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Die Duldung und das Spannungsfeld von Ausreisepflicht und Bleiberecht

André Heerling

/ 8 Minuten zu lesen

Knapp 180.000 Menschen in Deutschland haben eine Duldung und können nicht abgeschoben werden. Doch was genau ist eine Duldung und mit welchen Rechten ist sie verbunden?

Ende 2024 lebten 178.500 Menschen mit einer Duldung in Deutschland. Geduldete haben kein Aufenthaltsrecht, dürfen aber vorübergehend bleiben, weil sie nicht abgeschoben werden können. (© picture-alliance, ZB | Patrick Pleul)

In Deutschland lebten im Frühjahr 2025 rund 220.000 ausreisepflichtige Menschen. Von ihnen hatten knapp über 180.000 eine Duldung. Das bedeutet, sie haben eigentlich kein Aufenthaltsrecht, dürfen aber vorübergehend in Deutschland bleiben, weil sie aus unterschiedlichen Gründen nicht abgeschoben werden können. Geduldete stehen in einem Spannungsfeld zwischen dem ordnungsrechtlichen Anspruch des Staats, seine aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen durchzusetzen, und der Tatsache, dass viele Menschen mit Duldung bereits lange im Land leben (fast 35.000 seit mehr als acht Jahren) und auf vielfältige Weise integriert sind – sei es sprachlich, beruflich und/oder sozial und familiär.

Geduldete sind erheblichen gesetzlichen Einschränkungen ausgesetzt (siehe unten). Außerdem ist der Duldungsstatus mit großer Unsicherheit verbunden: Da jederzeit die Abschiebung droht, sind sie (psychischen) Belastungen ausgesetzt, die auch Angehörige, das soziale Umfeld oder Arbeitgeber:innen betrifft.

Was bedeutet (un-)rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland?

Ausländer:innen aus Staaten, die nicht zur EU gehören (sogenannte Drittstaatsangehörige), halten sich rechtmäßig in Deutschland auf, wenn sie einen Aufenthaltstitel besitzen. Der bekannteste Aufenthaltstitel ist die Aufenthaltserlaubnis. Diese wird befristet für einen bestimmten Aufenthaltszweck erteilt, zum Beispiel um in Deutschland zu arbeiten oder ein Studium aufzunehmen. Zusätzlich ist für Drittstaatsangehörige normalerweise ein Visumverfahren nötig, um legal nach Deutschland einreisen zu dürfen.

Im Gegensatz dazu ist ein Aufenthalt unrechtmäßig, wenn kein Aufenthaltstitel vorliegt oder dieser erlischt und nicht verlängert wird. Das kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn Ausländer:innen ihren Arbeitsplatz verlieren, ihr Studium abbrechen oder sich kurz nach dem Interner Link: Familiennachzug scheiden lassen und die Bedingungen für ein eigenständiges Aufenthaltsrecht nicht erfüllen. Auch ein abgelehnter Asylantrag führt zu einem unrechtmäßigen Aufenthalt. Dann ist diese Person ausreisepflichtig beziehungsweise „vollziehbar ausreisepflichtig”. Das bedeutet, sie muss das Land verlassen und kann jederzeit Interner Link: abgeschoben werden, da die Ausreisepflicht von staatlicher Seite durchgesetzt wird. Ausreisepflichtige erhalten in den meisten Fällen eine „Bescheinigung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung“ – die Duldung. Dabei handelt es sich um ein physisches Dokument, das als Ausweisersatz dient. Es beinhaltet Personalangaben, ein Lichtbild und die sogenannten Nebenbestimmungen: Das sind einerseits die rechtlichen Beschränkungen wie zum Beispiel die Verpflichtung, dass die geduldete Person nur in einem bestimmten Landkreis wohnen darf (Wohnsitzauflage), andererseits eine „auflösende Bestimmung“. Letztere bedeutet, dass die Duldung jederzeit erlöschen kann, z. B. bei „Bekanntgabe des Rückführungstermins”. Denn die Ausreisepflicht besteht auch mit einer Duldung fort. Schutz vor der Aufhebung einer Duldung und damit einer Abschiebung besteht nur bei einer zweckgebundenen Ermessensduldung. Dann hat die Duldung eine feste Gültigkeitsdauer, z.B. für den Zeitraum einer Ausbildung.

Grundlage für die Erteilung einer Duldung ist das Aufenthaltsgesetz. Die Duldung und alle damit zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind genau wie die Ausreisepflicht gesetzlich geregelt. Daher ist ein solcher „unrechtmäßiger” Aufenthalt auch nicht im strafrechtlichen Sinne illegal.

