Bundestagswahl 2013 im Netz
Während der Online-Wahlkampf zur Bundestagswahl 2009 geprägt war von der Euphorie, die durch den Obama-Wahlkampf nach Deutschland herüber geschwappt war, ist der Online-Wahlkampf 2013 in mancherlei Hinsicht in der Normalität angekommen.[1] Inzwischen sind 77,2 Prozent der Erwachsenen in Deutschland online, 2009 waren es noch 67,1 Prozent. Gleichzeitig stieg die Zeit, die die Deutschen online verbringen, an. 2013 lag sie bei 169 Minuten täglich, 2009 waren es noch 136 Minuten.[2] Entsprechend wurde dem Online-Wahlkampf 2013 von den Parteien eine große, allerdings keine wahlentscheidende Bedeutung zugemessen.[3] Diese realistischere Betrachtung der Möglichkeiten im Netz basierte vor allem auf den Erfahrungen von 2009. Damals konnten die Parteien längst nicht so viel Zugriffe auf ihre Webangebote verzeichnen wie erwartet, und nur ein Drittel der Wählerinnen und Wähler informierte sich überhaupt online über den Bundestagswahlkampf.[4] Insofern war das Internet 2013 für die Parteien ein Kanal für Wahlkampfaktivitäten neben anderen. Von der eigenen Webseite über Angebote in sozialen Netzwerken, YouTube-Kanälen und Tumblr-Blogs bis hin zu eigenen Community-Seiten war auf den ersten Blick alles vertreten, was im Internet heute möglich ist. Während jedoch 2009 auf den Webseiten fast aller Parteien direkt und deutlich auf die vielen anderen Online-Kanäle hingewiesen wurde, waren 2013 Verlinkungen auf externe Seiten nahezu versteckt. Gleich geblieben ist die starke Personalisierung, die wie schon 2009 fast alle Webaktivitäten der beiden großen Parteien prägte. Allen voran setzte die CDU voll und ganz auf Angela Merkel, so sehr, dass man auf ihrer Webseite den Hinweis auf die Partei leicht übersehen konnte.Wahlkampf im Social Web – Dialog mit den Wählern?
Unter den Online-Aktivitäten der Parteien gab es eine ganze Reihe von Formaten, die die Chance für einen Dialog mit den Wählern boten. Wer aber etwas genauer hinschaute, musste feststellen, dass die Parteien wie schon 2009 die Online-Kommunikation in erster Linie nutzten, um eigene Botschaften zu verbreiten. Ein Dialog mit den Wählern kam nur selten zustande – trotz gegenteiliger Ankündigungen im Vorfeld.[5] Parteivertreter machten in einer Studie deutlich, dass sie das Internet vor allem als Distributionskanal für Informationen ansehen.[6] Sie stimmten zwar zu, dass die Partizipationsmöglichkeiten ein wesentlicher Mehrwert der sozialen Medien sind, trotzdem werden Twitter und Facebook vor allem genutzt, um auf Pressemitteilungen und Veranstaltungen hinzuweisen und gelegentlich Themen zu kommentieren. Nur ein Teil der Befragten thematisierte, "dass Feedback und Kritik in den sozialen Medien in einem nennenswerten Umfang intern diskutiert werden und gegebenenfalls zu Ausschlusshandlungen führen."[7]Soziale Netzwerke
Diese Tendenz spiegelt sich auch in den eigentlich dialogorientierten Online-Auftritten wieder. So waren alle Parteien auf den verschiedenen sozialen Netzwerken vertreten, allen voran auf Facebook, das mit gut 26 Millionen Nutzern in Deutschland inzwischen die unangefochtene Nummer eins bei den sozialen Netzwerken ist.