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Perspektiven der Holocaust-Rezeption in Israel und Deutschland | APuZ 14/1998 | bpb.de

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APuZ 14/1998 50 Jahre Israel: Versuch einer historischen Bilanz Geschichte umschreiben: Was ist Zionismus? Perspektiven der Holocaust-Rezeption in Israel und Deutschland Von Lausanne nach Oslo Zur Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts

Perspektiven der Holocaust-Rezeption in Israel und Deutschland

Moshe Zuckermann

/ 29 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die in diesem Artikel anvisierten Perspektiven der Holocaust-Rezeption in Israel und Deutschland werden im Hinblick auf ihre ideologische Funktion erörtert. Zwar sind sie einander komplementär verschwistert, doch weisen sie eigentümliche Inhalte und Stellenwerte im Rahmen der je eigenen politischen Kultur auf: Während das Holocaust-Andenken in Israel staatsoffiziell auf die dominierende Ideologie des Zionismus hin ausgerichtet wurde, mithin als ultimatives Argument für das Postulat der Diaspora-Negation fungierte, gab es in Deutschland eher das Kriterium für die jeweilige Orientierung in der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit bzw. mit der politischen Realität der deutschen Teilung ab. Daß dabei in beiden Ländern das eigentliche historische Ereignis zu einer Art Projektionsfläche für heteronome Interessen, Bestrebungen und Ziele werden konnte, macht den letztlich ideologischen Charakter der Rezeption aus. Man kann somit von zweierlei Holocaust sprechen: Nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven des „Opfer“ -bzw. „Täter" -Landes spielen dabei eine wichtige Rolle, sondern auch die Unterscheidung zwischen dem Holocaust als einem geschichtlichen Ereignis und dem „Holocaust“ als Diskursfeld heteronomer Interessen und Ideologien.

I. Einleitung

Daß das historische „Ereignis“ sich in den „Gegenstand der Geschichtswissenschaft“ verwandeln muß, damit Wesen und Bedeutung des Geschehenen erst eigentlich erfaßt werden können, verdankt sich der Einsicht, daß eine perspektivische Loslösung vom Unmittelbaren die Voraussetzung ist für die eben nur in der Vermittlung mögliche Erfassung dessen, was geschah, daß also ein „Wie-es-eigentlich-war“ nur dann zu haben ist, wenn man aus dem Gewesenen bewußt heraustritt. Diese Binsenweisheit ist freilich leichter gesagt als befolgt, sobald es um historische Ereignisse geht, die noch lange nach ihrem wirklichen historischen Geschehen die Gemüter derer, die sie -sei es zunfthistorisch akribisch, sei es populärwissenschaftlich bzw. mythisch-populär oder auch „nur“ künstlerisch -erinnern, heftig anrühren. Zu Recht oder nicht, es macht offenbar einen merklichen Unterschied in der Rezeption, ob man sich als Historiker mit Studien über die Merowinger oder über die Französische Revolution befaßt -oder mit dem Holocaust.

Zwar ist der durch zeitlichen Abstand bedingte „Austritt“ aus dem historischen Ereignis unabwendbar; das garantiert jedoch keineswegs seine nüchterne Wandlung zum puren Gegenstand der Geschichtswissenschaft. Ganz im Gegenteil: Gerade das sich allmählich entfernende, gleichwohl immer noch „nachgelebte“, also letztlich nicht „überwundene“ Geschichtsereignis mag sich als eine gewaltige Projektionsfläche für die sein Andenken wahrenden Individuen, Teilgruppen oder Gesamtkollektive entpuppen. Daß dabei Gegenwärtiges aufs Vergangene übertragen wird, ist nicht nur -wie letztlich alles geschichtliche Erinnern -anachronistisch, sondern macht auch den potentiell ideologischen Charakter solcher Projektionspraktiken aus. Denn, als wie schwer auch immer -wenn nicht gar als unmöglich -sich ein dem Gegenstand des Andenkens angemessenes Erinnern erweisen mag. die bewußt betriebene Instrumentalisierung des erinnerten Geschichtsereignisses für nachmalige, von diesem letztlich losgelöste oder unumwunden sachfremde Interessen bezeugt letztlich nichts anderes als die Besetzung des „autonomen“ Ereignisses mit heteronomer Erinnerung und Auslegung. Hierbei ist es zunächst unerheblich, ob man sich über das wahre Wesen des besagten geschichtlichen Ereignisses einigen kann; seine heteronome Verwertung ist allemal unwahr.

Der Holocaust ist in dieser Hinsicht ein besonders gravierendes Geschichtsereignis. Sein manichäischer Charakter würde zwar anderes erwarten lassen: So unbegreiflich die monströse Unsäglichkeit des industriell betriebenen Völkermordes insgesamt noch immer sein mag, sollte doch die Unterteilung seiner Protagonisten in Tater und Opfer eindeutig genug sein, um das eigentliche Geschehen gleichsam „für sich selbst sprechen zu lassen“. Nicht so verlief jedoch die Rezeptionsgeschichte des Holocaust. Während auf der jüdischen Seite das kollektiv institutionalisierte Andenken der Katastrophe vom neugegründeten Staat Israel gleichsam übernommen wurde, die Auseinandersetzung mit dem vor der Staatsgründung Geschehenen dabei auf die Ideologie des neuen Staates ausgerichtet und in diese sozusagen eingeschmolzen wurde, stand die deutsche Konfrontation mit dem Holocaust in der Nachkriegsära zunächst ganz im Zeichen der politischen Auswirkungen des Zweiten Weltkrieges, vor allem der Teilung Deutschlands und der Entfaltung der bundesrepublikanischen politischen Kultur

Nicht von ungefähr wurde der Völkermord auf beiden Seiten vorerst weitgehend beschwiegen (wobei natürlich bedacht werden muß, daß die Sprach-bzw. Reaktionslosigkeit zum großen Teil auch mit der schieren Unbegreiflichkeit des Ausmaßes und der Monstrosität der Verbrechen zu tun hatte); nicht von ungefähr hatte die dann in den sechziger Jahren auf beiden Seiten allmählich einsetzende Auseinandersetzung mit der Vergangenheit einen, wenn nicht direkt heteronom instrumentalisierenden, so doch schon sehr stark vermittelten, durch die „Verspätung“ bereits interessengerichteten Charakter. Man mag einwenden, daß dem letztlich gar nicht anders sein konnte: Da ja nach der Katastrophe sowohl für Juden als auch für die Deutschen das Über-bzw. Weiterleben vorrangig war, mußte sich die unmittelbare Einrichtung des Lebens in den neu entstandenen staatlichen Gebilden konkret -und das heißt allemal materiell -gestalten. Nicht nur kommt in der Tat immer erst „das Fressen“ und dann erst „die Moral“, sondern die „Moral“ wird auf staatlicher Ebene stets zur Ideologie, wenn es ums „Fressen“ (bzw. um „Sicherheit“, „Wohlstand“ und andere Topoi der „Räson“) geht. Das ist durchaus richtig, nur ist es dann halt um so nötiger, sich des Ideologiecharakters der schließlich doch einsetzenden „moralischen“ Auseinandersetzung „der Länder“ mit der je eigenen Vergangenheit bewußt zu werden; unter anderem auch zu fragen, wie gerade die heteronom geleitete, im Wesen also ideologische Erinnerung das Andenken dessen, was eigentlich geschah, verraten mag. Daß die Dinge so kamen, wie sie angelegt waren, ist trivial; zu fragen ist, welche Funktionen dabei bedient wurden und welche Bedeutung diese Verzahnung von Geschichte und ideologischer Rezeption ds Vergangenen für das heutige Bewußtsein haben mag.

