Meine Merkliste Geteilte Merkliste PDF oder EPUB erstellen

Zukunft der Arbeit Chancen für eine Tätigkeitsgesellschaft? | APuZ 48-49/1997 | bpb.de

Archiv Ausgaben ab 1953

APuZ 48-49/1997 Krise der Arbeitsgesellschaft und Privatisierung der Sozialpolitik Der Sozialstaat hat eine Zukunft Leitlinien einer sozialpolitischen Reform Zukunft der Arbeit Chancen für eine Tätigkeitsgesellschaft? Weniger Erwerbsarbeit -mehr Eigenarbeit? Chancen und Potentiale Öffentlicher Eigenarbeit

Zukunft der Arbeit Chancen für eine Tätigkeitsgesellschaft?

Gerd Mutz

/ 27 Minuten zu lesen

Zusammenfassung

Die bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten andauernde Krise der Erwerbsgesellschaft hat zu einer intensiven Diskussion des Konzepts der Tätigkeitsgesellschaft geführt. Die Grundidee besteht darin, die beschränkte Perspektive auf Erwerbsarbeit zu überwinden und anzuerkennen, daß in vielen Bereichen der Gesellschaft gearbeitet wird und daß viele dieser Tätigkeiten im gesellschaftlichen Wertschöpfungsprozeß bedeutsam, aber im Rahmen der Erwerbsgesellschaft nicht bezahlbar sind. Zu diesen gesellschaftlich wichtigen Tätigkeiten gehört auch das bürgerschaftliche Engagement, das entgegen allen Erwartungen in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert hat. Wenn alle Menschen zukünftig weniger Lebenszeit in der Erwerbsarbeit verbringen werden, weil pro Kopf der Bevölkerung ein geringeres Erwerbsarbeitsvolumen vorhanden ist, dann kann parallel zur Erwerbsarbeit die verbleibende Zeit für unterschiedliche Formen bürgerschaftlichen Engagements genutzt werden. Wäre bürgerschaftliches Engagement gleichwertig zur Erwerbsarbeit, dann könnten Erwerbslose prinzipiell tätige Menschen sein, die weiterhin durch gesellschaftlich nützliche Arbeit in der Gesellschaft integriert wären.

Bislang war es modernen Arbeitsgesellschaften möglich, nahezu alle Menschen mit Erwerbsarbeit zu versorgen. Produktive Erwerbsarbeit sicherte einerseits die materielle Lebensgrundlage der Menschen, andererseits wurde ein enormer gesellschaftlicher Reichtum -in Form des Sozialprodukts -geschaffen. Das erfolgreiche Erwerbssystem war das Fundament der sozialen Marktgesellschaft. Doch diese Basis ist erschüttert.

I. Die Arbeitsgesellschaft im Krisendiskurs

Typen der Arbeitslosigkeit Quelle: Eigene Darstellung.

Sozialwissenschaftler sind der Ansicht, daß die Ära stetigen wirtschaftlichen Wachstums, hoher Beschäftigung und relativer sozialer Sicherheit vorbei ist Sie konstatieren, daß „der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht“ und sprechen von einem „Kapitalismus ohne Arbeit“. Damit ist aber unweigerlich eine , Krise der Sozialpolitik verknüpft, weil die Leistungsfähigkeit der sozialen Sicherungssysteme vom Umfang der Erwerbsarbeit abhängt. Die Gesellschaft hat zwei Möglichkeiten, auf diese neue Herausforderung zu reagieren: Sie kann die Situation , aussitzen'und hoffen, daß die demographische oder wirtschaftliche Entwicklung zu einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt führen wird (Modell der , Weiter-so-Modernisierung‘) Gemäß dieser Variante werden in der Öffentlichkeit und in den meisten Fachpublikationen Reformen diskutiert, die auf eine Stabilisierung des wirtschaftlichen Wachstums und damit der Arbeitsmärkte zielen. Diese Politik konzentriert sich auf die Angebotsseite und versucht, die menschliche Arbeitskraft quantitativ und qualitativ für ihren Einsatz attraktiver zu machen: Sie soll durch eine Senkung der Lohn-bzw. Lohnnebenkosten billiger oder durch umfassende Anpassung an die Produktionserfordernisse flexibler werden; das Arbeitskraftangebot soll durch eine Steuerung der Erwerbseintritts-und -austrittszeiten sowie ein Zurückdrängen der Frauen und Einschränkung der Zuwanderung reduziert werden

Folge einer solchen , Weiter-so-Modernisierung‘ wären vielfältige gesellschaftliche Verwerfungen: Der Kernbereich stabiler Norm-Beschäftigung würde (noch) kleiner werden, und die daran geknüpfte soziale Existenzsicherung wäre (noch) gefährdeter. Die Entwicklung würde auf eine gespaltene Erwerbsgesellschaft hinauslaufen, in der selbst die Beschäftigten in ständiger Arbeitsplatzunsicherheit wären. Schon heute muß fast jeder damit rechnen, während seines Erwerbslebens arbeitslos zu werden. Mehr noch: Seit den achtziger Jahren ist die Länge der Arbeitslosigkeitsphasen und das (statistische) Risiko, mehrfach arbeitslos zu werden, gestiegen. Folglich gerät das soziale Sicherungssystem unter Druck, und sozialstaatliche Leistungen werden reduziert.

II. Es gibt eine Chance zum Umbau der Arbeitsgesellschaft

Die Einsicht, daß die mehr als ein Jahrhundert andauernde Leistungsfähigkeit der Erwerbsgesell-Schaft schwindet, kann aber auch dazu genutzt werden, den gesellschaftlichen Stellenwert von Arbeit als Erwerbsarbeit (neuerlich) zu überdenken. Die Gesellschaft kann sich in dieser kritischen Situation bewußt machen, daß die Expansion der Erwerbsarbeit an ihre Grenzen gelangt ist und daß deshalb ein Umbau der Arbeitsgesellschaft notwendig ist.

Hinter einem solchen Ansatz steht der Gedanke, daß bei den Diskussionen um die , Krise der Arbeitsgesellschaft im Grunde eine , Krise der ErwerbsarbeiV gemeint ist. Die einseitige Fixierung auf erwerbswirtschaftliche Arbeitsformen war solange gerechtfertigt, wie eine „umfassende makrosoziologische Determinationskraft der sozialen Tatsache der (Lohnarbeit“ gegeben war -dies ist nun nicht mehr der Fall. Soll es in der Debatte um die , Krise der Arbeitsgesellschaft'um mehr als naive Kapitalismuskritik gehen, dann muß über Transformationspotentiale der modernen Arbeitsgesellschaft, also um bereits vorhandene Ansatzpunkte zur Restrukturierung gesprochen werden. Diese könnten im Sinne von Hannah Arendt die Tätigkeitsgesellschaft sein

Die Grundidee des Modells einer , Tätigkeitsgesellschaft -oder synonym: einer zivilen oder Bürgergesellschaft -besteht darin, die beschränkte Perspektive auf Erwerbsarbeit zu überwinden und anzuerkennen, daß es außerhalb der Erwerbsarbeit eine Vielzahl sozial und ökologisch sinnvoller Tätigkeiten gibt, die bei weiterer Verringerung der Erwerbsarbeit relativ an Bedeutung gewinnen werden. Zu diesen Arbeitsfeldern zählen: Öffentliche und private Eigenarbeit, Haus-und Erziehungsarbeit, Ehrenamt, Vereinsarbeit, Netzwerkarbeit (insbesondere Nachbarschaftshilfen),

