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Die Bundesrepublik Deutschland tritt in die Geschichte ein

Wolfgang Benz

/ 3 Minuten zu lesen

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz feierlich verkündet. Nun galt es, den eigentlich nur als Idee existenten Staat auch mit Verfassungsorganen und allen nötigen Einrichtungen auszustatten.

Antrittsbesuch von Bundeskanzler Konrad Adenauer bei den drei Hohen Kommissaren auf dem Petersberg am 21. September 1949. (© REGIERUNGonline)

Im Februar 1949 war das Grundgesetz im wesentlichen fertig, aber einige Bestimmungen - vor allem die Finanzverwaltung und die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und Ländern - missfielen den Alliierten noch immer, von deren Genehmigung das Verfassungswerk letztlich abhing. Weisungsgemäß pochten sie auf den Wortlaut der Frankfurter Dokumente, dem der Grundgesetzentwurf nicht ganz entsprach. Die Länder sollten einflussreicher, die Zentralgewalt etwas schwächer sein.

Das Grundgesetz nimmt seine letzte Hürde

Aber die Zeit war jetzt auf seiten der Deutschen, und der Widerstand - vor allem in den Reihen der SPD-Fraktion - gegen die meisten alliierten Änderungswünsche zahlte sich aus. Ende April einigte sich die Abordnung des Parlamentarischen Rats mit den Militärgouverneuren. Anfang Mai wurde das Grundgesetz abschließend im Hauptausschuss beraten und am 8. Mai - am vierten Jahrestag der Kapitulation - vom Plenum verabschiedet.

Die Militärgouverneure genehmigten am 12. Mai das Verfassungswerk, das in den folgenden Tagen den elf Landtagen zur Ratifizierung vorgelegt wurde. Mit der Ausnahme Bayerns, dessen Parlamentarier sich nach 17-stündiger Debatte mit einer Mehrheit von 101 zu 63 gegen das Grundgesetz aussprachen, wurde die Verfassung in allen Ländern genehmigt. Das bayerische Nein hatte keine Konsequenzen, denn es war nicht in antidemokratischer Absicht gesprochen; man hatte in München lediglich föderalistische Vorbehalte artikulieren wollen und gleichzeitig betont, dass man an der Geltung des Grundgesetzes auch im Freistaat nicht zu rütteln gedächte.

Am 23. Mai 1949 konnte daher das Grundgesetz verkündet werden, in einer festlichen Schlusssitzung des Parlamentarischen Rates in Anwesenheit der Ministerpräsidenten, von Vertretern der Militärregierungen und anderen Würdenträgern.

Die Bundesrepublik Deutschland entsteht

Das Grundgesetz trat am 24. Mai 1949 in Kraft - einen Tag nach seiner feierlichen Verkündigung. Mehr als die Verfassung existierte von der Bundesrepublik zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Vielerorts wurde jedoch angestrengt gearbeitet, um den vorerst nur als Idee existenten Staat auch mit Verfassungsorganen und allen nötigen Einrichtungen der Verwaltung auszustatten.

Rede Adenauer

"Heute, am 23. Mai 1949, beginnt ein neuer Abschnitt in der wechselvollen Geschichte unseres Volkes: Heute wird nach der Unterzeichnung und Verkündung des Grundgesetzes die Bundesrepublik Deutschland in die Geschichte eintreten. Wir sind uns alle klar darüber, was das bedeutet. Wer die Jahre seit 1933 bewusst erlebt hat, wer den völligen Zusammenbruch im Jahre 1945 mitgemacht hat, wer bewusst erlebt hat, wie die ganze staatliche Gewalt seit 1945 von den Alliierten übernommen worden ist, der denkt bewegten Herzens daran, dass heute, mit dem Ablauf dieses Tages, das neue Deutschland entsteht." Mit diesen Worten leitete Konrad Adenauer die Unterzeichnung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat ein.

