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Islamistische Terroranschläge in Frankreich | Hintergrund aktuell | bpb.de

Islamistische Terroranschläge in Frankreich

Redaktion

/ 6 Minuten zu lesen

Am 13. November 2015 töteten islamistische Attentäter 130 Menschen in Paris und dem Vorort Saint Denis. Es war der bis dahin schwerste Terroranschlag in Frankreich. Zehn Jahre später ist das Land weiterhin mit Islamismus und immer wieder auch mit entsprechenden Anschlägen konfrontiert.

In Paris gedenken Menschen mit Blumen und Kerzen den Opfern der Terroranschläge vom 13. November 2015. (© picture-alliance, abaca | Apaydin Alain)

Was geschah am 13. November 2015?

Am Abend des 13. November 2015 wurde Paris von mehreren fast zeitgleich stattfindenden islamistischen Terroranschlägen erschüttert. Dabei wurden über 130 Menschen getötet und über 350 verletzt. Die Taten stellten Interner Link: eine neue Dimension des Terrors in Frankreich und Europa dar: Die Attentäter griffen zeitgleich an mehreren symbolträchtigen Orten der Stadt an, um möglichst viele Menschen zu töten.

Stade de France

Um 21:17 Uhr kam es in der Nähe des Stade de France, dem größten Sportstadions des Landes im nördlichen Pariser Vorort Saint-Denis, zur ersten Detonation. Ein Selbstmordattentäter hatte sich vor dem Eingang in die Luft gesprengt, nachdem er erfolglos versucht hatte, ins Stadion zu gelangen. Bei der Explosion wurde ein Mann getötet und mehrere Menschen verletzt. Wenig später wurden zwei weitere Selbstmordattentate in der Nähe des Stadions verübt. Während der Attentate fand ein Fußball-Freundschaftsspiel zwischen Deutschland und Frankreich statt. 80.000 Zuschauerinnen und Zuschauer waren anwesend, darunter der ehemalige französische Präsident Interner Link: François Hollande und Interner Link: Frank-Walter Steinmeier, der damalige deutsche Außenminister. Da die Organisatoren des Fußballspiels entschieden, die dramatischen Nachrichten des Abends nicht öffentlich bekannt zu machen, gab es keine Massenpanik unter den Besucherinnen und Besuchern des Spiels.

Bars und Restaurants

Zwischen 21:25 Uhr und 21:40 Uhr stürmten vier weitere Interner Link: Terroristen im zehnten und elften Stadtbezirk in der Pariser Innenstadt in mehrere Bars und Restaurants. Die Täter schossen mit Maschinengewehren wahllos auf Gäste in und vor den Lokalen. Innerhalb von 15 Minuten erschossen sie 39 Menschen und verletzten hunderte weitere. In einem Café in der südlichen Innenstadt sprengte sich ein weiterer Attentäter in die Luft und verletzte 15 Menschen.

Angriff auf den Musikclub Bataclan

Die verheerendsten Folgen hatte der Angriff auf das Bataclan-Theater. Dort spielte die US-amerikanische Rockband „Eagles of Death Metal“ gerade ein Konzert vor etwa 1.500 Besucherinnen und Besuchern. Eine Gruppe von Terroristen schoss mit Kalaschnikow-Gewehren in die Menge und warf Handgranaten. 90 Menschen starben. Später nahmen die Angreifer einige verletzte Gäste als Geiseln. Erst nach Mitternacht gelang der Polizei der Zugriff, wobei sich zwei der Täter in die Luft sprengten und die anderen Täter von der Polizei getötet wurden.

„IS“ bekannte sich zur Tat

Zu der Tat bekannte sich der sogenannte Interner Link: Islamische Staat (IS), eine islamistische Terrororganisation, die zwischen Juni 2014 und März 2019 ein Interner Link: größeres Territorium in Syrien und im Irak kontrollierte, dieses Gebiet zum „Kalifat“ erklärte und dort sowie im Ausland zahlreiche Interner Link: dschihadistische Terroranschläge verübte. Die Attentäter von Paris waren französische, belgische und irakische Staatsbürger. Sieben von ihnen kamen während der Taten am 13. November 2015 ums Leben, drei weitere bei einer Razzia am 18. November in Saint-Denis.

