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Ganz schön vielfältig – die Bevölkerung mit Migrationszuschreibung | Deutschland | bpb.de

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Ganz schön vielfältig – die Bevölkerung mit Migrationszuschreibung

Vera Hanewinkel

/ 4 Minuten zu lesen

Die Bevölkerung Deutschlands ist stark von Einwanderung geprägt. Inzwischen hat jede vierte im Land lebende Person einen Migrationshintergrund.

Zwei Väter verbringen am Rheinufer in Köln mit ihren Kindern einen freien Tag am Wasser. (© picture-alliance/dpa)

Mit dem Mikrozensus 2005 wurde die Kategorie "Interner Link: Migrationshintergrund" eingeführt. Seitdem wird in der Bevölkerungsstatistik nicht mehr nur zwischen deutschen und ausländischen Staatsangehörigen unterschieden. Stattdessen werden nun auch eingebürgerte Eingewanderte und ihre Nachkommen statistisch sichtbar gemacht. Der Definition des Statistischen Bundesamtes zufolge wird einer Person ein Migrationshintergrund zugeschrieben, "wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt." Die Einführung dieser Kategorie sollte es ermöglichen, gesellschaftliche Integrationsprozesse von eingebürgerten Eingewanderten der ersten Generation und ihren Nachkommen zu beschreiben. So zum Beispiel Benachteiligungen, die auf Interner Link: strukturelle Barrieren und gesellschaftliche Schließungsprozesse hindeuten. Solche erschweren es Mitgliedern bestimmter sozialer Gruppen, Zugang zu zentralen gesellschaftlichen Bereichen zu erhalten (z.B. zu Bildung oder bestimmten beruflichen Positionen), wodurch Möglichkeiten eines sozialen Aufstiegs verhindert werden. Die Verwendung des Begriffs "mit Migrationshintergrund" ist allerdings umstritten, da er auch in Deutschland geborene und aufgewachsene Kinder von Migrant:innen von der Kategorie „deutsche Staatsbürger“ unterscheidet. Statt ihres Deutschseins würden ausländische Herkunft und Abstammung betont. Im Jahr 2021 empfahl die Fachkommission Integrationsfähigkeit daher, das Konzept des "Migrationshintergrunds" in der amtlichen Statistik klarer und enger als bislang zu definieren. Außerdem solle besser von "Eingewanderten und ihren (direkten) Nachkommen" gesprochen werden.

GrafikBevölkerung mit Migrationshintergrund

Bevölkerung mit Migrationshintergrund

In Deutschland hat gut jede vierte Person einen Migrationshintergrund – in Westdeutschland galt dies im Jahr 2020 für 29,8 Prozent und in Ostdeutschland für 9,1 Prozent der Bevölkerung. Von allen Personen mit Migrationshintergrund sind 62 Prozent selbst eingewandert und 38 Prozent sind in Deutschland geboren. Interner Link: Mehr unter https://www.bpb.de/61646

Nach Ergebnissen des Interner Link: Mikrozensus 2020 haben rund 21,9 Millionen in Deutschland lebende Menschen einen Interner Link: Migrationshintergrund. Das entspricht 26,7 Prozent der Bevölkerung. Darunter fallen 10,3 Millionen ausländische und 11,5 Millionen deutsche Staatsangehörige. Vor allem die Zuwanderung aus den "Gastarbeiteranwerbestaaten" und die Aussiedlerzuwanderung haben die Zusammensetzung der Bevölkerung mit Migrationszuschreibung geprägt: So sind 31,5 Prozent dieser Bevölkerung in einem der acht Staaten geboren worden, aus denen von Mitte der 1950er bis Anfang der 1970er Jahre Arbeitskräfte angeworben wurden bzw. haben mindestens ein Elternteil, das dort seinen Geburtsort hat. Weitere 15,1 Prozent der Bevölkerung mit Migrationshintergrund stammen selbst oder mindestens ein Elternteil aus der ehemaligen Sowjetunion. Hauptherkunftsländer von Eingewanderten und ihren (direkten) Nachkommen sind die Türkei (12,6 Prozent), Polen (9,4 Prozent) und die Russischen Föderation (5,6 Prozent). Insgesamt ist die Bevölkerung mit Migrationshintergrund stark europäisch geprägt: 63,1 Prozent der in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund wurden entweder selbst in einem europäischen Land geboren oder haben mindestens ein Elternteil, das aus einem solchen stammt.

Wie sehr die Bevölkerung Deutschlands durch Migration geprägt ist, zeigt sich besonders an der Gruppe der unter Fünfjährigen: Interner Link: 40,3 Prozent von ihnen haben einen Migrationshintergrund.

Die Bevölkerung, die in der Statistik als "mit Migrationshintergrund" ausgewiesen wird, verteilt sich regional sehr unterschiedlich. Während 2020 29,8 Prozent der Bevölkerung in Westdeutschland einen Migrationshintergrund hatte, galt dies in Ostdeutschland nur für 9,1 Prozent der dort lebenden Menschen. In den alten Bundesländern weisen vor allem die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin sowie die Flächenstaaten Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen einen hohen Anteil an Personen mit Migrationshintergrund auf: Mehr als 30 Prozent der Einwohner:innen dieser Bundesländer sind Eingewanderte und deren Nachkommen. Unter den neuen Bundesländern weist Brandenburg mit 9,4 Prozent den höchsten Bevölkerungsanteil mit Migrationshintergrund auf.

Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund nach Bundesländern 2020 (Interner Link: Grafik zum Download) (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist in sich sehr heterogen – eine Tatsache, die das Einheitslabel "mit Migrationshintergrund" zumindest teilweise überdeckt. Die Heterogenität bezieht sich dabei nicht nur auf in der Bevölkerungsstatistik abgebildeten demografischen Merkmale wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Nationalität, Familienstand, Beruf oder Einkommen. Stattdessen unterscheiden sich Menschen mit Migrationshintergrund – genau wie die Bevölkerung ohne– auch hinsichtlich ihrer Meinungen, Wertvorstellungen, Lebensentwürfe, Religionszugehörigkeit und anderen Dimensionen, die Individuen ausmachen. Genau diese Heterogenität kann die Kategorie des „Migrationshintergrunds“ nicht adäquat erfassen bzw. abbilden. Diese Homogenisierung begünstigt das Entwerfen sozialer Kategorisierungen bzw. die Einteilung der sozialen Welt in "Wir" und "die Anderen", in der eine als fremd konstruierte Gruppe als homogener wahrgenommen wird als die eigene Gruppe. Das kann wiederum dazu beitragen, dass die Einschätzung einzelner Personen aus der Fremdgruppe stärker auf stereotypen Zuschreibungen beruht. Vorurteile und diskriminierende Handlungen treten häufiger auf als bei einer differenzierten Wahrnehmung von Fremdgruppen. Daraus lässt sich wiederum für die Integrations- und politischen Bildungsarbeit ableiten, dass sie darauf hinarbeiten sollten, in der Gesellschaft eine heterogene Wahrnehmung von Eingewanderten und ihren Nachkommen zu verankern.

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Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail: E-Mail Link: vera.hanewinkel@uni-osnabrueck.de