II. Goldhagens vereinfachender Erklärungsversuch

Anläßlich des Erscheinens von Daniel Goldhagens Buch „Hitlers willige Vollstrecker. Ganz gewöhnliche Deutsche und der Holocaust“ in hebräischer Übersetzung fand in Jerusalem eine Podiumsdiskussion unter Mitwirkung des Verfassers statt. Der israelische Publizist Avi Katzman berichtete über die Veranstaltung Mit großer Beredsamkeit habe Goldhagen dem eingeladenen Publikum den Holocaust der europäischen Juden erklärt. „Es hörte sich fast einfach an: Da gab es in Deutschland einen Antisemitismus, der zur völligen Dämonisierung der Juden geführt hat. Die Deutschen -und zwar nicht gerade Mitglieder der NSDAP oder SS-Männer -, ganz gewöhnliche Deutsche haben die Juden ermordet, gequält und erniedrigt.“ Das Publikum habe in der überwiegenden Mehrheit mit Goldhagen sympathisiert. Als der Moderator um Stellungnahmen der „Überlebenden -wir haben leider kein anderes Wort dafür -im Saal“ bat, sei eine Frau aufgestanden und habe erzählt, daß sie nach fünfzigjähriger Auseinandersetzung mit dem Problem nun endlich eine Erklärung bekommen habe, wofür sie Gott danke. Professor Jürgen Nierad von der Hebräischen Universität sei demgegenüber erschaudert. „Es ist schrecklich“, habe er gesagt, „als die Holocaust-Forschung Ende der vierziger, Anfang der fünfziger Jahre begann, hat man den Grund'gesucht und auch gefunden: der Antisemitismus und Hitler, Satan und Verführer. In den sechziger und siebziger Jahren hat sich herausgestellt, daß es wesentlich komplexer gewesen sei. Und jetzt kehrt Goldhagen zur simplifizierenden Position der fünfziger Jahre zurück.“ Katz-man selbst war einigermaßen verwundert: „Es ist schon merkwürdig zu hören, wie ein 37jähriger Harvard-Professor der Welt plötzlich eröffnet, daß in Deutschland ein Antisemitismus geherrscht habe, der zu einem Mordexzeß führte, an dem einfache Menschen mit Begeisterung und Energie teilgenommen haben, und daß dies der Grund für den Holocaust der Juden in Europa gewesen sei. Übertriebener noch ist es, aus seinem Munde zu hören, niemand habe es vor ihm gesagt. Aber was soll man machen, selbst die New York Times hat sich an dem Licht, unter welches die Dinge bei ihm , zum ersten Malgestellt worden seien, begeistert.“ Im weiteren führte Katzman Goldhagens Begründungen für die dem „eigentümlichen“ deutschen Antisemitismus innewohnende Mordlust an. Diese erkläre sich aus dem Sonderverhältnis der Deutschen zur Französischen Revolution und aus dem Umstand, daß der wankende deutsche Nationalismus des „verhaßten Anderen“ für seine Selbstbestimmung bedurfte, den letztlich die Juden abgaben. Katzman wies darauf hin, daß eine solche Erklärung zwangsläufig eine Menge widersprechender Tatsachen ignorieren müsse, wofür freilich Goldhagen eine Antwort parat gehabt habe: „Ich habe die Erklärungen meiner Vorgänger eine nach der anderen widerlegt und bin zu dieser Erklärung gelangt.“ „Aber vielleicht gibt es gar keine Erklärung“, mutmaßte Katzman. „Diese Möglichkeit hat Goldhagen in seinem Vortrag gar nicht erwogen. Am Schluß sind alle zum Cocktail mit gutem Wein und Sandwiches hinausgegangen, offenbar zufrieden mit dem von Goldhagen gegebenen Versprechen, daß das heutige Deutschland -ein Land, in dem nur noch Türken verbrennen -´ein anderes sei, demokratischer und zivilisierter vielleicht als jeder anderer Ort.“

Katzman begnügte sich allerdings nicht mit dieser Aussage, sondern bemühte sich, dem publizistischen Erfolg des amerikanischen Professors auf den Grund zu gehen: Goldhagen habe es geschafft, den Holocaust anschaulich zu konkretisieren -Detaildarstellungen des Grauens, keine abstrakten Abläufe und unfaßbaren Zahlen. Wo andere von Prozessen reden, verabreiche er „emotionale Schläge“, womit er den Holocaust zu etwas Menschlichem mache, wie es bei einem der Yad-Vashem-Forscher heißt. Dies, meinte Katzman, mag wohl einiges erklären, zumindest wohl die Tatsache, daß „die simplifizierenden Positionen von Goldhagen dem Hebräisch lesenden Publikum nunmehr zugänglich sind, wohingegen es wohl noch sehr lange dauern wird, bis es Hannah

Arendts Banalität des Bösen in seiner Sprache zu sehen bekommen wird, wenn überhaupt je“.

Katzmans Zeitungsbericht -mitsamt den in ihm geschilderten Gegebenheiten und den hinzugefügten Kommentaren -trägt insofern paradigmatischen Charakter, als er spezifische Momente der gegenwärtigen Holocaust-Rezeption in Israel enthält: Zum einen kann es den „normalen“ Israeli nicht verwundern, daß „ganz gewöhnliche Deutsche“ Juden ermordet und gequält haben. Diese „Gewißheit“ -d. h. also die feste Überzeugung von der Kollektivschuld der Deutschen, aber auch von ihrer nahezu volkscharakterartigen Grausamkeit -ist ihm so unumstößlich, daß jeder Versuch, sie (durch wen auch immer) zu unterminieren, in ihm Widerwillen oder zumindest doch Unbehagen hervorrufen muß. Daß also die überwiegende Mehrheit des Publikums mit Goldhagen sympathisierte, kann nicht überraschen, aber auch nicht Katzmans Verwunderung darüber, daß ein junger amerikanischer Professor „der Welt plötzlich eröffnet, daß in Deutschland ein Antisemitismus geherrscht habe, der zu einem Mordexzeß führte, an dem einfache Menschen mit Begeisterung und Energie teilgenommen haben, und daß dies der Grund für den Holocaust der Juden in Europa gewesen sei“. Denn beides ist in der eigentümlichen israelischen Holocaust-Rezeption einander verschwistert: die simplifizierende Gewißheit über das Verbrechen der -letztlich: aller -Deutschen und die jede simplifizierende „Erklärung“ abweisende Bedachtsamkeit darauf, den Holocaust als jüdische Katastrophe im Bereich des Unerklärbaren zu belassen. Alles kommt in diesem vermeintlichen Widerspruch zusammen: die aufjubelnde Erleichterung der Holocaust-Überlebenden, „nach fünfzigjähriger Auseinandersetzung mit dem Problem nun endlich eine Erklärung“ bekommen zu haben; Katzmans indignierte Verwunderung darüber, aus dem Munde Goldhagens hören zu müssen, „niemand habe es vor ihm gesagt“; aber auch seine trotzig provokant formulierte Mutmaßung, daß es überhaupt keine Erklärung gebe -eine Möglichkeit, die vom Wissenschaftler Goldhagen gar nicht erst erwogen worden sei.