Einzig der Belgier Salah Abdeslam überlebte und konnte untertauchen. Er wurde am 18. März 2016 in der Brüsseler Gemeinde Molenbeek festgenommen und nach Frankreich ausgeliefert. Der Prozess gegen ihn endete im Juni 2022. Abdeslam wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Im selben Prozess wurden 19 weitere Angeklagte verurteilt, die teilweise an der Planung der Anschläge beteiligt waren. Von den 19 weiteren Angeklagten wurden 18 in sämtlichen Punkten schuldig gesprochen und zu Haftstrafen verurteilt – teilweise in Abwesenheit, weil sie sich mutmaßlich in Syrien und im Irak auf dem Gebiet des Islamischen Staates beziehungsweise in einem Gefängnis in der Türkei befanden. In Brüssel fand im Frühjahr 2022 ein weiterer Prozess gegen 14 weitere mutmaßliche Komplizen der Pariser Attentäter statt, der mit Freisprüchen, Bewährungs- und geringen Haftstrafen endete.

Islamistischer Terror in Frankreich seit 2015

Frankreich war in den vergangenen Jahren immer wieder Ziel islamistischer Terroranschläge. Zu Beginn desselben Jahres hatte es zwei miteinander zusammenhängende Attentate gegeben: Am Externer Link: 7. Januar 2015 stürmten zwei islamistische Attentäter die Räume der Satirezeitschrift Externer Link: „Charlie Hebdo“ und töteten zehn Mitarbeiter und eine Mitarbeiterin und später auf der Flucht einen Polizisten. Einen Tag später ermordete ein zum Netzwerk der Attentäter gehörender Täter eine Polizistin und überfiel am Folgetag einen jüdischen Supermarkt, bei dem er vier jüdische Franzosen tötete.

Am 14. Juli 2016, dem französischen Nationalfeiertag, raste ein Lastwagen ungebremst in eine Menschenmenge, die sich an der Strandpromenade von Nizza versammelt hatte, um sich ein Feuerwerk anzusehen. 86 Menschen starben, mehr als 400 wurden zum Teil schwer verletzt. In den nächsten Jahren folgten weitere Angriffe in mehreren französischen Städten mit mutmaßlich islamistischem Hintergrund, etwa der Angriff auf einen 85-jährigen Priester während einer Messe am 26. Juli 2016 in Saint-Étienne-du-Rouvray durch zwei „IS“-Anhänger oder der Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in der Straßburger Innenstadt am 11. Dezember 2018, bei dem fünf Menschen getötet und mehrere verletzt wurden.

Am 16. Oktober 2020 tötete ein 18-Jähriger den Geschichtslehrer Samuel Paty in einem Pariser Vorort und enthauptete ihn anschließend. Vor dem Mord war im Netz gegen den 47-jährigen Lehrer gehetzt worden, weil er im Unterricht zum Thema Meinungsfreiheit die aus der Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ bekannten Karikaturen des Propheten Mohammed gezeigt hatte. Paty hatte es seinen Schülerinnen und Schülern freigestellt, das Klassenzimmer zu verlassen, falls die Karikaturen sie beleidigen könnten. Einige Tage später, am 29. Oktober 2020, tötete ein Attentäter mit Verbindungen zum „Islamischen Staat“ in einer Kirche in Nizza drei Menschen mit einem Messer.

Für Entsetzen sorgte auch die Ermordung eines Französischlehrers im nordfranzösischen Arras am 13. Oktober 2023 durch einen ehemaligen Schüler, der sich islamistisch radikalisiert hatte.

Terrorwarnstufe in Frankreich & die Bedrohung durch islamistischen Terrorismus in der EU

Auch heute, zehn Jahre nach der Anschlagserie von Paris, gilt in Frankreich die höchste Terrorwarnstufe. Die Alarmstufe „Urgence attentat“ (Angriffs-Alarm) geht von einer unmittelbaren Bedrohungslage aus. Sie wurde im März 2024 nach einem mutmaßlich islamistischen Terroranschlag auf eine Konzerthalle bei Moskau mit 149 Opfern und damit im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele in Paris im vergangenen Jahr ausgerufen und ist seither aufrechterhalten worden.

