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Wie der Haushalt Gesetz wird

Redaktion

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Bundeshaushalt, Schuldenbremse, Nachtragshaushalt – es wurde viel über den deutschen Staatshaushalt für die Jahre 2023 und 2024 diskutiert. Eine Übersicht und Begriffszuordnung

Außenansicht des Bundesministerium der Finanzen (© picture-alliance, Caro Schwarz)

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) von Mitte November 2023 hat kurz- und mittelfristig gewaltige Folgen für die Finanzen der Bundesrepublik Deutschland. Das Gericht hatte entschieden, dass das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 mit dem Grundgesetz unvereinbar ist. Kredite in Höhe von 60 Milliarden Euro, die aus einem Sondervermögen zur Bewältigung der Corona-Folgen von 2021 stammten, waren verfassungswidrig in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) umgewidmet worden. Das Problem: Sondervermögen sind zweckgebunden. Außerdem verstieß der Nachtragshaushalt gegen das Externer Link: Verfassungsgebot der Jährlichkeit und Jährigkeit, wonach sogenannte Kreditermächtigungen verfallen, wenn sie in einem Jahr nicht genutzt werden. Damit wurde vom BVerfG die Verwendung von notlagenbedingten Krediten zum ersten Mal ausführlich rechtlich geklärt.

Mit dem Urteil standen der KTF und die mit ihm geplanten Maßnahmen der Bundesregierung vor finanziellen Problemen: Projekte zur Gebäudesanierung oder zum Ausbau der erneuerbaren Energien, aber auch Subventionen für die Industrie standen auf der Kippe. Aber auch andere Sondervermögen waren betroffen. So wurden 2023 bereits ausgezahlte Gelder für die Gas- und Strompreisbremsen und für den Wiederaufbau des Ahrtals rechtswidrig aus Sondervermögen finanziert. Das Urteil hatte auch Folgen für den regulären Staatshaushalt der Bundesrepublik. Denn für alle schon ausgezahlten Mittel musste die Bundesregierung eine Ersatzfinanzierung finden. Deswegen wurde im Bundestag am 15. Dezember 2023 ein sogenannter Nachtragshaushalt für das Jahr 2023 beschlossen, der die bereits gezahlten Gelder u.a. durch Schuldenaufnahme finanziert.

Auch der Bundeshaushalt für das Jahr 2024 verzögerte sich. Eigentlich hätte er bereits im November 2023 verabschiedet werden sollen. Doch auch durch die Auswirkungen des BVerfG-Urteils entstanden für 2024 ungedeckte Ausgaben in Höhe von etwa 17 Milliarden Euro.

Mit einem neuen Haushaltsentwurf und zwei Haushaltsfinanzierungsgesetzen einigte sich die Bundesregierung auf Eckpunkte für den neuen Haushalt, die die Einnahmen des Bundes erhöhen und die Ausgaben reduzieren sollen. Erreicht werden soll das u.a. durch:

  • den Abbau klimaschädlicher Subventionen, z.B. der Begünstigung in der Kfz-Steuer für Forst- und Landwirtschaft oder beim Agrardiesel;

  • geringere Ausgabe in einzelnen Ressorts, z.B. durch Kürzungen des Gesundheitsetats, des Etats des Bildungs- oder des Verkehrsministeriums;

  • bessere Integration Geflüchteter in den Arbeitsmarkt, z.B. frühzeitige Vermittlung und Sanktionen bei Pflichtverletzungen;

  • die Streichung des Bürgergeld-Bonus und kurzfristigen Leistungsentzug bei Verweigerung von zumutbarer Arbeit;

  • die Erhöhung der Luftverkehrsabgabe, d.h. damit steigen die Preise bei Flugreisen;

  • Einsparungen im KTF, z.B. durch Abbau einiger Subventionsprogramme und höhere CO2-Preise beim Tanken und Heizen.