Selbsthilfe und öffentlich-gemeinnützige sowie politische Arbeit Um die Potentiale und Begrenzungen einer Tätigkeitsgesellschaft abschätzen zu können, müssen (mindestens) drei Aspekte diskutiert werden. Erstens ist der Frage nachzugehen, ob mit der Aktivierung solcher Tätigkeitsfelder Arbeitslosigkeit als eine der gravierendsten Auswirkungen der . Krise der Erwerbsgesellschaftbeeinflußt werden kann. Dazu ist es notwendig, die Struktur der Arbeitslosigkeit zu bestimmen. Studien dazu zeigen, daß es nicht die homogene Gruppe von dauerhaft Arbeitslosen gibt, die ersatzweise Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit übernehmen könnten. Zweitens stellt sich die Frage, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen, damit Menschen in diesen Tätigkeitsfeldern aktiv werden. Hier zeigt sich, daß Menschen materielle, soziale, psychische und auch Bildungsressourcen benötigen, um sich in diesen Tätigkeitsfeldern außerhalb der Erwerbsarbeit zu engagieren. Die optimale Situation ist gegeben, wenn Menschen in einer Tatigkeitsgesellschaft in beiden Bereichen -in und außerhalb der Erwerbsarbeit -aktiv sind. Drittens ist zu klären, wie die ungleichen Paare . Arbeit in-und außerhalb des Erwerbssystems sowie . Erwerbstätige und Erwerbslose Zusammenkommen können. Welche Modelle sind für welchen Personenkreis geeignet?

III. Die Struktur der Arbeitslosigkeit hat sich verändert

Fragen zur Struktur von Arbeitslosigkeit waren Gegenstand einer Studie der . Münchner Projekt-gruppe für Sozialforschung (MPS) aus den Jahren 1984 bis 1995, die zunächst in West-, später auch in Ostdeutschland durchgeführt wurde Dabei wurde ausgewertet, wie häufig die beim Arbeitsamt gemeldeten Personen bereits vorher arbeitslos waren, wie lange die Arbeitslosigkeitsphasen dauerten und was im Zeitraum von zwei bis neun Jahren nach dieser Arbeitslosigkeit passierte. Aus der Kombination der Indikatoren Häufigkeit, Dauer und , Verbleib nach der Arbeitslosigkeit'ergab sich folgende Zuordnung:

Bei 21, 2 Prozent der untersuchten westdeutschen Erwerbspersonen war Arbeitslosigkeit ein einmaliges kurzes oder länger andauerndes Ereignis im Erwerbsverlauf (12 Monate); bei den ostdeutschen lag der Wert höher, nämlich bei 36, 4 Prozent. Bei 38, 5 Prozent der westdeutschen und 28, 7 Prozent der ostdeutschen Erwerbspersonen trat kurzfristige Arbeitslosigkeit mehr als einmal auf. 12, 3 Prozent der westdeutschen und 20, 3 Prozent der ostdeutschen Erwerbspersonen haben sich nach langer Arbeitslosigkeit (> 12 Monate) beim Arbeitsamt abgemeldet (, Austritt aus dem Beschäftigungssystem' Mit 25, 2 Prozent ist die Zahl der westdeutschen Erwerbspersonen, bei denen kurze und lang andauernde Arbeitslosigkeitsphasen auftreten, beachtlich hoch; bei ostdeutschen beträgt dieser Anteil die Hälfte (vgl. Tabelle).

Diese Zahlen verdeutlichen, daß für beinahe ein Viertel der westdeutschen Erwerbspersonen dieser Stichprobe und für gut ein Drittel der ostdeutschen Arbeitslosigkeit ein vorübergehendes, singuläres Ereignis in ihrem Erwerbsleben ist. Allerdings war bei 63, 7 Prozent der westdeutschen und 41, 0 Prozent der ostdeutschen Erwerbspersonen Arbeitslosigkeit häufiger aufgetreten. Dies bedeutet, daß ein relativ hoher Anteil von Erwerbspersonen immer wieder von Arbeitslosigkeit betroffen war, daß diese Phasen aber auch wieder in eine Beschäftigung mündeten.

Mit diesen Ergebnissen wird deutlich, daß sich die Struktur der Arbeitslosigkeit seit den achtziger Jahren verändert hat. Arbeitslosigkeit ist nicht wie in den Nachkriegsjahren und in der darauf folgenden wirtschaftlichen Prosperitätsphase ein Ereignis, das nur wenige Menschen betrifft, die dann entweder nur sehr kurz oder sehr lang arbeitslos sind (wenn es sich um Personen sogenannter Problemgruppen handelte).

IV. Dynamische Arbeitslosigkeit: Entwarnung und Warnung

Vor diesem Hintergrund sprechen wir von einer dynamischen Arbeitslosigkeit, weil von ihr immer mehr Menschen länger und häufiger betroffen sind. Damit sind aber auch die eingangs formulierten Diagnosen zur Zukunft von Arbeitsgesellschaften zu präzisieren.

Es gilt zunächst einmal, dem Diskurs um die Krise der Erwerbsgesellschaft die Spitze zu nehmen und entgegenzuhalten, daß nach unseren Untersuchungen ein Teil der Erwerbspersonen ihren beruflichen Werdegang auch dann ungehindert fortführen können, wenn sie einmal arbeitslos waren. Die gesellschaftstheoretische Deutung lautet: Auch wenn es eine vorübergehende, unter Umständen sogar längere Arbeitslosigkeit gibt, kann die anschließende berufliche Entwicklung in formalen' Bahnen verlaufen. Arbeitslosigkeit kann inzwischen Menschen aller Altersgruppen und Qualifikationsniveaus treffen, nicht nur bestimmte Problem-und Benachteiligtengruppen {Typ 1) -und es gibt seit den achtziger Jahren insgesamt mehr Menschen, die davon betroffen sind.

Neben dieser Entwarnung im Krisendiskurs ist aber ein zusätzlicher Akzent zu setzen, der deutlich macht, daß sich die Erwerbsgesellschaft durch das Auftreten der neuen dynamischen Arbeitslo-sigkeit dramatisch verändert hat. Denn für einen großen Teil der Menschen ist Arbeitslosigkeit ein bekanntes, wenn auch kein vertrautes Ereignis geworden. Ihr Erwerbsverlauf ist durch häufige Arbeitslosigkeit fragmentiert {Typ 2). Sie sind aus arbeitsmarktpolitischer Sicht die neue Problem-gruppe unter den Arbeitslosen -nicht nur weil sie eine ungewisse Zukunft haben, sondern weil objektiv die Gefahr gegeben ist, daß sie aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzt werden können. Soziologisch interpretiert gefährden instabile Erwerbs-verläufe den Kern der Erwerbsgesellschaft. Instabile Erwerbsverläufe führen zu einem neuen Problem der sozialen Sicherheit, dem mit einer reaktiven Sozialpolitik nicht begegnet werden kann. Für diese Menschen wird folglich die Frage wichtig, mit welchen arbeitsmarktpolitischen Instrumenten der häufige Wechsel zwischen Beschäftigung und Arbeitslosigkeit beendet werden kann. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen: Häufige Wechsel kommen nicht nur bei den Menschen vor, die die typischen Negativmerkmale aufweisen (gesundheitlich eingeschränkt, hohes Alter oder gering qualifiziert). Ein problemgruppenorientiertes Konzept zur Bekämpfung von sozialer Unsicherheit greift also nicht

Typ 3 der Arbeitslosigkeit -die Langzeitarbeitslosigkeit — ist ambivalent zu bewerten. Einerseits ist zu beachten, daß Langzeitarbeitslosigkeit nicht automatisch zur Dauerarbeitslosigkeit führt, weil viele Menschen auch nach langer Arbeitslosigkeit wieder eine Beschäftigung finden können. Andererseits ist zu bedenken, daß insbesondere lange Arbeitslosigkeitsphasen mit dem Risiko verbunden sind, daß die Betreffenden vom Arbeitsmarkt-geschehen ausgegrenzt werden oder sich selbst (aus den unterschiedlichsten Gründen zurückziehen

