tabelle 5: Frauen in den Fraktionen der Länderparlamente der alten Bundesrepublik (Ende 1994*) Quelle: Berechnet nach den Handbüchern der Landtage.
Ein gleichfalls facettenreiches Bild ergibt sich, wenn man die These einer besonderen politischen Partizipationsschwäche ostdeutscher Frauen anhand ihrer Beteiligung bei Wahlen sowie in Parteien und Parlamenten überprüft. Inwieweit also nutzen Frauen in Ostdeutschland die neuen demokratischen Partizipationsofferten, welche Unterschiede gibt es im Vergleich zu den westdeutschen Frauen, und wie lassen sich diese erklären?
I. Das Wahlverhalten von Frauen bei den Bundestagswahlen 1990 und 1994
Abbildung 1
Tabelle 1: Stimmenanteile von Frauen und Männern bei den Bundestagswahlen 1990 und 1994 nach alten und neuen Bundesländern (in Prozent) Quelle: Für 1990 Repräsentative Wahlstatistik; für 1994 nach Forschungsgruppe Wahlen e. V., Bundestagswahl 1994, Berichte Nr. 76, 2. Auflage, Mannheim (Befragung am Wahltag, n= 19936).
Tabelle 1: Stimmenanteile von Frauen und Männern bei den Bundestagswahlen 1990 und 1994 nach alten und neuen Bundesländern (in Prozent) Quelle: Für 1990 Repräsentative Wahlstatistik; für 1994 nach Forschungsgruppe Wahlen e. V., Bundestagswahl 1994, Berichte Nr. 76, 2. Auflage, Mannheim (Befragung am Wahltag, n= 19936).
Freie Wahlen bilden das Fundament einer jeden Demokratie. Zugleich gilt der Gang zur Wahlurne als die allgemeinste und einfachste Form politischer Partizipation. In der alten Bundesrepublik haben Frauen allerdings von ihrem Wahlrecht stets weniger Gebrauch gemacht als Männer. Für alle Bundestagswahlen von 1953 bis 1990 läßt sich hier durchgängig eine niedrigere Wahlbeteiligung feststellen, wobei die Differenz zwischen den Geschlechtern bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl jedoch nur noch 1, Prozentpunkte betrug (Frauen-West: 75, 9 Prozent; Männer-West: 77, 7 Prozent) 8. Im Unterschied dazu blieb die Wahlbeteiligung ostdeutscher Frauen 1990 keineswegs hinter der Beteiligung von Männern zurück, sondern übertraf diese, wenn auch nur geringfügig, um 0, 3 Prozentpunkte (Frauen-Ost: 75 Prozent; Männer-Ost: 74, 7 Prozent). Im Vergleich zu den westdeutschen Frauen allerdings fiel die Mobilisierung der Wählerinnen im Osten insgesamt etwas geringer aus (-0, 9 Prozentpunkte). Die Höhe der Wahlbeteiligung ist bekanntlich in besonderem Maße altersabhängig. Hier zeigt der Vergleich der Frauen untereinander für das mittlere Lebensalter (35 bis 59 Jahre) kaum Unterschiede zwischen Ost und West oder den 'Geschlechtern. Auch bei den älteren Wählern läßt sich parallel für Ost-und Westdeutschland ein wesentlich deutlicherer Rückgang der Wahlbeteiligung von Frauen gegenüber der von Männern beobachten. Lediglich bei den jüngeren Wahlberechtigten zeichnete sich ein spürbares West-Ost-Gefälle ab So lag die Wahlbeteiligung der Erst-wählerinnen im Westen nahezu um acht Prozentpunkte höher als bei den gleichaltrigen Frauen im Osten, und in der nächsten Altersgruppe betrug die Differenz immerhin noch 5, 6 Prozentpunkte.
Folglich hat sich im Osten in etwa nur jede zweite Frau im Alter von 18 bis 24 Jahren an der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl beteiligt.