Gleichwohl spielt auch ein Zug von zeitgeistgemäßer Aufgeklärtheit in den Diskurs mit hinein: Gegenüber den „simplifizierenden Positionen von Goldhagen“ wird Hannah Arendts (in der israelischen Holocaust-Rezeption nie ernsthaft diskutierte) These von der „Banalität des Bösen“ ausgespielt, womit die eigens hervorgehobene Verzweiflung des Jerusalemer Literaturprofessors Jürgen Nierad über den plötzlichen Rückfall in die Dämonisierungstheorien der fünfziger Jahre korrespondieren mag. Zudem werden diverse andere Modi der Holocaust-Rezeption kritisch thematisiert: ein kulturindustriell gefärbter Feuilleton-Journalismus, der „selbst die New York Times“ erfaßt habe, die durch Konkretisierung und Veranschaulichung des Grauens und durch Verabreichung sogenannter „emotionaler Schläge“ bewerkstelligte Vermenschlichung des Holocaust sowie die gleichsam genießerische Aufhebung des debattierten Unheils in Cocktail-Veranstaltungen bei „gutem Wein und Sandwiches“. Eines bleibt freilich unangetastet: Kein „normaler“ Israeli wird die Behauptung, daß das heutige Deutschland „ein anderes“ sei -gar „demokratischer und zivilisierter vielleicht als jeder andere Ort“ -unbeschwert hinnehmen mögen. Der zynisch formulierte Hinweis darauf, daß Deutschland ein Land sei, „in dem nur noch Türken verbrennen“, enthält zwar ein Moment der Kritik am unzulänglichen Begriff des für zivilisiert und demokratisch Ausgegebenen, versteht sich aber letztlich doch als insinuierender Hinweis darauf, daß auch das heutige Deutschland eben doch nicht ein „ganz anderes“ sei. Daß dabei der bürokratisch-industriell betriebene Völkermord und die xenophobischen Verbrechen heutiger Neonazis mutatis mutandis in einen kontinuierlichen Zusammenhang gestellt werden, mag verwundern, wenn man bedenkt, wie sehr man gerade in Israel auf die Einzigartigkeit des monströsen Menschheitsverbrechens pocht, sich dabei aber doch genötigt sieht, den von verschiedener Seite angedeuteten Vergleich (bzw. latenten moralischen Zusammenhang) zwischen den Leiden des jüdischen Volkes und den brutalen Auswirkungen des von Israel fortgesetzten Okkupationsregimes abzuwehren. Gleichwohl darf Katzmans Artikel als fortschrittlich gelten. Gemessen an den herkömmlichen Mustern der in Israel vorwaltenden Holocaust-Rezeption zeichnen sich seine kritische Haltung gegenüber Goldhagens reduktiv simplifizierendem Erklärungsansatz, seine zumindest latent ausmachbare Unterstützung der von Jürgen Nierad vertretenen Position und die Kritik an der ausgebliebenen Auseinandersetzung mit Hannah Arendts wichtigem Eichmann-Buch durch eine Einsicht in die immer fragwürdiger werdende (ihrem Wesen nach ideologische) Selbstverständlichkeit aus, mit der man in Israel mit dem Holocaust-Andenken umgeht. Dies ist einigermaßen neu und hat mit der seit einigen Jahren deutlich wahrnehmbaren Öffnung des etablierten israelischen Holocaust-Diskurses zu tun. Um diese erste (vorerst durchaus begrenzte) Wende einzuschätzen, ist es notwendig, die Hauptachsen der dominanten Holocaust-Rezeption in Israel zu erörtern. Dies soll im folgenden unternommen werden.

III. Holocaust-Rezeption in Israel

Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß der Holocaust konstitutiv war für das sich seit den fünfziger Jahren herausbildende kollektive Bewußtsein der Juden in Israel. Zwar basierte schon die Ideologie des sich seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts allmählich entwickelnden politischen Zionismus auf einem negativ bestimmten, reaktiven Moment -der Negation der Diaspora als Antrieb für die Einwanderung nach Palästina und die Errichtung einer nationalen Heimstätte der Juden -, jedoch erhielt dieses Element der Reaktion auf die herkömmlichen Formen des Antisemitismus bzw.des Judenhasses durch die Monstrosität der industriell betriebenen Massenvernichtung und ihrer genozidartigen Ausmaße eine ganz neue Dimension: War auch die jüdische Leidensgeschichte in der Diaspora immer schon von örtlichen Erscheinungen der Gewalt und der Verfolgung durchsetzt, manifestierte sich im Holocaust des 20. Jahrhunderts gleichsam die Unentrinnbarkeit der Bedrohung kollektiver jüdischer Existenz. Es ging nicht mehr um die mögliche Akkulturation bzw. Assimilation, sondern um eine fundamentale Ausgrenzung; es ging nicht mehr um eine prinzipiell austauschbare Religionszugehörigkeit, sondern um eine im Wesen unüberwindbare rassenbiologische Determination; vor allem ging es aber um einen nunmehr nicht mehr wegzudenkenden „Rückfall in die Barbarei“, der sich gerade in der kulturellen Region der westlichen Aufklärung und der universell proklamierten Emanzipation zugetragen hatte. Die potentielle Bedrohung jüdischen Lebens wurde von nun an als massiv praktizierbar und permanent begriffen. Das Argument des Zionismus war sozusagen historisch perfekt geworden.

Das bedeutete freilich auch, daß man die Protagonisten des Arguments in der Realität des neugegründeten israelischen Staates weiterhin als Argument handhabte: Man war einerseits auf die massive Einwanderung von Holocaust-Überlebenden nach Israel angewiesen, konnte aber andererseits mit ihrem traumatisierten Zustand nichts anfangen bzw. in ihm lediglich den existentiellen „Beweis“ dafür sehen, daß im neuen Land für sie alles anders werde, sie mithin zu „Neuen Juden“ transformiert werden können, was vor allem darauf zielte, daß sie ihre Mentalität und Verhalten als Diaspora-Juden abzulegen hätten. Daß die Aufnahme der Holocaust-Überlebenden durch die alteingesessenen Juden zum Teil problematisch verlief, daß viele von ihnen grobem Unverständnis oder gar arroganter Überheblichkeit begegneten, daß darüber hinaus viele der Überlebenden begannen, sich des jüngst Erlebten zu schämen, hing in erster Linie mit der suggestiv indoktrinären Grundausrichtung der staatstragenden Ideologie des Zionismus zusammen: Da die Diaspora negiert zu werden hatte, der Holocaust als innere Konsequenz diasporalen Lebens begriffen wurde, die Holocaust-Überlebenden somit zum Paradigma jüdischen Diaspora-Schicksals avanciert waren, mußten sie nolens volens etwas exemplifizieren, nämlich das, was man im neuen Land nicht mehr zu sein hatte, zugleich aber auch das, zu dem man quasi mutieren konnte, wenn man nur die alte „Identität“ abstreifte. Dies hatte mit mehr zu tun als mit dem gängigen Problem von Emigranten in neuer Umgebung.

