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12. August: Internationaler Tag der Jugend | Hintergrund aktuell | bpb.de

12. August: Internationaler Tag der Jugend

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Am Internationalen Tag der Jugend machen die Vereinten Nationen auf die Interessen junger Menschen und deren politische Beteiligung aufmerksam. Protestbewegungen, aber auch die aktuelle Einstellungsforschung zeugen von einer neuen Politisierung Jugendlicher.

Studierende in Kalkutta/Indien demonstrieren am 27. September 2019 im Rahmen des globalen Klimastreiks für eine besser Klimapolitik. (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com | Debarchan Chatterjee)

Weltweit sind die politischen und gesellschaftlichen Teilhabechancen junger Menschen häufig begrenzt – auch in vielen Demokratien. So waren 2018 beispielsweise weltweit nur 2 Prozent aller Abgeordneten in nationalen Parlamenten jünger als 30 Jahre.

Um dem entgegen zu wirken, rücken die Vereinten Nationen (engl. United Nation, UN) zum diesjährigen Internationalen Tag der Jugend das politische Engagement junger Menschen in den Mittelpunkt. Zum einen soll gezeigt werden, wie Jugendliche und junge Erwachsene politische Prozesse bereichern und zum anderen sollen Strategien diskutiert werden, wie ihre Repräsentation und ihr Engagement in politischen Institutionen verbessert werden können.

Internationaler Tag der Jugend

Im Jahr 1999 erklärte die Vollversammlung der Vereinten Nationen den 12. August zum Internationalen Tag der Jugend. Seit zwei Jahrzehnten machen seither an diesem Tag diverse Organisationen auf die Belange Jugendlicher aufmerksam. Themen der vergangenen Jahre waren beispielsweise die schlechten Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten junger Menschen in vielen Ländern, die Folgen der Umweltzerstörung für die nachkommenden Generationen oder mangelnde politische Gestaltungsmöglichkeiten.

Im Jahr 2020 steht der UN-Tag unter dem Motto "Engagement der Jugend für globales Handeln" ("Youth Engagement for Global Action"). Anlässlich des Gedenktags heben die Interner Link: Vereinten Nationen hervor, dass zentrale Herausforderungen der Menschheit wie die Corona-Pandemie oder der Klimawandel ohne eine aktive Beteiligung der jungen Menschen nicht zu besiegen seien.

Mehr Mitwirkung durch Jugendquoten und Wahlrecht?

In den allermeisten Demokratien liegt das Alter, um auf nationaler Ebene an Wahlen teilnehmen zu können, bei 18 Jahren. Es gibt jedoch auch Ausnahmen. Österreich hat beispielsweise das Wahlalter landesweit auf 16 Jahre herabgesetzt, um die politischen Gestaltungsmöglichkeiten junger Menschen zu erweitern. Eine Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre wurde 2015 auch offiziell vom Interner Link: EU-Parlament gefordert und vom Interner Link: Europarat für die Mitgliedsstaaten empfohlen. Nach der letzten Europawahl im Mai 2019 lag das Durchschnittsalter im neu konstituierten EU-Parlament bei 49,5 Jahren. Der Altersdurchschnitt der EU-Bevölkerung lag im gleichen Zeitraum bei 43 Jahren (inklusive des Vereinigten Königreiches).

Um die Jugendbeteiligung auf EU-Ebene zu verbessern, hat die EU-Kommission im Dialog mit jungen Menschen elf Europäische Jugendziele erarbeitet. Diese sind in der europäischen Externer Link: Jugendstrategie der EU-Kommission für 2019 bis 2027 verankert. Sie sieht unter anderem die Einsetzung eines europäischen Jugendkoordinators vor und empfiehlt den Mitgliedstaaten die Einrichtung von Jugendvertretungen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene.

