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Das Internet, unendliche Weiten - und viele Beteiligte | Wer regiert das Netz? | bpb.de

Das Internet, unendliche Weiten - und viele Beteiligte

Jürgen Kuri

/ 4 Minuten zu lesen

Das Netz ist überall und wir mittendrin. Die wenigsten Nutzer/-innnen wissen aber, wie es eigentlich funktioniert. Welche Sprache Router miteinander sprechen und warum Umleitungen anders als im Straßenverkehr im Internet eine gute Sache sind, erklärt uns der stellvertretende Chefredakteur von Heise.de, Jürgen Kuri.

Bilder vom Internet: sie sehen immer gleich aus. Server hier, Kabel da. Doch was steckt noch so im und hinter dem Netz? (dvanzuijlekom) Lizenz: cc by-sa/3.0/de

Ein Netz der Netze - das ist wohl die passendste Umschreibung für das Internet. So unterschiedlich wie die Betreiber der einzelnen Netze können auch die Techniken sein, die eingesetzt werden - bis auf einige grundlegende Protokolle, also Regeln und Standards, wie Daten ausgetauscht werden und wie sie den Weg vom Sender zum Empfänger und zurück finden. Das zentrale Protokoll, über das im Internet alle Daten ausgetauscht werden und das alle Netze, die das Internet bilden, verstehen, ist das Externer Link: TCP/IP-Protokoll (Transmission Control Program/Internet Protocol). Dieser Standard legt fest, wie Daten transportiert werden und wie die Daten ihren Empfänger finden. Die sogenannten Externer Link: IP-Adressen sind die grundlegende Adressierungsmethode im Internet. Die Namen beziehungsweise URL's, unter denen man bestimmte Anbieter oder Dienste erreicht, werden intern in diese aus Zahlenfolgen bestehenden Adressen übersetzt. Zuständig dafür ist das Externer Link: DNS (Domain Name System (DNS) .

Wer ein Netz betreibt, dafür gibt es eigentlich keine Regeln. Die einzelnen Netze (Autonomous Systems genannt), die zusammen das Internet ergeben, werden beispielsweise von Internet-Providern und Telefonie-Anbietern wie der Deutschen Telekom oder Vodafone und von großen Firmen wie etwa IBM oder Microsoft betrieben. Auch staatlich betriebene oder zumindest scharf kontrollierte Netze gibt es, etwa in Nordkorea oder im Iran, in dem die Provider sich an strikte Regeln halten müssen. Zudem bauen spezialisierte Firmen wie etwa Externer Link: Level3 oder Externer Link: Cogent sogenannte Externer Link: Backbones, die als "Rückgrat" des Internets für den zentralen Datentransport zwischen einzelnen Regionen und Kontinenten sorgen.

Nicht jedes einzelne Netz muss aber direkt mit allen anderen Netzen oder mit allen Backbones verbunden sein. Einzelne Netze können direkt zusammengeschaltet werden (Peering genannt) oder es werden viele Netze über sogenannte Peering-Knoten miteinander verbunden. Einer der größten solcher Knoten weltweit ist das De-CIX in Frankfurt am Main, an dem praktisch alle deutschen Internet-Provider und Netzbetreiber angeschlossen sind. Die einzelnen Netze übernehmen dabei auch die Weiterleitung von Daten zwischen Netzen, die nicht direkt zusammengeschlossen sind (Transitverkehr). Die Peering-Knoten werden in der Regel von privatwirtschaftlichen Unternehmen betrieben, das De-CIX z.B. von einer Tochter des deutschen Providerverbands eco.