So wie der Staat (bzw. die sich formierende neue Gesellschaft) darauf angewiesen war, daß die verschiedenen Kollektivsubjekte der Diaspora zu ihm kamen, zugleich aber die seiner (zionistischen) Ausrichtung zuwiderlaufenden kulturellen Faktoren und partikularen Identitäten aus der von ihm neukonzipierten Wirklichkeit verschwänden, waren auch die Holocaust-Überlebenden darauf angewiesen, sich der neuen Realität anzupassen und die adäquate (zionistische) Identität anzunehmen, ohne dabei freilich das jüngst Durchlebte als existentielle, stets gegenwärtige Grunderfahrung je verleugnen zu können. Da jedoch der Anspruch beider Seiten nicht symmetrisch war, das ideologische Postulat mithin von den allermeisten Überle-benden selbst verinnerlicht wurde (und sei es im Sinne einer Rationalisierung des anzugehenden Neubeginns), entstand eine Jahrzehnte währende Kluft zwischen der von staatsoffiziellen Werten geprägten öffentlichen Sphäre Israels und der Sphäre (heterogener) privater Lebenswelten. Die Diskrepanz als solche war bemerkenswerterweise über Jahre tabuisiert. Nicht von ungefähr also entbrannten zwar in den ersten Jahren des israelischen Staates Momente öffentlichen (teils durchaus vehementen) Protestes gegen Regierungsbeschlüsse, die Deutschland betrafen, wie z. B. bei den Wiedergutmachungsabkommen (1952) oder beim Eintreffen des ersten deutschen Botschafters in Israel (1965); das staatsoffizielle Israel entbehrte indes von Anbeginn jeglicher etablierter Institutionen, die der real (zumindestens doch) ressentimentgeladenen Beziehung zu Deutschland Ausdruck verliehen hätten. Ganz ausgegrenzt aus dem öffentlichen Diskurs waren derweil die privaten Momente psychischen Leids, familiären Unglücks und existentieller Schwierigkeit, sich im Neuen einzufinden bzw. einfach weiterzuleben.

Das besagt freilich keineswegs, daß das staatsoffizielle Israel sich den Holocaust nicht schon sehr früh politisch „aneignete“. So problematisch die Begegnung zwischen dem alteingesessenen Israel und den nach Israel immigrierten Holocaust-Überlebenden großenteils verlief, so war sich das israelische Establishment seiner Rolle als Sachwalter des Andenkens der weltgeschichtlichen Katastrophe sehr bald bewußt und verstand es aufs vorzüglichste, politisches und ideologisches Kapital daraus zu schlagen Zwar kann man nicht übersehen, daß viele der Überlebenden selbst (wie bereits erwähnt) im Zionismus den Weg ihres „Neubeginns“ wahrnahmen und bereit waren, daraus auch die politische Konsequenz zu ziehen: Der neugegründete jüdische Staat erschien ihnen als folgerichtige Manifestation des Überlebens, mithin als „Antwort“ des jüdischen Volkes auf Hitlers Genozid; es ist müßig, dies ideologiekritisch angehen zu wollen -jeder Halt war in jenem Zustand katastrophengeprägter Haltlosigkeit nicht nur legitim, sondern auch wünschenswert. Gemeint ist hier gleichwohl nicht diese nur zu verständliche Ausrichtung der Überlebenden, sondern vielmehr die (mit dieser freilich korrespondierende) heteronome Instrumentalisierung des Geschehenen durch das staatsoffizielle Israel, und zwar sowohl zu allgemeinen ideologischen als auch zu konkreten politischen, diplomatischen und wirtschaftli-chen Zwecken und Zielen: Nicht nur wurde der Holocaust „zionisiert“, indem man den unmittelbaren Bezug zwischen der Katastrophe des jüdischen Volkes und der Errichtung des jüdischen Staates („Von der Shoah zur Auferstehung“) herstellte, sondern es entfaltete sich auch eine politische Kultur, die das Andenken des Holocaust wirtschaftlich materialisierte, zur Legitimation politischer Entscheidungen, zuweilen gar militärischer Aktionen vor der „Weltöffentlichkeit“ heranzog, dabei auch immer mehr die (nach „innen“ kohäsiv wirkende) Mentalität des Mißtrauens gegenüber der „übrigen Welt“ („Die ganze Welt ist gegen uns“) entwickelte,'eine Mentalität, in der sich das vom Holocaust geprägte „Opfer“ -Bewußtsein mit der Ausrichtung auf (militärische) Macht samt legitimierter Gewalt merkwürdig verbindet. Daß dabei die objektiven Zustände des nahöstlichen Zusammenhangs das Gefühl des Belagert-seins und der nötigen Abschottung speisen mögen, ändert nichts daran, daß die Art und Weise, wie der Holocaust ausgelegt und als Grundmatrix psychischer Legitimation des perpetuierten Gewaltzustandes genutzt wird, einen ausgesprochen ideologischen Charakter aufweist.

Nicht von ungefähr entwickelte sich im Laufe der Zeit eine Alltagsrhetorik, die sich manchmal fast wie eine Subkultur der Holocaust-Banalisierung ausnimmt: Es mutet mehr als merkwürdig an, daß gerade in Israel, wo man stets auf der Einzigartigkeit des Holocaust besteht, wo die herausragenden Shoah-Historiker jedem ideologiekritischen Ansatz einer Hinterfragung der „Singularitäts" -Ideologie mit vehementer historischer Argumentation begegnen, wo über Jahrzehnte jeglicher (wie immer an-oder unangemessene) Vergleich des Holocaust mit anderen Völkermorden der Neuzeit (z. B.dem von den Türken an den Armeniern verübten Genozid) als Tabubruch galt, der Holocaust zur abgedroschenen Phrase im alltäglichen Diskurs werden konnte, und zwar so sehr, daß man zuweilen den Eindruck gewinnen mag, in keinem Land der Welt wird der Holocaust so versimpelt und banalisiert, wie gerade im Land der Juden.

Das hat nichts mit dem Stand der israelischen Holocaust-Geschichtsschreibung zu tun -die ist auf höchstem Niveau. Das hat auch nichts zu tun mit dem traumatischen Stellenwert, den der Holocaust im (wie immer differenzierten) Weltverständnis aller Juden nach dem Zweiten Weltkrieg einnimmt -wer wollte diesen leugnen. Das hat vielmehr mit der ideologischen (also wesentlich heteronomen) Vereinnahmung des Holocaust und der zunehmenden Fetischisierung seines Andenkens im Kontext der israelischen politischen Kultur zu tun. Aus ebendiesem Kontext erklärt sich denn auch die (wiederum ideologisierende) Wende, die das Holocaust-Andenken in den letzten Jahren erfährt; im Zuge der durch strukturelle Umbrüche bewirkten Risse in der staatstragenden zionistischen „Schmelztiegel“ -bzw. Einheitsideologie läßt sich allmählich seine innerisraelische Parzellierung ausmachen: Orthodoxe Juden erwehren sich der dominanten säkular-zionistischen Holocaust-Narration; orientalische Juden instrumentalisieren das Andenken des Holocaust in ihrem ressentimentgeladenen, antiaschkenasischen Diskurs; viele der aus Rußland nach Israel emigrierten Juden messen dem Holocaust einen vom gängigen (d. h. ideologisch kanonisierten) israelischen Verständnis deutlich abweichenden Stellenwert bei; schon gar nicht zu sprechen von der Beziehung israelischer Araber zu diesem „europäischen“ Ereignis

