Enquete-Kommissionen nehmen eine aufgabenbedingte und strukturelle Sonderstellung im stark von Parteienkonkurrenz geprägten, fragmentierten und aktualitätsbezogenen parlamentarischen Geschehen ein. Seit 1969 in der Geschäftsordnung des Bundestages verankert und seit den achtziger Jahren häufiger genutzt, werden Enquete-Kommissionen eingesetzt, um zur Vorbereitung parlamentarischer Entscheidungen umfassende und bedeutende Sachkomplexe zu erfassen und zukunftsorientierte Gestaltungsvorschläge zu erarbeiten; dabei bilden die ökonomischen, sozialen und ökologischen Folgen neuer Technologien einen Schwerpunkt. Mit der Einrichtung von Enquete-Kommissionen war und ist die Erwartung verbunden, daß sie ein Gegengewicht zur instrumentell-strategischen Ausrichtungen der Politik bilden könnten: Auf sachlich fundierter Grundlage sollen in einem wechselseitigen kommunikativen Lernprozeß Wirkungszusammenhänge komplexer Problemlagen erkannt, Entwicklungsalternativen aufgezeigt und -möglichst konsensorientiert -Entscheidungsoptionen gewonnen werden.
I. Einführung
Ist der Bundestag strukturell in der Lage, sich kompetent mit längerfristigen Querschnittsproblemen zu befassen, Gestaltungsalternativen zu entwickeln und insbesondere auch angesichts neuer technologie-und umweltpolitischer Herausforderungen die Weichen zu stellen? Welchen Beitrag vermögen hier Enquete-Kommissionen zu leisten, die seit 1969 zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachkomplexe eingesetzt werden können? Hintergrund dieser Geschäftsordnungsreform waren der Ausbau wissenschaftlicher Politikberatung bei den Ministerien, politische Planungsintentionen der Exekutive die starke Abhängigkeit der Fraktionen und Abgeordneten von Informationsvorgaben und Vorlagen aus der Ministerialverwaltung und eine zunehmend fragmentierte Arbeitsstruktur des Bundestages, die ihm wenig Raum für die „eigenständige“ Bearbeitung von Querschnittsthemen ließ. Deutlich wird der damalige Hintergrund der „Planungsdiskussion“ in der Funktionsbeschreibung der „Enquete-Kommission Verfassungsreform“, die von Enquete-Kommissionen eine Stärkung der Position des Parlaments in all seinen Funktionen erwartete, vor allem aber eine Verbesserung der Gesetzgebungsarbeit und Kontrolle durch „planvollere Behandlung größerer Aufgabenbündel“ Zunehmend wird auch die Bedeutung von Enquete-Kommissionen (EKn) für die Stärkung der Kommunikations-und Repräsentationsfunktion des Parlaments gesehen.
Insgesamt wurden bisher 26 Enquete-Kommissionen eingerichtet, die sich mit 16 Themenkomplexen befaßten. In bisher zwölf Fällen wurde in der folgenden Wahlperiode (WP) erneut eine Enquete-Kommission zum gleichen Themenkomplex eingerichtet, weil die Arbeit noch nicht abgeschlossen war oder mit erweiterter Thematik fortgeführt werden sollte. Waren es bis zur 10. Wahlperiode (1983-1987) zwei oder drei EKn, kamen seither vier oder fünf zustande. Thematischer Schwerpunkt waren in den letzten 17 Jahren neue Technologien und ihre ökonomischen, sozialen und ökologischen Folgen. Von den 20 seit 1979 eingesetzten EKn hatten elf primär technikbezogene Aufgabenstellungen, doch wird dieses Beratungsinstrument des Parlaments nach wie vor auch für andere Themenkomplexe genutzt (vgl. Tabelle). Alle Kommissionen waren bisher mit umfangreichen und bedeutsamen Sachkomplexen befaßt, wie die Geschäftsordnung dies vorsieht.
Auch in den Parlamenten der meisten Bundesländer ist inzwischen die Einrichtung von EKn möglich, doch wurden nur in jenen Ländern mehrere EKn eingesetzt, in denen eine parlamentarische Minderheit dies verlangen kann
II. Aufgaben und Zielsetzungen
Abbildung 2
Quelle: Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949-1982, Baden-Baden 1984, S. 641 ff.; ders., Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1983-1991, Baden-Baden 1994, S. 769 ff.; Unterlagen des Sach-und Sprechregisters des Deutschen Bundestages und eigene Recherchen.
Quelle: Peter Schindler, Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1949-1982, Baden-Baden 1984, S. 641 ff.; ders., Datenhandbuch zur Geschichte des Deutschen Bundestages 1983-1991, Baden-Baden 1994, S. 769 ff.; Unterlagen des Sach-und Sprechregisters des Deutschen Bundestages und eigene Recherchen.
Aufgabe von Enquete-Kommissionen ist es, Bestandsaufnahmen über Auswirkungen technischer und ökonomischer Entwicklungen sowie rechtlicher und politischer Maßnahmen vorzunehmen, künftige Regelungs-und Entwicklungsmöglichkeiten aufzuzeigen und Empfehlungen für politische Entscheidungen zu erarbeiten (§ 56 Geschäftsordnung des Bundestages [GO-BT]). Diese in der Beschlußempfehlung des entsprechenden Ausschusses bzw. im Einsetzungs-Antrag formulierte allgemeine Aufgabenbestimmung wird regelmäßig ergänzt durch einen Katalog genauer umrissener Arbeitsaufträge, die allerdings keinen abschließenden Charakter haben. So erhielt die EK „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“ die Aufgabe, „eine Bestandsaufnahme über die globalen Veränderungen der Erdatmosphäre vorzunehmen und den Stand der Ursachen-und Wirkungsforschung festzustellen sowie mögliche nationale und internationale Vorsorge-und Gegenmaßnahmen zum Schutz von Mensch und Umwelt vorzuschlagen“, spezifiziert in 13 „insbesondere“ zu bearbeitenden Einzelpunkten Die Aufgabenstellungen sind nach und nach präziser geworden, lassen aber der jeweiligen Kommission genügend Spielraum, Schwerpunkte zu bilden und inhaltlich Akzente zu setzen. Dies ist auch erforderlich, geht es doch im Unterschied zu herkömmlichen Untersuchungsausschüssen, deren Auftrag „hinreichend bestimmt“ sein muß, nicht primär um die Aufklärung „abgeschlossener“ Sachverhalte, sondern darum, komplexe Entwicklungen zu erfassen und zukunftsgerichtete Gestaltungsvorschläge zu erarbeiten.