Inwiefern dieser Trend auch für 1994 gilt, läßt sich allerdings nicht sagen, da es bei dieser Bundestagswahl keine entsprechenden Repräsentativzählungen gab Die Nichtwähleranalyse von Ursula Feist jedoch zeigt, daß im Westen wie im Osten vor allem junge Frauen mit geringer formaler Bildung und Berufsqualifikation sowie aus einem großen Haushalt der Wahlurne fernblieben Das gerade für diese Gruppe typische geringe Interesse an Politik erklärt die West-Ost-Differenzen aller-dings keineswegs, denn das politische Desinteresse der jungen Neubundesbürgerinnen ist weit weniger ausgeprägt als im Westen Vielmehr dürfte die besondere Betroffenheit von den sozialen Folgen des gesellschaftlichen Umbruchs, d. h. insbesondere die neue Geschlechterkonkurrenz auf dem Ausbildungsstellen-und Arbeitsmarkt, die höhere Wahlenthaltung junger ostdeutscher Frauen erklären
Das wohl wichtigste Ergebnis der ersten gesamtdeutschen Wahl ist, daß die Wählerinnen in Ost und West mehrheitlich für die Bonner Koalitionsparteien votierten, wobei die Zustimmung unter den ostdeutschen Frauen geringfügig höher ausfiel (Frauen-Ost: 56, 1 Prozent; Frauen-West: 55, 3 Prozent). Zwar schnitt die Union unter den Wählerinnen im Westen etwas besser ab (+ 2, 2 Prozentpunkte), während die FDP im Osten einen leichten Vorsprung hatte (+ 3 Prozentpunkte), doch insgesamt waren sich die Frauen 1990 darin einig, wer das neue Deutschland regieren sollte.
Auch bei dem jeweiligen Votum für die Grünen gab es kaum Differenzen. Demgegenüber fielen die Stimmenanteile für die SPD und PDS sehr unterschiedlich aus. Immerhin 10, 9 Prozent der ostdeutschen, aber nur 0, 2 Prozent der westdeutschen Frauen wählten die PDS. Andererseits konnte die SPD 1990 unter den ostdeutschen Wählerinnen nur knapp ein Viertel der Stimmen auf sich vereinigen, im Westen dagegen gut ein Drittel (vgl. Tabelle 1). .
Da der Vergleich der Männer untereinander zu ähnlichen Ergebnissen führt, kann für die erste gesamtdeutsche Bundestagswahl der Schluß gezogen werden, daß die Unterschiede zwischen den alten und den neuen Bundesländern nicht vorrangig im alters-oder geschlechtsspezifischen Wahl-verhalten bestehen, sondern im Niveau des Wahl-erfolgs der Parteien
Allerdings liegen in Ostdeutschland noch keineswegs stabile Parteibindungen vor. Die Mehrheit der Wählerinnen, wie auch der Wähler, in den neuen Bundesländern entschied sich 1994 nicht wieder für die Regierungskoalition aus CDU und FDP, sondern für die Oppositionsparteien. Im Unterschied dazu hielten die westdeutschen Wäh-lerinnen der Bonner Koalition weiterhin mehrheitlich die Treue, allerdings fiel auch ihr Votum mit 50, 1 Prozent nicht mehr so deutlich aus wie noch 1990 (55, 3 Prozent).
Nach vier „Lehrjahren“ im wiedervereinigten Deutschland setzten ostdeutsche Frauen 1994 erkennbar andere Akzente als 1990: Nahezu dramatisch war der Einbruch der FDP, während der Stimmenrückgang für die CDU noch verhältnismäßig moderat ausfiel. Erhebliche Zugewinne konnten dagegen die PDS sowie die SPD unter ihren Wählerinnen im Osten verbuchen. Lediglich das Wahlergebnis der Grünen entsprach in etwa dem von 1990 (vgl. hierzu Tabelle 1 und Schaubild 1).
Im Unterschied dazu bestätigt die Bundestagswahl 1994 für die Frauen im Westen relativ stabile Parteipräferenzen; allein die Grünen konnten hier einen nennenswerten Stimmengewinn erzielen. Die PDS dagegen blieb unter den westdeutschen Wählerinnen weiterhin chancenlos. Warum auch sollten sie eine Partei wählen, die sich vorrangig als authentische Interessenvertretung der Ostdeutschen präsentiert?
Der Vergleich der Frauen untereinander ergibt somit für 1994 seitens der westdeutschen Frauen eine leichte Bevorzugung der FDP (+ 3, 9 Prozentpunkte), der Union und der Grünen (beide 3, 7 Prozentpunkte) sowie eine ausgeprägtere Präferenz der SPD (+ 6 Prozentpunkte), während die Wählerinnen im Osten dagegen klar die PDS favorisieren (+ 18, 9 Prozentpunkte) (vgl. Tabelle 1 und Schaubild 2).