Wie sich an Katzmans Artikel feststellen läßt, deutet sich indes in den letzten Jahren auch eine allgemeinere Wende im israelischen Holocaust-Diskurs an: Das Bewußtsein seiner von der hegemonialen Ideologie gespeisten Instrumentalisierung hat einen (vorerst freilich durchaus marginalen) kritischen Gegendiskurs ausgelöst, der darauf angelegt ist, die ideologische Funktion des „zionisierten" Holocaust-Andenkens zu hinterfragen. Daß dabei unter anderem die (hier nur kurz dargelegten) strukturellen Diskrepanzen zwischen dem Holocaust und seiner zionistischen Rezeption -mithin die Problematik der Begegnung zwischen den Holocaust-Überlebenden und den alteingesessenen Juden in Palästina bzw.dem israelischen Establishment in den Anfangsjahren des Staates -neu zur Sprache kommen und bewertet werden, mag sich für führende Sprecher der israelischen Historikerzunft als das verwerfliche Treiben von „neumarxistischen, neukommunistischen, postmodernistischen Ideologen“, die ja nur eine „alte antizionistische These“ wiederholen, darstellen geht aber am eigentlichen Problem vorbei. Denn nicht die im israelischen Generaldiskurs auftauchenden neuen Stimmen sind ideologisch, sondern vielmehr deren Apostrophierung als solche und der damit einhergehende Versuch, sie aus diesem Diskurs auszugrenzen. Damit verschließt man sich jedoch der Einsicht, daß diese neue Perspektive der israelischen Holocaust-Rezeption nicht in einem Vakuum entstanden ist: Die inneren Widersprüche und Konfliktpotentiale des Zionismus sind es, die immer deutlicher an die Oberfläche gelangen, und am 50. Jahrestag der Staatsgründung Israels (bzw.dem 100. Jubiläum des ersten zionistischen Weltkongresses) stünde es, wie man meinen sollte, gerade besagten führenden israelischen Historikern gut an, sich diesbezüglich einige Fragen eben auch im Hinblick auf die bislang nie ernsthaft hinterfragte Holocaust-Rezeption in Israel zu stellen.

IV. Holocaust-Rezeption in Deutschland

So vermeintlich eindeutig sich die Holocaust-Rezeption in Israel als dem (neuen) Land der Opfer gestaltete, so unzweifelhaft erschien auch die Deutschland als dem Land der Täter auferlegte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Während indes Israel erst gegründet, das Kollektiv-subjekt des erinnernden Andenkens mithin erst konstituiert werden mußte, stellte sich für Deutschland die Frage ganz anders dar: Es gab ja nicht ein, sondern zwei Deutschland. Da sich aber die DDR als Erbin des antifaschistischen Deutschland verstand, sich somit der Auseinandersetzung mehr oder weniger lapidar entzog, sah sich die Bundesrepublik, Bastion des vom Westen im Zuge des inzwischen ausgebrochenen Kalten Krieges neukonzipierten „anderen Deutschlands“, genötigt, das ideologisch-politische Reinigungsritual der sogenannten „Vergangenheitsbewältigung“ zu übernehmen

Im August 1960 wurde Karl Jaspers vom Publizisten Thilo Koch für das deutsche Fernsehen interviewt. Im Laufe des Gesprächs nannte Jaspers die Forderung nach der Wiedervereinigung Deutschlands „politisch und philosophisch in der Selbstbesinnung irreal“, da der Gedanke der Wiedervereinigung darauf beruhe, „daß man den Bismarck-Staat für den Maßstab nimmt“: Der Bismarck-Staat solle wiederhergestellt werden, obwohl er doch „durch die Ereignisse unwiderruflich Vergangenheit“ sei. Die Forderung der Wiedervereinigung, sagte der Philosoph, sei eine Folge der Wei-gerung, anzuerkennen, was geschehen ist. Man gründe eine Rechtsforderung auf etwas, das durch Handlungen verschwunden sei, „die dieses ungeheure Weltschicksal heraufbeschworen haben und die Schuld des deutschen Staates sind“. Gerade diese Handlungen nun wolle man nicht anerkennen. Es habe also keinen Sinn mehr, die deutsche Einheit zu propagieren, „sondern es hat nur einen Sinn, daß man für unsere Landsleute wünscht, sie sollen frei sein“

Wie erwartet, riefen seinerzeit Jaspers Worte, besonders der offen artikulierte Primat der Freiheit vor der Einheit, heftige Reaktionen hervor. Vertreter aller Parteien in der westdeutschen Hauptstadt widersetzten sich nahezu einhellig den aufgestellten Behauptungen, während in der Presse und den elektronischen Massenmedien eine breite öffentliche Debatte entbrannte. Etwa zehn Tage nach dem Jaspers-Interview moderierte Thilo Koch eine Fernsehgesprächsrunde über die provokanten Aussagen des Philosophen. Spiegel-Redakteur Rudolf Augstein trat in dieser Sendung als ausgesprochener Befürworter der Einheitsidee auf. Er behauptete wiederholt, in der gegebenen Situation sei eine „philosophische Warte“, die die Notwendigkeit zweier deutscher Staaten dekretiere, „verderblich“, zumal Jaspers es nirgendwo sichtbar gemacht habe, wieso eine moralische Verpflichtung bestehen soll, auf die Wiedervereinigung zu verzichten. Nicht um eine philosophische Haltung handle es sich hier, behauptete Augstein, sondern um eine „pseudophilosophische Begründung“ für eine letztlich „politische Frage“, ein Argument, das von Jaspers’ „Ressentiment gegen das Bismarck-Reich“ herrühre. Gleichwohl, hob Augstein hervor, stimme er mit Jaspers darin überein, „daß wir tatsächlich die Konsequenzen unseres Tuns, und es war unser Tun, zu tragen haben, daß wir mithaften“

Dreißig Jahre später, im Februar 1990, drei Monate nach dem Fall der Mauer in Berlin und rund sieben Monate vor dem offiziellen Zusammenschluß der beiden deutschen Staaten, wurde Augstein zu einem weiteren Fernsehgespräch zum Thema der Wiedervereinigung eingeladen, diesmal gemeinsam mit Günter Grass Im Verlauf der Debatte erwies sich Grass als Befürworter von Jaspers’ alter These: Er erklärte unter anderem, Auschwitz sei für ihn „die große Schwelle, die Schamschwelle“, die mitbedacht werden müsse bei jedem politischen Versuch, in Deutschland etwas neu zu gestalten. Aus einer Konföderation der beiden Staaten, meinte er, ließe sich etwas schaffen, das sowohl „dem ersten Gebot der Freiheit Genüge tut“, als auch „eine Form von Einheit gewährleistet, die für uns erträglich ist, die mehr ist, als eine bloße Wiedervereinigung und die gleichzeitig von unseren Nachbarn akzeptiert werden kann“ 13. Demgegenüber trat Augstein als konsequenter Vertreter seiner dreißig Jahre alten Forderungen auf, diesmal freilich von einer real-politisch-nüchternen Warte argumentierend: „Der Zug“ sei ohnehin „abgefahren“ » zumal die Wiedervereinigung angesichts des DDR-Bankrotts eine zwangsläufige Notwendigkeit geworden sei, mag man sie nun wollen oder nicht. Auf Grass’ moralische Einwände eingehend, beteuerte er, daß wohl niemand, der nicht direkt betroffen sei, Auschwitz fürchterlicher finden könne als er, daß er gleichwohl meine, man dürfe es nicht in der praktischen Politik perpetuieren; darüber hinaus sei es ohnehin nicht konstituierend „für den künftigen Lauf der Welt“

Die Teilung Deutschlands (bzw.seine Wiedervereinigung) erwies sich, so besehen, schon frühzeitig als latente Matrix der bundesrepublikanischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Was sich indes in der regierungspolitischen Ausrichtung der konservativen, auf „glatten“ Übergang bedachten Nachkriegsära an der Doktrin einer anzustrebenden Wiedervereinigung Deutschlands und einer auf „Wiedergutmachung“ zielenden Beziehung zu Israel festmachte, wies in der -dem restaurativen Klima der fünfziger Jahre zunehmend zuwiderlaufenden -politisch artikulierten öffentlichen Sphäre der alten Bundesrepublik eine andere Färbung auf. Die von der Neuen Linken ausgehende Kritik der bestehenden Verhältnisse zeichnete sich durch ihren brisanten antiautoritären Charakter aus, wobei die Auflehnung gegen die traditionellen Autoritäten sich mutatis mutandis als konkrete Auseinandersetzung mit der deutschen Katastrophengeschichte im 20. Jahrhundert verstand, ihre moralische Legitimation mithin aus der kompromißlosen „Abrechnung“ mit der Nazi-Vergangenheit der Eltern bezog. Dieser Topos entwickelte sich späterhin zum integralen Bestandteil der politisch-ideologischen Ausrichtung großer Teile der deutschen Intelligenz.