V. Die Tätigkeitsgesellschaft -Aufwertung individueller und gesellschaftlicher Arbeit

Das Konzept einer Tätigkeitsgesellschaft verspricht, den Problemen der Unterbeschäftigung und damit der Fehlallokation von Arbeitskräften, die in der Erwerbsgesellschaft entstanden sind, begegnen zu können. Die grundlegende Einsicht einer Tätigkeitsgesellschaft besteht darin, daß wir jetzt und auch in absehbarer Zukunft in einer Arbeitsgesellschaft leben werden, in der der arbeitende Mensch im Mittelpunkt des gesellschaftlichen Geschehens steht. Unter Arbeit verstehen wir die bedachte tätige Auseinandersetzung mit der natürlichen, sozialen, kulturellen und psychischen Umwelt, die als gesellschaftlich wertvoll anerkannt wird. Maßstab dafür ist ihre sozio-kulturelle, ökologische und ökonomische Bedeutung -das rein monetär bemessene Wertschöpfungspotential, wie es sich im Sozialprodukt niederschlägt, gilt als nachrangig. Mit Arbeit wird individuelles und gesellschaftliches Einkommen erwirtschaftet, je nach Bedeutung der Arbeit bestimmt sich die soziale Position (gesellschaftliche Identität) und das psychische Wohlbefinden (individuelle Identität). Die Tätigkeitsgesellschaft ist eine besondere Ausprägung der Arbeitsgesellschaft -in der gleichen Form, wie die derzeitige Erwerbsgesellschaft eine besondere Ausprägung ist. Die Erwerbsgesellschaft hat zu einer Einengung der Bedeutung von Arbeit und damit letztlich zu wirtschaftlich, sozial und politisch nicht vertretbaren Fehlallokationen geführt, die hohe, kaum noch bezahlbare Sozialkosten nach sich ziehen. Das Konzept von der Tätigkeitsgesellschaft erweitert den Blick und insistiert darauf, daß in vielen Bereichen der Gesellschaft gearbeitet wird und daß viele dieser Tätigkeiten gesellschaftlich bedeutsam, aber im Rahmen der Erwerbsgesellschaft nicht bezahlbar sind. Arbeitslose könnten prinzipiell tätige, arbeitende Menschen sein, auch wenn sie erwerbslos sind. Um der Arbeit in Arbeitsgesellschaften (wieder) ihren prominenten Stellenwert zu geben, ist es notwendig, daß Arbeitsformen jenseits der Erwerbsarbeit gesellschaftlich aufgewertet werden. Dies bedeutet, daß die Einkommens-und soziale Sicherung der Menschen nicht länger nur an ihre Arbeitsleistung innerhalb des Erwerbssystems gekoppelt sein darf. Notwendig dazu ist, daß sich das Gefüge in der , Triade der Arbeit (das Verhältnis zwischen: Erwerbsarbeit -individueller Arbeit -gesellschaftlicher Arbeit) verschiebt Zwischen diesen (relativ) gleichwertigen Bereichen muß es größere Durchlässigkeiten und fließende Über-gänge geben. Der Verbleib in den jeweiligen Tätigkeitsbereichen muß nach den individuellen Wünschen und gesellschaftlichen Erfordernissen gestaltet werden, und zwar in den Strukturen eines Lebenszeitmodells. Dies bedeutet, daß sich die Lebenszeitvorstellungen der Menschen ändern müssen, die bislang fast ausschließlich um die Erwerbsarbeit zentriert waren. Die Menschen müssen flexibel zwischen diesen Bereichen wechseln können. Wenn alle Menschen weniger Lebenszeit in der Erwerbsarbeit verbringen, weil pro Kopf der erwerbsfähigen Bevölkerung ein geringeres Erwerbsarbeitsvolumen vorhanden ist (siehe oben), dann kann die verbleibende Zeit für individuelle und gesellschaftliche Arbeit genutzt werden. Die Menschen wären dann in kurzen oder langen Phasen-erwerbslos, aber nicht arbeitslos, sie würden tätig sein und wären weiterhin über Arbeit in der Gesellschaft integriert.

VI. Die Tätigkeitsfelder außerhalb der Erwerbsarbeit haben unterschiedliche Relevanz

Nicht alle Arbeitsfelder sind gleichermaßen für eine Restrukturierung der Arbeitsgesellschaft in Richtung einer Tätigkeitsgesellschaft geeignet. Einige einfache Überlegungen können diesen komplexen Sachverhalt verdeutlichen. So sind etwa Arbeiten im privaten Bereich für einen Umbau der Arbeitsgesellschaft kaum diskussionsrelevant, wenn es sich um Tätigkeiten, wie beispielsweise Heimwerken handelt, bei denen der individuelle Nutzen im Vordergrund steht. Auch wenn diese Tätigkeiten durchaus sinnvoll und in einem engen Sinne wertschöpfend sind, haben sie nur geringen gesellschaftlichen Nutzen. Dieser ist ein entscheidendes Kriterium für die Relevanz solcher Arbeitsfelder bei einem Umbau der Arbeitsgesellschaft. Dabei ist weniger bedeutsam, ob der Nutzen in der privaten oder der öffentlichen Sphäre, also im häuslichen Bereich oder außerhalb erzielt wird. So hat etwa die Familienarbeit über den individuellen Nutzen hinaus einen hohen gesellschaftlichen Stellenwert, auch wenn sie im häuslichen Bereich stattfindet. Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen ist es sinnvoll, Tätigkeitsfelder außerhalb der Erwerbs-arbeit danach zu differenzieren, in welchem Umfang sie individuellen oder privaten Nutzen stiften und ob sie privat oder öffentlich durchgeführt werden. Zwischen den beiden extremen Polen privater/individueller Nutzen und öffentlicher/gesellschaftlicher Nutzen gibt es eine Reihe von Tätigkeiten, die für eine Debatte um eine Tätigkeitsgesellschaft relevant sind Die hier geführte Diskussion soll im weiteren eingeengt werden auf bürgerschaftliches Engagement, das freiwillig für die Gemeinschaft erbracht wird und sowohl individuellen als auch gesellschaftlichen Nutzen entfaltet. Zur Struktur dieses Bereichs gibt es Forschungsergebnisse, die Aussagen darüber ermöglichen, welche Modelle im Hinblick auf eine Über-windung der Erwerbslosigkeit und Entfaltung der Tätigkeitsgesellschaft entwickelt werden können.

VII. Die Struktur des freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements hat sich verändert

In Deutschland werden nur knapp 50 Prozent der durchschnittlichen Arbeitszeit für bezahlte Tätigkeiten aufgewendet, der Rest entfällt auf Erwerbs-arbeiten außerhalb der Erwerbsarbeit Männer wenden nahezu 40 Prozent ihrer Arbeitszeit für diese Tätigkeiten auf, Frauen annähernd 70 Prozent. Entsprechende Daten liegen für die übrigen europäischen Länder und die USA vor Zweifellos hat dieser Bereich in den Erwerbsgesellschaften der westlichen Welt eine hohe Bedeutung.