Die Kommissionen selbst entwickeln auf der Grundlage dieser Vorgaben ein genaueres Arbeitsprogramm. Nach Artikel 44 des Grundgesetzes und im Einklang mit der Verfassungstradition können Untersuchungsausschüsse auch bei umfassenden Problemlagen und zur Vorbereitung von Gesetzen eingesetzt werden („Sachenquete“). Im Unterschied zur Weimarer Republik dienten sie aber in der Bundesrepublik von Anfang an vornehmlich der Aufklärung von Mißständen („Mißstandsenquete“) Diese Praxis verdeutlicht tendenziell auch in der Aufgabenstellung den Unterschied zwischen Untersuchungsausschüssen und EKn (gern. § 56 GO-BT), obwohl es im Einzelfall letztlich vom politischen Kalkül und den erforderlichen Befugnissen abhängen kann, welches Gremium gewählt wird. So gingen der Einsetzung des „Transnuklear Untersuchungsausschusses“ Überlegungen voraus, ob nicht einer EK der Vorzug zu geben sei Auch Untersuchungsausschüsse beschränken sich ja nicht auf Sachverhaltsaufklärung, sondern unterbreiten häufig Änderungsvorschläge und Handlungsalternativen. Enquete-Kommissionen sind nach Zusammensetzung, Kompetenz und Funktion Ausschüsse besonderer Art. Hier arbeiten Wissenschaftler und andere Sachverständige (Verbandsvertreter) gleichberechtigt mit Abgeordneten zusammen. Dies gilt für die Beratungen (Antragsrecht, Sondervoten) wie auch für die Abstimmungen. Enquete-Kommissionen sind als die wohl intensivste Form direkter Politikberatung angelegt, die es auf Bundesebene gibt Ein unmittelbarer Informations-und Gedankenaustausch wird ermöglicht, wechselseitige kommunikative Lernprozesse können in Gang gesetzt werden -und zwar nicht nur ad hoc, sondern über einen längeren Zeitraum hinweg. Die Institution „Enquete-Kommission“ ist somit dem „pragmatischen Modell“ des Zusam-menwirkens von Politik und Wissenschaft deutlich angenähert
III. Zusammensetzung, Ausstattung und Kompetenzen
Die Stärke der Kommissionen und die Zahl von Abgeordneten und Sachverständigen wird jeweils von den Fraktionen ausgehandelt und -meist aufgrund einer Beschlußempfehlung des federführenden Ausschusses -vom Plenum festgelegt. Die Anzahl der Kommissionsmitglieder schwankte zwischen zehn und 27 und liegt seit der 10. Wahlperiode stets bei mindestens 17. Nach der Geschäftsordnung des Bundestages (§ 56 Abs. 3)
könnten sich die Fraktionen darauf beschränken, je einen Abgeordneten zu entsenden und die Kommissionen überwiegend mit Sachverständigen zu besetzen. Bislang wurde aber jeweils eine größere Zahl von Abgeordneten benannt, entsprechend der Stärke der Fraktionen. Von wenigen Ausnahmen abgesehen, wurden die Kommissionen entweder paritätisch besetzt oder es überwogen die Parlamentarier. Den derzeit eingesetzten fünf Kommissionen gehören je elf Abgeordnete und elf Sachverständige an. Hinzu kommen als nicht stimmberechtigte Mitglieder je ein Abgeordneter der Gruppe PDS und ein von ihr benannter Sachverständiger. Die Fraktionen können aushandeln, welche Sachverständigen berufen werden sollen, doch wird in der Praxis durchweg entsprechend der Ausnahmeregelung der Geschäftsordnung verfahren (§ 56 Abs. 2 Satz 2). Demnach „benennen die Fraktionen die Mitglieder im Verhältnis ihrer Stärke“ und nutzen -besonders bei politisch brisanteren Themen -die Möglichkeit, der eigenen politischen Position nahestehende Sachverständige auszuwählen. Als Sachverständige werden überwiegend Wissenschaftler berufen, doch gehörten den meisten Kommissionen auch Verbandsexperten an. Werden sie als „Lobbyisten“ empfunden, so z. B.der Vorwurf der SPD-Opposition gegenüber dem Vorstandsmitglied der Daimler-Benz AG in der 2. EK „Schutz der Erdatmosphäre“, kann dies die Kommissionsarbeit erheblich beeinträchtigen Bei den Wissenschaftlern ist der Grad der Unabhängigkeit unterschiedlich. Gerade ihre Nähe zu bestimmten Großverbänden und Wirtschafsinteressen können den Ausschlag dafürgegeben haben, daß sie von einer Fraktion benannt worden sind.
Den Vorsitz der ersten Kommission einer Wahlperiode erhält die größte Fraktion, die anderen Fraktionen werden entsprechend ihrer Stärke bei weiteren Kommissionen berücksichtigt; das Interesse an einem bestimmten Vorsitz hat gelegentlich taktische Erwägungen bei der Beantragung ins Spiel gebracht. Kleine Fraktionen konnten bisher keinen Vorsitzenden stellen. Zu Vorsitzenden wurden stets Bundestagsabgeordnete bestellt; dies gilt -mit einer Ausnahme -auch für die Stellvertreter. Der Vorzug dieser Praxis wird darin gesehen, daß dadurch eine „parlamentsbezogene“ Kommissionsarbeit begünstigt werde Grundsätzlich sind EKn ein geeignetes Instrument, um unabhängig von der „Exekutive“ Wissensgrundlagen und Handlungsalternativen zu erarbeiten. Ob und inwieweit dies gelingt, hängt insbesondere von der Zusammensetzung, der politischen Konstellation und Interessenlage, aber auch von der personellen und sächlichen Ausstattung ab. Durch fundierte Kenntnisse auf einem Spezialgebiet empfehlen sich Wissenschaftler noch nicht hinreichend für die Kommissionstätigkeit. Umfang und Komplexität der Thematik fordern darüber hinaus umfassenderes Zusammenhangwissen, (politisches) Problembewußtsein und Lernfähigkeit. Detailinformationen lassen sich auch auf anderem Wege beschaffen. Diese Voraussetzungen werden bei der Auswahl nicht immer hinreichend beachtet.
Um ihren -meist höchst anspruchsvollen -Auftrag in angemessener Zeit bewältigen zu können, benötigen EKn ein gut ausgestattetes Sekretariat. Die vielfältigen Kontaktaufnahmen und sonstigen organisatorischen Arbeiten, aber auch die sachkundige Sichtung und Aufbereitung des wissenschaftlichen Materials können nicht von den Kommissionsmitgliedern allein geleistet werden. Ferner müssen sie die Möglichkeit haben, ihrerseits vielfältige Wege der Informationsgewinnung und der herkömmlichen Politikberatung zu nutzen. Die Sekretariate der ersten EKn waren personell ähnlich unzulänglich besetzt wie die der Fachausschüsse. Dies änderte sich mit der Einrichtung „technikbezogener“ Kommissionen mit ihrem unabweisbaren Bedarf kompetenter Zuarbeit. Den „Wissenschaftlichen Sekretariaten“ wurden bis zu acht Wissenschaftler zur Seite gestellt, die für die Dauer der Kommissionsarbeit beschäftigt wurden. Für die laufende Wahlperiode wurde ihre Zahl nach einer Absprache des Bundestagspräsidiums für alle Kommissionen auf fünf festgelegt Leitung und administrative Aufgaben der Sekretariate werden weiterhin von Mitarbeitern der Bundestagsverwaltung (besonders des Wissenschaftlichen Dienstes) wahrgenommen Bei der Auswahl der wissenschaftlichen Kommissionsmitarbeiter „wurde auch angestrebt, sie möglichst aus unterschiedlichen Forschungs-und Anwendungsbereichen“ zu holen, um bereits bestehende Kontakte der Mitarbeiter zu den Forschungseinrichtungen zu nutzen Gestützt auf das wissenschaftliche Sekretariat, dessen Leiter ihm politisch meist nahesteht, kann der Vorsitzende einen der Kommissionsarbeit und ihrer parlamentarischen und öffentlichen Beachtung mehr oder weniger förderlichen Einfluß ausüben Die Persönlichkeit des Vorsitzenden hat die Arbeits-und Konsensfähigkeit der EKn nicht unwesentlich geprägt.
