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FAQ: Der Nationale Sicherheitsrat

Redaktion

/ 6 Minuten zu lesen

Ende August hat die Bundesregierung die Einrichtung eines Nationalen Sicherheitsrates (NSR) beschlossen. Warum jetzt? Und wie funktioniert das neue Gremium? Antworten auf wichtige Fragen zum Thema.

Das Bundeskanzleramt ist zugleich Sitz des neu geschaffenen Nationalen Sicherheitsrates (© picture-alliance, dts-Agentur)

Warum wurde der Nationale Sicherheitsrat geschaffen?

Auf einen Nationalen Sicherheitsrat (NSR) verständigte sich die RegierungsInterner Link: koalition aus CDU/CSU und SPD bereits im Externer Link: Koalitionsvertrag 2025. Sie ist eine Reaktion auf die in den vergangenen Jahren zunehmenden sicherheitspolitischen Krisen und Gefährdungslagen, etwa der Interner Link: Corona-Pandemie ab 2020, dem Interner Link: militärischen Rückzug und Evakuierungsmission aus Afghanistan im Jahr 2021, oder dem Interner Link: russischen Angriff auf die gesamte Ukraine im Februar 2022. Expertinnen und Experten hatten in den vergangenen Jahren immer wieder eine bessere, ressortübergreifende und vorausschauende Koordinierung sicherheitspolitischer Entscheidungen gefordert, um in Krisenfällen wie diesen schneller, informierter und entschlossener entscheiden zu können.

Die Diskussion um einen Nationalen Sicherheitsrat lässt sich jedoch bis zur Debatte um eine Interner Link: Wiederbewaffnung in den 1950er-Jahren zurückverfolgen. In den vergangenen 25 Jahren wurde die Diskussion in Politik und Wissenschaft vor allem als Reaktion auf die Interner Link: Terroranschläge vom 11. September 2001 und zuletzt im Rahmen der Interner Link: Enquete-Kommission zum gescheiterten Afghanistan-Einsatz geführt. Ein NSR sollte mit erweitertem Aufgabenfeld und institutionell verankert den bestehenden Bundessicherheitsrat (BSR) ersetzen.

In der Vergangenheit sind Initiativen zur Errichtung eines NRS immer wieder an Uneinigkeiten zwischen den parteipolitisch unterschiedlich besetzten Ministerien und dem Kanzleramt gescheitert. Insbesondere im Interner Link: Auswärtigen Amt fürchtete man durch die Anknüpfung eines NSR ans Bundeskanzleramt und die ressortübergreifende Arbeit, bei Entscheidungen an Einfluss zu verlieren. Nach der Wahl 2025 waren die Voraussetzungen für eine Einigung insofern geschaffen, als Bundeskanzler und Außenminister – von zwei Wochen im Jahr 1982 abgesehen – erstmals seit 1966 der gleichen Partei angehören. Am 27. August 2025 beschloss die Bundesregierung den Aufbau eines NSR.

Was sind die Aufgaben des Nationalen Sicherheitsrats?

Der NSR soll das Entscheidungsgremium der Bundesregierung in allen wesentlichen Fragen der nationalen Sicherheit sein. Dazu soll er alle sicherheitsrelevanten Kompetenzen und Informationen bündeln und über die Ministerien hinweg koordinieren. Er soll eine gemeinsame Lagebewertung erstellen und daraus entsprechende Handlungsoptionen entwickeln. Außerdem soll er die Nationale Sicherheitsstrategie Deutschlands fortschreiben und eine strategische Vorausschau leisten. So möchte man möglichst frühzeitig auf potenzielle Gefährdungen der inneren, äußeren, digitalen und wirtschaftlichen Sicherheit reagieren. Auch die Durchführung von Krisensimulationen und sicherheitspolitischen Übungen ist angekündigt, die die Gesellschaft auf Krisenfälle vorbereiten sollen.