Was die Duldung dem Gesetz nach bescheinigt, ist, dass sogenannte (vorübergehende) Duldungsgründe vorliegen. Das sind Umstände, unter denen die Abschiebung rechtlich oder tatsächlich nicht möglich ist. Zu den rechtlichen Duldungsgründen zählen Regelungen, die eine Abschiebung verbieten, etwa Abschiebungsstopps auf Landes- oder Bundesebene, die nach Ermessen zum Beispiel bei akuten Krisen oder Gefahren im Herkunftsland für bestimmte Gruppen verhängt werden können, ferner eine schwere Erkrankung der Person oder eine unzumutbare Trennung von der Familie. Liegen tatsächliche Duldungsgründe vor, bedeutet dies, dass die Abschiebung zwar rechtlich möglich wäre, praktisch aber nicht durchführbar ist. Beispiele dafür sind etwa fehlende Reisedokumente oder die Weigerung des Herkunftslandes, die Person, die abgeschoben werden soll, aufzunehmen. Liegen Duldungsgründe vor, so haben die Betroffenen einen Anspruch auf die Duldungsbescheinigung. Entfallen sie, dann wird die Duldung nicht verlängert. Da eine Duldung nicht einfach nur ein Ausweis ist, sondern ein rechtlicher Status mit einem Bündel an Rechten und Pflichten, ist es für ausreisepflichtige Menschen ohne Duldungsbescheinigung schwieriger, diese Rechte einzufordern oder sie sind gänzlich davon ausgeschlossen.

Rechte und Pflichten geduldeter Menschen

Menschen mit einer Duldung haben besondere Mitwirkungspflichten bei der eigenen Identitätsklärung. Das heißt, sie müssen dabei helfen, ihre Identität durch Dokumente wie Geburtsurkunden oder Pässe nachzuweisen. Teilweise erweist es sich aber als Problem, einen Pass bei einer Auslandsvertretung in Deutschland zu beschaffen, etwa weil Geburtsurkunden oder andere Nachweise fehlen, die zur Ausstellung eines Passes benötigt werden. Auch die Angst, im Herkunftsland verbliebene Angehörige durch den Kontakt mit der Botschaft in Gefahr zu bringen, weil die Flucht als Opposition oder „Verrat“ gewertet wird, kann eine Rolle spielen. Ausreisepflichtige Personen, die nach Einschätzung der Behörden nicht ausreichend bei der Klärung ihrer Identität mitarbeiten oder die Kooperation verweigern, erhalten die „Duldung für Personen mit ungeklärter Identität“, die auch als „Duldung light“ bezeichnet wird. Das waren zum Stichtag 31. März 2025 etwas mehr als 16.000 Menschen in Deutschland (ca. neun Prozent der Geduldeten). Sie werden mit einem generellen Arbeitsverbot, einer Wohnsitzauflage (siehe unten) und gekürzten Sozialleistungen sanktioniert. Weitere rund 42.000 Geduldete hatten eine Duldung aufgrund fehlender Reisedokumente erhalten, wobei hierunter auch Menschen gefasst werden, deren Herkunftsländer keine Reisedokumente ausstellen, auch wenn sie an ihrer Identitätsklärung aktiv mitwirken und sich um Papiere bemühen.

Zu den sozialen Rechten geduldeter Menschen zählen eine grundlegende Sozial- und Gesundheitsversorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Leistungen wie Kindergeld oder Elterngeld gehören normalerweise nicht dazu. Ärztliche Behandlungen gibt es nur in akuten Notfällen. Zudem haben Geduldete einen „Regelanspruch“ auf eine Arbeitserlaubnis, müssen aber vor jeder Arbeitsaufnahme bei der Ausländerbehörde einen entsprechenden Antrag stellen. Selbständiges Arbeiten ist erst seit 2024 grundsätzlich möglich. Aus bestimmten Gründen kann aber ein Arbeitsverbot erteilt werden, etwa weil eine „Duldung light“ ausgestellt wurde oder eine Abschiebung unmittelbar bevorsteht. Personen aus sogenannten Interner Link: sicheren Herkunftsländern dürfen generell nicht arbeiten.

Menschen mit Duldungsstatus unterliegen einer Wohnsitzauflage, das heißt, sie müssen in dem Gebiet wohnen, für das ihre Ausländerbehörde zuständig ist. Ein Umzug ist in der Regel nur möglich, wenn der Lebensunterhalt gesichert ist und die Ausländerbehörde zustimmt. In bestimmten Fällen (wie auch bei der „Duldung light“) kann die sogenannte Residenzpflicht angeordnet werden: Das ist eine Beschränkung der Anwesenheit auf ein bestimmtes Gebiet, meist den Zuständigkeitsbereich der Ausländerbehörde. Dann darf die betroffene Person dieses Gebiet nicht ohne Erlaubnis verlassen.