Nach einer aktuellen Auswertung der Daten des , Sozioökonomischen Panels (SOEP) haben sich 1994 rund 30 Prozent der westdeutschen und ein Fünftel der ostdeutschen Bevölkerung in unterschiedlichen Feldern bürgerschaftlich engagiert. In Westdeutschland ist dies gegenüber dem Jahr 1985 ein Zuwachs von 5 Prozent. Nur knapp ein Drittel dieser Tätigkeiten entfallen auf den Bereich der politischen Arbeit bzw.des bürgerschaftlichen Engagements in Parteien, Bürgerinitiativen oder in der Kommunalpolitik -zudem stagniert dieser Bereich, während die Aktivitäten in Vereinen, Verbänden und sozialen Diensten sowie im alltäglichen Nahbereich (Mithelfen bei Freunden, Verwandten und Nachbarn) zugenommen haben. Zusätzlich hat sich die Form des bürgerschaftlichen Engagements gewandelt: Weniger Men-sehen üben diese Tätigkeiten regelmäßig aus, dafür sind es mehr, die sich gelegentlich engagieren. Insgesamt gilt, daß knapp zwei Drittel des bürgerschaftlichen Engagements von Männern durchgeführt wird -allerdings ist der Zuwachs der Tätigkeiten insgesamt darauf zurückzuführen, daß der Anteil der engagierten Frauen überproportional gewachsen ist Es werden folglich mehr Frauen, die sich punktuell engagieren wollen, angesprochen. Interessant ist, daß alle Altersgruppen, auch die Jüngeren, relativ gleichmäßg an diesen Arbeiten beteiligt sind

Das freiwillige Engagement der Menschen hängt sehr stark von der schulischen und beruflichen Qualifikation ab: Je höher diese ist, desto aktiver sind sie in diesen Bereichen. Die stärksten Aktivitäten werden von der typischen Normalfamilie (Paar mit bis zu zwei Kindern) entfaltet. Von den Vollzeit-und den Teilzeiterwerbstätigen sind jeweils etwa ein Drittel in diesen Feldern tätig; Arbeiter und Selbständige sind im Vergleich zu Angestellten und Beamten weniger aktiv; immerhin knapp 30 Prozent (in Ostdeutschland 16, 4 Prozent) der Erwerbslosen engagieren sich -mit steigender Tendenz, denn die Zunahme in dem beobachteten Zehnjahreszeitraum betrug 13 Prozentpunkte.

Freiwilliges bürgerschaftliches Engagement finden wir folglich überwiegend in der Gruppe der gut Ausgebildeten mittleren Alters, die in einer entsprechenden Position (abhängig) erwerbstätig sind und über ein gehobenes Haushaltsnettoeinkommen verfügen (generell gilt, daß die Aktivitätsrate mit dem Haushaltsnettoeinkommen steigt). Aus anderen Untersuchungen ist hinzuzufügen, daß bürgerschaftliches Engagement nicht nur ein hohes Bildungsniveau und materielle Ressourcen erfordert, sondern auch soziales Kapital (die Fähigkeit, soziale Kontakte zu knüpfen), das (wie die übrigen Ressourcen) in der Gesellschaft ungleich verteilt ist Es hat folglich signifikante Veränderungen gegeben: -bei der Art des Engagements (punktuelles, themenbezogenes Tätigsein nimmt zu, ebenfalls die Alltagssolidarität und das soziale Engagement im engeren Sinne, während gleichzeitig eine Entpolitisierung zu konstatieren ist); -im Geschlechterverhältnis (die Zahl der Frauen steigt); -bei der Schulbildung (auch Personen ohne Schulabschluß werden aktiv) -und bei den Erwerbslosen (ihre Aktivitätsrate steigt). Die hohe Zunahme von Aktivitäten bei Erwerbslosen ist beachtlich, darf aber nicht überinterpretiert werden. Die Substitutionsthese, daß nämlich bürgerschaftliches Engagement Erwerbsarbeit ersetzen oder „zur Erneuerung der Kompetenz beitragen“ und damit den Wiedereinstieg in das Erwerbsleben erleichtern könnte, ist nicht zutreffend Ebensowenig ist der , Zeitwohlstand von Erwerbslosen (und ebenso von Singles) ein ausschlaggebender Grund für die Aufnahme von Tätigkeiten außerhalb der Erwerbstätigkeit. Daraus kann bereits folgender Schluß gezogen werden: Langzeit-Erwerbslose des Typs 3, deren Bildungsniveau relativ gering ist, die kaum über materielles Kapital verfügen (das Haushaltsnettoeinkommen sinkt insbesondere nach dem Arbeitslosengeldbezug) und deren Sozialkapital durch die Dauer der Erwerbslosigkeit brachliegt, finden kaum einen Zugang zu den Tätigkeitsfeldern außerhalb der Erwerbsarbeit. Wenn die Substitutions-und Zeitwohlstandsthese nicht zutreffend sind, dann weist dies auf die Richtigkeit der Parallelitätsthese hin: Arbeitsformen außerhalb der Erwerbstätigkeit müssen sich neben der Erwerbstätigkeit entwickeln können. Neben diesen allgemeinen Strukturen sind die individuellen Motiv-lagen von entscheidender Bedeutung für das bürgerschaftliche Engagement.

VIII. Individualisierung führt zu einer Modernisierung des freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements

Bürgerschaftliches Engagement befindet sich in einem grundlegenden Strukturwandel, der zu Ver-änderungen in den Motivationen geführt hat. Eine wichtige Folge ist der (oft von den Wohlfahrtsverbänden beklagte) Rückgang der Aktivitäten in traditionell strukturierten Bereichen. Dort war soziales Engagement häufig religiös motiviert und durch eine altruistisch-karitative Grundhaltung geprägt. Modernes Engagement hat sich individualisiert. Dies bedeutet, daß Menschen in ihrer Lebensgestaltung mehr Möglichkeiten wahrnehmen und sich bewußt für bestimmte Tätigkeiten entscheiden. Basis für ein solches Verhalten ist ein neues Prinzip des Gebens und Nehmens, das auf Gegenseitigkeit beruht. Die Grundeinstellung ist: Indem ich gesellschaftlich nützlich bin, tue ich auch etwas für mich

Die Bereitschaft für das moderne bürgerschaftliche Engagement ist mit unterschiedlichen biographischen Ausgangslagen verknüpft -sie haben sich pluralisiert. Wichtig ist die „biographische Passung“ das heißt, daß in einer bestimmten Lebensphase Motiv, Anlaß und Gelegenheit zum Engagement in einer günstigen Weise Zusammentreffen müssen -dies kann sich in einer anderen Lebensphase und einer anderen Lebenssituation wieder ändern. Somit werden je nach Lebenslage die jeweiligen Motive vielfältig, und sie können in verschiedener Weise kombiniert werden Die folgenden drei Hauptgruppen lassen sich nennen -Menschen wollen eine religiös oder weltanschaulich fundierte Grundüberzeugung realisieren. In der modernen Variante geht es um neuzeitliche kulturelle Werte, wie Mitmenschlichkeit und Solidarität, Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft. Hintergrund ist ein soziales Verantwortungsbewußtsein und der Wunsch nach einem aktiven Beitrag zu gesellschaftsbezogenen Aufgaben. -Menschen wollen Lebenskrisen bzw. aktuelle Problemlagen bewältigen. Das freiwillige bürgerschaftliche Engagement dient als „Bearbeitungsstrategie für biographische Verletzungs-und Verlusterfahrungen“ und als „Problembearbeitungsstrategie bei eigener Betroffenheit“ Dabei spielt auch das Bedürfnis eine Rolle, über diese Tätigkeiten neue Sinnhorizonte zu erschließen. -Menschen wollen Ziele erreichen, die ihnen persönlich wichtig sind. Diese Motivlage kann mit sehr verschiedenen Zielrichtungen und Lebenslagen verbunden sein. Diesen Personen ist es wichtig, daß sie ihr Leben gemäß ihren Vorstellungen selbständig und aktiv gestalten können. Manchmal ist das Engagement ein „Sprungbrett zur eigenen Professionalisierung“ und ebnet somit den Über-gang in die Erwerbsarbeit.