Themen, mit denen sich der NSR zukünftig beschäftigen kann, reichen von Interner Link: Krieg und Interner Link: Terrorismus über Interner Link: Cybersicherheit, Interner Link: Katastrophenschutz und -vorsorge bis zur Interner Link: Energie- und Versorgungssicherheit und dem Schutz kritischer Infrastrukturen. Nach wiederholten Verletzungen des europäischen Luftraums durch Drohnen kündigte die Bundesregierung im Oktober 2025 eine erste Tagung des neuen NSR an. Dort wolle man sich zu einem umfassenden Aktionsplan zur Abwehr hybrider Gefahren beraten.

Wie ist der Nationale Sicherheitsrat aufgebaut?

Der NSR ist ein Kabinettsausschuss der Bundesregierung und befindet sich derzeit im Aufbau. Die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des NSR sind in einer im August 2025 vorgelegten Externer Link: Geschäftsordnung geregelt. Ständige Mitglieder sind der Bundeskanzler, der Chef des Bundeskanzleramts sowie die Ministerinnen und Minister für Auswärtiges, Verteidigung, Inneres, Finanzen, Justiz und Verbraucherschutz, Wirtschaft und Energie, Entwicklungszusammenarbeit und Digitales und Staatsmodernisierung. Der Bundeskanzler soll den Vorsitz einnehmen, vertreten wird er durch den Bundesminister der Finanzen.

An den Sitzungen nehmen außerdem der Generalinspekteur der Bundeswehr und die Präsidentinnen und Präsidenten der Nachrichtendienste, des Bundeskriminalamts und des Bundespolizeipräsidiums sowie der Chef des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung teil. Je nach zu behandelndem Thema können weitere Regierungsmitglieder oder Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer hinzugezogen werden, ebenso Repräsentantinnen und Repräsentanten anderer Staaten, der Interner Link: Europäischen Union, der Interner Link: NATO oder anderer internationaler Organisationen. Darüber hinaus können ausgewiesene Expertinnen und Experten eingeladen werden. Dem NSR arbeitet eine eigene Stabsstelle im Bundeskanzleramt zu. Diese bereitet etwa aktuelle Bilder der sicherheitspolitischen Lage sowie Hinweise zur langfristigen strategischen Planung für die Treffen des NSR vor.

Der NRS tagt zu strategischen Themen, aber auch lage- und krisenbezogen. Er tritt also regelmäßig zusammen, kann aber auch kurzfristig einberufen werden. Die Sitzungen können ganz oder teilweise geheim durchgeführt werden. In der Regel darf der NSR Entscheidungen des Bundeskanzlers und der Bundesregierung nur vorbereiten. Abschließende Entscheidungen kann er nur treffen, wenn gesetzlich kein Beschluss der gesamten Bundesregierung erforderlich ist.

Was unterscheidet den neuen Nationalen Sicherheitsrat vom Bundessicherheitsrat?

Der Nationale Sicherheitsrat soll den 1955 gegründeten Bundessicherheitsrat (BSR, bis 1969 Bundesverteidigungsrat) ersetzen, der bisher als wichtigstes Gremium für Sicherheitsfragen in Deutschland galt. Ab 1. Januar 2026 gehen seine Aufgaben an den NSR über.

Die beiden Gremien unterscheiden sich in ihrer Aufgaben- und Zielsetzung: Offiziell hatte auch der BSR die Aufgabe, die strategische Ausrichtung der deutschen Sicherheitspolitik zu definieren und zu koordinieren. In der Praxis tagte der Rat allerdings vor allem zu Fragen des Rüstungsexports. Der NSR soll diese Koordinierungsaufgabe nun übernehmen und dabei das Wissen verschiedener Interner Link: Ressorts bündeln. Mit dem Erarbeiten einer strategischen Vorausschau und eines kontinuierlichen Lagebilds hat der NSR im Vergleich zum BSR ein deutlich erweitertes Aufgabenfeld. Auch die Durchführung von Krisensimulationen und sicherheitspolitischen Übungen zur Vorbereitung auf Krisenfälle stellen neue Aufgabenfelder dar.