Eine bessere Repräsentation junger Altersgruppen in nationalen und lokalen Parlamenten fordert auch die Interner Link: Interparlamentarische Union (IPU), eine internationale Vereinigungsorganisation von Parlamenten. Sie kritisiert, dass insbesondere in Demokratien mit sehr jungen Bevölkerungen nur wenige Parlamentsabgeordnete unter 30 Jahre alt sind. Um den Anteil junger Menschen in nationalen Parlamenten zu erhöhen, empfiehlt die IPU daher parteiinterne Jugendorganisationen oder -flügel zu stärken, wie es sie beispielsweise in Deutschland bei allen größeren Parteien gibt. Zudem schlägt die IPU eine Deckelung von Wahlkampfausgaben oder eine stärkere Unterstützung junger Kandidatinnen und Kandidaten aus parteiinternen Geldern vor. So könne das häufig sehr unterschiedlich verteilte Wahlkampfbudget von Neulingen und etablierteren Parteimitgliedern ausgeglichen werden. Auch sollten junge Wählergruppen aktiver von den Parteien angesprochen werden.

Die IPU empfiehlt zudem, Jugendquoten einzuführen, mittels derer ein bestimmter Anteil an Parlamentssitzen, Parteiämtern oder Listenplätzen im Wahlkampf für junge Menschen vorgesehen werden kann. Jugendquoten sind bisher eher die Ausnahme, existieren jedoch in so unterschiedlichen Ländern wie beispielsweise El Salvador, Litauen, Tunesien, Schweden oder der Ukraine. In Deutschland ist die Einführung von Jugendquoten umstritten.

Jugendproteste

(© picture-alliance, ZUMAPRESS.com | Steve Eberhardt) (© picture-alliance, Geisler-Fotopress | Michael Hübner) (© picture-alliance/AP, John Minchillo) (© picture-alliance, NurPhoto | Carol Smiljan) (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com | Debarchan Chatterjee)

Repräsentation in Deutschland

In Deutschland sind die politischen Mitbestimmungsrechte von Jugendlichen vor allem bei Wahlen begrenzt. Bei Bundestagswahlen sind volljährige Staatsbürgerinnen und Staatsbürger wahlberechtigt, bei Kommunalwahlen können 16- und 17-Jährige in über der Hälfte der Bundesländer ihre Stimme abgeben. Zudem dürfen in den beiden Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie in den Bundesländern Brandenburg und Schleswig-Holstein auch 16-Jährige die Landtagsparlamente wählen.

Das passive Wahlalter, also das Alter ab dem eine Person in ein politisches Amt gewählt werden kann, liegt für die meisten Mandate bei 18 Jahren. Zu Beginn der laufenden Legislaturperiode waren dennoch nur zwei der 709 Mitglieder des Bundestages unter 25. Ein knappes Fünftel der Abgeordneten war jünger als 40. Zum Vergleich: Rund ein Viertel der Bevölkerung in Deutschland waren Ende vergangenen Jahres zwischen 20 und 40 Jahre alt.



Doch es gibt auch für Minderjährige vielfältige Möglichkeiten, sich außerhalb der Parlamente politisch zu engagieren. So haben insbesondere Kommunen diverse Mitgestaltungsmöglichkeiten wie Kinder- und Jugendparlamente geschaffen.

So können sich junge Menschen in Deutschland vor Ort politisch engagieren:

Größere Parteien haben in der Regel eine politische Jugendorganisation. Dort können sich Jugendliche oft schon ab 14 Jahren politisch engagieren.

In vielen Städten oder Gemeinden werden Jugendliche in Form von Interner Link: Jugendgemeinderäten in die Lokalpolitik integriert. Oft werden diese kommunalen Gremien Interner Link: Jugendparlament oder -forum genannt. Sie sind normalerweise nach dem Vorbild der Stadt- oder Gemeinderäte aufgebaut und bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, Entscheidungen zu beeinflussen, welche ihre Interessen vor Ort berühren. Die Einflussmöglichkeiten variieren jedoch von Gemeinde zu Gemeinde.

Mitunter sitzen Jugendliche auch als Expertinnen und Experten in den Jugendhilfeausschüssen der Stadträte und Kreistage. Auch dort können sie bei Entscheidungen mitwirken.