Neben diesen drei biographisch bestimmten Motiv-lagen gibt es weitere Gründe, die vor allem für die Weiterführung des bürgerschaftlichen Engagements wichtig sind. Dazu gehört die kommunikative Komponente durch die Teilhabe an einer Gemeinschaft und die Sinnhaftigkeit der Aufgabe. Die Menschen fühlen sich in ein Sozialsystem eingebunden. Die Abwesenheit von ökonomischem, sozialem oder moralischem Zwang ist ein weiterer wichtiger Faktor. Dazu gehört auch die Freiheit, die Arbeit in bezug auf Dauer, Inhalt, Intensität, Verpflichtungsgrad etc.selbst bestimmen zu können. Ganz entscheidend für das moderne Engagement ist auch, daß die Aktiven Spaß an den Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit haben wollen.

Charakteristisch ist, daß die Tätigkeiten flexibel gehandhabt werden, weil sich eine reziproke Grundstruktur entwickelt hat, auf deren Basis sich individueller Nutzen entfalten kann. Wichtig ist den Menschen, daß die konkrete Tätigkeit in die jeweilige Lebenssituation eingepaßt werden kann (Biographisierung) und daß eine Reihe anderer individuell gesetzter Aspekte Berücksichtigung finden. Dies bedeutet, daß ein hohes Maß an individuellem Nutzen wichtig und damit die Möglich­ keit der Selbstgestaltung Voraussetzung für Arbeiten jenseits der Erwerbsarbeit ist. Es geht um das Grundbedürfnis, „Subjekt des eigenen Handelns zu sein, das keineswegs mit dem Gemeinsinn in Widerspruch steht“ Es geht nicht um einen rücksichtslosen Nutzen, sondern um die Entwicklung eines ausgewogenen individuellen Nutzens, um die Entfaltung einer , Kultur der Selbstbezogenheit'. Damit wird aber zugleich eine andere Qualität von Arbeiten eingefordert, die in der Erwerbsarbeit nur selten anzutreffen ist -insbesondere die Selbstbestimmung betreffend.

IX. Arbeitsfelder außerhalb der Erwerbsgesellschaft eröffnen neue Wege zur Überwindung der Krise der Arbeitsgesellschaft

Diese neuen Strukturen des freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements machen deutlich, daß sich in diesen Arbeitsfeldern , im Keim'Wege aufgetan haben, die gegenwärtige Krise zu überwinden. Dies gilt in einem ersten Schritt und in eingeschränkter Weise zunächst für das drängendste Problem, die Erwerbslosigkeit; eingeschränkt deshalb, weil der Substitutionsgedanke nicht greift und Modelle für eine Parallelität zwischen Erwerbs-und Nicht-Erwerbsarbeit sehr viel schwieriger zu entwickeln sind.

Für den Personenkreis des Arbeitslosigkeits-Typs 3 sind solche Modelle nur schwer denkbar, weil, wie oben bereits ausgeführt, die Ressourcen nicht vorhanden sind, sich in solchen Tätigkeitsfeldern zu engagieren. Diese Personen sind nur dann zu aktivieren, wenn ihnen mit einem solchen Engagement zugleich sukzessiv die Erweiterung der Ressourcen ermöglicht wird. Dies bedeutet im einzelnen: Langzeit-Erwerbslose müßten als Anreiz zur Aufnahme solcher Tätigkeiten mehr als die üblichen Transferleistungen erhalten. Ihnen müßte der Zugang zu neuen Qualifikationen eröffnet werden, damit sie beispielsweise ihr Bildungskapital erhöhen können. Schließlich müßten die Arbeitsfelder so gestaltet werden, daß durch eine Vielzahl tragfähiger sozialer Kontakte eine Wiederbelebung des Sozialkapitals möglich wird. Gesellschaftlich ist es notwendig, daß diese Arbeitsfelder außerhalb der Erwerbsarbeit eine Aufwertung erfahren -nur dann sind Menschen über diese Tätigkeiten sozial integriert. Letztlich müßte ihnen die Teilhabe an regulärer Erwerbsarbeit ermöglicht werden, und sei das Volumen (anfangs) auch noch so gering -nur dann kann es zu einer Mischung aus beiden Arbeitsformen kommen.

Wenn das Erwerbsleben, wie bei Typ 2 der Arbeitslosigkeit, durch häufige Wechsel zwischen Beschäftigung und Erwerbslosigkeit gekennzeichnet ist, dann sind die materiellen, sozialen und psychischen sowie Bildungsressourcen leichter verfügbar. Diese Personen befinden sich in der Situation, in der eine biographische Passung zu flexiblen, punktuellen und themenbezogenen Aktivitäten vorliegt. Im Grunde genommen ist ihre Situation, so ungewiß sie auch ist, ideal zugeschnitten auf die individualisierten Strukturen des modernen bürgerschaftlichen Engagements. Aber auch für diesen Typus der Erwerbslosigkeit gilt, daß die Gelegenheitsstrukturen zur Aufnahme solcher Tätigkeiten erst geschaffen werden müssen und daß diese Tätigkeiten gesellschaftlich aufzuwerten sind. Wichtig ist auch, daß die individuelle Unsicherheit, die durch den ständigen Wechsel in die Erwerbslosigkeit eingetreten ist, abgebaut werden muß. Es muß folglich ein . gesellschaftliches Versprechen geben, das in erwerbsfreien Zeiten den Zugang zu Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit sichert.

Wiederum anders stellt sich die Situation für den Typ 1 der Arbeitslosigkeit dar: Nachdem nur wenige Menschen beim Eintritt der Erwerbslosigkeit wissen, ob diese Phase vorübergehend sein wird, müssen zwei parallele Strategien verfolgt werden. Erstens muß dem drohenden Qualifikationsverlust begegnet werden, indem sofort (und nicht erst nach einer . Arbeitslosigkeits-Anwartschaftszeit!) adäquate Gegenmaßnahmen eingeleitet werden. Zweitens sollte ebenfalls sofort eine Tätigkeit außerhalb der Erwerbsarbeit möglich sein, die relativ qualifikationsnah ist, um auch mit diesem Instrument dem Verlust von weiteren Ressourcen zu begegnen. Diese Strategien hätten den Effekt, daß Menschen mit Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit vertraut werden, auch wenn sie nur kurz erwerbslos sind.

In dieser Hinsicht wäre jedoch die optimale Strategie, daß es allen Beschäftigten phasenweise möglich sein sollte, parallel zur Erwerbsarbeit in Feldern des bürgerschaftlichen Engagements aktiv zu sein. Denkbar wären hier Modelle, wie sie bereits in den USA bei manchen Unternehmen existieren: Für jede Stunde freiwilligen Volunteerings außerhalb der Erwerbsarbeit , schenkt das Unternehmen dem Beschäftigten eine Erwerbsarbeitsstunde zusätzlich zu seinem Engagement -ein solches Vorgehen kann bis zu einem bestimmten Maximum an Volunteer-Stunden vereinbart werden Dies entlastet die Erwerbsarbeit und wertet freiwilliges Engagement auf.