[8] Dort war die Piratenpartei mit über 88.000 Fans die erfolgreichste Partei, gefolgt von der erst im Februar 2013 gegründeten Alternative für Deutschland (AfD) mit über 86.000 Fans. Erst dann folgten die anderen Parteien. Bei den Spitzenkandidaten konnte Bundeskanzlerin Angela Merkel siebenmal mehr Fans auf Facebook verzeichnen als der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Als zweites soziales Netzwerk hat sich Google+ im Repertoire der Wahlkämpfer etabliert.Alle sozialen Netzwerke wurden allerdings von den Parteien und den Spitzenkandidaten vornehmlich genutzt, um auf Wahlkampfveranstaltungen hinzuweisen und – oft parallel zur Nachrichtenlage – Beiträge zu verschiedenen Themen zu publizieren. Ein Dialog fand jedoch kaum statt. So diskutierten die Nutzer zwar zum Teil miteinander, aber überwiegend ohne Reaktionen der Parteienvertreter zu bekommen. Auch blieben die Facebook-Auftritte von Angela Merkel und Peer Steinbrück, aber auch die der Parteizentralen von CDU und SPD, weitestgehend unmoderiert. So fanden sich dort neben den wahlkampforientierten Kommentaren von Anhängern und Gegnern auch viele unsachliche Kommentare, Werbeaussagen für andere Parteien und Beleidigungen. Noch bei der letzten Bundestagswahl wurden Kritik und themenfremde Posts schnell gelöscht. 2013 blieben sie sehr oft unmoderiert online. Bei den parteieigenen Blogs sah es nicht viel besser aus. Hier hielt sich die Zahl der Beiträge in überschaubaren Grenzen, und die Zahl der Kommentare tendierte gegen Null.[9]
Eigene Communities ohne Leben
Neben den sozialen Netzwerken gab es auch einige der zum Wahlkampf 2009 nach US-Vorbild gelaunchten Partei-Communities, die auch wieder für Nicht-Mitglieder zugänglich waren. Aber sowohl die Möglichkeiten als auch die Resonanz ließen auf den meisten Plattformen zu wünschen übrig.[10] Die SPD hatte ihre Community-Plattform meineSPD.net aus dem Bundestagswahlkampf 2009 kurz danach beendet und startete im April 2013 unter mitmachen.spd.de eine neue Plattform. Auf der sollte die Wahlkreisarbeit koordiniert und der Wahlkampf vor Ort organisiert werden. Außerdem sollten darüber interessierte Nicht-Mitglieder eingebunden werden – ganz nach dem Vorbild der Community-Webseite des US-Präsidenten Barack Obama, wie einer der Wahlkampfmanager erklärte.[11] Doch diese und ähnliche Plattformen anderer Parteien waren zwar wie die Obama-Community für jeden offen, aber die Resonanz und Aktivitäten waren keinesfalls vergleichbar. Die Wahlkampfmanager selbst waren offenbar zufrieden, sie fanden, dass ihnen "eine ‚solide‘ Bespielung der unterschiedlichen Social-Media-Kanäle durch die Parteien (…) gelungen" sei.[12]Die Zahl der angemeldeten Unterstützer in den Nicht-Mitglieder-Bereichen war eher gering und die Interaktionen blieben meist überschaubar. Selbst eine Woche vor der Wahl gab es beispielsweise bei der SPD für viele Wahlkreise noch keine Teamer, also Ansprechpartner für die Nicht-Mitglieder. Auch fehlte es an organisierten Aktionen, die Nicht-Mitglieder hätte unterstützen können. Selbst auf Wahlkampfveranstaltungen des Kanzlerkandidaten Steinbrücks im Wahlkreis wurde nicht hingewiesen. Nicht viel anders sah es auf den Seiten der CDU aus, die ihre Community "TeamDeutschland" aus dem Wahlkampf 2009 fortgeführt hatte. Auch FDP, die Linke und die Grünen boten Communities beziehungsweise Mitmach-Bereiche auf ihren Webseiten an, auf denen man sich für Wahlkampfaktionen online melden oder per Newsletter über Wahlkampfveranstaltungen informieren lassen konnte.