Die diesjährige Konferenz konzentriert sich auf die Erfahrungsgeschichte des Holocaust in der unmittelbaren Nachkriegszeit 1945-1949. Krüger versteht dieses „Danach“ nicht nur aus gewohnter historischer Perspektive, sondern betont, dass es auf dieser Konferenz „keine Vokabel, kein bloßes Wort, sondern eine historisch gewordene Sprachchiffre“ sei. Der Holocaust lasse sich nicht wie andere historische Ereignisse in den Lauf der Geschichte einreihen, sondern verändere fundamental die Art, über diese zu sprechen. Auch vorhergehende Ereignisse würden auf den Holocaust bezogen und dadurch in ein anderes Licht gerückt werden.
Welche Wirkung diese Zäsur in den ersten fünf Nachkriegsjahren entfaltet hat und wie die erste Konfrontation mit dem Holocaust bis heute fortwirkt, wird Thema der nächsten drei Tage sein. Die Konferenz wird ein fünftes Mal von der Bundeszentrale für politische Bildung ausgerichtet, zum zweiten Mal in Kooperation mit der Europa-Universität Flensburg und der Humboldt-Universität zu Berlin. Die vorangegangenen Konferenzen hatten sich der Gedächtnisgeschichte des Holocaust und der medialen Dimension seiner Repräsentation, der Täterforschung, der Volksgemeinschaft und dem Widerstand gewidmet.
Krüger hebt das weite Spektrum der Konferenz hervor. Forscherinnen und Forscher aus Amerika, Israel, Großbritannien und Deutschland werden ihre aktuellen Ergebnisse in Vorträgen und Diskussionen präsentieren. Darüber hinaus sollen Workshops die wissenschaftlichen Erkenntnisse für die schulische und außerschulische Bildung nutzbar machen. Eine Ausstellung wird fortwährend Einblicke in besondere Projekte und Vermittlungsmethoden der politischen Bildung geben.
Der aktuelle Bezug ist für Krüger dabei nicht nur der 70. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz, der im Verlauf der Konferenz auch durch die Übertragung der Gedenkveranstaltung am 27. Januar im Deutschen Bundestag gewürdigt wird. Krüger bringt auch die Solidaritätsbekundung mit der französischen Satirezeitung Charlie Hebdo zur Sprache, die in dem Satz „Je suis Charlie“ um die Welt gegangen ist. Die jüdischen Opfer in dem koscheren Supermarkt in Ost-Paris erfuhren dabei keine vergleichbare Beachtung, ebenso wenig wie die Opfer des Attentats im jüdischen Museum in Brüssel letztes Jahr. Krüger benennt den aktuellen islamistischen Terror auch als einen antisemitischen und blickt besorgt auf die Entwicklung des europäischen Antisemitismus 70 Jahre nach dem nationalsozialistischen Rassenwahn.