Geduldete Menschen haben – mit wenigen Ausnahmen – keinen Anspruch auf Deutsch- und Integrationskurse. Nach einer gewissen Zeit in Deutschland können sie aber oft an Programmen zur Unterstützung von Arbeit und Ausbildung teilnehmen und zum Beispiel Interner Link: Berufsausbildungsbeihilfe oder Interner Link: BAföG erhalten.

Bleiberechte für Geduldete

In den letzten Jahren hat der Gesetzgeber mehrere Möglichkeiten geschaffen, die es Geduldeten ermöglichen, ihren Aufenthaltsstatus zu verbessern und ein Bleiberecht zu erhalten. Derzeit gibt es neun verschiedene Bleiberechte, die für Geduldete in Frage kommen (siehe Kasten unten) (Stand: August 2025). Einige davon sind Varianten der bereits erwähnten „Ermessensduldung“, die vor Abschiebung schützt und ein langfristiges Bleiberecht in Aussicht stellt. Bei den übrigen Bleiberechtsregelungen handelt es sich um Aufenthaltserlaubnisse.

Ein Bleiberecht ist an Integrationsleistungen gebunden. Die Betroffenen müssen beispielsweise nachweisen, dass sie einen Arbeitsplatz haben und ihren Lebensunterhalt sichern können. Auch Deutschkenntnisse, ein abgeschlossener Integrationskurs oder eine Ausbildung können Voraussetzung für ein Bleiberecht sein. In begrenzten Fällen spielen familiäre Bindungen oder humanitäre Gründe eine Rolle, etwa, wenn enge Verwandte in Deutschland leben.

Bleiberechte für Geduldete und ihre Rechtsgrundlagen

  • Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG): Geduldete, die eine Ausbildung beginnen oder eine im Asylverfahren begonnene Ausbildung fortsetzen, können unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausbildungsduldung erhalten. Damit sind sie bis zum Abschluss der Ausbildung vor einer Abschiebung geschützt. Nach erfolgreich absolvierter Ausbildung können sie eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.

  • Ausbildungsaufenthaltserlaubnis (§ 16g AufenthG): Hierbei handelt es sich um ein „Upgrade” der Ausbildungsduldung, mit deutlich mehr Vorteilen. Dazu gehört etwa, dass es im Gegensatz zur Ausbildungsduldung einen Anspruch auf diesen Titel gibt, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind. Hierunter zählen vor allem der Passbesitz und die Lebensunterhaltssicherung. Zudem dürfen Menschen mit einer Ausbildungsaufenthaltserlaubnis aus Gemeinschaftsunterkünften ausziehen, die Zeit der Aufenthaltserlaubnis wird auf die fünf Jahre für die Niederlassungserlaubnis angerechnet und der Wechsel in andere Aufenthaltstitel ist einfacher.

  • Beschäftigungsduldung (§ 60d AufenthG): Ein Mensch mit Duldungsstatus, der schon lange geduldet ist und auch schon lange arbeitet, kann eine sogenannte Beschäftigungsduldung erhalten. Auch diese schützt vor Abschiebungen und ermöglicht ein langfristiges Bleiberecht im Anschluss. Die Voraussetzungen sind jedoch zahlreich (z.B. Stichtagsregelung zum 31.12.2022, Duldung und versicherungspflichtige Beschäftigung seit mindestens zwölf Monaten, bei Kindern muss der regelmäßige Schulbesuch nachgewiesen sein).

  • Aufenthaltserlaubnis für inländisch qualifizierte Geduldete (§ 19d AufenthG): Geduldete, die in Deutschland eine Berufsausbildung oder ein Studium abgeschlossen haben oder seit langer Zeit als Fachkraft arbeiten, sollen unter Erfüllung zusätzlicher Voraussetzungen (z.B. Sicherung des Lebensunterhalts, ausreichend Wohnraum und mindestens seit drei Jahren eine qualifizierte Beschäftigung) eine Aufenthaltserlaubnis erhalten.

  • Aufenthaltserlaubnis für gut integrierte Jugendliche und junge Volljährige (§ 25a AufenthG): Geduldete Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 27 Jahren können eine Aufenthaltserlaubnis bekommen, wenn sie mehr als drei Jahre in Deutschland leben und durch Schulbesuch oder Schulabschluss in Deutschland als integriert gelten.