X. Gestaltung und Gestaltungsräume

Überlegungen zur Tätigkeitsgesellschaft, die in einem ersten Schritt helfen, die Erwerbslosigkeit zu überwinden, konnten in diesem Rahmen nur skizziert werden. Es ging vor allem darum, praktikable Ansatzpunkte aufzuzeigen, die innerhalb des Systems der Arbeitsgesellschaft entwickelt werden und an bereits vorhandene Strukturen anknüpfen. Es geht also nicht um eine grundlegende Überwindung der existierenden Strukturen oder der Institutionen der Sozialpolitik, denn auch bei einer Aufwertung des bürgerschaftlichen Engagements werden sozialstaatliche Maßnahmen nicht überflüssig. Im Gegenteil: Sozialstaatliche Institutionen müssen so umgebaut werden, daß sie gestaltend wirken können. Sie müssen die Potentiale zur Aktivität, die bei den Menschen vorhanden sind, aufspüren, stärken, unterstützen usw. Der Sozialpolitik kommt die Aufgabe zu, allgemeine Gestaltungsräume zu eröffnen und diese professionell zu moderieren, damit sich individueller und gesellschaftlicher Nutzen in unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern entfalten kann. Sie sollte Bedingungen schaffen, damit sich die Ressourcen zur eigenen Lebensgestaltung bei Erwerbslosigkeit nicht verringern. Um diese Aufgaben zu bewerkstelligen, ist eine Erweiterung sozialstaatlicher Maßnahmen erforderlich. Erstens sollte es nicht nur darum gehen, Transfer-und andere Sachleistungen zu gewähren, sondern auch darum, die Zeitperspektive umzustrukturieren. Die Gestaltung von Zeit muß neu . erfunden werden, weil Menschen, die für die Gesellschaft tätig sind, Sozialzeit (Zeit für bürgerschaftliches Engagement) aufwenden. Auch in dieser Hinsicht gibt es bereits viele Modelle: Menschen können in bezug auf unterschiedliche Lebensphasen oder Lebens-situationen Erwerbs-und Sozialzeiten tauschen (Konzept der Zeitgutscheine), oder es ist denkbar, daß die Hergabe von Sozialzeit andere gesellschaftliche Vergünstigungen nach sich zieht (Konzept der . absetzbaren Zeitspenden Zweitens müssen sozialstaatliche Institutionen dahingehend ausgeweitet werden, daß sie zu Bürgerinstitutionen werden. Bürgerinstitutionen umfassen mehr gesellschaftliche Kräfte, als bislang in der Arbeits-und Sozialbürokratie anzutreffen waren. Zu ihnen gehören die Sozialpartner (weil es um Tätigkeitsangelegenheiten geht, in denen sie ein Gestaltungs-Know-how haben), die Wohlfahrtsverbände (weil sie den Bereich des freiwilligen sozialen Engagements organisieren), kommunale Vertreter (weil solche Modelle , vor Ort‘ gedacht werden müssen) und selbstverständlich die betroffenen Bürger. Basis einer Tätigkeitsgesellschaft wäre also ein politisches Fundament, das möglichst vielen Gruppen eine aktive Teilnahme ermöglicht -Partizipation stärkt schließlich die bürgerschaftliche Infrastruktur. Sozialstaatliche Institutionen haben in einer Tätigkeitsgesellschaft nur dann eine Berechtigung, wenn sie ihr Tätigkeitsfeld im Hinblick auf die Eröffnung von Gestaltungsräumen verändern und zugleich ihre Basis verbreitern.

Sozialstaatliche Institutionen, die (nur) auf dem Normalarbeitsverhältnis aufbauen und deren Zuständigkeit sich zwischen dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) hin und her bewegt, können diesen Auftrag nicht erfüllen. Das gleiche gilt für die verkrustete Struktur der Wohlfahrtsverbände, die sich nur langsam den modernen, individualisierten Formen des bürgerschaftlichen Engagements öffnen Und auch die Sozialpartner müssen begreifen, daß ihr Zuständigkeitsbereich nicht nur Erwerbsarbeit, sondern Arbeit im umfassenden Sinne einer Tätigkeitsgesellschaft ist.

Gestaltung ist das Schlüsselwort für die Herausbildung einer Tätigkeitsgesellschaft: Menschen müssen ihr Leben selbst gestalten, und es ist Aufgabe der Gesellschaft, Bedingungen für die Entstehung von Gestaltungsspielräumen zu schaffen. Das sozial-und arbeitspolitische Gefüge wäre dementsprechend umzubauen. Private Vorsorge, Grund-einkommen, negative Einkommenssteuer oder Bürgergeld sind die eine Seite eine gestaltende und ressourcenverstärkende Sozialpolitik, die Tätigkeitspotentiale erschließt, stützt und gesellschaftlich institutionalisiert, wäre die andere, wichtigere Seite -und die Basis eines neuen sozialen Kontrakts. Eine solche Tätigkeitsgesellschaft würde allen arbeitenden Menschen soziale Grundrechte garantieren, also eine soziale Bürgerschaft begründen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Dieser Beitrag ist infolge eines Rundgesprächs zum Thema , Zukunft der Arbeit -Tätigkeiten jenseits der Erwerbsarbeit‘ entstanden, das der Autor im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Januar 1997 in München veranstaltete. Burkart Lutz spricht von einem „kurze[n] Traum immer-währender Prosperität“; siehe: Der kurze Traum immerwährender Prosperität. Eine Neuinterpretation der industriell-kapitalistischen Entwicklung im Europa des 20. Jahrhunderts, Frankfurt am Main 1984. Peter Berger und Peter Sopp weisen darauf hin, daß stabile Erwerbsverläufe in der Nachkriegszeit , aufbaubedingt 1 eine historische Ausnahme waren; vgl.: Bewegte Zeiten? Zur Differenzierung von Erwerbsverlaufsmustern in Westdeutschland, in: Zeitschrift für Soziologie, 21 (1992) 3, S. 166-185.

  2. Ralf Dahrendorf, Wenn der Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgeht, in: Joachim Matthes (Hrsg.), Krise der Arbeitsgesellschaft? Verhandlungen des 21. Deutschen Soziologentages in Bamberg 1982, Frankfurt am Main -New York, S. 25.

  3. Ulrich Beck, Kapitalismus ohne Arbeit, in: Der Spiegel, Nr. 20 vom 13. Mai 1996, S. 140-146.

  4. Vgl. Wolfgang Bonß, Vorarbeiten und Vorbereitungen für die Erarbeitung von arbeits(markt) bezogenen Zukunftsszenarien, (unveröff. Ms.), Neubiberg 1996.

  5. Viele dieser Maßnahmen sind populär und finden Zuspruch, solange die anderen, nicht aber man selbst betroffen ist.

  6. Claus Offe, Arbeit als soziologische Schlüsselkategorie?, in: Joachim Matthes (Hrsg.), Krise der Arbeitsgesellschaft?, Frankfurt am Main -New York 1983, S. 40.

  7. Vgl. Hannah Arendt, Vita Activa oder vom tätigen Leben, München 1981.

  8. Vgl. Gerd Mutz, Arbeit jenseits der Erwerbsarbeit, (unveröff. Ms. zur Vorbereitung des Bereichs . Tätigkeitsgesellschaft'auf dem Themenpark . Zukunft der Arbeit'bei der . EXPO 2000'), München 1996; Birger P. Priddat, Tätigkeitsgesellschaft, (Arbeitspapier des Lehrstuhls für Volkswirtschaft und Philosophie für die Arbeitsgruppe . Tätigkeitsgesellschaft'bei der , EXPO 2000'), Universität Witten/Herdecke 1997; Orio Giarini/Patrick M. Liedtke, The Employment Dilemma and the Future of Work. Draft Report to The Club of Rome, Puerto Rico 1996; Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit in Deutschland. Entwicklung, Ursachen und Maßnahmen. Teil II: Ursachen steigender Arbeitslosigkeit in Deutschland und anderen frühindustrialisierten Ländern, Bonn 1997.

  9. Die Begriffe . dritter Sektor'(Jeremy Rifkin), informelle Ökonomie oder Schattenwirtschaft treffen den Sachverhalt nur sehr unzureichend.