Die Differenzierung nach Altersgruppen läßt die Unterschiede im Wahlverhalten noch deutlicher zutage treten. So ist die Bereitschaft zur Wahl der CDU insbesondere unter den jungen ostdeutschen Frauen (18-24 Jahre) sowie den Frauen im mittleren Alter (45-59 Jahre) erkennbar geringer ausgeprägt als bei den Frauen der entsprechenden Altersgruppen im Westen (-6, 7 bzw. -9, 6 Prozentpunkte).Auch in ihrem Votum für die SPD bleiben die ostdeutschen Wählerinnen in allen Altersklassen von 18 bis 44 Jahren weit hinter den entsprechenden Anteilen der West-Frauen zurück, wobei die größte Differenz für die 25-bis 34jährigen Frauen zu verzeichnen ist (-10, 8 Prozentpunkte). Gleiches gilt für die Bündnisgrünen, allerdings findet sich hier die größte Differenz erst unter den 35-bis 44jährigen Wählerinnen (-10, 1 Prozentpunkte) (vgl. Tabelle 2).Der insgesamt geringere Zuspruch der ostdeutschen Wählerinnen in den genannten Altersgruppen gegenüber den etablierten West-Parteien erklärt sich mit der besonderen Präferenz für „ihre“ Partei: Jede vierte Frau im Alter von 18 bis 34 Jahren und immerhin jede fünfte Frau im Alter von 35 bis 59 Jahren hat 1994 der PDS ihre Stimme gegeben.
Nach Rainer-Olaf Schultze ist die PDS „die Partei der Vereinigungsverlierer“ So votierten bei dieser Bundestagswahl vor allem diejenigen für die PDS, „die durch den revolutionären Wandel in der DDR und durch die Vereinigung samt ihren sozio-ökonomischen Folgen viel verloren haben oder aber verloren zu haben glauben“ Daß insbesondere Frauen zu den Wendeverliererinnen gehören, ist mittlerweile vielfach belegt Eine 28jährige Ostdeutsche resümiert ihre Erfahrungen seit der Vereinigung so: „Ich erlebe dieses Gesellschaftssystem, in das ich nach der Wende hineingeworfen bin, genau so, wie ich es in der Schule im Staatsbürgerkunde-Unterricht und im FDJ-Studienjahr theoretisch gelernt habe. Ich erlebe nicht Demokratie, sondern die Herrschaft des Kapitals.“
Festzuhalten bleibt: Das Wahlverhalten ost-und westdeutscher Frauen ist weit davon entfernt, ausgeglichen zu sein. Seit der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl haben sich die Gräben vielmehr weiter vertieft und sind ein Ausdruck der unterschiedlichen politischen Kulturen in Ost-und Westdeutschland. So hat die Sozialisation in gegensätzlichen politischen Systemen ihre mentalen Spuren hinterlassen, prägt und prädisponiert auch weiterhin das individuelle Politikverständnis sowie die Parteipräferenzen.
Eine neue Entwicklung gibt es 1994 aber nicht nur im Wahlverhalten der Frauen untereinander, sondern auch zwischen den Geschlechtern in Ostdeutschland. Konnte bei der Bundestagswahl 1990 hier „von irgendwelchen größeren Restbeständen geschlechtsspezifischen Wahlverhaltens . . . nicht die Rede sein“ so gilt dieses Resümee für die zweite gemeinsame Bundestagswahl nicht wieder. Auch in den neuen Bundesländern zeigen sich nunmehr die bekannten Unterschiede bei der Stimmabgabe von Frauen und Männern in den verschiedenen Altersgruppen, wobei die geschlechtsspezifischen Differenzen teilweise sogar ausgeprägter sind als im Westen.
So erzielte beispielsweise die CDU bei den unter 35jährigen ostdeutschen Wählerinnen erkennbar schlechtere Ergebnisse als in den entsprechenden Altersgruppen der Männer, während sie bei den Frauen ab 60 Jahren dagegen auf erheblich bessere Werte kam als bei den gleichaltrigen Männern. Demgegenüber schnitt die SPD bei jungen Frauen besser, bei älteren schlechter ab als in den jeweiligen männlichen Altersgruppen. Besonders auffällig sind zudem die geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Ergebnissen für die PDS in Ostdeutschland: In allen Altersgruppen bis zu 59 Jahren ist die PDS unter den Frauen erfolgreicher als unter den Männern. Bei den Wählern ab 60 Jahren dominieren dagegen klar die Männer (vgl. Tabelle 2).
