Inhaltsbeschreibung
Früher waren das Leben und Sterben von Tieren in engster Nachbarschaft zum Menschen selbstverständlich. Zahl und Stellenwert der gehaltenen Tiere hingen von ihrer Bedeutung für das menschliche Überleben ab. Fleisch war und blieb damit für sehr viele Menschen bis ins 20. Jahrhundert hinein ein rares Gut, zumal angesichts einer wachsenden Bevölkerung sowie Kriegs- und Krisenzeiten.
Doch die nicht zuletzt durch Mangelerfahrungen stimulierte Nachfrage nach Fleisch trug seither, so die Historikerin Veronika Settele, wesentlich zu einem Perspektivwechsel bei: Mehr und mehr stand schon seit der NS-Zeit nicht mehr das Tier als Ganzes im Fokus, sondern seine optimierte Inwertsetzung, also Menge und Beschaffenheit seines Fleisches. Diese entfremdende Sichtweise setzte sich, bei unterschiedlichen Voraussetzungen, im geteilten Deutschland durch. Tiermedizin, Agrarwissenschaften und Politik propagierten einen zweckrationalen Umgang mit Tieren. Reduziert auf ihr Fleisch, wurden sie bis ins Extreme ökonomischem Kalkül unterworfen. So bildeten sich die Voraussetzungen, aber auch die Akzeptanz der Massentierhaltung aus, die mit oftmals höchst fragwürdigen Mitteln auf immer mehr Tiere pro Stall und stetig wachsende Erträge pro Tier zielt.
Veronika Settele zeichnet diese Entwicklung eindringlich nach. Erst in jüngerer Zeit, konstatiert sie, würden Stimmen unüberhörbar, die das völlige Zurücktreten der Lebewesen hinter ihrem Fleisch anprangern und aus ethischen wie medizinischen und ökologischen Gründen ein Umdenken fordern.