Schulden haben es nicht leicht: Niemand will sie haben, trotzdem sind wir auf sie angewiesen. Manche Menschen kommen nie aus dem Minus heraus, manche Länder treiben sich mit ihren Schulden in regelmäßigen Abständen an den Rand des Bankrotts.
Dabei ist das Schuldenmachen so etwas wie ein Grundprinzip der Martkwirtschaft: Der eine braucht Geld, um zu investieren, ein anderer leiht es ihm und bekommt dafür Zinsen als Preis für das Geld. Das Verhältnis von Schuldner und Gläubiger ist älter als das Geld und an sich auch gar nicht schlimm - solange die Schulden irgendwann wieder beglichen oder zumindest dauerhaft die Zinsen erwirtschaftet werden. Genau das, kritisieren viele, können manche Staaten heute nicht mehr leisten.
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Langfristige Stabilität oder kurzsichtige Unvernunft?
Wann das absolute Schuldenlimit eines Landes erreicht ist, beantwortet - anders als bei Privatpersonen - nicht die Hausbank, die Interner Link: Kredite kündigt oder die Kreditkarte sperrt. Neben vertraglichen Grenzen, wie z.B. die des Maastricht-Vertrags, ist das den Regierungen größtenteils selbst überlassen. Und natürlich dem Markt. In Deutschland hat man sich im Jahr 2009 entschieden, dass die Staatsverschuldung nicht immer weiter wachsen soll. Neue Schulden, die der Staat in wirtschaftlich schlechten Jahren machen muss, soll er in guten Jahren zurückzahlen. Damit soll die Verschuldung auf Dauer annähernd konstant bleiben. Ende 2014 hatte der deutsche Staat 2,17 Billionen Euro Schulden, das entsprach etwa der Wirtschaftsleistung eines Dreivierteljahres. Bleibt die Verschuldung konstant und wächst die Wirtschaft, wird der Anteil der Schulden an der Wirtschaftsleistung, die Schuldenquote, immer kleiner. Ab 2016 darf der Bund lediglich neue Schulden in Höhe von 0,35% des Bruttoinlandsproduktes (BIP) machen - gegenwärtig entspricht das rund 10 Milliarden Euro. Ab 2020 gilt die Schuldenbremse auch für die Länder. Die dürfen dann allerdings überhaupt keine neuen Schulden mehr aufnehmen, es sei denn, die Wirtschaft befindet sich gerade in einer Schwächephase.
Befürworter der Schuldenbremse freut das: Endlich fangen wir an Verantwortung zu übernehmen. Es sei höchste Zeit, kommende Generationen zu entlasten und als gutes Beispiel für andere europäische Länder voranzugehen. Sparen schaffe Vertrauen und anstatt das Geld zu verschwenden, müssen wir jetzt darauf achten, es richtig zu investieren.
Kritiker sind skeptisch: Deutschland, viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, leide unter seiner bröckelnden Infrastruktur, unzureichenden Bildungsmöglichkeiten und zunehmender sozialer Ungleichheit. Die Steuereinnahmen sind so hoch wie nie und wenn wir sparen, profitiere davon niemand. Sparsamkeit dürfe kein Selbstzweck werden. Mit Generationengerechtigkeit habe die Schuldenbremse nichts zu tun.
Schuldenbremse: Fluch oder Segen? Wir haben nachgefragt - beim Interner Link: Institut der Deutschen Wirtschaft und beim Interner Link: Deutschen Gewerkschaftsbund
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Wie funktioniert eigentlich der Handel mit Schulden? Seit wann sind Schulden ein Produkt? Interner Link: Wir haben uns mit Ex-Investmentbanker Rainer Voss getroffen und mit ihm über das Wesen der Finanzwirtschaft gesprochen.
Vorbild oder Feindbild?
Ein Merkmal einer globalen Wirtschaft ist, dass alle voneinander abhängig sind. Niemand kann mehr einfach machen was er will, ohne dass irgendjemand die Konsequenzen zu spüren bekommt. Ähnlich kann auch Deutschland nicht mehr einfach so über seine Fiskalpolitik bestimmen, ohne dass diese Entscheidungen einen Einfluss auf die gesamtwirtschaftliche Lage in Europa hätten. Kritiker der Schuldenbremse beharren darauf, dass die mit dem Instrument verbundene Politik anderen Ländern schade und keinesfalls ein geeignetes Mittel für die Lösung der Probleme hochverschuldeter Länder wäre.
Unterstützer hingegen betonen den Vorbildcharakter Deutschlands. Eine stabile Wirtschaft sorge für das Vertrauen ausländischer Investoren und bringe Ruhe in den Markt.
- Interner Link: Ludger Schuknecht ist Chefökonom des Finanzministeriums und forscht zu Staatsfinanzen und Staatsausgaben. Er findet die deutsche Sparpolitik richtig und wichtig!
- Interner Link: Gustav Horn, Direktor des IMK der Hans-Böckler-Stiftung hält die deutsche Austeritätspolitik für gefährlich. Bei uns erklärt er warum.