Schlüssige Erklärungen für dieses nunmehr unterschiedliche Stimmverhalten von Frauen und Männern in den neuen Bundesländern sucht man jedoch vergebens. Zu vermuten ist allerdings, daß die neuen Disparitäten zwischen den Geschlechtern einen wichtigen Erklärungsfaktor darstellen. Denn Wahlverhalten ist immer auch Ausdruck der sozio-ökonomischen Lebensbedingungen sowie -perspektiven. Möglicherweise gibt es aber auch bereits auf der Einstellungsebene signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede, die sich im jeweiligen politischen Verhalten niederschlagen.Doch inwiefern Frauen und Männer in ihrem Demokratie-und Politikverständnis, im Vertrauen zu den jeweiligen politischen Institutionen oder in der Einschätzung ihrer individuellen politischen Einflußmöglichkeiten übereinstimmen, darüber erfährt man in den überaus zahlreichen Untersuchungen zur politischen Kultur in Ost-und Westdeutschland nichts. Diese Fragestellung scheint weder das Interesse noch die Phantasie der Forscher herauszufordern
II. Frauen als Parteimitglieder
Abbildung 2
Schaubild 1: Parteipräferenzen ostdeutscher Frauen bei den Bundestagswahlen 1990 und 1994 Quelle: Eigene Darstellung
Schaubild 1: Parteipräferenzen ostdeutscher Frauen bei den Bundestagswahlen 1990 und 1994 Quelle: Eigene Darstellung
Nach einer Umfrage des Wohlfahrtssurveys von 1993 gehörten zwei Prozent der ostdeutschen und drei Prozent der westdeutschen Frauen einer Partei an (Männer: vier zu sieben Prozent) Von einer vergleichsweise besonders ausgeprägten politischen Partizipationsschwäche der Neubundesbürgerinnen kann somit keine Rede sein.
Die Frage ist vielmehr, warum die Parteien auf Frauen insgesamt eine nur geringe Anziehungskraft ausüben. Zwar hat die Partizipationsforschung diese Fragestellung bisher ausgespart dennoch ist anzunehmen, daß vor allem die männlich geprägten Organisationsstrukturen sowie die Formen der parteipolitischen Arbeit Frauen von einem Engagement abhalten. Für ostdeutsche Frauen ist nach Uta Schlegel zudem „politische Partizipation gegenwärtig Luxus: Individuell stellt -unter den derzeitigen gesellschaftlichen und Arbeitsmarktbedingungen -Existenzsicherung das Hauptproblem in ihrem Lebenszusammenhang dar. Politische Aktivität wird subjektiv damit zweitrangig, obwohl dies objektiv ein Paradoxon darstellt.“
Auch wenn also für die große Mehrheit der Frauen eine Parteimitgliedschaft nicht gerade „en vogue“ ist, so hat sich gleichwohl ein kleiner Kreis von ihnen einem parteipolitischen Engagement ver-schrieben. Welche Parteien nun finden das besondere Interesse der Frauen in Ost und West
In der alten Bundesrepublik war und ist die SPD nicht nur die mitgliederstärkste Partei, sondern zugleich die Partei mit den meisten weiblichen Mitgliedern. Ende 1995 zählte sie 224 288 Frauen. An zweiter Stelle folgt die CDU mit 134 254 Christdemokratinnen. Demgegenüber weit abgeschlagen sind die CSU mit 29 192 Frauen in ihren Reihen, die FDP mit 15 307, die Grünen mit ca. 14 700 und die PDS mit lediglich etwa 580 weiblichen Mitgliedern (vgl. Tabelle 3). Der anhaltende Mitgliederschwund insbesondere unter den beiden großen Volksparteien hat auch die Frauen erfaßt. So verlor die SPD im Westen seit 1991 rd. 21 400 weibliche Mitglieder, die CDU seit 1993 rd. 6 800 Frauen.