Noch 1988 sprachen alle Teilnehmer/innen an einer unter deutschen Schriftsteller/innen durchgeführten Umfrage -gefragt, was es für sie bedeute,„gegenwärtig ein deutscher Schriftsteller zu sein“ -von „Scham, Trauer, einem Bewußtsein der Schuld oder der Verantwortung“, oder wie es bei Günter Kunert hieß: „Unentrinnbar vermengt Heinrich Heine und Heinrich Himmler, Weimar und Buchenwald, grandiose Meisterwerke der Kunst und zugleich der Tod als Meister aus Deutschland.“ Peter Sloterdijk brachte die diesen Empfindungen zugrunde liegende mentale Matrix auf den Punkt, als er (im Dezember 1989) schrieb: „So nahe am Schrecken geboren zu werden, bedeutet, wenn nicht für eine ganze Generation, so doch für die Jahrgänge, die heute um die Vierzig sind, in eine Welt gekommen zu sein, in der die Menschen es noch nicht wiedergelernt haben, für sich selbst und füreinander zu garantieren.“ Das so geprägte mentale Muster manifestierte sich vor allem in einem weitverbreiteten Zurückschrecken vor dem Nationalen, was sich sowohl in der Rechtfertigung der deutschen Teilung als zu bezahlender Preis für den von den Nationalsozialisten entfachten Krieg als auch in einer eher grundsätzlich verstandenen Ablehnung der Wiedervereinigung niederschlug, wobei sich eine solche Ablehnung durchaus auch als politischer Ausdruck der nicht nur latenten Furcht vor dem nationalistischen Aggressionspotential eines wiedervereinigten Deutschlands verstand.

So politisch aufgeladen diese Einstellung freilich sein mochte, so irrelevant in der konkreten Auseinandersetzung erwies sie sich, als dann die Vereinigung der beiden deutschen Staaten konkret bevorstand. Es reicht, an die Worte zu denken, die der Schriftsteller Otto Kallscheuer in der methodisch angeeigneten Rolle eines linken Kollektiv-Ichs an die DDR-Deutschen richtete, um einiges über das Verhältnis der Grünen (genau besehen freilich aller Nachläufer der Achtundsechziger-Bewegung und der deutschen Linken überhaupt) zum Nationalen zu erfahren: „Für uns war die Mauer zwar politisch ein Verbrechen, aber anders als für Euch lebensgeschichtlich kein dramatisches Problem; dieser , andere 4, angeblich , bessere 4, (offiziell) antifaschistische und (nach innen) antidemokratische deutsche Staat interessierte uns’ existentiell nicht besonders.“ Die DDR, heißt es weiter, war für die westliche Linke „eine black box (oder eine Projektionsfläche)“ geblieben Übergeht man hierbei die larmoyante (Selbst-) Bezichtigung der westlichen Linken eines Desinteresses am „Existentiellen“ in der DDR, begreift man sehr wohl, wie es dazu kam, daß die Grünen im Wiedervereinigungsjahr zum organisierten Sammlungsort derer werden konnten, denen die Vereinigung („entweder absolut oder wegen der Umstände“) gegen den Strich ging Dies erfordert freilich eine weitere Erörterung.

In seinem Buch „Volk ohne Zeit“ stellt Lothar Baier folgende Behauptung auf: „Die Berliner Mauer, obgleich ein Erzeugnis des Kalten Krieges, wurde von vielen, bewußt oder unbewußt, als ein Bauwerk wahrgenommen, das in einem unbestimmten Zusammenhang mit Auschwitz stand, jedenfalls als ein Symbol der fortdauernden und im Hinblick auf die Schwere des Verbrechens nicht übertriebenen Bestrafung akzeptiert werden konnte.“ Seit der Nacht der Maueröffnung, heißt es dann weiter, angesichts der „bevorstehenden Lösung“ der historischen „deutschen Frage“, erübrige sich nunmehr die Auseinandersetzung der Deutschen mit ihrer Vergangenheit: „Keine Klage mehr über verpaßte historische Chancen und verhängnisvolle Sonderwege.“ Und das, so will es scheinen, ist des Pudels Kern: In der Tat stellte sich die DDR der deutschen Linken seit jeher vornehmlich als opportune Fläche für die Projektion der aus der deutschen Vergangenheit zu ziehenden historischen „Lehren“ dar. Als nun aber diese „Lehren“ sozusagen objektiv „revidiert“ wurden, als sich unzweideutig herausstellte, wer als Sieger aus dem Kalten Krieg hervorgegangen war, kurz, als sich der ostdeutsche Staat (aus „eigenem Willen“) in vermeintliches Wohlgefallen auflöste, wurde der Linken das Wenige, das sie noch hatte, weggenommen: die Projektionsfläche, deren sie sich bei ihrer zukunftslosen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bedient hatte. Dies verwundert keineswegs. Denn nachdem sich die ehemalige Neue Linke (die in ihren außerparlamentarischen Glanzzeiten noch sehr wohl zu begründen wußte, warum man vom Faschismus zu schweigen habe, wenn man nicht vom Kapitalismus reden will) etabliert und sich in ein rosa-grün linkelndes Konglomerat verwandelt hatte, gliederte sie sich nicht nur sehr bald ins Lager der deutschen Sozialdemokratie ein, sondern richtete sich überhaupt recht komfortabel im kraftstrotzenden kapitalistischen Establishment der westdeutschen Republik ein. Nicht von ungefähr meinte der PublizistUlrich Greiner etwa zwei Jahre nach der Vereinigung lakonisch, die deutsche Linke gäbe es nicht mehr

Und dennoch, trotz des trist anmutenden Verblassens der Linken angesichts der welthistorischen Entwicklungen der letzten Jahre, kann man die bedeutende Rolle nicht hoch genug einschätzen, die die Neue Linke bei der westdeutschen Auf-und Verarbeitung der Nazi-Vergangenheit gespielt hat, indem sie diese -unentwegt und rigoros thematisierend -auf die öffentlich-politische Tagesordnung setzte. Wolfgang Mommsen meint, die studentischen Proteste seien, wenn auch in „äußerst diffuser Form“, gegen „das Unvermögen der älteren Generation, der Gesellschaft moralische Ziele vorzugeben, und gegen deren Schweigen über die eigene Verwicklung in die Ereignisse der jüngeren deutschen Vergangenheit“ gerichtet gewesen. Er zitiert in diesem Zusammenhang Wolf Biermanns Diktum, die Studentenbewegung sei unter anderem von der „Geschichtslosigkeit der Alten“ angetrieben worden Auch Jürgen Habermas bemerkt: .. die 68er Generation war wohl in Deutschland wirklich die erste, die sich nicht gescheut hat, face to face Erklärungen zu fordern von den Eltern, den Älteren überhaupt, in der Familie, vor dem Bildschirm usw.“. Der Studenten-protest „war auch die Inszenierung einer öffentlichen, jedoch ins Private hineinreichenden, manchmal etwas selbstgerechten Abrechnung mit dem kollektiven Ausweichen vor der deutschen Verantwortung, der historischen Haftung für den Nationalsozialismus und dessen Greuel“