Mit dem eigenen Wissensstand und Erfahrungshorizont ihrer Mitglieder allein können sich EKn nicht zufriedengeben. Vielfältige, teils traditionelle, teils neue Wege der Informationsgewinnung werden eingeschlagen; die ganze Palette herkömmlicher Formen der Politikberatung gehört dazu. Es werden „externe“ Gutachten von wissenschaftlichen Instituten bestellt, Stellungnahmen von Behörden, Einzelpersonen, Unternehmen und betroffenen Personenkreisen eingeholt, interne und öffentliche Anhörungen mit Wissenschaftlern, Verbandsvertretern, Regierungsvertretern und betroffenen Gruppen durchgeführt. Oft werden auch Erkundungen „vor Ort“ im In-und Ausland vorgenommen. Die Akzente können hierbei eher bei der Informationsgewinnung oder der Mitwirkung an einem öffentlichen Kommunikationsprozeß liegen. Dies hängt wesentlich vom Thema, aber auch vom Selbstverständnis der Kommission ab. Expertenanhörungen und die Bestellung von Gutachten können dazu dienen, erforderliche Spezialkenntnisse zu gewinnen oder auch alternative Konzepte und Szenarien zu erarbeiten („Parallelgutachten“). Bei manchen Themen könnte es auch sinnvoll sein, durch „Planungszellen“ parallel Bürgergutachten erarbeiten zu lassen So hat die EK „Schutz der Erdatmosphäre“ (1992-1994) 24 Anhörungen mit annähernd 500 Wissenschaftlern, Regierungs-und Verbandsvertretern durchgeführt und 35 Einzelstudien vergeben, während die EK „SED-Diktatur“ sogar 44 öffentliche Anhörungen mit Wissenschaftlern und Zeitzeugen veranstaltetund 148 Expertisen (zu 95 Themen) in Auftrag gegeben hat
Kommissionen führten auswärtige Sitzungen in Industrieunternehmen zur „Vertiefung des Chemie-und industriepolitischen Dialogs“ durch. Mitglieder der Kommission und des Sekretariats besuchten zahlreiche wissenschaftliche Tagungen, Forschungsinstitute und Unternehmen Einen hohen Stellenwert haben bei den Kommissionen mit grenzüberschreitender oder gar globaler Thematik Delegationsreisen ins Ausland. So führten Delegationen der EK „Schutz der Erdatmosphäre“ Informationsreisen in zehn asiatische und amerikanische Staaten durch, wobei sie mit Parlamentariern, Regierungsvertretern und Wissenschaftlern zusammentrafen. Diese Reisen dienen nicht nur der Information über Bedingungen, Gedanken und Ansätze in anderen Ländern, sondern auch dazu, wechselseitiges Problemverständnis zu schaffen und Anregungen zu geben. Ohne internationale Kooperation auch vor Ort könne eine national wirkende Kommission mit der Konzeption einer ökologischen Stoffwirtschaft „nur scheitern“, formuliert der Bericht der EK „Mensch und Umwelt“ offensiv Auch die nach „außen“ gerichteten Aktivitäten der vornehmlich innenpolitisch orientierten Kommissionen „Frau und Gesellschaft“ und „Jugendprotest im demokratischen Staat“ verfolgten mehrere Ziele. Sie dienten den Kommissionsmitgliedern dazu, sich sachkundig zu machen, vor allem aber auch, die Öffentlichkeit anzusprechen: einmal, um konsensorientierte Kommunikationsprozesse anzuregen oder zu verstärken, zum anderen, um öffentlich zu verdeutlichen, daß der Bundestag bereit sei, Sorgen von (unterprivilegierten) Bürgern wahrzunehmen und auf (neue) Problemlagen zu reagieren Die Kommission „Jugendprotest“ ging nach Berlin-Kreuzberg und Gelsenkirchen, suchte Ge-sprächskontakte zu Hausbesetzern u. a. und besuchte verschiedene alternative Projekte.
Um die Arbeitsfülle bewältigen zu können und das Kommissionsplenum nicht mit Spezialfragen zu überlasten, haben bisher alle EKn mehrere Arbeitsgruppen, Berichterstattergruppen oder Unterkommissionen gebildet. Sie bereiten u. a.
Anhörungen vor, machen Vorschläge für die Erarbeitung von Studien und Berichtstexten. Nach wie vor ist der rechtliche Status von EKn umstritten, nachdem in der „Gemeinsamen Verfassungskommission“ (1993) die von den SPD-Mitgliedern beantragte Verfassungsregelung nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit fand Ihre Befugnisse sind nicht gesichert. Artikel 44 des Grundgesetzes (Untersuchungsausschüsse) können sie nach herrschender Rechtsauffassung nicht zugeordnet werden, da ihnen auch Sachverständige angehören.
Umstritten ist auch die Anwendbarkeit von Art. 43 GG (Zitierung und Zutritt von Regierungsmitgliedern). Die Bundesregierung hat das Zitierrecht bisher nicht ausdrücklich anerkannt
Gewiß: Sie hat sich auch bisher offensichtlich dem Auskunftsverlangen der Kommissionsmehrheit formell nicht widersetzt und auch ihre Vertreter bei Sitzungen von EKn teilnehmen lassen. Die Qualität dieser Auskünfte ist aber recht unterschiedlich. Ähnlich wie bei Fachausschüssen werden Informationen -je nach Interessenlage der Ministerien -zum Teil selektiv gegeben Auch wenn Auskunftsansprüche nach Art. 43 Abs. 1 GG ausdrücklich anerkannt würden, reichte dies in keiner Weise aus, zumal Informationsansprüche gegenüber Behörden und Privatpersonen nicht abgedeckt wären. Um ihrer anspruchsvollen Aufgabe (einigermaßen) gerecht werden zu können, müßten EKn ähnliche Auskunfts-und Kontrollrechte wie bei den Untersuchungs-und Petitionsausschüssen gesetzlich garantiert werden. Da es dabei um die Außenwirkung geht, können diese Rechte nicht durch die Geschäftsordnung des Bundestages, sondern nur durch ein Verfahrensgesetz auf verfassungsrechtlicher Grundlage gesichert werden. Die EK „Verfassungsreform“ hatte daher dringend empfohlen, in einem neu einzufügenden Art. 44 GG EKn das Recht einzuräumen, „alle für ihren Auftrag erforderlichen Beweise zu erheben“, und in einem Verfahrensgesetz weitreichende Befugnisse -auch gegenüber „Privaten“ - festzulegen Insbesondere sollten siegegenüber Behörden Anspruch auf Auslieferung von Akten und Urkunden sowie auf schriftliche und mündliche Auskünfte (auch bestimmter Bediensteter) haben. Um diese Befugnisse auch im Konfliktfall durchsetzen zu können, sollten ihnen wirksame Sanktionsmöglichkeiten eingeräumt werden, gegenüber Dritten in modifizierter Form.