Seit einer 2016 in Kraft getretenen Reform der Terrorwarnstufen hat Frankreich drei Alarmstufen, welche den Sicherheitskräften unterschiedliche Befugnisse einräumen:

Die erste Stufe gilt als Normalzustand und beinhaltet keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen. Die zweite Stufe „Sécurité renforcée - Risque d'attentat“ (Erhöhte Sicherheit – Anschlagsgefahr) tritt bei einer hohen Bedrohungslage ein und beinhaltet verstärkte Maßnahmen wie die Überprüfung von Identitäten und zusätzliche Sicherheitskontrollen. Alarmstufe 3 tritt bei einer unmittelbar bevorstehenden Bedrohung durch Terroranschläge in Kraft, so dass Behörden sehr weitgehend in das öffentliche Leben eingreifen dürfen. Sie umfasst strenge Sicherheitsmaßnahmen, wie z. B. die Schließung von öffentlichen Einrichtungen, Ausgangssperren, Verhängung des Ausnahmezustands oder auch Mobilisierung von Soldatinnen und Soldaten. In Frankreich dürfen seit Januar 2015 Soldatinnen und Soldaten verstärkt für den Schutz öffentlicher Orte wie Flughäfen, Bahnhöfen oder religiöser Einrichtungen eingesetzt werden. In Deutschland gibt es – anders als in mehreren anderen EU-Staaten – keine Terrorwarnstufen. Stattdessen erstellt das Bundeskriminalamt anlass- und einzelfallbezogen entsprechende Gefährdungsbewertungen und reicht diese an die Bundesländer weiter, die dann entsprechende Maßnahmen treffen können.

Laut einem Bericht von Europol Externer Link: „European Union. Terrorism Situation and Trend Report“ zum Jahr 2024 nutzten islamistische Gruppierungen wie al-Qaida und der „Islamische Staat“ geopolitische Ereignisse wie den Krieg in Gaza infolge des Anschlags der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023, um ihre Propaganda zu verbreiten und Anhängerinnen und Anhänger zu radikalisieren. Die Radikalisierung erfolgte zunehmend über digitale Plattformen, die vor allem junge Menschen und psychisch belastete Personen ansprechen.

Neues Gesetz zur Bekämpfung von Islamismus in Frankreich

Im Sommer 2021 verabschiedete die französische Nationalversammlung ein von Präsident Emmanuel Macron auf den Weg gebrachtes Gesetz zur Bekämpfung des Islamismus. Das sogenannte Gesetz zur Stärkung republikanischer Prinzipien soll nach dem Willen des damaligen Innenministers Gerald Darmanin dem Staat die Mittel geben, jene zu bekämpfen, „die die Religion missbrauchen, um die Werte der Republik in Frage zu stellen“. Es soll die laizistischen Prinzipien Frankreichs stärken, nach denen Staat und Religion streng voneinander getrennt sind. Moscheen oder religiöse Vereine können seitdem schneller geschlossen werden, wenn in ihnen zum Hass aufgerufen wird und verfassungsfeindliche Imame leichter ausgewiesen werden. Außerdem lässt Frankreich seit Anfang Januar 2024 auf Grundlage des Gesetzes keine aus dem Ausland entsandten Imame mehr zu. Hassaufrufe im Internet können mittlerweile ebenfalls härter geahndet werden. Zudem wurde die bislang unter strengen Auflagen erlaubte Beschulung von Kindern zu Hause erschwert. So soll verhindert werden, dass Kinder im Homeschooling fundamentalistischen Islamunterricht bekommen.

Religionsgemeinschaften und einige NGOs kritisierten das Gesetz. Sie warnen vor Einschränkungen der Religionsfreiheit und pauschaler Diskriminierung von Musliminnen und Muslimen.

Gedenken an die Opfer des 13. November 2015

Am Donnerstag, den 13. November 2025, sowie an den Tagen zuvor soll in Paris mit zahlreichen Veranstaltungen wie etwa Gedenkfeiern an den Anschlagsorten der Opfer der Anschlagsserie vom November 2015 gedacht werden.

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