Der Bundeshaushalt kommt demnach 2024 ohne die erneute Aussetzung der Schuldenbremse aus – wobei diese Möglichkeit weiter im Raum steht, sollte die Ukraine deutlich mehr Geld als geplant für die Abwehr des russischen Angriffskriegs benötigen. Der Haushaltsausschuss hat den überarbeiteten Bundeshaushalt in Höhe von 477 Milliarden Euro Mitte Januar 2024 beschlossen. Der Bundestag stimmte dem Haushaltsentwurf zu. Der Bundesrat hat noch nicht über das zweite Haushaltsfinanzierungsgesetz, auf dem die Haushaltsumsetzung beruht, beraten. Die nächste reguläre Sitzung des Bundesrats ist Ende März geplant. Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen, könnte aber Einspruch einlegen. Bis zur Entscheidung des Bundestags galt die sogenannte vorläufige Haushaltsführung, d.h., dass der Bund zwar alle regulären Ausgaben weiter tätigen konnte – etwa das Bafög, Gehälter oder auch Rentenzahlungen –, aber keine neuen Maßnahmen beginnen durfte.

Was ist der Haushaltsplan?

Der Externer Link: Haushaltsplan der Regierung kann als „Regierungsprogramm in Zahlen“ interpretiert werden. Über 3.000 Seiten Papier mit Plänen, Posten und Zahlen bilden die Grundlage der Entscheidungen über Einnahmen und Ausgaben des Bundes. Es gibt einen Gesamthaushaltsplan und mehrere Einzelpläne, die die Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Ministerien und Bundesbehörden aufschlüsseln. Gleichzeitig wird ein mittelfristiger Finanzplan vom Bundesfinanzministerium aufgestellt. Dieses Dokument bildet einen Zeitraum von fünf Jahren ab – das laufende Haushaltsjahr, das kommende Haushaltsjahr und die drei folgenden Jahre. 2023 wird also der Finanzplan bis 2027 erstellt. Der Finanzplan dient als internes Planungsinstrument für künftige Haushaltsaufstellungen.

Wofür wird am meisten Geld ausgegeben?

Von 2020 bis 2023 hat die Regierung einen Bundeshaushalt von jährlich über 450 Milliarden Euro zur Verfügung gehabt. Der Höchstwert lag im Corona-Jahr 2021 mit knapp 573 Milliarden Euro. Das Ministerium mit dem höchsten Budget ist das Bundesministerium für Arbeit und Interner Link: Soziales. In den vergangen zehn Jahren lag dieser Einzelhaushalt bei meist deutlich über 30 Prozent des Gesamthaushaltes.

Geplante Ausgaben 2024

Insgesamt soll der Bundeshaushalt in diesem Jahr rund 477 Milliarden Euro betragen. Gegenüber dem Haushalt 2023 steigen die Ausgaben um 3,4 Prozent. Der beschlossene Ausgabenansatz liegt ca. 31 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf vom vergangenen Jahr. Die Investitionsquote steigt auf 12,3 Prozent und ist damit gut ein Prozent höher als vor der Pandemie im Jahr 2019. Investiert werden soll unter anderem in Verteidigung, Digitalisierung, Bildung und Forschung, Mobilität und Infrastruktur.

Für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist im Haushaltsjahr 2024 der größte Anteil mit rund 176 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind etwa 37 Prozent des Gesamthaushalts. Davon sind fast drei Viertel ein Zuschuss des Bundes zur Rentenkasse. Es folgt das Bundesministerium der Verteidigung mit rund 52 Milliarden Euro. Der Gesundheitsetat schrumpft im Vergleich zu seinem Budget 2023 um ein Drittel, da hier viele Corona-Ausgaben wegfallen. Das Bundesministerium mit den geringsten Haushaltsmitteln ist das Bundesministerium der Justiz.

Wie werden die Einnahmen kalkuliert?

Die Einnahmen der deutschen Regierung bestehen aus Steuern, Krediten und anderen Einnahmequellen wie dem Ertrag aus Bundesimmobilien. Dabei sind Steuern mit Abstand die wichtigste Einnahmequelle. Für die Kalkulation werden die beiden Prognosen des Arbeitskreises „Steuerschätzung“ im Frühling und im Herbst herangezogen. Dem Arbeitskreis gehören Vertreterinnen und Vertreter der Finanzministerien in Bund und Ländern, des Bundeswirtschaftsministeriums sowie Expertinnen und Experten aus fünf Wirtschaftsforschungsinstituten, des Statistischem Bundesamts, der Bundesbank, der Bundesvereinigung kommunaler Spitzenverbände und des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung an.