Gruppiert man die Parteien nach der Höhe ihres innerparteilichen Frauenanteils, dann ergibt sich allerdings eine andere Reihenfolge. So betrug dieser in den alten Bundesländern Ende 1995 für die Grünen ca. 33 Prozent, SPD 28, 3 Prozent, FDP sowie PDS ca. 25 Prozent, CDU 23, 5 Prozent und CSU 16, 2 Prozent
Im Vergleich dazu sind die Parteipräferenzen ostdeutscher Frauen deutlich anders gelagert: Trotz kontinuierlicher Mitgliederverluste stellt die PDS im ostdeutschen Parteiensystem auch weiterhin die mitgliederstärkste und zugleich für Frauen attraktivste Partei dar. Sie zählte Ende 1994 ca. 52 200 Frauen, das entspricht einem Anteil von 43 Prozent. Damit verfügt die PDS als Regional-partei bundesweit über den höchsten Frauenanteil aller Parteien. Der im Vergleich zur SED (Ende 1988: 36 Prozent) um einige Prozentpunkte höhere Frauenanteil läßt zudem auf eine stärkere Partei-bindung bzw. Loyalität der weiblichen Mitglieder schließen. Mehr Männer als Frauen haben demnach zwischenzeitlich die Partei verlassen
An zweiter Stelle folgt die CDU mit rd. 29 000 (Ende 1995) weiblichen Mitgliedern bzw. einem Anteil von 34 Prozent. Im Unterschied zu den alten Bundesländern ist die Partei von Helmut Kohl somit unter den ostdeutschen Frauen -zumindest im Hinblick auf den prozentualen Frauenanteil -wesentlich erfolgreicher Zudem hat sie mehr als viermal soviel Frauen in ihren Reihen wie die Ost-SPD, die lediglich 6 600 Sozialdemokratinnen zählte. Mit ihrem Frauenanteil von 24, 5 Prozent verbleibt die SPD der neuen Bundesländer damit deutlich unter dem westdeutschen Anteil. Während die absolute Zahl der Sozialdemokratinnen im Osten seit 1991 im großen und ganzen stagniert, hat die CDU von 1993 bis 1995 knapp 1 000 weibliche Mitglieder verloren.
Ein ähnlich geringes Interesse wie die SPD findet die FDP. die in Ostdeutschland auf nur 6 100 Frauen bzw. einen Anteil von 25, 9 Prozent verweisen kann. Die Grünen, die bekanntlich keine Mitglieder-, sondern eine Wählerpartei sind, kommen in den neuen Bundesländern auf insgesamt nur knapp 3 000 Mitglieder, wobei Angaben zur Zahl der weiblichen Mitglieder hier fehlen (vgl. Schaubild 3).
Resümierend ist festzuhalten: Bei der Entscheidung für eine Parteimitgliedschaft setzen ostdeutsche Frauen andere Prioritäten als ihre Schwestern im Westen. Während die PDS im Osten klare Favoritin ist, gefolgt von CDU und SPD, führt im Westen die SPD vor CDU und CSU die Rangfolge ah. Mit ihren Frauenanteilen von 43 bzw. 34 Prozent liegen die PDS sowie die CDU in den neuen Bundesländern zudem weit über den entsprechenden Anteilen im Westen.
III. Frauen als Abgeordnete und Regierungsmitglieder
Abbildung 3
Schaubild 2: Parteipräferenzen von Frauen bei der Bundestagswahl 1994 Quelle: Eigene Darstellung
Schaubild 2: Parteipräferenzen von Frauen bei der Bundestagswahl 1994 Quelle: Eigene Darstellung
Politische Machtlosigkeit in einer patriarchalen Kultur -diese Erfahrung eint Frauen in Ost und West. Entgegen staatlicherseits proklamierten Ansprüchen war auch die politische Kultur der DDR keineswegs eine egalitäre, sondern gleichfalls eine männlich dominierte, die Frauen aus den politischen Entscheidungsorganen und -funktionen von Partei und Staat fernhielt und sie damit vom politischen Gestaltungsprozeß ausschloß
Der abrupte politische Systemwechsel hat diese männliche politische Kultur keineswegs hinweggefegt, vielmehr ist ostdeutschen Männern ein politisches Engagement von Frauen auch heute noch erheblich weniger sympathisch als das ihrer eigenen Geschlechtsgenossen, und sie befinden sich mit dieser ablehnenden Einstellung gegenüber Frauen in der -Politik in einer nur scheinbar verblüffenden Allianz mit westdeutschen Männern
Wie steht es also angesichts dieser Situation um die Repräsentanz ostdeutscher Frauen in verantwortlichen politischen Positionen? In welchem Maße haben sie Einzug in die Parlamente und Regierungen gehalten, und welche Rekrutierungsmuster sind für sie typisch?