Mommsen distanziert sich zwar vom „völlig schematischen Geschichtsverständnis“ der damaligen linken Studenten, wie denn auch Habermas von deren „großenteils eher klischeehaften Vorstellungen vom Faschismus“ redet; und doch heben beide die wichtige katalysatorische Funktion hervor, die die Studentenbewegung erfüllt hat (eine, wie Habermas meint, keineswegs selbstverständliche Leistung in einem Land, in dem es Jahrzehnte lang zur Normalität gehörte, „daß Gruppierungen links von der SPD, oft schon links von der Mitte der SPD, aus dem politischen System ausgegrenzt wurden“ Gleichwohl -vielleicht auch gerade deshalb -wurde vor wenigen Jahren die Warnung vor einer möglichen Entwicklung der Grünen zur „linken Variante der , Gnade der späten Geburt 1“ hörbar, einer Entwicklung, die sich vermeintlich in die seit dem Ende der siebziger Jahren verbreitete Tendenz zum „gleichgültigen Vergessen“ einfügte Es scheint sich indes hierbei um eine Luxuskritik zu handeln: Sie richtet sich gegen das im anstehenden Zusammenhang eher irrelevante Objekt, es sei denn, man verbindet sie (direkt oder auch unterschwellig) mit dem ideologischen Vorwurf eines angeblichen „üblen , Antizionismus 1“ der Linken

V. Gedenken versus Vergessen: Zweierlei Holocaust?

Diese (zwar politisch, wenn auch „außerparlamentarisch“ bestimmte) Entwicklung der Vergangenheitsaufarbeitung in der alten Bundesrepublik darf freilich nicht vergessen machen, daß sich nicht nur das politische Establishment frühzeitig schon mit der Vergangenheit gleichsam „arrangierte“ (wobei die Instrumentalisierung des Holocaust durch Israel das komplementäre Gegengewicht der Materialisierung der Sühne durch Deutschland erfuhr), sondern daß es auch öffentliche, besagten linken Denkansätzen zuwiderlaufende Gegendiskurse gab. Als wohl brisantester Kulminationspunkt vor der Wiedervereinigung darf in diesem Zusammenhang der Historikerstreit Mitte der achtziger Jahre gewertet werden. Diese zwar akademisch angesetzte, jedoch sehr bald nach ihrem Beginn schon auf Medien-und Breitenwirksamkeit ausgerichtete Debatte unterschied sich von allem, was sich bis dahin im Bereich der Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit zugetragen hatte, darin, daß wohl zum ersten Mal die Relativierung des Holocaust (bzw. die Hinterfra-gung der mit Bezug auf ihn aufgestellten Singularitäts-Doktrin) nicht nur von amtscharismatisch kompetenter Stelle harsch formuliert, sondern ihre öffentliche Diskussion auch mutatis mutandis legitimiert wurde. Von geringerer Bedeutung ist hierbei, daß das sich dieser Tendenz widersetzende akademische und publizistische Lager augenscheinlich „Sieger“ blieb; bedenkt man, mit welcher Gier man sich wenige Jahre danach, kurz nach der Wiedervereinigung, an die diskursive „Ersetzung“ der braunen durch die rote, also der Nazi-durch die Stasi-Vergangenheit heranmachte (mithin ein neues, „dringlicheres“, vermeintlich symmetrisches, jedenfalls bequemeres Objekt der „Bewältigung“ schuf), mag der Verdacht aufkommen, daß der gesamtdeutsche Diskurs über die deutsche Vergangenheit bei aller (bis vor einiger Zeit noch vorwaltenden) Ideologiekritik doch um einiges ideologischer -also von heteronomen Interessen bestimmt -ist, als es den Anschein haben mag.

Zum Wesen jeglichen Verdrängten gehört es freilich, daß es sich stets ein Anrecht auf Wiederkehr vorbehält. Gerade in den Jahren nach der Wiedervereinigung -und trotz diverser, mehr oder weniger zögernder Versuche der Neubestimmung eines deutschen Nationalismus -wurde die deutsche Öffentlichkeit von einer Reihe teils heftigster Debatten um die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit angerührt. Drei große Streitdiskurse dürften hierbei als herausragend gelten: die Mahnmal-Debatte, die Goldhagen-Debatte und die Debatte um die Wehrmachtsausstellung. Es ging (und geht) bei der ersten um Gedenkpolitik, genauer: um die Frage adäquaten institutioneilen Andenkens, wobei sich Inhaltliches (welches gleichwohl sehr bald ins Politische überging), nämlich die Frage nach der spezifischen oder eben unspezifischen Identität der zu gedenkenden Opfer, und Fragen der Form, nämlich der ästhetischen Gestaltung des (als Mahnmal) objektivierten Gedenkens miteinander vermengten. Die Verlagerung des Auschwitz-Diskurses ins Ästhetische hatte dabei nur noch am Rande etwas mit der diesbezüglich von Adorno seinerzeit aufgeworfenen Fragestellung zu tun -dafür waren das Problem und seine angestrebte „Lösung“ schon zu sehr institutionalisiert, um nicht zu sagen: verstaatlicht. Bei der Debatte um die Wehrmachtsausstellung ging es um die (wie auch immer von quasi „sachfremden“, politischen Interessen motivierte gleichsam „genaue“ Begrenzung der in die Schuld miteinzubeziehenden Körper des NS-Regimes, wenn man will: um eine Umverteilung der vermeintlich allzu pauschalisierten Dispersion der Verbrechen. Was dabei „sauber“ gehalten -gewissermaßen „gerettet“ -werden sollte, war nicht nur die Wehrmacht samt traditionellem deutschen Soldatenethos, sondern auch das, was an den Deutschen (mithin an Deutschland) selbst noch im schlimmsten Exzeß des verbrecherischen Staates unbescholten geblieben war. Man darf sich dabei nicht dadurch täuschen lassen, daß die Unbescholtenheitsargumente von rechter bzw. rechtsradikaler Seite kamen; allein schon die Tatsache, daß Altbekanntes, für Fachhistoriker längst zur Selbstverständlichkeit Gewordenes sich zum öffentlichen Eklat entwickeln konnte (und noch immer kann), verweist auf etwas Neuralgisches, das über besagte Gruppen von „Spinnern“ hinausgeht.

Die Goldhagen-Debatte hing mit diesem letzter-wähnten Moment eng zusammen, wobei es hier freilich schon nicht nur um eine paradigmatisch gedeutete Einzelinstitution ging, sondern um nichts weniger als das gesamte deutsche Volk und seine neuzeitliche Geschichte. Es sollte gleichwohl der Unterschied bemerkt werden, daß, während im Fall der Wehrmachtsausstellung die fachlich ausgearbeitete „historische Wahrheit“ einen Anspruch auf eine kaum zu erschütternde Gültigkeit erheben durfte, bestimmte Teile des Publikums diese jedoch ideologisch schlicht nicht zu akzeptieren vermochten, Goldhagens Bestseller -gelinde gesagt -problematisch ist, dementsprechend von der Historikerzunft fast einhellig attackiert, von großen Teilen des deutschen Lese-publikums indes „begrüßt“ oder doch mit bemerkenswertem Wohlwollen aufgenommen wurde. Zu bedenken ist freilich darüber hinaus der von Hanno Loewy, Direktor des Fritz-Bauer-Instituts, gemachte Hinweis darauf, daß das Buch bereits „verrissen“ war, noch ehe es in Deutschland überhaupt zu kaufen war: „Wieso schlagen die Wellen jetzt so hoch? Soll hier ein offenkundig schwaches Buch ein ebenso offenkundig starkes Thema . erledigen “ Eine gute Frage mit mehr als nur einer möglichen Antwort.