  10. Anmerkung der Redaktion: Zur Eigenarbeit siehe den Beitrag von Irene Kühnlein in diesem Heft.

  11. Die Untersuchungen umfaßten sozialstatistische Primärerhebungen zur Struktur der Arbeitslosigkeit in zwei ausgewählten, als repräsentativ geltenden Arbeitsamtsbezirken in West-und Ostdeutschland (gewichtete Stichprobe von n = 1 824 bzw. n = 1 637 der Jahreszugänge in Arbeitslosigkeit), umfangreiche Feldstudien und 54 erwerbsbiographische Interviews mit Erwerbspersonen in Westdeutschland und 45 mit Erwerbspersonen in Ostdeutschland. Vgl. Alexander Jakob, Be-Deutungen von Arbeit und Sicherheit. Eine Deutungsmusteranalyse, (unveröff. Diplomarbeit), München 1996; ders. /Gerd Mutz, Arbeitslosigkeit in der Erwerbsgesellschaft, (unveröff. Thesenpapier aus der Arbeitsgruppe Zukunft der Arbeit, Münchner Projektgruppe für Sozialforschung MPS), München 1997; Wolfgang Ludwig-Mayerhofer, Arbeitslosigkeit und Erwerbsverlauf, in: Zeitschrift für Soziologie, 19 (1990), S. 345-359; Gerd Mutz, Das Problem der Versprachlichung von Arbeitslosigkeit in Westund Ostdeutschland, in: Bios, 9 (1996) 1, S. 93-113; ders., Dynamische Arbeitslosigkeit, (unveröff. Manuskript aus der Arbeitsgruppe Zukunft der Arbeit, Münchner Projektgruppe für Sozialforschung MPS), München 1996; ders., Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Individualisierung, in: Ulrich Beck/Peter Sopp (Hrsg.), Individualisierung und Integration. Neue Konfliktlinien und neuer Integrationsmodus?, Opladen 1997; ders. /Wolfgang Ludwig-Mayerhofer/Wolfgang Bonß/Klaus Eder/Elmar J. Koenen, Diskontinuierliche Erwerbs-verläufe. Analysen zur postindustriellen Arbeitslosigkeit, Opladen 1995.

  12. Dies kann den Übergang in Rente oder in die Stille Reserve bedeuten -es kann aber (in sehr wenigen Fällen) auch heißen, daß die Personen in einen anderen Arbeitsamtsbezirk wechselten und dort eine Beschäftigung aufnahmen.

  13. Der Vergleich von west-und ostdeutschen Erwerbs-verläufen ist nicht unproblematisch, weil insbesondere bei älteren ostdeutschen Erwerbspersonen ein Teil des vorangegangenen Erwerbsverlaufs in der DDR-Zeit liegt und deshalb keine Arbeitslosigkeitsphasen registriert wurden. Dies ist der Grund, warum der Anteil der kurz andauernden Arbeitslosigkeitsfälle in Ostdeutschland -entgegen allgemeiner Vermutungen -höher ist als in Westdeutschland.

  14. Umgekehrt gilt, daß insbesondere Menschen, die vor der Arbeitslosigkeit lange, stabile Beschäftigungsverhältnisse hatten, besonders große Schwierigkeiten haben, wieder Tritt zu fassen -und je länger in diesen Fällen die Arbeitslosigkeit wiederum dauert, um so höher ist das Risiko einer möglichen Ausgrenzung. Aber auch dieser Gefahr kann nicht durch eine problemgruppenorientierte reaktive Arbeitsmarktpolitik begegnet werden.

  15. Ob es sich in diesen Fällen um einen unfreiwilligen Ausschluß handelt, ist danach zu bemessen, ob die betreffenden Menschen ihre Erwerbsorientierung aufgegeben haben oder weiterhin aufrechterhalten. Ist eine Umorientierung Ursache (und nicht Folge!) des Austritts aus dem Arbeitsmarkt, dann kann nicht von einer erzwungenen Verdrängung gesprochen werden. Danach entscheidet sich auch, ob die Betreffenden dies als eine prekäre Lebenssituation erleben. So ist für Frauen der Übergang in die Familienphase oder bei älteren Erwerbspersonen der Ruhestand dann ein ungewollter Ausschluß, wenn sie eigentlich weiterhin im Erwerbssystem hätten arbeiten wollen.

  16. Überlegungen zur Tätigkeitsgesellschaft werden in unterschiedlichen Zusammenhängen angestellt: So etwa bei der . Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen'(Anm. 8), in der Vorbereitungsphase der , EXPO 2000'und beim , Club of Rome'. In Deutschland gibt es eine alte Tradition, die von Hannah Arendt (Anm. 7) begründet wurde -prominent wird dieses Modell wieder von Ulrich Beck (Anm. 3) entfaltet. In den USA gibt es sehr unterschiedliche Diskursarenen, in denen es um vergleichbare Konzepte geht: Jeremy Rifkins , dritter Sektor'gehört ebenso dazu wie Frithof Bergmanns Ansatz von , New Work'. Ihnen allen geht es um einen Umbau innerhalb des arbeitsgesellschaftlichen Rahmens und um eine Überwindung der nur-erwerbswirtschaftlichen Ausprägung. Siehe Jeremy Rifkin, Das Ende der Arbeit und ihre Zukunft, Frankfurt am Main -New York 1995; Frithjof Bergmann, Die neue Arbeit, in: Gewerkschaftliche Monatshefte, 48 (1997) 9-10, S. 524-534.

  17. Zur , Triade der Arbeit 1 vgl. Gerd Mutz/Irene Kühnlein/Martina Burda-Viering, Zur Struktur von Erwerbsformen außerhalb der Erwerbsarbeit, (unveröff. Ms. aus der Arbeitsgruppe Zukunft der Arbeit, Münchner Projektgruppe für Sozialforschung MPS), München 1996.

  18. In der Diskussion um eine Tätigkeitsgesellschaft sind unbedingt auch solche Arbeitsformen zu berücksichtigen, die auf den ersten Blick , nur‘ der Selbstverwirklichung (bspw.des Künstlers) dienen und aus dieser Sicht keinen gesellschaftlichen Nutzen haben. Auch der Kunst, die für sich steht und ihren Wert , an-sich‘ und , in-sich‘ hat, kommt in der Tatigkeitsgesellschaft eine hohe Bedeutung zu. Es kann umgekehrt formuliert werden: Kreative Tätigkeiten weisen über sich hinaus und damit darauf hin, was der Erwerbsgesellschaft an Potentialen verlorengegangen ist. Arbeiten darf dann auch bedeuten, , nur‘ kreativ tätig zu sein.

  19. Vgl. GLOBUS, Ziffer 2622, Bonn 1996. In diesen Zahlen sind Haus-und Erziehungsarbeiten inbegriffen.

  20. Auf die Situation in anderen europäischen Ländern oder in den USA kann hier nicht eingegangen werden. Festzuhalten ist. daß das mit dem bürgerschaftlichen Engagement vergleichbare . Volunteering'in Holland und den USA stärker als in Deutschland ausgeprägt ist. In mancher Hinsicht sind diese Länder, insbesondere die USA, aufgrund der weiten Verbreitung des Volunteering und der hohen gesellschaftlichen Wertschätzung für einen Umbau der Arbeitsgesellschaft in Richtung einer Tätigkeitsgesellschaft am besten gerüstet. Zu diesen Bereichen vgl. Robert Bellah u. a., Habits of the Heart: Individualism and Commitment in American Life, Berkeley 1985; Paul Dekker, Freiwilliges soziales Engagement in den Niederlanden und öffentliche Förderstrategien, (unveröff. Ms.), Bochum 1997; Amitai Etzioni, Die Entdeckung des Gemeinwesens. Ansprüche, Verantwortlichkeiten und das Programm des Kommunitarismus, Stuttgart 1995; Katharine Gaskin u. a., Ein neues bürgerschaftliches Europa. Eine Untersuchung zur Verbreitung und Rolle von Volunteering in zehn Ländern, Freiburg i. Br. 1996; Irmtraut Paulwitz, Wem gebührt die Ehre? Das Ehrenamt im europäischen Vergleich -die Eurovol-Studie, in: aktiv und gemeinsam, 1 (1995) 3, S. 1 f.; Robert D. Putnam, Symptome der Krise -Die USA, Europa und Japan im Vergleich, in: Werner Weidenfeld (Hrsg.), Demokratie am Wendepunkt, Berlin 1996; Social and Cultural Report 1996, The Netherlands, Rijswijk 1997; Robert Wuthnow, Acts of Compassion. Princeton, N. J. 1991; ders., Handeln aus Mitleid, in: Ulrich Beck (Hrsg), Kinder der Freiheit, Frankfurt am Main 1997.