Angesichts der Bedeutung von Unternehmens-und Verbandsaktivitäten für die gesellschaftliche Entwicklung hielt die EK „Verfassungsreform“ es für zwingend erforderlich, EKn mit entsprechenden Befugnissen auch gegenüber Privatpersonen und Gesellschaften auszustatten Der Anspruch auf Aktenvorlage und Auskunft gegenüber Privaten sollte sich auch auf Gegenstände beziehen, „die dem Berufs-, Steuer-, Bank-, oder Geschäftsgeheimnis unterliegen“. Andernfalls blieben diese Befugnisse in wichtigen Bereichen wirkungslos. Zum Schutz von Individualrechten und um Mißbrauch zu verhindern, sollte rechtlich gewährleistet werden, daß „solche Informationen nicht in der Form von Einzelerkenntnissen über bestimmte Personen oder Wirtschaftsbetriebe in die Beratungen der Enquete-Kommissionen“ eingeführt würden, „sondern nur in der Form von Zusammenfassungen, Statistiken und Übersichten“
Angesichts fehlender Befugnisse der EKn gegenüber Privaten bleibt derzeit nur der Appell. Ihre Hilflosigkeit bei Auskunftsverweigerung stellt die parlamentarische Demokratie vor eine selbsterzeugte Belastungsprobe. Dies gilt selbst bei Fragen von existentiellem Gewicht: So hatte die EK „Schutz der Erdatmosphäre I“ keine Möglichkeit, ihre Forderung gegenüber der Industrie durchzusetzen, die sich weigerte, ihre Produktions-bzw. Verkaufszahlen von Treibgas (FCKW) offenzulegen Aufgrund der fehlenden Befugnisse wurde in mehreren Fällen auf die Einsetzung zunächst vorgesehener EKn verzichtet
In einem Verfahrensgesetz müßten auch die Anwesenheits-und Mitwirkungsmöglichkeiten der Ministerialbürokratie beschränkt werden. Denkbar wäre, es den einzelnen EKn zu überlassen, inwieweit sie Regierungs-und Bundesratsmitglieder und -beauftragte zulassen wollen. Gegenwärtig nehmen Bundesregierung und Bundesrat für sich und ihre Beauftragten unbeschränktes Zutritts-recht in Anspruch. Regelmäßig nehmen eine Reihe von Ministerialbeamten des Bundes und auch der Länder (Landesvertretungen) an den Sitzungen der Enquete-Kommissionen teil und wirken zum Teil intensiv mit. Die Ministerien haben so die Möglichkeit, ihren Einfluß geltend zu machen und aufgrund regelmäßiger Rückmeldungen die eigene Arbeit inhaltlich und taktisch darauf abzustimmen. Die Einflußnahme variiert je nach Interessenlage, doch treffen insoweit die Erfahrungen in der EK „Neue Informations-und Kommunikationstechniken“ tendenziell auch für andere Kommissionen zu: „Die Ministerialbeamten konnten mit den Überlegungen der Kommission rechtzeitig vertraut werden und die ministerielle Strategie darauf einstellen. Sie konnten ihre in vielen Bereichen überlegene Informationsmacht nutzen. Die Ministerien ergriffen z. B. die Chance, eigene Vorlagen, die als Grundlage für Entwürfe von Berichtsteilen nutzbar waren, einzureichen. Sie erhielten die Chance, unerwünschte Positionen anzugreifen und zu relativieren oder erwünschte zu unterstützen.“ Die gegenwärtige Praxis kann die Unabhängigkeit der Kommissionsarbeit beeinträchtigen (und begünstigt ggf.den der Regierungsposition nahestehenden Teil der Kommission). Wer der Regierungsseite nahesteht, kann auf die angebotenen Informationen und Interpretationen der Ministerialbeamten zurückgreifen, während Oppositionelle und an alternativen Konzepten Interessierte bei den laufenden Beratungen auf sich selbst gestellt sind. Immerhin kann seit 1990 (auch) in nichtöffentlichen Sitzungen ein Mitarbeiter jeder Fraktion (formell ohne Rederecht) teilnehmen (§ 57 Abs. 4 GO-BT); in der Praxis sind dies regelmäßig die für die EKn zuständigen Fraktionsreferenten.
Wenn ein Befugnisgesetz bisher nicht erreichbar war, so einmal deshalb, weil die jeweilige parlamentarische Mehrheit offenbar der Ansicht war, daß die Stärkung dieses Instrumentes in erster Linie der Opposition zugute käme. Besonders gilt dies natürlich für die Ausgestaltung von Minderheitenrechten in Verfahrensfragen. Geht man allerdings von der bisherigen Praxis bei der Beantragung aus, zeigten sich die Regierungsparteien kaum weniger an diesem Gremium interessiert als die Opposition. Von den bisher 26 EKn wurden sieben interfraktionell (oder nahezu gemeinsam) beantragt, 13 zunächst von Oppositionsfraktionen und sechs von Regierungsfraktionen (vgl. Tabelle). Fast alle Einsetzungsbeschlüsse wurden mit großer Mehrheit gefaßt, nachdem in einem mitunter mühsamen Aushandlungsprozeß ein Kompromiß erreicht wurde. Bedingt ist dies oft durch die Vorlage weiterer Einsetzungbeschlüsse, da keine Fraktion ein Interesse daran haben kann, daß zwei Kommissionen nebeneinanderher arbeiten. Aber auch aufgrund fehlender Verfahrensrechte sehen sich die beantragenden Minderheiten veranlaßt, sich auf Kompromisse bei der Ausgestaltung und Zielformulierung der Kommission einzulassen. Da es sich bisher jeweils um gesellschaftlich bedeutsame Themenkomplexe handelte, kann es sich andererseits die Koalition (ggf. auch die Opposition) nicht leisten, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, das Thema interessiere sie nicht. Üblich ist, daß bei Vorlage mehrerer Anträge zunächst eine Ausschußüberweisung erfolgt und nach interfraktionellen Absprachen die Beschlußempfehlung des federführenden Ausschusses dann mit breiter Mehrheit angenommen wird. Es brauchen durchaus nicht nur taktische Interessen vermutet zu werden, wenn die (formelle) Initiative zur Einsetzung einer Kommission von den Mehrheitsfraktionen ausgeht oder sie einen eigenen Antrag einbringen, wenngleich das Kalkül, anstehende Probleme zu vertagen, ein ernstzunehmendes Motiv ist. Das Interesse kann komplexen Problemfeldern gelten, bei denen der Erfolg zentralstaatlicher Politik in hohem Maße von Entscheidungen, Strukturveränderungen und Bewußtseinswandel auf anderen Ebenen der Politik (Kommunen, Länder, EU) und in der Wirtschaft abhängt. Möglich ist auch, daß es einer Fraktion geboten erscheint, angesichts innerparteilichen Drucks gegenüber der Regierungspolitik Entgegenkommen zu signalisieren
Der Bundestag ist zur Einsetzung von EKn verpflichtet, wenn ein Viertel seiner Mitglieder dies verlangt (§ 56 Abs. 1 GO-BT). (Eine kleine Fraktion ist somit auf Unterstützung aus anderen Fraktionen angewiesen.) Obwohl nicht erforderlich, wurden auch in diesen Fällen Plenarbeschlüsse herbeigeführt, fast immer mit großer Mehrheit. Gegen den ausdrücklichen Willen der Mehrheit wurde bisher nur eine einzige EK durchgesetzt, die von der SPD-Opposition beantragte EK „Strukturreform der gesetzlichen Krankenversicherung“ Denn ohne hinreichende Bereitschaft auch der anderen großen Fraktion zur konstruktiven Mitarbeit können EKn ihre spezifischen Arbeits-und Wirkungsmöglichkeiten kaum entfalten. Als Minderheitenrecht ist bisher nur die Einsetzung einer Enquete-Kommission ausgebildet. Im Verfahren selbst wird mit Mehrheit entschieden; die Minderheit ist auf deren Fairneß angewiesen. Diese „Verfahrensherrschaft“ der Mehrheit ist oft kritisiert worden Minderheitenrechte in Verfahrensfragen, wie sie für Untersuchungsausschüsse teils gelten, teils gefordert werden, sollten ähnlich auch für EKn in einem Verfahrensgesetz verankert werden Insbesondere müßten die angestrebten Informationsbefugnisse nicht nur der Kommission als Ganzem, sondern einer Minderheit von einem Viertel oder Fünftel der Kommissionsmitglieder zustehen. Dies könnte dem Verfahren insgesamt zugute kommen, weil ergebnisorientiert arbeitende Abgeordnete der Regierungsfraktionen u. a. bei der Entscheidung über die Wahrnehmung von Informationsbefugnissen weniger in Gefahr gerieten, die Kommissionsarbeit der Koalitionsräson unterordnen zu müssen.
