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Warum sich ein Besuch der "Landshut" mit einer Schulklasse lohnt | Lernort Landshut | bpb.de

Lernort Landshut Einblicke in die Werkstatt Ein Flugzeug mit Symbolcharakter Die Entführung der „Landshut“ und die Globalisierung Phänomen Flugzeugentführungen Die mediale Darstellung der „Landshut“-Entführung Redaktion

Warum sich ein Besuch der "Landshut" mit einer Schulklasse lohnt Lehrerinnen und Lehrer diskutierten in einer Fortbildung über den zukünftigen Lernort

/ 3 Minuten zu lesen

Unter dem Motto „Lernen am historischen Objekt“ fand am 10. November 2023 eine ganztägige Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer statt. Organisiert hatte den Termin die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, das Zentrum für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL) und die bpb-Projektgruppe „Interdisziplinäre Bildung und Vermittlung ‚Landshut‘“. Mehr als 20 Lehrerinnen und Lehrer aus Gymnasien, Real- und Berufsschulen aus Friedrichshafen und Umgebung, sowie weitere Vermittler/-innen und Multiplikator/-innen folgten der Einladung zum Flughafen Friedrichshafen. Anja Meitner von der Außenstelle Tübingen der Landeszentrale moderierte die gesamte Veranstaltung.

(© bpb)

Schon bei einem lockeren Kennenlernspiel wurde klar, dass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr interessiert an den unterschiedlichsten Fragen rund um das ehemalige Lufthansa-Flugzeug „Landshut“ waren. Nach einem kurzen Input zu den Ereignissen 1977 und den Stationen des Flugzeugs bis zum heutigen Standort Friedrichshafen kam in den ersten Wortmeldungen zur Sprache, dass die „Landshut“ viel mehr Geschichten in sich trage, als nur die klassische Erzählung des sogenannten Deutschen Herbstes: Warum entführten palästinensische Terroristen ein deutsches Flugzeug? Wie antisemitisch war die Linke in den 1970er Jahren? Durch den terroristischen Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben diese Fragen an Brisanz gewonnen. Im zukünftigen Lernort werden Gegenwartsbezüge wie diese eine große Rolle spielen.

In drei parallelen Workshops diskutierten die Teilnehmenden, darunter Geschichts- und Gemeinschaftskundelehrer aber auch Geografie- und Englischlehrerinnen, ganz unterschiedliche Themen. Johannes Gießler, Landeskundebeauftragter am ZSL, erläuterte anhand von Beispielen, wie Demokratiebildung im Geschichtsunterricht für unterschiedliche Klassenstufen aussehen kann. Christian Gieseke von der bpb-Projektgruppe zeigte einige konkrete Beispiele aus der medialen Berichterstattung über die „Landshut“-Entführung und wie man mit diesen über den „Deutschen Herbst“ ins Gespräch kommen und gleichzeitig die Medienkompetenz von Schülerinnen und Schülern schärfen könne. Lukas Barth, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Pädagogischen Hochschule Weingarten am Fachbereich Politik und ihre Didaktik, stellte zusammen mit Steffen Krautzig aus der bpb-Projektgruppe ganz konkrete Objekte vor, die in Zusammenhang mit der „Landshut“ stehen. Könnte zum Beispiel eine Landkarte mit der eingezeichneten Flugroute der „Landshut“ im Oktober 1977, ein historisches Foto oder eine originale Niete aus dem Flugzeug in einer Unterrichtsstunde in der Schule einen späteren Besuch des Lernorts sinnvoll vorbereiten?

In einem kurzen Vortrag nach der Mittagspause öffnete Steffen Krautzig noch einmal die Perspektive und stellte einige gängige aber auch ungewöhnlichere Interpretationsansätze zur „Landshut“ vor. Sie diene als eine Art Resonanzkörper und Projektionsfläche für viele unterschiedliche Themen und Narrative, könne zum Beispiel aber auch als ein Symbol des Eurozentrismus interpretiert werden. Bei dem anschließenden Besuch des seit 2017 in einer Halle am Flughafen Friedrichshafen lagernden Flugzeugwracks wurden diese und andere Fragen weiter diskutiert. Besonders stark interessierten sich die Teilnehmenden für die unterschiedlichen Zeitschichten der „Landshut“ und für Fragen der Authentizität. Darüber, wie das Flugzeuginnere in Zukunft aussehen könnte, gingen die Meinungen auseinander: Einige betonten, dass Besucherinnen und Besucher auch emotional verstehen sollten, was 1977 in der Maschine passierte, andere legten den Fokus darauf, dass eine möglichst nüchterne Darstellung ein größeres Potenzial für die historisch-politische Bildung darstellen würde und eine emotionale Überwältigung zu vermeiden sei. Was dies oder jenes für die konkrete Gestaltung des Innern bedeutet, blieb dabei kontrovers.

Im letzten Programmpunkt diskutierte Anja Meitner mit der Journalistin Jana Merkel und Felix Steinbrenner, Leiter der Stabsstelle „Externer Link: Demokratie stärken!“ der Landeszentrale für politische Bildung über aktuelle Krisen, Angriffe auf die Demokratie und die Rolle von Politik und Medien. Die geglückte Befreiung der „Landshut“-Geiseln am 18. Oktober 1977 wurde als Beispiel für einen Staat genannt, der aus Krisen und Fehlern (zu denken wäre an die gescheiterte Geiselbefreiung 1972 während der Olympischen Spiele in München) gelernt und sich so mit dem Einsatz der GSG 9 erfolgreich gegen Terroristen gewehrt habe. In der anschließenden Diskussion ging es dann u. a. um Medienvertrauen und dass eine Nachrichtensperre wie im „Deutschen Herbst“ 1977 heute so nicht mehr möglich wäre, sowie Herausforderungen in den Klassenräumen beim Sprechen über tagespolitische Ereignisse. Am Ende des Fortbildungstages wurde von einigen Teilnehmenden noch einmal zusammengefasst, welche Chancen sich für einen fächerübergreifenden Unterricht bei einem Besuch des zukünftigen Lernorts bieten, wenn Gegenwartsbezüge und Multiperspektivität berücksichtigt werden – in angemessener didaktisch reduzierter Form und methodisch entsprechend aufbereitet. Alle Teilnehmenden zeigten sich äußert gespannt und neugierig auf den Lernort, aber auch auf weitere gemeinsame Veranstaltungen rund um die „Landshut“.

Workshop mit Lehrkräften und Multplikator:innen

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