Einer der letzten Beschlüsse des Parlamentarischen Rats hatte am 10. Mai 1949 mit knapper Mehrheit und nicht unumstritten Bonn zur vorläufigen Hauptstadt der Bundesrepublik erkoren. Der erste Bundestag bekräftigte im November 1949 den Beschluss des Rates.

Die Besatzungsbürokratie wurde umgebaut. An die Stelle der drei Militärgouverneure sollte mit dem Inkrafttreten des Besatzungsstatuts die Alliierte Hohe Kommission treten, die hoch über Bonn auf dem Petersberg residierte und durch ihren Standort auch das Machtgefälle zwischen den Hohen Kommissaren und der Bundesregierung augenfällig dokumentierte.

Denn mit der Konstituierung der Bundesrepublik endete das Besatzungsregime ja noch nicht; die Souveränitätsrechte wurden bis zum Mai 1955 noch auf dem Petersberg verwaltet. Es war freilich kein direktes Besatzungsregime mehr, sondern eine zurückhaltend geübte Kontrolle, die sicherstellen sollte, dass die Westdeutschen auf dem von den Alliierten gewünschten Weg blieben.

Die CDU gewinnt die ersten Wahlen der neuen Republik

Bald nach der Verabschiedung des Grundgesetzes setzte der Wahlkampf ein. Die Schlacht um Wählerstimmen wurde mit knappem Ergebnis ausgefochten zwischen der von Kurt Schumacher geführten SPD und der von Adenauer gelenkten Union aus CDU und CSU, die zusammen mit der FDP den Direktor des Wirtschaftsressorts der Bizone und künftigen Bundesminister Ludwig Erhard zum erstenmal als Wahllokomotive einsetzte.

Nur knapp gewann die CDU/CSU die Wahlen zum ersten deutschen Bundestag.

Erhard entschied als Verfechter der Sozialen Marktwirtschaft wesentlich das Ergebnis vom 14. August 1949, das Konrad Adenauer die erste Koalitionsabsprache ermöglichte: Der Vorsitzende der FDP, Theodor Heuss, sollte Bundespräsident werden, er selbst wollte sich um das Amt des Kanzlers bewerben.

Von den 402 Mandaten des ersten Bundestags hatten CDU und CSU 139 (31 Prozent der Wählerstimmen) errungen; die SPD gewann wider Erwarten nur 131 (29,2 Prozent), 52 Abgeordnete stellte die FDP und 17 die konservative Deutsche Partei. Ebenfalls 17 Vertreter hatte die Bayernpartei.

Auch kleinere Parteien wie die "Wirtschaftliche Aufbauvereinigung" (WAV - zwölf Sitze) und die katholische Zentrumspartei (zehn Sitze) waren im Parlament vertreten; die Kommunisten waren mit 15 Abgeordneten (5,7 Prozent) präsent. Rechtsradikale gab es auch, und zwar als Parteilose sowie in den Reihen der Deutschen Konservativen Partei/Deutsche Rechtspartei (DKP/DRP -fünf Mandate).

Am 7. September konstituierte sich der erste Deutsche Bundestag, am 12. September wählte die Bundesversammlung Theodor Heuss zum Bundespräsidenten. Am 20. September gab der fünf Tage zuvor gewählte Kanzler Konrad Adenauer seine erste Regierungserklärung ab, nachdem die Bundesregierung vereidigt worden war.

Das war juristisch gesehen die Geburtsstunde der Bundesrepublik. Am folgenden Tag machte der Kanzler, begleitet von einigen Ministern, den Antrittsbesuch auf dem Petersberg bei den Hohen Kommissaren, die als letzten Konstituierungsakt das Besatzungsstatut in Kraft setzten.

Quelle: Auszug aus "Informationen zur politischen Bildung", Heft 259: Deutschland 1945-1949.

Fussnoten

Wolfgang Benz, geboren 1941, ist Geschichtsprofessor an der TU Berlin und Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung. Der Verfasser zahlreicher Bücher zur deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts erhielt 1992 den Geschwister-Scholl-Preis.