IV. Arbeits-und Lernprozesse
Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg einer EK ist, daß Parteien und Regierung bei ihrer Einsetzung noch nicht eindeutig Position bezogen haben. So trat die EK „Gentechnologie“ zu einem Zeitpunkt zusammen, als die Regierung(smehr-heit) selbst noch unsicher war. Die offene Entscheidungssituation ermöglichte eine relativ offene Diskussion In der ersten EK „Schutz der Erdatmosphäre“ und auch in der EK „Mensch und Umwelt“ bewirkten schockierende Forschungsberichte über die globalen Folgen von Umweltbelastungen eine produktive Zusammenarbeit; ihre „großartigen“ Leistungen wurden von beiden Seiten des Hauses hervorgehoben Bei manchen Kommissionen wurde ein eher problemlösungsorientierter Arbeitsprozeß dadurch begünstigt, daß vor allem solche Abgeordnete aktiv als Mitglieder beteiligt waren, die schon Interesse für das Thema mitbrachten und sich mit Kollegen aus anderen Fraktionen (jedenfalls im Vorfeld von Entscheidungen) leichter verständigen konnten als mit fachlich anders orientierten Fraktionskollegen.
Zur inhaltlichen und taktischen Vorbereitung und Begleitung von Kommissionssitzungen werden aufFraktionsebene Arbeitsgruppen (AKe) eingerichtet, in denen nicht nur Abgeordnete, sondern auch die „zugeordneten“ Sachverständigen der Kommission sowie Vertreter nahestehender Organisationen und parteinahe Wissenschaftler mitarbeiten, unterstützt von einem Fraktionsreferenten. „Sie bereiten Kommissionssitzungen und Anhörungen vor und werten sie unter taktischen und sachlichen Gesichtspunkten aus. Ihre Diskussionen beeinflussen entscheidend, ob die Kommissionsberatungen im Einklang mit den Ansichten der zuständigen Fraktions-und Parteigremien bleiben, diese fortentwickeln oder von ihnen abweichen.“ Sie tagen üblicherweise vor den Kommissionssitzungen. Die SPD-Arbeitsgruppe „Schutz des Menschen und der Umwelt“ hat zudem jüngst einen Projektbeirat aus Repräsentanten wichtiger Institutionen und kompetenten Einzelpersönlichkeiten eingerichtet, um das öffentliche Interesse und Verständnis zu erweitern.
In dem Maße, wie aufgrund parteipolitischer Festlegungen die Durchsetzung der Fraktions-bzw. Regierungsposition und somit instrumentell-strategische Argumentations-und Verhaltensmuster auch für die Abgeordneten der Kommission verhaltensbestimmend werden, sehen sich auch die Sachverständigen „gezwungen“, Verbündete zu suchen. Ihre Wirkungschance hängt dann davon ab, ob und inwieweit sie sich inhaltlich und taktisch auf Vorabsprachen, das Schnüren von Verhandlungspaketen und Gegenleistungen in einem Prozeß des „Aushandelns“ einlassen Selbstverständlich begünstigt die regelmäßige Präsenz der Abgeordneten in Bonn Vorabsprachen und gemeinsame Festlegungen. Wissenschaftler können unter solchen Bedingungen in Rollenkonflikte geraten; nicht so sehr, weil sie wert-und entscheidungsorientiert mitwirken, sondern insofern sie ihre Unabhängigkeit preisgeben. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn sich die „Sachverständigen“ dafür hergeben oder vereinnahmen lassen, die (bereits vorab fixierte) Position „ihres“ politischen Lagers „wissenschaftlich“ abzustützen Die jeweilige politische Seite beruft sich dann in der Diskussion in erster Linie auf ihre jeweiligen Wissenschaftler Wo es den politischen Lagern nicht nur außerhalb, sondern auch in der Kommission um die Durchsetzung „ihrer“ politischen Position geht, wird Sachverstand „primär zur Legitimationsressource für politische Handlungskalküle“. Wissenschaftliche Information dient dann (oftmals) nur noch als „argumentative Manövriermasse, die, wo sie dem eigenen Willen nutzt, zur Rechtfertigung politischer Handlungsabsichten herangezogen wird, wo nicht, aber unter Hinweis auf methodische Unsicherheiten entwertet wird“
Ihren spezifischen Beitrag im politischen System können EKn nur leisten, wenn sie (ungeachtet ihrer Einbindung in den parlamentarischen Prozeß) tendenziell diskurs-und problemlösungsorientiert arbeiten. Wie bisherige Erfahrungen zeigen, ist dies auch bis zu einem gewissen Grad möglich, aber eben nur bei bestimmten Bedingungskonstellationen. Die Möglichkeiten der Sachverständigen, zu einer sachlich-diskursiven Auflockerung politisch fixierter Positionen beizutragen, ist unter den genannten Voraussetzungen recht begrenzt. Denn zum einen werden die Fraktionen (ähnlich wie bei Anhörungen) dann bei der Auswahl „ihrer“ Sachverständigen besonders auf die Nähe zur eigenen Position achten. Mit diesem Vorgang wird auch der Erkenntnis-und Problemlösungshorizont der Kommission abgesteckt und möglicherweise verengt. Zum anderen wächst der Druck, sich entweder auf das parteipolitische Kalkül (Fraktionslinie) einzustellen und die „Dominanz parlamentarischer Wahrnehmungsund Entscheidungsmodi“ zu akzeptieren oder Einflußlosigkeit in Kauf zu nehmen.