Vieles ließe sich dem hinzufügen. Eines scheint sich indes auch bei dem bisher Dargelegten deutlich abzuzeichnen: Bei aller Komplementarität und trotz einer parallelen Ideologiefunktion des Holocaust-Andenkens in Israel und Deutschland hat man es offenbar mit zweierlei Holocaust zu tun. Nicht nur die unterschiedlichen Perspektiven des „Opfer“

-bzw. „Täter" -Landes spielen dabei eine gravierende Rolle, auch nicht nur die Unterscheidung zwischen dem Holocaust als einem historischen Ereignis und dem „Holocaust“ als Projektionsfläche für heteronom geprägte Interessen, sondern auch die (beidem verschwisterte) primär politisch-ideologische Dimension des „Erinnerns“ in Israel und des „Entsorgens“ (oder wenn man will: „erinnernden Vergessens") in Deutschland. In einer Zeit, in der die Generation der Täter und der überlebenden Opfer allmählich ausstirbt, das Geschichtsereignis Holocaust also endgültig zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft bzw. anderer historischer Erinnerung wird, sollte die hier erörterte ideologische Komponente beider Holocaust-Perspektiven besonders bedacht werden. Zu schnell würde man sonst das Unsägliche sowohl in Deutschland als auch in Israel vergessen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Vgl. Francois Furet, 1789 -Vom Ereignis zum Gegenstand der Geschichtswissenschaft, Frankfurt a. M. -Berlin -Wien 1980.

  2. Vgl. ebd., S. 8.

  3. Vgl. Michal Bodemann, Gedächtnistheater. Die jüdische Gemeinschaft und ihre deutsche Erfindung, Hamburg 1996.

  4. Vgl. Avi Katzman, Bei Professor Goldhagen hört es sich fast einfach an, in: Ha’aretz vom 25. 11. 1997, S. A 2 (hebräisch).

  5. Vgl. Moshe Zuckermann, Fluch des Vergessens. Zur innerisraelischen Diskussion um den Holocaust, in: Babylon -Beiträge zur jüdischen Gegenwart, 4 (1988), S. 63 ff.

  6. Vgl.ders., Die eigentliche Bewährungsprobe steht noch aus. Der Friedensprozeß und die israelische Gesellschaft, in: Vereinte Nationen, 45 (1997) 6, S. 199 ff.

  7. Vgl. Azmi Bishara, Die Araber und der Holocaust -Die Problematisierung einer Konjunktion, in: Zmanim, 53 (1995), S. 54-71 (hebräisch).

  8. So kürzlich Yehuda Bauer in einem in Deutschland veröffentlichten Interview. Vgl. Kompromiß oder Hundertjähriger Krieg, in: Freitag vom 23. 1. 1998, S. 13.

  9. Einige der nun folgenden Darlegungen sind einem in Kürze erscheinenden Buch von mir -Zweierlei Holocaust. Der Holocaust in den politischen Kulturen Israels und Deutschlands -entnommen.

  10. Zit. in: Rudolf Augstein/Günter Grass, Deutschland, einig Vaterland, Göttingen 1990, S. 19 f.

  11. Ebd., S. 33.

  12. Vgl. ebd., S. 51-90.

  13. Ebd., S. 56.

  14. Günter Kunert, Notgemeinschaft, in: Francois Barthelemy/Lutz Winckler (Hrsg.), Mein Deutschland findet sich in keinem Atlas, Frankfurt/M. 1990, S. 33.

  15. Peter Sloterdijk, Versprechen auf Deutsch, Frankfurt a. M. 1990, S. 17.

  16. Otto Kallscheuer, Welcome to the Club!, in: Arthur Heinrich/Klaus Naumann (Hrsg.), Alles Banane. Ausblicke auf das endgültige Deutschland, Köln 1990, S. 135 f.

  17. Vgl. Georg Fülberth, Gewonnen haben die Sieger, in:

  18. Lothar Baier, Volk ohne Zeit, Berlin 1990, S. 69.

  19. Ebd., S. 70.

  20. Vgl. Ulrich Greiner, Flucht in die Trauer, in: Die Zeit, Nr. 39/1992, S. 69.

  21. Wolfgang J. Mommsen, Nation und Geschichte. Über die Deutschen und die deutsche Frage, München 1990, S. 190 f.

  22. Jürgen Habermas, Interview mit Angelo Bolaffi, in: ders., Die nachholende Revolution, Frankfurt a. M. 1990, S. 23.

  23. Ders., Die Stunde der nationalen Empfindung, in: ebd.,

  24. Charles S. Maier, Die Gegenwart der Vergangenheit, Frankfurt/M. 1992, S. 205.

  25. Ebd., S. 201. Es handelt sich hierbei um eine manipulative Verbindung, deren Zweck es ist, die „Sühne“ mittels einer verdinglichten „Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit“ zu einem ständig „positiven“ (wesentlich unkritischen) Verhältnis dem Staat Israel gegenüber umzufunktionieren, wie immer seine politischen bzw. militärischen Aktionen geartet sein mögen. Natürlich darf man die in vermeintlich sachlichen „Antizionismus“ gehüllten Erscheinungen des Antisemitismus nicht unterschätzen, man muß sich aber vor allem vor einer pauschalen Antisemitisierung jeder Auffassung, die sich der ideologischen Koppelung der Erinnerung an den Holocaust der Juden an die bedingungslose Identifikation mit ihrem Land widersetzt, hüten.

  26. Vgl. James E. Young (Hrsg.), Mahnmale des Holocaust. Motive, Rituale und Stätten des Gedenkens, München -New York 1995; Stefanie Endlich/Thomas Lutz, Gedenken und Lernen an historischen Orten, Berlin 1995; vgl. auch die Ausschreibung zum Künstlerischen Wettbewerb: Denkmal für die ermordeten Juden Europas, Berlin 1994.

  27. Vgl. Detlev Claussen, Das politische Denken wird ersetzt durch Konfessionen, in; Perspektiven, 31 (1997), S. 27.

  28. Hanno Loewy, Wider die allzu schnelle Erledigung, in: Frankfurter Rundschau vom 15. 6. 1996, S. 18.

Weitere Inhalte

Moshe Zuckermann, Dr. phil., geb. 1949; Studium der Soziologie, Politologie und Geschichte an der Universität Tel-Aviv; seit 1990 am Cohn Institute für Geschichte und Philosophie der Geistes-und Sozialwissenschaften. Veröffentlichungen u. a.: Das Trauma des „Königsmordes“. Französische Revolution und deutsche Geschichtsschreibung im Vormärz, Frankfurt a. M. 1989; Shoah in the Sealed Room. The „Holocaust“ in Israeli Press During the Gulf War, Tel-Aviv 1993 (hebräisch); Zweierlei Holocaust. Der Holocaust in den politischen Kulturen Israels und Deutschlands, Göttingen 1998.