  • Aufenthaltserlaubnis für nachhaltige Integration (§ 25b AufenthG): Erwachsene Geduldete und deren Kinder können eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, wenn sie schon viele Jahre in Deutschland leben und sich gut integriert haben.

  • Chancen-Aufenthaltsrecht (§ 104c AufenthG, bis Ende 2025): Geduldete, die vor dem 31.10.2017 in Deutschland eingereist sind, können seit Ende 2022 einmalig eine Aufenthaltserlaubnis auf Probe erhalten, die für 18 Monate gültig ist. Dies soll ihnen die Möglichkeit geben, die Voraussetzungen für ein Bleiberecht (nach §§ 25a oder 25b AufenthG) zu erfüllen. Die Frist für die Beantragung endet am 30. Dezember 2025.

  • Unmöglichkeit der Ausreise (§ 25 Abs. 5 AufenthG): In einigen Fällen, in denen Abschiebungen zum Beispiel aufgrund von Familienbindung in Deutschland nicht angeordnet werden, kann einer Person mit Duldung der Aufenthalt in Deutschland erlaubt werden.

  • Aufenthaltserlaubnis in Härtefällen – Härtefallkommission (§ 23a AufenthG):Wenn andere Möglichkeiten für eine Aufenthaltserlaubnis nicht zur Verfügung stehen, kann in einem Härtefallverfahren bei der Härtefallkommission des jeweiligen Bundeslandes eine Empfehlung für eine Aufenthaltserlaubnis, insbesondere bei guter Integration oder aus humanitären Gründen, erlangt werden. Spricht die Härtefallkommission eine Empfehlung für ein Bleiberecht aus, bleibt es dem jeweiligen Innenministerium vorbehalten, dieser zu folgen oder nicht.

Bleiberechte von Geduldeten sind Ergebnis politischer Aushandlungen. Ein Beispiel ist die sogenannte Altfallregelung aus dem Jahr 2007. Sie entstand im Kontext von politischen Diskussionen um sogenannte Kettenduldungen: Viele Menschen lebten seit Jahren geduldet in Deutschland, ihre Duldungen wurden immer wieder verlängert, eine Lösung ihrer aufenthaltsrechtlichen Situation war nicht in Sicht. Daher beschloss die Innenministerkonferenz, Geduldeten, die an einem bestimmten Stichtag mindestens sechs Jahre – bzw. acht Jahre im Falle alleinstehender Erwachsener – in Deutschland gelebt hatten, unter bestimmten Voraussetzungen ein befristetes Aufenthaltsrecht zu gewähren. Dieses sollte es ihnen ermöglichen, die Bedingungen für ein langfristiges Bleiberecht zu erfüllen. Die Altfallregelung gilt als Vorläufer des von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zum Jahresende 2022 eingeführten „Chancen-Aufenthaltsrechts“, selbst eine Stichtagsregel, die mit der Begründung eingeführt wurde, den „Kettenduldungen etwas entgegenzusetzen“.

Was ist das Chancen-Aufenthaltsrecht?

Das Externer Link: Chancen-Aufenthaltsrecht wurde von der Ampel-Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingeführt und trat zum 31. Dezember 2022 in Kraft. Bis zum Ende des Jahres 2025 können es Geduldete beantragen, die am Stichtag des 31. Oktober 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland gelebt haben, nicht wegen einer Straftat verurteilt worden sind, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und nicht über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit getäuscht haben. Sie haben dann 18 Monate lang das Recht, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Das soll es ihnen ermöglichen, die Bedingungen zu erfüllen, um im Anschluss eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, die ihnen eine dauerhafte Bleibeperspektive bietet. Bis Mai 2025 hatten rund 84.000 Personen ein Externer Link: Chancen-Aufenthaltsrecht erhalten, 16.600 von ihnen war es bis dahin gelungen, eine weitere Aufenthaltserlaubnis zu erlangen.

Ausblick

Gesetzliche Bleiberechte erkennen an, dass sich viele Geduldete in Deutschland ein Leben aufgebaut haben und dass humanitäre Gründe ein Aufenthaltsrecht begründen können. Seit der Einführung des Chancen-Aufenthaltsrechts ist die Zahl der Menschen mit Duldung deutlich gesunken: Ende 2024 lebten 178.500 Menschen mit einer Duldung in Deutschland, während es bei Einführung des Chancen-Aufenthaltsrechts Ende 2022 noch 248.000 Geduldete waren. Gleichzeitig ist aber auch die Zahl der Abschiebungen gestiegen, was ebenfalls zur sinkenden Zahl Geduldeter beigetragen haben dürfte.