Von anderen Formen der (wissenschaftlichen) Politikberatung unterscheiden sich EKn durch die kontinuierliche, längerfristige Kooperation von Abgeordneten und Sachverständigen und die (formell) gleichberechtigte Mitwirkung bei Abstimmungen. Angesichts der Aufgabe, durchMehrheitsentscheid politische Handlungsempfehlungen zu unterbreiten, ist es auch den beteiligten Wissenschaftlern verwehrt, sich auf die Position des „neutralen“ Analytikers zurückzuziehen. Mitarbeit in einer EK bedeutet für die beteiligten Sachverständigen immer auch, sich auf die parlamentarisch-parteipolitischen Arbeits-und Wirkungsbedingungen einzulassen. Dazu gehört, daß die beteiligten Abgeordneten eben unter Zeitdruck stehen und nur für wenige die Mitarbeit in einer EK Priorität hat. Jedenfalls läßt die Präsenz der Abgeordneten -und teilweise auch von Sachverständigen -an Sitzungen von EKn oft zu wünschen übrig, mit der Gefahr, daß der Argu-mentationszusammenhang zerreißt und selbst Abstimmungen wiederholt werden müssen. Schrumpfen (bei einer allzu großen Zahl von Sitzungen) Präsenz und Motivation -auch der Sachverständigen -so eklatant wie bei der zweiten EK „Schutz der Erdatmosphäre“, dann reduziert sich die verbindende Funktion der Kommissionssitzungen und es entsteht die Gefahr der Fragmentierung, der entgegenzuwirken eine wichtige Aufgabe von EKn ist. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppen und die Expertisen stehen dann mehr oder weniger unverbunden nebeneinander. Aktuelle Orientierungen und kurzfristiger Vorteilsgewinn des parlamentarischen Alltags können den längerfristig angelegten Auftrag der EK überlagern. Grundsätzlich kritische Positionen oder ungewohnte Sichtweisen haben es schwerer, rezipiert zu werden als solche, die dem Vorverständnis der Parlamentarier entsprechen Pragmatische Reduzierung ist die Folge. Mehr noch als bei Gutachten und Anhörungen werden Sachverständige „nicht nur nach den optimalen, sondern vielmehr nach den auch noch vertretbaren Sachargumenten gefragt
Mit der Einrichtung von EKn war und ist die Erwartung verbunden, daß sie ein Gegengewicht zu instrumentell-strategischen Ausrichtungen der Politik bilden könnten: Auf sachlich fundierter Grundlage sollen in einem wechselseitigen kommunikativen Lernprozeß Wirkungszusammenhänge komplexer Problemlagen erkannt, Entwicklungsalternativen aufgezeigt und -möglichst konsensorientiert -Entscheidungsoptionen gewonnen werden können. Diese besonderen Ausschüsse können die gewünschte Wirksamkeit im Sinne ihrer längerfristigen, politikfeldübergreifenden Aufgabe nur angemessen entfalten, wenn die Kommissionsmitglieder argumentationsoffen an die Arbeit gehen und die Beteiligten sich nicht in erster Linie von politik-und interessenrationalen Motiven der Machtsicherung, des tagespolitischen „Punktgewinns“ und der strategischen Durchsetzung (parteipolitisch) fixierter Positionen leiten lassen Als Ort eines politisch-wissenschaftlichen Diskurses gewollt, sind sie gewissermaßen als „Korrektiv“ zur parlamentarischen Alltagspraxis angelegt. Einen richtungweisenden Beitrag zur politischen Willensbildung und Entscheidungsfindung können sie nur leisten, wenn sich die Beteiligten darauf einlassen, verschiedene Positionen und Entwicklungsalternativen zuzulassen und in einem ergebnisoffenen Informations-und Kommunikationsprozeß konsensorientiert zu prüfen. „Gefragt ist Offenheit für neue Fragestellungen und Alternativen, Bereitschaft zum Denken in vernetzten Zusammenhängen und praktische Urteilskraft.“ Ob und in welchem Maße ein derart an Problemlösungen orientiertes kommunikatives Arbeiten möglich ist, hängt von den Rahmenbedingungen, aber auch von spezifischen Konstellationen ab.
Nicht nur für Politiker, sondern auch für Wissenschaftler (Sachverständige) stellt die Mitarbeit in einer EK eine ungewöhnliche Herausforderung dar. Dies nicht nur deshalb, weil sich Verständigungsschwierigkeiten zwischen eher handlungsbezogen und „politikrational“ denkenden Politikern und „sachrational“ an Erkenntnisgewinn orientierten Wissenschaftlern ergeben könnten; sondern auch deshalb, weil die beteiligten Wissenschaftler mit ihren Spezialkenntnissen angesichts der Komplexität der Aufgabe oft rasch an die Grenzen ihrer wissenschaftlichen Kompetenz geraten. Parlamentarier wie Sachverständige sehen sich vor der schwierigen Aufgabe, Verständnis für vernetzte Systemzusammenhänge zu entwickeln, die sich ihrer Beurteilung als Ausschuß-Fachleute oder wissenschaftliche Spezialisten entziehen. In dieser Hinsicht sind Wissenschaftler nicht. von vornherein Abgeordneten überlegen -die ja über ihre Spezialistenrolle hinaus auch als „Generalisten“ gefordert sind, was bei der Auswahl noch stärker berücksichtigt werden müßte. Zum einen sehen sich selbst in Einzelfragen die Nicht-Fachleute mit unterschiedlichen und widersprüchlichen Aussagen von Experten konfrontiert. Zum anderen geht es bei der Klärung vernetzter gesellschaftlicher, ökonomischer und ökologischer Wirkungskonstellationen und vor allem der Erarbeitung von Entwicklungsalternativen und Handlungsoptionen um einen wertorientierten politischen Kommunikations-und Entscheidungsprozeß. Der längerfristig angelegte Dialog von Sachverständigen und Politikern ist geeignet, den Informations-und Problemhorizont zu erweitern. Angesichts bestehender Unsicherheiten über komplexe Wirkungszusammenhänge kann es nicht um die einzig mögliche Problemlösung gehen. „Die Verkoppelung von politischen Entscheidungsprozessen mit wissenschaftlicher Expertise dient einer Verbreiterung der fachwissenschaftlichen Basis, der inhaltlichen Öffnung für ergänzende und andersartige Fragestellungen, der Berücksichtigung divergierender Meinungen und der Kenntnisnahme alternativer Lösungsmöglichkeiten.“ Bezogen auf Technikfolgen bedeutet dies, daß es nicht um Prognosen geht, sondern „nur“ um „Projektionen möglicher Zukünfte und deren Beschreibung“. Daß dies unter bestimmten Bedingungskonstellationen grundsätzlich auch von EKn geleistet werden kann, hat die Arbeit der ersten EK „Zukünftige Kernenergiepolitik“ gezeigt. Daß es ausgerechnet dieser, in einer politischen Kampfsituation angetretenen Kommission gelingen würde, „diskursiv“ und ergebnisoffen zu arbeiten, war kaum erwartet worden. In einem überraschenden Konsens konnten dann aber „Kriterien für die Bewertung von Energiesystemen und eine szenarienmäßige Beschreibung der energiepolitischen Handlungsmöglichkeiten für die nächsten 50 Jahre gemeinsam erarbeitet und verabschiedet werden“ Eine Voraussetzung war, daß sich in dieser politischen Kontroverse nicht Regierungsmehrheit und Opposition gegenüberstanden, sondern die (wenigen) Kritiker des viele Jahre hindurch fast unangefochtenen energiepol Jahre gemeinsam erarbeitet und verabschiedet werden“ 46. Eine Voraussetzung war, daß sich in dieser politischen Kontroverse nicht Regierungsmehrheit und Opposition gegenüberstanden, sondern die (wenigen) Kritiker des viele Jahre hindurch fast unangefochtenen energiepolitischen Kurses sich in den Reihen der Regierungsparteien (SPD. FDP) fanden.
