Nachdem sich
Am 8. Dezember 2024 wurde das Assad-Regime durch eine vom islamistischen Bündnis
Seit Januar 2025 fungiert HTS-Anführer Ahmed al-Scharaa als Übergangspräsident. Am 13. März 2025 wurde eine Externer Link: Übergangsverfassung erlassen, die eine fünfjährige Übergangsphase festlegt und auch den Verlauf der bevorstehenden Wahlen eines neuen Parlaments regelt.
Wer regiert derzeit in Syrien?
Als Anführer der HTS-Truppen hatte Ahmed al-Scharaa gegen das Assad-Regime gekämpft. Seine dschihadistische Vergangenheit wurde international, aber auch vonseiten anderer syrischer konfessioneller bzw. ethnischer Gruppen mit Sorge betrachtet. Unter anderem war er nach Ausbruch des Arabischen Frühlings maßgeblich an der Gründung der „Nusra-Front“ (Jabhat an-Nusra), dem syrischen Ableger des
Nach der Machtübernahme der nordwestlichen Provinz Idlib im Jahr 2017 verfolgte die HTS eine salafistische Ideologie, die
Al-Scharaa versteht sich als Teil der syrischen Revolution, deren Ziel die Befreiung von der Repression des Assad-Regimes war. Ob sich dieser Eindruck in der Regierungspraxis verfestigt, bleibt offen. Zwar ermöglicht al-Scharaa nun halbfreie Parlamentswahlen, konfessionelle und ethnische Spannungen wirken aber weiter. So kam es in der Region Suweida im Juli zu heftigen Kämpfen zwischen drusischen Milizen und bewaffneten, radikalislamistischen Beduinenstämmen. Es sollen sich Massaker gegen die drusische Zivilbevölkerung ereignet haben, die „Gesellschaft für bedrohte Völker" sprach von „geplanten ethnischen Säuberungen“. Schließlich intervenierte die syrische Armee – doch sowohl die Drusen als auch Israel warfen al-Scharaa vor, einseitig Partei für die sunnitischen Beduinen ergriffen zu haben. Israel griff in der Folge militärisch ein und bombardierte Ziele in der syrischen Hauptstadt Damaskus. Am 20. Juli eroberten drusische Einheiten die Stadt Suweida zurück. Seitdem herrscht Waffenstillstand.
Wie wird gewählt?
Wahlen in Syrien waren im diktatorischen Assad-Regime weder frei noch fair. Während die syrische Bevölkerung lediglich ein Drittel der Parlamentsabgeordneten direkt wählte, wurden zwei Drittel der Abgeordneten des Parlaments direkt von der regierenden
Die neue Übergangsregierung, gestützt von islamistischen und oppositionellen Kräften, hat für die nun stattfindende Wahl des Parlaments ("Volksversammlung") folgenden Rahmen beschlossen: Das neue Parlament wird insgesamt 210 Sitze haben (vorher 150). Zwei Drittel bzw. 140 der Abgeordneten werden über regionale Wahlgremien, also indirekt gewählt; hierfür werden Wahlleuten bestimmt, die dann in einem zweiten Schritt die Abgeordneten auswählen sollen. Die regionalen Wahlgremien werden von einem elfköpfigen "Obersten Komitee" beaufsichtigt, das von al-Scharaa persönlich ernannt wird. Die übrigen 70 Abgeordneten werden ebenfalls vom Interimspräsidenten al-Scharaa ernannt – laut Übergangsverfassung, um eine „faire Repräsentanz und Effizienz“ zu gewährleisten. Im August unterzeichnete al-Scharaa ein entsprechendes Dekret, welches ihm die Befugnis dazu erteilt. Diese weitreichende Einflussmöglichkeit auf die Legislative wird von unterschiedlichen Akteuren (z. B. Oppositionelle, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche Organisationen) kritisiert. Es besteht unter anderem die Befürchtung, dass die Parlamentswahl keineswegs zur Stärkung pluraler demokratischer Strukturen führen, sondern eher zur Verfestigung bestehender Machtstrukturen beitragen könnte.
Den regionalen Wahlgremien dürfen nur Mitglieder angehören, die das 25. Lebensjahr bereits vollendet haben. Mitglieder der Streitkräfte, anderer Regierungsorgane und Abgeordnete der Volksversammlung seit 2011 haben kein passives Wahlrecht und dürfen dementsprechend nicht als Abgeordnete kandidieren. Kritische Stimmen monieren, dass durch den Ausschluss dieser ehemaligen Abgeordneten auch zahlreichen Oppositionelle aus der Zeit nach 2011 die Chance genommen werde, sich im neuen Parlament einzubringen.
Ziel der Übergangsregierung
Die erste Legislaturperiode des neuen Parlaments soll drei Jahre dauern. Nach Angaben der von al-Scharaa geführten Übergangsregierung soll es auch ausländischen Wahlbeobachterinnen und Wahlbeobachtern ermöglicht werden, die Parlamentswahlen zu begleiten.
Das Übergangsparlament soll für die Gesetzgebung in Syrien zuständig sein, bis eine neue Verfassung unter breiter gesellschaftlicher Beteiligung in Kraft tritt. Auf deren Grundlage sollen dann erneut Wahlen abgehalten werden. Ziel ist es, Syriens politisches System innerhalb einer auf fünf Jahre angesetzten Übergangsphase zu reformieren – um dann spätestens 2030 die ersten gesamtstaatlichen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen durchzuführen. Bis dahin soll zunächst allein der Präsident die oberste Exekutivgewalt ausüben. Das Übergangsparlament, das nun gewählt wird, soll den Grundstein für einen umfassenderen demokratischen Prozess legen. Allerdings wird kritisiert, dass es derzeit an einer ausreichenden Beteiligung von Minderheiten mangelt.
Wie ist die Situation in Suweida und den kurdischen Regionen?
Sowohl die kurdisch dominierten Regionen Hasaka und Rakka (Autonome Verwaltung Nord- und Ostsyriens, AANES) als auch die drusisch dominierte Provinz Suweida befinden sich derzeit nicht unter der Kontrolle der Zentralregierung in Damaskus. Die AANES hat bis jetzt die Interimsverfassung nicht anerkannt, auch kommt es wiederholt zu militärischen Spannungen zwischen der Zentralregierung und den Kurdengebieten. Nun wurden die drei Provinzen kürzlich, und damit mehr als fünf Millionen Menschen, von den Wahlen ausgeschlossen.
Die Übergangsregierung hat zugesichert, dass für die von Drusen und Kurden kontrollierten Regionen des Landes Abgeordneten-Sitze entsprechend ihres Bevölkerungsanteils im neuen Parlament reserviert werden sollen; damit blieben sie vorerst vakant.