Nach einer Aufstellung des Städtetages betrug Anfang 1994 der Frauenanteil unter den Ratsmitgliedern in den Gemeinden mit 20 000 und mehr Einwohnern insgesamt 24 Prozent, allein in den ostdeutschen Kommunalparlamenten (ohne Berlin) sogar 24, 8 Prozent Angesichts der Tatsache, daß Frauen im Westen Jahrzehnte gebraucht haben, um in den Räten überhaupt nennenswert vertreten zu sein -so lag noch 1983 der durchschnittliche Frauenanteil lediglich bei rd. 13 Prozent -, kann somit von einer rückständigen kommunalpolitischen Partizipation der Neubundesbürgerinnen nicht gesprochen werden. Aufgrund der starken Stellung der PDS im ostdeutschen Parteiensystem verwundert es zudem keineswegs, daß mehr als ein Drittel der weiblichen Ratsmitglieder im Osten ihr Mandat für die PDS ausüben.
In den fünf ostdeutschen Länderparlamenten konnten die weiblichen Abgeordneten ihren durchschnittlichen Anteil von 1990 auf 1994 in beachtlicher Weise steigern, und zwar von rund 17 auf nahezu 30 Prozent. Damit übertreffen sie die alten Bundesländer (ohne Berlin), in denen Frauen 1994 nur knapp ein Viertel (23, 6 Prozent) aller Abgeordneten stellen
Den höchsten prozentualen Frauenanteil in den Parlamentsfraktionen kann jeweils die PDS für sich verbuchen (1990: 37, 7 bzw. 1994: 48, 4 Pro-zent): 1994 ist nahezu jeder zweite PDS-Abgeordnete eine Frau. Aber auch in den Fraktionen der SPD erhöhte sich der Frauenanteil deutlich (von 18, 5 auf 35, 2 Prozent), während die Zunahme in den Landtagsfraktionen der CDU insgesamt sehr bescheiden ausfiel (von 8, 4 auf rd. 15 Prozent). In absoluten Zahlen schickte bei beiden Wahlen die SPD die meisten weiblichen Abgeordneten in die Parlamente (25 bzw. 57 Frauen), gefolgt von der PDS (23 bzw. 46 Frauen) und erst an dritter Stelle der CDU (20 bzw. 31 Frauen) (vgl. Tabelle 4).
Auch in den alten Bundesländern (ohne West-Berlin) finden sich Ende 1994, wie schon zuvor, die meisten weiblichen Landtagsabgeordneten in den Reihen der SPD (157 Frauen); mit einigem Abstand folgen dann CDU (88 Frauen), Bündnis-grüne (47 Frauen), CSU (11 Frauen) und schließlich FDP (8 Frauen) (vgl. Tabelle 5).
Die offensichtlich größeren Karrierechancen von Frauen in SPD, PDS und bei den Bündnisgrünen dürften ihre Erklärung in der weitgehenden Umsetzung der innerparteilichen Quotierungsbeschlüsse finden In der Ost-SPD hat möglicherweise aber auch die insgesamt dünne Personal-decke zu einer stärkeren Rekrutierung von Frauen beigetragen. Die CDU dagegen konnte sich bekanntlich bisher nicht zu einer verbindlichen Förderung ihrer weiblichen Mitglieder durchringen, sieht sich hier aber angesichts der für Frauen blockierten Aufstiegsmöglichkeiten -im Osten wie im Westen -einem zunehmenden Legitimationsdruck ausgesetzt.
Auf der Regierungsebene allerdings ist den ostdeutschen Frauen bisher kein Durchbruch gelungen; so werden auch heute noch alle fünf Länder von Ministerpräsidenten geführt, die in der Regel jeweils zwei Frauen als Ministerinnen in ihre Kabinette berufen haben. Im Westen dagegen findet sich in Schleswig-Holstein mit Heide Simonis (SPD) zumindest eine Ministerpräsidentin, und in den Länderkabinetten sind Frauen teilweise zahlreicher vertreten.