Wer stellt den Bundeshaushalt auf?

Das Bundesfinanzministerium beschließt in Abstimmung mit den anderen Ressorts zunächst Eckwerte, also den finanziellen Rahmen der Budgets der Ministerien. Darauf basiert der Regierungsentwurf zum Haushalt und der Finanzplan. Der Haushaltsentwurf der Regierung geht zeitgleich an Bundestag und Bundesrat. Der Bundesrat gibt innerhalb von sechs Wochen eine Stellungnahme dazu ab, auf die die Bundesregierung mit einer Gegenäußerung reagiert und dem Bundestag übermittelt. Danach beschäftigt sich der Bundestag in der ersten von drei Lesungen mit dem Entwurf. Die erste Interner Link: Lesung des Haushaltes findet meist in der ersten Sitzungswoche des Parlaments nach der Sommerpause statt. Das ist die sogenannte Haushaltswoche.

Sind die mehrere Tage dauernden Beratungen abgeschlossen, wird der Haushaltsentwurf an den Haushaltsausschuss des Bundestages verwiesen. Der Ausschuss prüft die Einnahme- und Ausgabepositionen und macht Änderungsvorschläge.

Erste Lesung des Bundeshaushalts 2024

Die erste Lesung des Bundeshaushalts 2024 und des Finanzplans 2023 bis 2027 fand am 5. bis 8. September 2023 im Bundestag statt. Sie begann mit der sogenannten „Einbringungslesung“ von Finanzminister Christian Lindner (FDP). Die 25 Einzelpläne des Haushaltsentwurfs 2024 wurden hier das erste Mal im Bundestag beraten.

Die zweite und dritte Lesung sowie die Verabschiedung des Bundeshaushalts 2024 wurden von der Ampelkoalition auf Januar 2024 verschoben. Hintergrund war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), nach dem die Umwidmung von Corona-Krediten auf den Klimafonds verfassungswidrig war.

Der Entwurf geht dann wieder zurück ins Plenum zur zweiten und dritten Lesung. Wie bei der ersten Lesung folgt in der zweiten Lesung eine Debatte im Bundestag. Dann wird über jeden Einzelplan abgestimmt. In der dritten Lesung entscheiden die Abgeordneten über den gesamten Entwurf. Anschließend kann der Bundesrat, wenn er mit dem Haushaltsgesetz nicht einverstanden ist, noch den Vermittlungsausschuss anrufen. Ändert dieser etwas an dem Entwurf, muss der Bundestag entscheiden, ob er diese Änderungen übernimmt. Lehnt die Mehrheit des Bundestags die Änderungen ab, kann der Bundesrat Einspruch einlegen. Diesen Einspruch kann der Bundestag abschließend überstimmen.

Wie wird der Haushalt verabschiedet?

Das Parlament hat das Interner Link: Budgetrecht. Es wird auch das "Königsrecht des Parlaments" genannt: Nur wenn das Parlament zustimmt, kann der Haushaltsentwurf Gesetz werden.

Nachdem das Parlament dem Entwurf zugestimmt hat, wird das Haushaltsgesetz am Ende eines Jahres vom Finanzminister, dem Bundeskanzler und dem Bundespräsidenten unterzeichnet und im Interner Link: Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Was passiert, nachdem der Haushalt verabschiedet wurde?

Der Haushaltsausschuss des Bundestages kontrolliert fortlaufend den Umgang mit Steuergeldern. Der Interner Link: Bundesrechnungshof kontrolliert am Ende des Haushaltsjahres alle Einnahmen und Ausgaben der Bundesregierung und verfasst „Bemerkungen“ zur Haushaltsführung.

Was ist das Haushaltsfinanzierungsgesetz?