Über Umwege schneller ans Ziel

Mit TCP/IP als grundlegendem Protokoll sind alle Nutzer/-innen konfrontiert, die ihren Computer, ihr Smartphone oder ihr Tablet ans Internet anschließen wollen. Um Systeme mit IP-Adressen in anderen Netzen zu finden, kommt eine weitere Technik zum Tragen: das Routing. Im Prinzip suchen sich die Daten dabei ihren Weg ans Ziel alleine - mit Hilfe der Router, den Knotenpunkten, die die verschiedenen Netze verbinden. Das kann ein Heimrouter sein, der das lokale Netz ans Internet anschließt, oder das können die Edge-Router sein, die die großen Netze der Provider miteinander verbinden. Ist eine Adresse lokal nicht bekannt, fragt der Router, an den das Netz angeschlossen ist, den nächstgelegenen Router, ob er sie kennt. Wenn nicht, fragt dieser wiederum einen weiteren - und so weiter, bis das Netz erreicht ist, an das das Gerät mit der gewünschten Adresse angeschlossen ist. Die Protokolle, die dafür sorgen, dass dies funktioniert, sind darauf optimiert, den schnellsten Weg zu finden. Die Router können aber auch den Ausfall eines bereits bekannten Weges verkraften: Sie suchen sich einfach einen neuen, indem sie andere Router befragen und Daten entsprechend umleiten.

Namen, statt Zahlen

Ständig mit IP-Adressen arbeiten zu müssen, das wäre natürlich recht umständlich - nicht nur, weil sie schwierig zu merken sind. Das Domain Name System (DNS) sorgt für Vereinfachung, besonders im Web. Systeme und Dienste, die Nutzer/-innen ansprechen wollen, sind über mehr oder weniger aussagekräftige Namen zu erreichen. Die Bundeszentrale für politische Bildung findet man im Web unter Externer Link: www.bpb.de - wobei .de die sogenannte Top Level Domain für Deutschland ist, .bpb die Second Level Domain darstellt, die der Bundeszentrale gehört, und www schlicht den Rechner bezeichnet, der die Dienste der Bundeszentrale im Web bereitstellt. Die IP-Adresse dieses Rechners ist 212.29.25.92 - da ist Externer Link: www.bpb.de doch einfacher zu merken.

Konsenstechnik

All diese Techniken, Protokolle und Standards werden zuallererst nicht von einer staatlichen oder offiziellen Stelle definiert. Anfangs entstand das Netz als Projekt des US-Verteidigungsministeriums, das die Aufgabe, ein Kommunikationsnetz zu entwickeln, an private Firmen vergab. Externer Link: Eine US-Behörde, die dem US-Handelsministeriums untersteht, behält sich bis heute auch das letzte Wort vor, wenn es um Änderungen an der Technik des Internets geht -Externer Link: derzeit laufen aber Verhandlungen auf internationaler Ebene, diese Oberaufsicht über das Internet an internationale Organisationen zu übergeben. Dabei ist umstritten, ob dies etwa unter dem Dach der Vereinten Nationen angesiedelt werden könnte, oder etwa eine neu zu schaffende Organisation mit supranationalem Charakter dafür zuständig sein sollte.

Grundlegende Protokolle werden seit 1986 von der Internet Engineering Task Force (IETF) beschlossen. Die IETF ist zwar eine offiziell dafür zuständige Organisation - eigentlich kann aber jeder Interessierte Mitglied werden, indem er an den vierteljährlichen Meetings teilnimmt. Die meisten Mitglieder kommen von an Netzwerktechnik interessierten Firmen, Universitäten und staatlichen Einrichtungen. Alle Entscheidungen werden dabei im Konsens der auf einem Meeting anwesenden Freiwilligen gefällt.

Aufsicht im Umbruch

Etwas stärker formalisiert ist die Aufgabe, die IP-Adressen und Namen im DNS zu vergeben. Hier ist die ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) zuständig, oder auf nationaler Ebene Organisationen wie die DENIC (Deutsches Network Information Center), die die Verteilung innerhalb des Domain-Raums ".de" regelt. Die ICANN wurde als privatrechtlich verfasste, nicht-kommerzielle Organisation von der US-Regierung 1998 gegründet und ist seither für die Zuweisung von IP-Adressen an Unternehmen und Behörden und die Zuteilung von Namen verantwortlich. Bislang untersteht sie ebenfalls noch der Oberaufsicht durch die US-Regierung; auch die ICANN soll aber in der nächsten Zeit stärker internationalisiert werden.

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Jürgen Kuri ist stellvertretender Chefredakteur bei heise.de, Deutschlands größtem IT-Newsportal. Außerdem ist er Ressortleiter für den Bereich Internet/Netzwerke beim Magazin c’t, seit 2001 ist er dort ebenfalls stellvertretender Chefredakteur.