Haben hingegen Regierungsmehrheit und Opposition(sfraktionen) bereits im Vorfeld eindeutig Position bezogen, ist damit zu rechnen, daß auch in der Arbeit der Kommission diese „positionelle Politik“ ihre Fortsetzung findet und der Spielraum für die Erarbeitung und ernsthafte Erörterung konzeptioneller Alternativen relativ eng ist 47. Die Möglichkeit der von den Fraktionen benannten Sachverständigen, zu einer sachlich-diskursiven Auflockerung politisch fixierter Positionen beizutragen, ist unter solchen Voraussetzungen recht begrenzt. Wo dies in Einzelfragen doch geschieht, wird es politisch folgenlos bleiben. Denn zum einen werden die Fraktionen bei der Benennung „ihrer“ Sachverständigen dann besonders auf die Nähe zur eigenen Position achten. Zum anderen geraten Sachverständige noch deutlicher als sonst unter Druck, sich entweder an „Politikrituale“ anzupassen oder sich zu isolieren und jede kommissionsinterne Einflußmöglichkeit zu verlieren 48.
Sachorientiertes Erarbeiten der Informationsgrundlagen und wechselseitiges Lernen fallen vornehmlich in die Anfangsphase. Allgemein hat sich gezeigt, „daß mit dem Näherrücken des Kommissionsgeschehens an politische Entscheidungsnotwendigkeiten tendenziell diese oftmals lange Zeit kognitiv ausgerichteten Kommunikationsprozesse zunehmend in politisch-positionelle übergeführt werden“ 49. Verstärkt wird diese Tendenz, wenn die Abstimmungen über den Bericht gegen Ende der Wahlperiode, also in Wahlkampfzeiten, erfolgen. Dies könnte -und sollte -vermieden werden. Auch nach Einfügung einer entsprechenden Bestimmung in die Geschäftsordnung (§ 56 Abs. 4) hat sich jedoch an der bisherigen Praxis wenig geändert. So wurde über den Schlußbericht der EK „Schutz des Menschen und der Umwelt“ 50 sowie den 2. und 3. Bericht der EK „Schutz der Erdatmosphäre“ erst drei Wochen vor den Bundestagswahlen 1994 eine (knappe) Debatte geführt -während die Debatte über den Schlußbericht noch aussteht
Das Bemühen um Konsens ist selbst bei solchen EKn ausgeprägt, deren Spielraum durch parteipolitische Richtungsvorgaben eingeengt ist. Der Konsens ist freilich kein „Wert an sich“ und für eine EK nur auf der Basis zunächst erarbeiteter und diskursiv freigelegter Wissensgrundlagen, normativer Positionen und möglichst auch alternativer Szenarien erstrebenswert. Wie die Erfahrung zeigt, kann Konsenssuche zur Unzeit auch dazu dienen, Probleme zu verbergen oder zu bagatellisieren, den Erkenntnishorizont einzuengen sowie Gestaltungsalternativen auszublenden. In mehreren Kommissionen hat das Bemühen um einen möglichst gemeinsam getragenen Bericht dazu geführt, daß kontroverse Positionen und Alternativen durch Einigungsformeln verdeckt wurden. So wurde im Bericht der EK „Jugendprotest“ auf die „Formulierung differenzierter weltanschaulicher und politischer Positionen zugunsten des Konsensprinzips verzichtet“. Wie der Beratungsverlauf gezeigt habe, „wurden gleichsam im Zug und Gegenzugverfahren einzelne Begriffe und mit ihnen assoziierte Vorstellungen geopfert“ Zu gegensätzlichen Voten kommt es vor allem dort, wo die Parteien bereits öffentlich Position bezogen haben. Selbst in der gesprächsoffenen EK „Jugendprotest“ verliefen die Kontroversen (fast) durchweg entlang der Fraktionsfronten, „in die sich auch die sachverständigen Mitglieder jeweils einordneten“ Jüngstes Beispiel waren die Abstimmungen über die unterschiedlichen Handlungsempfehlungen zum 2. Zwischenbericht und zum Schlußbericht der zweiten EK „Schutz der Erdatmosphäre“, bei denen die Koalitions-und Oppositionsabgeordneten mit „ihren“ Sachverständigen jeweils geschlossen abstimmten In der „Kernenergie“ -Kommission stimmten die der Union zuzuordnenden Sachverständigen in wichtigen Berichtsabschnitten mit der Koalition; die „abweichenden“ Sachverständigen wurden dafür heftig kritisiert und teilweise für die folgende Wahlperiode nicht mehr benannt Einzelne Abweichungen kommen immerhin vor, so jüngst bei einem Sondervotum der SPD in der EK „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur“
In Abstimmungen unterlegene Minderheiten haben häufig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ihre Position in Sondervoten darzulegen, die in die Berichte mit aufgenommen wurden. Sie betrafen in der Regel einzelne Berichtsteile, vereinzelt aber auch eine grundsätzliche „Gegenposition“. Sondervoten sind -ähnlich wie bei Untersuchungsausschüssen -ein wichtiges Mittel, um kontroverse Standpunkte und Sichtweisen öffentlich zu begründen und zur Diskussion zu stellen. Diese seit Bestehen dieser Institution eingeräumte, bis heute aber rechtlich nicht abgesicherte Möglichkeit stellt für die Minderheiten ein wichtiges Druckmittel dar, um die Mehrheit zu Kompromissen zu bewegen. In der Regel geht es um kontroverse Handlungsempfehlungen -während der Berichtsteil meist einvernehmlich verabschiedet wird.
V. Parlamentarische Umsetzung und öffentliche Resonanz
Die aufgabenbedingte Sonderstellung und die nicht eben ausgeprägte Integration der EKn in die segmentierte, aktualitäts-und ressortbezogene Arbeitsorganisation von Parlament und Fraktionen erschwert die Rezeption ihrer Arbeitsergebnisse und die Umsetzung ihrer Vorschläge. Neben den oft nur selektiv wahrgenommenen Berichten selbst bleibt eine Fülle ergiebigen Materials (Gutachten, Anhörungsprotokolle etc.) auf parlamentarischer Ebene oft weitgehend ungenutzt. Dies gilt selbst dann, wenn diese von der Kommission (nahezu) gemeinsam getragen werden. Selbst bei einmütig vorgeschlagenen Regelungen ist nach bisherigen Erfahrungen damit zu rechnen, daß sie von den Fraktionen ignoriert werden, wenn nicht im Verlauf der Kommissionsarbeit im Kontakt mit den zuständigen Ausschüssen und ggf.den Fraktionsführungen der „Mehrheit“ erfolgreich um Unterstützung geworben wurde. Diese Aufgabe liegt insbesondere bei den die Kommissionsarbeit begleitenden Arbeitsgruppen der Fraktionen sowie -ihrem Fachausschuß gegenüber -den einzelnen Kommissionsmitgliedern. Die laufende Beratung in den Parlaments-und Fraktionsgremien findet aber nur in bescheidenem Umfang statt; oft erfolgt sie „allenfalls durch den schriftlichen Kommissionsbericht“
Erschwert wird die Rezeption insbesondere durch zwei Faktoren: einmal durch die „ressortübergreifende“ längerfristige Themenstellung, zum anderen dadurch, daß die Tätigkeit der Kommission (und der korrespondierenden Arbeitsgruppen) auf die jeweilige Legislaturperiode begrenzt ist. Die zumeist erst am Ende der Wahlperiode vorgelegten Berichte können dann erst von Plenum und Fachausschüssen des neuen Bundestages (eingehender) beraten und in die gesetzgeberische Arbeit aufgenommen werden. Ob und mit welchem Einsatz dies geschieht, hängt u. a. von „Themenkonjunkturen“ ab. Meist liegt es dann bei einzelnen, persönlich engagierten Abgeordneten, die Impulse weiterzutragen und für deren Umsetzung einzutreten. Die 1989 neu in die Geschäftsordnung aufgenommene Regelung, daß EKn ihre Berichte so rechtzeitig vorzulegen haben, „daß bis zum Ende der Wahlperiode eine Aussprache darüber im Bundestag stattfinden kann“, hat bisher wenig bewirkt (§ 56 Abs. 4).