Um seinen neuen Aufgaben nachzukommen, unterscheidet sich der NSR auch personell vom BSR, etwa durch die neu geschaffene Stabsstelle im Bundeskanzleramt. Neu ist außerdem die ständige Teilnahme der oben genannten Sicherheitsbehörden sowie die ausdrückliche Möglichkeit, Expertinnen und Experten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Bundesländer, anderer Staaten, sowie internationaler Organisationen zum Gremium einzuladen. In der Zusammensetzung der Ministerien gleichen sich die Gremien weitgehend, lediglich der Minister für Digitales und Staatsmodernisierung tritt als ständiges Mitglied neu hinzu. Während der BSR unregelmäßig tagte, soll der NSR in regelmäßigem Abstand zusammentreten.

Welche Kritik gibt es am Nationalen Sicherheitsrat?

Gegen einen NSR in Deutschland wurde vorgebracht, ein solcher sei mit dem deutschen Regierungssystem schwer kompatibel. Die Einrichtung eines NSR suggeriere eine strategische Geschlossenheit und Entscheidungskompetenz, die es in einem Interner Link: Präsidialsystem gebe, im deutschen parlamentarischen System – in dem Koalitionsregierungen der Normalfall seien und der Bundestag eine außenpolitische Rolle (z. B. bei der Zustimmung von Bundeswehreinsätzen) und Kontrollfunktion der Regierung einnehme – hingegen nicht.

Weiterhin wird der NSR als Kabinettsausschuss operieren, nicht als unabhängiges Gremium. Daher sehen Beobachterinnen und Beobachter das Risiko, dass Interessen der regierenden Parteien die Agenda des Sicherheitsrates bestimmen. Folglich könnten andere Themen fehlen, die strategisch notwendig, aber beispielsweise für die Wiederwahl der Partei nicht opportun sind.

Darüber hinaus gab es Kritik am Fehlen eines ständigen Sitzes des Umweltministeriums im NSR. Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Umweltschutz befürchten, dass Sicherheitsrisiken in Folge des Klimawandels so nicht ausreichend in dem Gremium priorisiert werden.

Wie unterscheidet sich der deutsche Nationale Sicherheitsrat von denen in anderen Ländern?

Weltweit verfügen rund 60 Länder über eine mit dem NSR vergleichbare Einrichtung – jede mit einem eigenen, die Besonderheiten des jeweiligen politischen Systems spiegelnden Zuschnitt. Mit dem deutschen NSR am ehesten vergleichbar sind die nationalen Sicherheitsräte in Ländern mit parlamentarischen Systemen wie etwa denen in Österreich oder Großbritannien (COBRA).

Dem gegenüberstehen Nationale Sicherheitsräte in den präsidentiellen Systemen wie der Nationale Sicherheitsrat der USA (National Security Council, NSC) mit der herausragenden Stellung des Nationalen Sicherheitsberaters (National Security Advisor) oder der Verteidigungs- und Sicherheitsrat (Conseil de défense et de sécurité nationale, CDSN) in Frankreich. Nationale Sicherheitsräte sind schon seit vielen Jahrzehnten Teile der Sicherheitsapparate dieser beiden Staaten. In Frankreich tagt der CDSN wöchentlich, in den USA unterschied sich der Tagungsrhythmus in der Vergangenheit je nach Präsident. In beiden Fällen sind die Treffen oft unter Verschluss. In den USA und in Frankreich haben die Präsidenten umfassendere Exekutivrechte und dominieren damit auch die Nationalen Sicherheitsräte deutlich stärker, als es in Deutschland der Bundeskanzler kann. Ein weiterer Unterschied zwischen dem deutschen NSR und dem NSC der USA und CDSN in Frankreich ist die personelle Ausstattung: Die Stabstelle im Bundeskanzleramt soll zunächst über 13 Stellen verfügen. Demgegenüber sollen auch nach personellen Kürzungen unter Präsident Donald Trump Berichten zufolge noch immer rund 50 Personen dem NSC in den USA zuarbeiten. In Frankreich unterstützt das Generalsekretariat für Verteidigung und Nationale Sicherheit (Secrétariat général de la défense et de la sécurité nationale, CGDSN) mit 1.600 Beschäftigten den CDSN (Stand 2024). Ähnlichkeiten zum deutschen NSR lassen sich unter anderem in der institutionellen Verankerung der Nationalen Sicherheitsräte und den dort verhandelten Themen finden.

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