Nimmt man noch die Bundesebene hinzu, so ergibt sich unter den Bundestagsabgeordneten aus den neuen Bundesländern (ohne Berlin) gleichfalls keine besondere weibliche Vertretungslücke, -auch wenn Brandenburgs Ministerin Regine Hildebrandt (SPD) moniert: „Erstens sind es viel zu wenige, und wenn sie dort sind, sind sie viel zu schüchtern.“ Betrug der Anteil der ostdeutschen Frauen hier 1990 noch gut ein Fünftel, liegt er 1994 bereits bei einem Viertel und entspricht damit in beiden Wahlperioden in etwa dem Anteil der Parlamentarierinnen im Bundestag insgesamt Und in der Bundesregierung sehen sich zumindest die ostdeutschen CDU-Anhängerinnen derzeit durch Angela Merkel und Claudia Nolte repräsentiert, während seit dem Rücktritt von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) keine Westfrau mehr im Kabinett vertreten ist.
IV. Karrieremuster
Abbildung 4
Tabelle 2: Stimmabgabe in Ost-und Westdeutschland nach Geschlecht und Alter bei der Bundestagswahl 1994 (in Prozent) Quelle: Forschungsgruppe Wahlen e. V., Bundestagswahl 1994, Berichte Nr. 76, 2. Auflage, Mannheim (Befragung am Wahltag, n= 19936).
Tabelle 2: Stimmabgabe in Ost-und Westdeutschland nach Geschlecht und Alter bei der Bundestagswahl 1994 (in Prozent) Quelle: Forschungsgruppe Wahlen e. V., Bundestagswahl 1994, Berichte Nr. 76, 2. Auflage, Mannheim (Befragung am Wahltag, n= 19936).
„Ich wurde Ministerin, nachdem ich nur fünf Monate in der Partei war, weil einfach niemand anderer wollte“ kommentiert die brandenburgische Sozialministerin Regine Hildebrandt (SPD) nüchtern ihre Blitzkarriere in der Nach-Wende-zeit. Davon abgesehen aber ist über den Verlauf der politischen Karrieren von Parlamentarierinnen in Ostdeutschland bislang kaum etwas bekannt, da die vorliegenden Analysen -wie gewohnt -nicht zwischen Männern und Frauen unterscheiden.
In ihrer empirischen Untersuchung über die Landtagsabgeordneten der ersten Wahlperiode (1990) stellen Hans-Ulrich Derlien und Stefan Lock generell fest, „daß mindestens 30 Prozent der politischen Elite der neuen Länder sich erstmals nach der , Wende 1 in einer politischen Partei oder deren Vorläufern engagiert haben. Ferner weisen 77 Prozent der 1990 in die Landtage Gewählten eine Neukarriere auf in dem Sinne, daß sie selbst bei längerer Parteibindung öffentliche Ämter und Mandate erstmals nach dem Oktober 1989 eingenommen haben.“ Zudem bestehe ein deutlicher Trend zur politischen Professionalisierung: „Jede vierte Karriere kam .. .dem Typus der Standard-Karriere nahe, bei der privates berufliches Fortkommen lange mit lokalem politischen Engagement parallel läuft.“
Diese westliche „Standard-Karriere“ mit ihrem Zuschnitt auf die männliche Lebenswelt aber hat sich in den alten Bundesländern als eine der wichtigsten Aufstiegsbarrieren für Frauen in der Politik erwiesen Angesichts der besonderen Betroffenheit ostdeutscher Frauen von den sozialen Folgen des Transformationsprozesses erscheint es bei der sich abzeichnenden Etablierung dieser Karriere-Choreographie mehr als fraglich, inwiefern die Neubundesbürgerinnen ihre derzeitige parlamentarische Repräsentanz auch zukünftig halten bzw. sogar weiter ausbauen können. Ohne massiven Druck bzw. gesellschaftliche Unterstützung wird sich im Osten die weibliche Repräsentanz in der Politik vermutlich eher wieder vergrößern als schließen.
V. Resümee
Abbildung 5
Tabelle 3: Weibliche Parteimitglieder (Ende 1995) Quelle: Nach Angaben der Bundesgeschäftsstellen der Parteien (CSU: Landesgeschäftsstelle).