Mit ihrer Aufgabe, durch konzeptionelle Bearbeitung komplexer, zukunftsprägender Problemlagen die Gestaltungs-und Kontrollkompetenz „des“ Parlaments (und mithin der Opposition) zu stärken, sehen sich EKn ressort-und aktualitätsbezogen arbeitenden Parlaments-und Fraktionsgremien gegenüber, die auf längerfristige „Querschnittsprobleme“ nicht im erforderlichen Maße eingestellt sind. Dies bedeutet, „daß eigentlich nur ganzheitlich definierbare und zu steuernde bzw. zu lösende Zusammenhänge in Einzelpakete aufgelöst werden. So wird vorübergehend aufgehäufte Komplexität wieder reduziert -eine Tatsache, die die Einsetzung von EKn eigentlich wieder ad absurdum führt.“ Eine Sensibilisierung der Fachausschüsse für „Querschnittsprobleme“ ist angesichts der „Zwänge“ üblicher Sitzungswochen schwierig. Erfolgversprechend könnten aber Klausurtagungen der besonders betroffenen Ausschüsse unter „Federführung“ der EK und (möglichst) unter Beteiligung der Fraktionsführungen mit Anhörungen, Vorträgen, Symposien etc.sein. Dabei kommt es darauf an, daß Vermittlungsaktivitäten dieser Art nicht erst nach Vorlage von Kommissions-Berichten, sondern „begleitend“ durchgeführt werden. Hier sind die entsprechenden Arbeitsgruppen und -kreise der Fraktionen und Parteien gefordert. Allerdings gibt es bei thematisch engagierten Kommissionsmitgliedern auch die nicht unbegründete Befürchtung, daß eine zu frühe Rückbindung u. U. die innovative Kraft einer Kommission hemmen und die „Schrittmacherfunktion“ gefährden könnte. Es werde versucht, so die Einschätzung von Beteiligten, sich an die „Spitze der Bewegung zu setzen“ und die Fraktion „nach und nach darauf einzustimmen“. Welches Vorgehen erfolgversprechender ist, hängt von je spezifischen Bedingungen ab.
Zur Verbesserung der innerparlamentarischen Umsetzungschancen wird mit zunehmendem Nachdruck vorgeschlagen, den EKn das Recht einzuräumen, ihre Arbeit direkt dem Bundestag vorzulegen Nach der geltenden Geschäftsordnung sind Berichte von EKn zwar selbständige Vorlagen (gern. § 75 Abs. le), doch gelten die darin enthaltenen Vorschläge formell nicht als Beschlußempfehlungen. Allerdings stellt diese Einschränkung auch keine größere Hürde dar, da jede Fraktion die Möglichkeit hat, eine Befassung der Parlaments-gremien durch Anträge, Große Anfragen etc. zu veranlassen. Die Art der Behandlung -z. B. Dauer und Plazierung einer Debatte -hängt in jedem Fall von den Fraktionen und ihren Führungsgremien ab.
Die Wirkung von EKn läßt sich nicht nur an den „internen“ Reaktionen des Bundestages ablesen. Einmal ist von der -wohl ambivalent zu beurteilenden -Situation auszugehen, daß sich die Ministerien das Wissen für ihre Argumentationen und Begründungen zunutze machen. Zum anderen ist die kommunikative, bewußtseinsbildende Funktion von EKn nicht zu unterschätzen: ihre stimulierende Wirkung auf die öffentliche Diskussion, die dazu beitragen kann, längerfristig die Aufmerksamkeit von Fachöffentlichkeiten (Wissenschaft, Verbände) und Massenmedien auf ein Thema zu lenken und ihrerseits Impulse der öffentlichen Kontroversen aufzunehmen. Davon können (längerfristig) Rückwirkungen auf die EK selbst, aber auch auf die politischen Institutionen ausgehen.
Ob vornehmlich. Wissenschaft und Fachöffentlichkeiten oder auch Massenmedien und breite Bevölkerungskreise angesprochen werden, ist themen-bedingt, hängt aber auch davon ab, wieweit sich die EKn bereit zeigen, ihre Arbeit transparent zu machen, öffentlich in Lernprozesse einzutreten und Impulse von Bürgern und Initiativen aufzunehmen. Hierzu dienen Gespräche mit Betroffenen vor Ort, öffentliche Symposien und Anhörungen, breit gestreute Umfragen, benutzer-und medienfreundliche Publikationen von Berichten und Materialien sowie Öffentlichkeitsarbeit. Der immense Umfang der meisten Berichte und das teilweise Fehlen Parlaments-und publikums-freundlicher Zusammenfassungen erschweren die parlamentarische Umsetzung wie die öffentliche Rezeption.
Der Bundestag ist bei der Einrichtung von EKn immer auch in seiner Kommunikationsfunktion angesprochen, ohne daß es dabei stets um den unmittelbaren Rückbezug zur Gestaltungs-und Gesetzgebungsaufgabe von Parlament und Regierung gehen muß. Geht es doch auch darum, an exponierter Stelle mit dem Bewußtmachen von Problemlagen zur Fortentwicklung der demokratischen politischen Kultur beizutragen und im Gespräch mit betroffenen und engagierten Bürgern Verständnis dafür zu entwickeln, wo die Gestaltungschancen und Notwendigkeiten staatlieher Politik liegen und wo Verbände, Wirtschaft, Wissenschaft und Bürger Verantwortung tragen und herausgefordert sind, die Folgen ihres Handelns im Kontext vernetzter Problemlagen zu beurteilen
Wolfgang Ismayr, Dr. phil., Dr. rer. pol. habil., geb. 1942; Professor für Politikwissenschaft an der Technischen Universität Dresden. Veröffentlichungen u. a.: Das politische Theater in Westdeutschland, Königstein/Ts. 19852; Parlamentarische Kommunikation und Abgeordnetenfreiheit, Frankfurt/M. 1982; Der Deutsche Bundestag. Funktionen, Willensbildung, Reformansätze, Opladen 1992; (Hrsg) Die politischen Systeme Westeuropas, Opladen 1996 (i. E.).