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Methodisch-didaktischer Kommentar
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Die Aufgabe beginnt mit einer Heranführung an das Thema „Islamistische Radikalisierung“. Danach widmet sie sich anhand des Films einer genauen Analyse und Reflexion der Strategien radikal-islamistischer Anwerber sowie einer einordnenden Beschäftigung mit dem prozesshaften Verlauf einer Radikalisierung. Indem die Schüler*innen dadurch ein kritisches Verständnis für Radikalisierungsprozesse und die Funktionsweisen extremistischer Propaganda erlangen, empfiehlt sich die Aufgabe auch zur Präventionsarbeit.
Nachdem erste Begriffsdefinitionen geklärt sind, beschäftigen sich die Schüler*innen anhand von statistischen Fakten mit der Aktualität des Themas und stellen den Bezug des französischen Films von 2016 zu der gegenwärtigen Situation in Deutschland her. In einem ersten offenen Gedankenaustausch versuchen sie sich den Gründen für Radikalisierungen anzunähern.
Da der Film einen großen Detailreichtum und Informationsgehalt bietet, achten die Schüler*innen während der Filmsichtung arbeitsteilig auf Informationen zum strategischen Vorgehen von Anwerbern. Zum Verständnis des Arbeitsauftrags sollte die Person Dounia Bouzar vorab von der Lehrkraft eingeführt werden. Im Plenum werden die unterschiedlichen Aspekte gesammelt und reflektiert. Hierzu zählen: die Herstellung einer persönlichen Vertrauensbasis, das Schüren eines Entfremdungsgefühls zum gewohnten Umfeld, der Appell an den Wunsch zur Rebellion und an den Gerechtigkeitssinn, die gezielte Provokation von Konflikten mit Familie und Umfeld, die Isolation des Angeworbenen („Du durchschaust die Dinge, die anderen nicht“), die Bindung an die neue Gruppe (Schwesternnetzwerk), Liebesbekundungen unter der Bedingung der Hörigkeit („Dein Prinz rettet dich, aber nur wenn du dich an Regeln hälst“), die Instrumentalisierung eines romantischen Liebesideals, Heilsversprechen unter der Bedingung der Einhaltung eines ideologischen Regelwerks, die Instrumentalisierung von der Liebe zur Familie (> „Ungläubige“ retten), das Herstellen eines Abhängigkeitsverhältnisses in permanenter Kommunikation, das Ersetzen des Individuums durch die Gruppe. Anhand eines exemplarischen Modells vollziehen die Schüler*innen anschließend den Verlauf von islamistischen Radikalisierungsprozessen nach und beziehen diesen auf die filmische Darstellung. Die Lehrkraft sollte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass Radikalisierungsbiografien nicht zwangsläufig nach genau diesem Muster ablaufen und nicht immer mit Gewalt enden. Den im Film angedeuteten Hinwendungsmotiven, die in der Stufe der Präradikalisierung thematisiert werden, sollte in der Diskussion ausreichend Raum zukommen.
Abschließend widmen sich die Schüler*innen arbeitsteilig jeweils einem Filmausschnitt. Bereits diskutierte thematische Aspekte (1. das Schüren eines Entfremdungsgefühls zur westlichen Welt und der Appell an den Wunsch zur Rebellion und 2. ideologische Indoktrination und die Abhängigkeit von der Gruppe) werden vertieft und mit der filmischen Inszenierung in Verbindung gebracht. Beide Ausschnitte stehen für eine enge Kopplung von formaler und inhaltlicher Aussagekraft. Die Analyse des im Film vorkommenden Propagandavideos sensibilisiert zudem für eine manipulative filmische Formsprache.
Sarina Lacaf ist studierte Filmwissenschaftlerin. Als freie Filmvermittlerin und Autorin verfasst sie filmpädagogische Begleitmaterialien und leitet Schulklassenworkshops und Lehrkräftefortbildungen, unter anderem für kinofenster.de, DOK.education München, DOK Leipzig, das Kinderfilmfest im Land Brandenburg und LUCAS – Internationales Festival für junge Filmfans. In verschiedenen Positionen hat sie außerdem für das DOK.fest München, die Kinemathek Hamburg und die Cinémathèque Leipzig gearbeitet.