  21. Zu den folgenden Aussagen vgl. Rolf G. Heinze/Heiner Keupp (Hrsg.), Gesellschaftliche Bedeutung von Tätigkeiten außerhalb der Erwerbsarbeit. Gutachten für die Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen, Bochum -München 1997. Zu den Feldern des bürgerschaftlichen Engagements in der SOEP-Untersuchung gehören: ehrenamtliche Tätigkeiten in Vereinen, Verbänden oder sozialen Diensten; Mithelfen, wenn bei Freunden, Verwandten oder Nachbarn etwas zu tun ist; Beteiligung in Bürgerinitiativen, in Parteien und in der Kommunalpolitik. Vgl. auch die Ergebnisse von: Thomas Gensicke, Wertewandel und bürgerschaftliches Engagement in Deutschland -Aktuelle Ergebnisse aus der empirischen Sozialforschung, (unveröff. Ms.), Speyer 1997.

  22. Zu diesem Sachverhalt vgl. Helmut Jung, Wertewandel im freiwilligen Bürgerengagement, in: Akademie für politische Bildung/Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit (Hrsg.), Ehrenamt -Krise oder Formwandel?, Tutzing 1994, S. 57, und Ernst Prokop/Irmgard Schroll-Decker/Bettina Hofer, Ehrenamtliche soziale Arbeit in der städtischen Gesellschaft. Forschungsbericht des Lehrstuhls Pädagogik I an der Universität Regensburg über Erhebungen bei Helferinnen und Helfern der Münchner Helfer Information, München 1996.

  23. Die Daten aus der Untersuchung von Th. Gensicke (Anm. 21) weisen darauf hin, daß der . Bereitschaftswert* bei den Jugendlichen am höchsten ist.

  24. Vgl. Martin Diewald, Soziale Beziehungen: Verlust oder Liberalisierung? Soziale Unterstützung in informellen Netzwerken, Berlin 1991; Heiner Keupp, Riskante Chancen. Das Subjekt zwischen Psychokultur und Selbstorganisation, Heidelberg 1988; Heiner Keupp/Bernd Röhrle (Hrsg ), Soziale Netzwerke, Frankfurt am Main -New York 1987; Bernd Röhrle, Soziale Netzwerke und soziale Unterstützung, Wein-heim 1994.

  25. I. Paulwitz (Anm. 20), S. 2.

  26. Zu diesem Sachverhalt siehe den Beitrag von Irene Kühnlein in diesem Heft.

  27. Zur . Neuen Ehrenamtlichkeit* vgl. Teresa Bock, Ehrenamt -Definition, historische Entwicklung, Perspektiven, in; Akademie für politische Bildung/Bayerisches Staats-ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie, Frauen und Gesundheit (Hrsg.), Ehrenamt -Krise oder Strukturwandel?, Tutzing 1994, S. 3-20, und Rolf G. Heinze/Thomas Olk/Josef Hilbert (Hrsg.), Der neue Sozialstaat. Analyse und Reformperspektiven, Freiburg i. Br. 1988.

  28. Zur „Helferrückwirkung“ postuliert Hildegard Müller-Kohlenberg: „Helfer . profitieren'durch ihre Hilfeleistungen oft mehr als der Hilfsempfänger.“ Vgl. Die Helferrückwirkung, Was profitiert der Helfer von seiner Hilfeleistung? in: Rolf G. Heinze/Claus Offe (Hrsg.), Formen der Eigen-arbeit, Opladen 1990, S. 212.

  29. Vgl. Thomas Olk, Förderung und Unterstützung freiwilliger sozialer Tätigkeiten -eine neue Aufgabe für den Sozialstaat, in: R. G. Heinze/C. Offe, ebd., S. 244.

  30. „Studies of the motives of volunteers have shown that it is notoriously difficult to pinpoint accurately the reasons for participation in voluntary work.“ M. Bulmer, The Social Basis Of Cummunity Care, London 1987, S. 170; vgl. auch R. Wuthnow (Anm. 20).

  31. In Anlehnung an: Irene Kühnlein, Arbeit jenseits der Erwerbsarbeit: Ziele und Motivationsstrukturen, (unveröff. Thesenpapier aus der Arbeitsgruppe Zukunft der Arbeit, Münchner Projektgruppe für Sozialforschung MPS), München 1997. Vgl. Rolf G. Heinze/Mathias Bucksteeg, Freiwilliges soziales Engagement in NRW: Potentiale und Fördermöglichkeiten, in: Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Zukunft des Sozialstaates, Düsseldorf 1996; Gisela Jakob, Zwischen Dienst und Selbstbezug, Opladen 1993; Hildgard Müller-Kohlenberg/Ernst von Kardorff/Klaus Kraimer (Hrsg.), Laien als Experten, Frankfurt am Main 1994; Eva Nadai, Gemeinsinn und Eigennutz, Bern 1996; E. Prokop u. a. (Anm. 22).

  32. G. Jakob (Anm. 31), S. 227.

  33. R. G. Heinze/M. Bucksteeg (Anm. 31), S. 110.

  34. E. Prokop u. a. (Anm. 22), S. 37.

  35. Helmut Klages, zit. nach: Korber-Stiftung (Hrsg.), Wie-viel Gemeinsinn braucht die liberale Gesellschaft?, Hamburg 1993, S. 40.

  36. Siehe die unterschiedlichen Konzepte in: Jonathan Alter, Powell’s New War, in: Newsweek vom 28. April 1997, S. 3035.

  37. Vgl. Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung (Hrsg.), Seniorengenossenschaften als Beispiel bürgerschaftlichen Engagements, Stuttgart 1993 und R. G. Heinze/Th. Olk/J. Hilbert (Anm. 27); Georg Vobruba, Jenseits der sozialen Frage, Frankfurt am Main 1991.

  38. Vgl. Warnfried Dettling, Politik und Lebenswelt. Vom Wohlfahrtsstaat zur Wohlfahrtsgesellschaft, Gütersloh 1995; und die Beiträge in: Adalbert Evers/Thomas Olk (Hrsg.), Wohlfahrtspluralismus. Vom Wohlfahrtsstaat zur Wohlfahrtsgesellschaft, Opladen 1996.

  39. Vgl.den Beitrag von Michael Opielka in diesem Heft.

  40. Vgl.den Beitrag von Irene Kühnlein in diesem Heft.

Weitere Inhalte

Gerd Mutz, Dr. rer. pol., PD, geb. 1952; seit 1981 wissenschaftlicher Mitarbeiter an den Universitäten Bamberg und Hagen sowie der Münchner Projektgruppe für Sozialforschung (MPS); Mitarbeit bei der Kommission für Zukunftsfragen der Freistaaten Bayern und Sachsen; Vertretung des Lehrstuhls für Vergleichende Kultursoziologie an der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder) und Privatdozent der Universität Konstanz. Veröffentlichungen u. a.; Vietnam an der Schwelle zum asiatisch-pazifischen Jahrhundert. Gesellschaftlicher Umbruch und kultureller Wandel, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 30-31/96; Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Individualisierung, in: Ulrich Beck/Peter Sopp (Hrsg.), Individualisierung und Integration, Opladen 1997; Dynamische Arbeitslosigkeit und diskontinuierliche Erwerbsverläufe. Wie stehen die Chancen für eine zukünftige Tätigkeitsgesellschaft?, in: Berliner Debatte Initial, 8 (1997); Die Krise südostasiatischer Finanzmärkte. Wirtschaftliche und kulturelle Aspekte, in: Helmut Voelzkow (Hrsg.), Globalisierung, Marburg 1998 (i. V).