Das Haushaltsfinanzierungsgesetz enthält notwendige gesetzliche Änderungen, um den Haushalt umzusetzen. Die Auswirkungen des Gesetzes, z.B. Steuersenkungen, werden bereits im Haushaltsentwurf eingeplant.

Was bedeuten Schuldenbremse, Fiskalpakt und Sondervermögen?

Seit 2011 ist die sogenannte Schuldenbremse in Interner Link: Artikel 109 Grundgesetz verankert. Sie begrenzt die Neuverschuldung des Bundes ab 2016 verpflichtend auf 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Ausnahmen gelten nur in Notsituationen, z.B. bei Naturkatastrophen und Konjunkturkrisen.

Es gelten aber auch europäische Regeln: Der sogenannte Fiskalpakt wurde 2012 von den europäischen Staats- und Regierungschefs unterzeichnet, um nach der europäischen Schuldenkrise die Neuverschuldung zu begrenzen. Hier ist eine jährliche Obergrenze von 0,5 Prozent des BIP festgelegt. Wird dieser Wert in einem Mitgliedsstaat überschritten, muss er der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat ein nationales Programm zum Schuldenabbau vorgelegen. Die Europäische Kommission kann bei zu hoher Neuverschuldung Sanktionen verhängen.

Außerdem gibt es schon seit den 1950er-Jahren sogenannte Sondervermögen. Ein Sondervermögen ist ein „Nebenhaushalt“, das heißt, er steht außerhalb des hier beschriebenen „Haupthaushalts“. Der Hauptunterschied zum regulären Haushalt besteht darin, dass die Gelder eines Sondervermögens immer für einen bestimmten Zweck ausgegeben werden müssen – zum Beispiel zur Überwindung der Corona-Krise oder zur Förderung der grünen Industrie. Eine Sonderstellung nimmt das 2022 beschlossene Sondervermögen für die Bundeswehr ein: anders als üblich ist dieses in der Verfassung verankert. Derzeit gibt es 29 solcher Sondervermögen in Höhe von insgesamt rund 869 Milliarden Euro auf Bundesebene. Dazu zählen etwa das Sondervermögen über 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr oder der Wirtschaftsstabilisierungsfonds in Höhe von 200 Milliarden Euro. Sondervermögen werden überwiegend aus Krediten finanziert.

Neuverschuldung 2024

Im kommenden Jahr sieht die Bundesregierung Einnahmen und Ausgaben in Höhe von knapp 477 Milliarden Euro vor. Die reguläre Obergrenze der Schuldenregel von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) soll in diesem Haushaltsjahr eingehalten werden. Die Neuverschuldung soll ca. 39 Milliarden Euro betragen.

Was bedeutet Nachtragshaushalt?

Ein Haushaltsplan ist eine Prognose für einen bestimmten Zeitraum. Daraus ergeben sich die Ziele für Einnahmen und Ausgaben eines Staates. Es kann aber zu Haushaltslöchern kommen, beispielsweise durch unvorhergesehene Ausgaben, die nicht durch Einsparungen oder durch höhere Steuereinnahmen ausgeglichen werden können. Dann muss ein Nachtragshaushalt eingebracht werden, der den beschlossenen Etat vom Parlament verändert. Der Nachtragshaushalt durchläuft alle Stationen, die der reguläre Haushalt durchlaufen muss.

Nachtragshaushalt 2023

Das Bundeskabinett hatte dem Bundestag Ende November den Entwurf für ein Nachtragshaushaltsgesetz 2023 vorgelegt.

Der Nachtragshaushalt 2023 wurde Mitte Dezember 2023 im Bundestag beschlossen. Wie bereits in den drei Jahren zuvor wurde mit diesem Nachtrag die Schuldenbremse ausgesetzt. Dafür muss der Bundestag eine außergewöhnliche Notlage erklären, die unter anderem mit den gestiegenen Preisen in Folgen des Kriegs in der Ukraine begründet wurde.

Hinweis der Redaktion: Dieser Text vom 11.12.2023 wurde am 5.2.2024 mit neuen Zahlen aktualisiert.

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