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Einleitung | Deutsche Asylpolitik und EU-Flüchtlingsschutz im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems | bpb.de

Deutsche Asylpolitik und EU-Flüchtlingsschutz Einleitung Flüchtlingsrecht Asylrecht, Flüchtlingspolitik, humanitäre Zuwanderung Flucht und Asyl als europäisiertes Politikfeld Asyl und Asylpolitik Ausblick Literatur

Einleitung

Marcus Engler Jan Schneider

/ 3 Minuten zu lesen

Februar 2015, Dresden: Ein Teilnehmer einer bundesweiten Demonstration für die Interessen von Flüchtlingen hält eine Weltkugel mit der Aufschrift "Solidarität" hoch. (© picture-alliance/dpa)

Kaum ein innenpolitisches Thema ist in den letzten Jahren so kontinuierlich Gegenstand öffentlicher Debatten gewesen wie die Asylpolitik und der Umgang mit Flüchtlingen. Die seit 2009 deutlich steigende Zahl von Schutzbegehren – allein zwischen 2012 und 2014 hat sich das Antragsvolumen in Deutschland mehr als verdoppelt – hat eine neue politische und gesetzgeberische Dynamik mit zahlreichen Kontroversen entfacht.

Zum einen wurde deutlich, dass Bund, Länder und Kommunen nicht ausreichend auf schnell wachsende Flüchtlingsströme vorbereitet waren, sodass es zu gravierenden Problemen bei der Unterbringung und zu Verfahrensstau beim zuständigen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) kam. Zum anderen wurden Schutzsuchende wieder verstärkt mit dem Verdacht des "Asylmissbrauchs" belegt und politische Maßnahmen ergriffen, die das im internationalen Maßstab generöse deutsche Asylrecht einschränkten. Hierbei spielte vor allem die Sorge eine Rolle, ein liberales Asylrecht könnte als Pull-Faktor wirken und Flüchtlinge, die sich in anderen europäischen Ländern aufhalten, zur Weiterwanderung nach Deutschland motivieren.

Genau hier zeigen sich die transnationalen Dimensionen der Flüchtlingspolitik: Mittlerweile ist das Asylrecht in Form von detaillierten Mindeststandards nahezu vollständig europäisiert und unterliegt der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) – nur sehr begrenzt können daher auf nationaler Ebene restriktive Maßnahmen ergriffen werden. Die Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren ist durch die Interner Link: Dublin-Verordnung eindeutig geregelt; gleichzeitig trägt die Europäische Union kollektive Verantwortung für seine Außengrenzen – und daher z. B. auch für die Flüchtlingstragödien im Mittelmeer und die Aufnahme von Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlingen aus Syrien. Eine Analyse der deutschen Asylpolitik kann daher nur eingebettet in eine Gesamtbetrachtung des gemeinsamen Systems des Flüchtlingsschutzes in der EU erfolgen. Dabei müssen stets zwei Facetten betrachtet werden: einerseits die empirisch beobachtbaren Fluchtbewegungen und andererseits die Reaktionen einzelner Staaten oder der Gemeinschaft im Umgang mit dieser Migration. Hier offenbaren sich in den nächsten Jahren für Deutschland, aber insbesondere für die EU eine Vielzahl von Herausforderungen.

InfoboxSchutzbedürftige weltweit

Ende 2013 befanden sich weltweit nach Interner Link: Angaben des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen (UNHCR) 51,2 Millionen Menschen aufgrund von Verfolgung, Gewalt oder Menschenrechtsverletzungen auf der Flucht ("forcibly displaced"). Dies ist die höchste Zahl seit Beginn derartiger Statistiken im Jahr 1989. Davon waren 16,7 Millionen registrierte oder anerkannte Flüchtlinge, 33,3 Millionen Binnenflüchtlinge und 1,2 Millionen Asylbewerber. 86 Prozent aller Flüchtlinge wurden von Entwicklungsländern aufgenommen. 98.400 Flüchtlinge wurden 2013 von 21 Ländern über Resettlement-Programme aufgenommen. 6,3 Millionen Flüchtlinge lebten seit langem unter schwierigen Lebensumständen ("protracted situations"), sowohl in großen Flüchtlingscamps, als auch häufig ebenso prekär auf sich allein gestellt in Großstädten.*

* "Protracted Situations" sind definiert als Situationen, in denen mindestens 25.000 Flüchtlinge einer Nationalität im gleichen Aufnahmeland für mindestens fünf Jahre leben (UNHCR 2014b, S.6).

Das Kurzdossier gibt zunächst einen Überblick über das Interner Link: internationale Flüchtlingsrecht, das den Rahmen für nationale Bestimmungen zum Flüchtlingsschutz bildet. Es folgt eine Übersicht nationaler Formen der Schutzgewährung. Anschließend setzt sich das Kurzdossier mit Interner Link: Asylrecht, Flüchtlingspolitik und humanitärer Zuwanderung in der Bundesrepublik Deutschland auseinander. Daraufhin folgt ein Blick auf Interner Link: Harmonisierungsbestrebungen der EU im Politikfeld Flucht und Asyl. Abgerundet wird der Beitrag durch eine Auseinandersetzung mit Interner Link: aktuellen Entwicklungen in Deutschland und einem Ausblick auf zukünftige Interner Link: europäische Herausforderungen beim Flüchtlingsschutz.

Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: Deutsche Asylpolitik und EU-Flüchtlingsschutz im Rahmen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.

Weitere Inhalte

Marcus Engler ist Sozialwissenschaftler und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsbereich beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR). Dort arbeitet er schwerpunktmäßig zu den Themen Flucht und Asyl. Er ist zudem langjähriges Redaktionsmitglied von Migration und Bevölkerung.
E-Mail: E-Mail Link: engler@network-migration.org

Dr. Jan Schneider leitet den Forschungsbereich des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) und ist Research Fellow des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI).
E-Mail: E-Mail Link: jan.schneider@info-migration.de