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Editorial | Wissen | bpb.de

Wissen Editorial Was ist Wissen? Einige philosophische Überlegungen Geschichtetes und Geschichtliches. Alte und neue Ordnungen des Wissens Von Enzyklopädien zu Wikipedia und zurück? Corona-Proteste und das (Gegen-)Wissen sozialer Bewegungen Wissenschaftliche Politikberatung in Krisenzeiten Migrationswissen. Das Beispiel der Bundesrepublik Deutschland aus zeithistorischer Sicht

Editorial

Johannes Piepenbrink

/ 2 Minuten zu lesen

"Als Wissen wird üblicherweise ein für Personen oder Gruppen verfügbarer Bestand von Fakten, Theorien und Regeln verstanden, die sich durch den höchstmöglichen Grad an Gewissheit auszeichnen, so dass von ihrer Gültigkeit bzw. Wahrheit ausgegangen wird." So heißt es in der deutschsprachigen Version des bekanntesten Online-Lexikons, das im Januar 2021 seinen 20. Geburtstag feiert: Wikipedia. Die Plattform ist inzwischen selbst Teil der menschlichen Wissensinfrastruktur, gehört sie doch zu den meistfrequentierten Internetseiten überhaupt. Was dabei leicht übersehen wird: Mit ihrem aufklärerischen Anspruch, Wissen zu verbreiten, steht sie durchaus in der Tradition der alten gedruckten Enzyklopädien, die sie weitgehend verdrängt hat.

Die heutige einfache und nahezu unbegrenzte Verfügbarkeit von Informationen täuscht bisweilen darüber hinweg, dass wissenschaftlich abgesicherte Wissensproduktion langwierig und mühsam ist. Umso schwieriger ist es offenbar auszuhalten, wenn zu einem drängenden Problem zu wenig gesichertes Wissen vorliegt, um (bewusst) sinnvoll handeln zu können. Dies führt einmal mehr die derzeitige Covid-19-Pandemie vor Augen, bei der gerade zu Anfang kaum Wissen darüber vorlag, wie sich das neuartige Coronavirus verbreitet und wie es im menschlichen Körper wirkt. Unterschiedliche wissenschaftliche Positionen drohen in einer solchen Situation politisiert und einfache Antworten bevorzugt zu werden.

Die umfassende digitale Vernetzung begünstigt dabei nicht nur die Verbreitung erwiesener wissenschaftlicher Erkenntnisse, sondern auch die von "alternativen Fakten" und "gefühltem Wissen". Der Unterschied zwischen Wissen und bloßem Glauben wurde indes bereits im 18. Jahrhundert in "Zedlers Universal-Lexicon" betont: "Wissen, Latein. Scire, heisset, aus ungezweifelten Gründen etwas durch Schlüsse herausbringen. (…) Wissen und Glauben sind zweyerley Dinge; Und wo das erstere sich findet, hat man des letztern nicht vonnöthen."