Die aktuelle Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD will das befristete Chancen-Aufenthaltsrecht in seiner bestehenden Form nicht verlängern. Laut Koalitionsvertrag plant sie ein neues Bleiberecht, das an schwieriger zu erfüllende Bedingungen geknüpft ist. Das Spannungsfeld zwischen Gesetz und gesellschaftlicher und politischer Realität bleibt also auch künftig bestehen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Deutscher Bundestag (14.05.2025): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Bünger und der Fraktion Die Linke. Zahlen in der Bundesrepublik Deutschland lebender Geflüchteter zum 31. Dezember 2024. Drucksache 21/192. Externer Link: https://dserver.bundestag.de/btd/21/001/2100192.pdf (Zugriff 18.07.2025).

  2. Dieser Ausdruck ist irreführend. Tatsächlich erhalten Geduldete in aller Regel keine vorherige Auskunft über eine bevorstehende Abschiebung, um zu verhindern, dass sie sich derer entziehen. Jedoch sind die beteiligten Behörden über den Abschiebungstermin informiert.

  3. Die Ermessensduldung kommt in aller Regel nur als Bleiberecht (siehe unten), als Petitionsduldung oder im Härtefallverfahren vor.

  4. Dass ausreisepflichtige Personen grundsätzlich einen Anspruch auf eine Duldung haben, solange eine Abschiebung nicht betrieben wird, stellte bereits 2003 das Bundesverfassungsgericht fest. Dies ergibt sich daraus, dass das Aufenthaltsgesetz keinen ungeregelten Aufenthalt vorsieht. (Bundesverfassungsgericht (11.03.2003). Zur Strafbarkeit des unerlaubten Aufenthalts in der Bundesrepublik Deutschland. Pressemitteilung Nr. 19/2003. Externer Link: https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2003/bvg03-019.html (Zugriff: 18.07.2025).

  5. Deutscher Bundestag (2025): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Clara Bünger und der Fraktion Die Linke – Drucksache 21/24. Zahlen in der Bundesrepublik Deutschland lebender Geflüchteter zum 31. Dezember 2024. Drucksache 21/192. 14.05.2025. Externer Link: https://dserver.bundestag.de/btd/21/001/2100192.pdf#page=43 (Zugriff: 03.09.2025).

  6. Das Konzept der „sicheren Herkunftsländer“ ist oft Gegenstand hitziger Debatten. Aktuell müssen Bundestag und Bundesrat der Einstufung als „sicheres Herkunftsland“ zustimmen. Dies soll sich Externer Link: nach dem Willen der aktuellen Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD ändern. Zukünftig soll die Bundesregierung allein per Rechtsverordnung darüber entscheiden dürfen. Zurzeit gelten folgende Länder als sichere Herkunftsländer: alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Albanien, Bosnien und Herzegowina, Georgien, Ghana, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro, Moldau, Senegal und Serbien (Stand: August 2025). Laut Koalitionsvertrag will die Bundesregierung auch Algerien, Indien, Marokko und Tunesien zu sicheren Herkunftsländern bestimmen. Außerdem will die Bundesregierung zukünftig Länder per Rechtsverordnung als sichere Herkunftsstaaten einstufen. Eine Zustimmung von Bundestag und Bundesrat wäre dann nicht mehr notwendig.

  7. Besteht erst einmal Ausreisepflicht, so setzt nach dem Aufenthaltsgesetz eine sogenannte Sperrwirkung ein (§ 10 Abs. 3 AufenthG), mit der Folge, dass die meisten der nach dem Aufenthaltsgesetz möglichen Aufenthaltserlaubnisse nicht mehr erteilt werden können. Daher ist es nicht möglich, aus der Duldung heraus einen beliebigen Antrag auf einen legalen Aufenthalt zu stellen, sondern es stehen nur bestimmte Bleiberechtsmöglichkeiten zur Verfügung.

  8. Eine einmalige, stichtagsbezogene Aufenthaltserlaubnis, deren Rechtsgrundlage in § 104a AufenthG geschaffen wurde und die als ein Vorläufer des heutigen „Chancen-Aufenthaltsrechts” gelten darf. Am 31.12.2006 lebten 174.980 Geduldete in Deutschland, annähernd so viele wie heute. Knapp 100.000 von ihnen lebten zu diesem Zeitpunkt seit mehr als sechs Jahren in Deutschland. Fast alle wurden als abgelehnte Asylbewerber:innen angesehen, die nicht abgeschoben werden konnten.

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André Heerling ist seit Dezember 2020 beim Hessischen Flüchtlingsrat in verschiedenen Projekten tätig, unter anderem war er verantwortlich für ein Pilotprojekt zur Aufenthaltssicherung von Langzeitgeduldeten in Hessen.