Zudem können sich Jugendliche auch in Vereinen, Bürgerinitiativen, in Schülervertretungen oder durch die Teilnahme an Demonstrationen politisch engagieren. Weitere Beteiligungsmöglichkeiten können auf der Externer Link: Seite des Deutschen Bundesjugendrings nachgelesen werden.

Wahlrecht ab 16 bleibt umstritten

Gerade im Zuge der Klimabewegung zeigte sich zuletzt, dass sich viele Jugendliche von politischen Entscheidungen rund um Themen und Probleme, die sie direkt betreffen, ausgeschlossen fühlen. Nicht zuletzt deshalb fordern Politikerinnen und Politiker von Grünen, SPD und FDP eine Reduzierung des Wahlalters auf 16 Jahre. Kritikerinnen und Kritiker eines frühen Wahlrechts äußern hingegen die Befürchtungen, dass 16- und 17-Jährige leichter manipulierbar seien, zu wenig politisches Wissen und Interesse besäßen und aufgrund ihres Alters noch nicht die nötige Reife hätten. Die Argumente sind auf beiden Seiten vergleichbar mit denen, die 1970 der Interner Link: Absenkung des Wahlalters von 21 auf 18 Jahren vorangingen.

Die junge Generation ist politisiert

Eine neue Politisierung Jugendlicher zeichnet auch die jüngste Interner Link: SINUS-Jugendstudie aus dem Jahr 2020 in Deutschland nach. Die in rund 70 qualitativen Interviews befragten Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren beschrieben vor allem den Klimawandel als zentrale Frage der Generationengerechtigkeit. Allerdings gab die Mehrheit der interviewten Jugendlichen an, in keiner Form politisch aktiv zu sein – laut eigenen Aussagen auch aus einem Gefühl der Macht- bzw. Einflusslosigkeit heraus. Zudem beklagten sie die fehlende Teilhabe der jungen Generation an politischen Entscheidungsprozessen und die mangelnde Repräsentation im politischen Raum.

Grafiken aus der SINUS-Jugendstudie 2020 zum Thema Politik

(© Bundeszentrale für politische Bildung/bpb) (© Bundeszentrale für politische Bildung/bpb) (© Bundeszentrale für politische Bildung/bpb)


Zu ähnlichen Ergebnissen kommt auch die repräsentative Externer Link: Shell Jugendstudie 2019, die 2.572 junge Menschen im Alter zwischen 12 bis 25 Jahren befragte. Ähnlich wie in den Vorjahren bezeichneten sich rund 41 Prozent der Befragten als politisch interessiert oder stark interessiert, wobei vor allem Studierende Interesse an Politik äußerten (66%). Fast drei von vier Jugendlichen gaben an, am meisten Sorge bereite ihnen die Umweltverschmutzung, dicht gefolgt von der Angst vor Terroranschlägen (66%) und dem Klimawandel (65%).

Jugendbeteiligung in der Corona-Pandemie

Die anhaltende Corona-Pandemie wirkt sich auch auf die politische Teilhabe von Jugendlichen aus. Durch Abstandsgebote und neue Versammlungsauflagen ist politische Partizipation im öffentlichen Raum derzeit nur eingeschränkt möglich. Gleichzeitig etablieren sich neue Formen des politischen Engagements beispielsweise durch eine verstärkte Verlagerung ins Internet.

Jugendverbände sowie medizinische Fachkräfte bemängeln, dass bei dem seuchenpolitischen Krisenmanagement die Interessen junger Menschen nicht ausreichend berücksichtigt würden. So beklagte unter anderen die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin im April 2020, dass die Rechte von Kindern und Jugendlichen nachrangig behandelt worden seien, beispielsweise weil Spiel- oder Sportplätze mitunter länger geschlossen blieben als Teile der Gastronomie. Mehre Jugendverbänden forderten zudem eine stärkere Einbeziehung von Jugendlichen, Fachkräften und deren Interessensvertretungen in zukünftige Entscheidungen über Maßnahmen und deren Lockerung.

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