Tabelle 3: Weibliche Parteimitglieder (Ende 1995) Quelle: Nach Angaben der Bundesgeschäftsstellen der Parteien (CSU: Landesgeschäftsstelle).
Offensichtlich ist es ein Mythos, daß ostdeutschen Frauen politisches Engagement fehle. Zwar blieb ihre Mobilisierung bei der ersten gesamtdeutschen Bundestagswahl geringfügig hinter der Beteiligung westdeutscher Frauen zurück, doch im Hinblick auf ihre Präsenz in Parteien und Parlamenten kann von einer besonderen politischen Partizipationsschwäche keine Rede sein. Nicht nur können die PDS und CDU im Osten auf deutlich überdurchschnittliche Frauenanteile verweisen, vielmehr übertrifft auch die weibliche Vertretung in den Kommunal-und Länderparlamenten die entsprechende Repräsentanz der Frauen im Westen. Zumindest teilweise ist somit ein politischer Gleichstellungsvorsprung ostdeutscher Frauen zu konstatieren.
Darüber hinaus setzen ostdeutsche Frauen bei ihrer Stimmabgabe wie auch der Entscheidung für eine Parteimitgliedschaft deutlich andere Prioritäten als Frauen im Westen. So fand die Politik der konservativ-liberalen Bundesregierung, die die Frauen im Ergebnis zu den Wendeverliererinnen gemacht hat, bei der zweiten gesamtdeutschen Bundestagswahl nicht wieder die mehrheitliche Unterstützung der ostdeutschen Wählerinnen. Ihre Hoffnungen richteten sich vielmehr auf die PDS, die gestärkt aus dieser Wahl hervorging. Zugleich ist die PDS die Partei, in der noch immer die meisten ostdeutschen Frauen ihre organisatorische Heimat sehen, während sie dagegen den West-Parteien ein spürbar geringeres Interesse entgegen-bringen. Die zweigeteilte politische Kultur Deutschlands spiegelt sich somit auch im politischen Verhalten der Frauen wider.
Inwiefern die derzeitige. Teilhabe ostdeutscher Frauen am politischen Prozeß auch künftig Bestand haben wird, ist noch eine weitgehend offene Frage. Die sich abzeichnende Etablierung der auf Männer zugeschnittenen westlichen Karrieremuster läßt allerdings vermuten, daß die eigentliche Auseinandersetzung um gleiche Partizipationschancen und politische Machtteilhabe den Frauen in den neuen Bundesländern erst noch bevorsteht. Hier sehen sie sich vereint mit ihren Schwestern im Westen, die zwar im jahrzehntelangen Kampf um politische Gleichberechtigung vielfältige Erfahrungen mit männlichen Abschließungsmustern sammeln konnten, letztlich aber in der Politik noch immer zur „persona non grata“ erklärt werden.
Eine Demokratie, die Lebenslagen und Interessen von Frauen in der politischen Praxis permanent ignoriert und die zugleich deren politische Teilhabe auf ein Minimum reduziert, steht auf tönernen Füßen. Wenn der durchaus vorhandene Anspruch von Frauen in Ost und West auf Mitgestaltung der „res publica“ in verantwortlichen Positionen auch weiterhin ins Leere läuft, dann dürfte die insgesamt ohnehin sinkende Unterstützung des politischen Systems seitens der Frauen bald ein bedenklich niedriges Niveau erreichen. Die alarmierend hohe Zahl junger Nichtwählerinnen, deren ausgeprägtes Desinteresse an jeglicher parteipolitischer Partizipation; aber auch der rapide Ansehensverlust von Politikern in der weiblichen Bevölkerung weisen bereits heute in diese Richtung. Politische Partizipation als Teil der weiblichen Lebenswelt zu ermöglichen, diese Herausforderung muß unsere Demokratie an der Schwelle zum 21. Jahrhundert erst noch bewältigen.
Beate Hoecker, Dr. rer. soc., geb. 1954; Studium der Soziologie in Bielefeld; derzeit Lehrtätigkeit an der Universität Bremen, Fachbereich Politikwissenschaft. Veröffentlichungen u. a.: Frauen in der Politik. Eine soziologische Studie, Opladen 1987; Politische Partizipation von Frauen. Kontinuität und Wandel des Geschlechterverhältnisses in der Politik, Opladen 1995.
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