Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs haben sich mehr als 800.000 Flüchtlinge dauerhaft in Australien niedergelassen. Die meisten wurden außerhalb Australiens vom Department of Immigration, der australischen Einwanderungsbehörde, ausgewählt, nachdem sie Australien vom UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, seinem Vorläufer, der Internationalen Flüchtlingsorganisation IRO, oder dem Intergovernmental Committee for European Migration (ICEM) vorgeschlagen worden waren. Unter den von Australien aufgenommenen Flüchtlingen befinden sich aber auch Menschen, die per Flugzeug oder Schiff nach Australien gelangten und dann erfolgreich Asyl beantragten.
Nach 1945 strebte die australische Regierung einen raschen Anstieg der Bevölkerung durch die Immigration europäischer Einwanderer an. Zwischen 1947 und 1952 siedelte Interner Link: Australien mit Hilfe der IRO mehr als 170.000 als Flüchtlinge anerkannte sogenannte Displaced Persons in Australien an. Bis Mitte der 1970er Jahre wurden weitere Kontingente europäischer Flüchtlinge unter Beteiligung der ICEM oder des Interner Link: UNHCR in Australien aufgenommen, darunter Flüchtlinge aus Interner Link: Ungarn (nach Interner Link: 1956) und der Interner Link: Tschechoslowakei (nach 1968).
Erstmals in den 70er Jahren nahm Australien eine (allerdings vergleichsweise geringe) Anzahl von Flüchtlingen nicht-europäischer Abstammung auf. Es handelt sich um Menschen südasiatischer Herkunft, die 1972 von Idi Amin aus Uganda ausgewiesen wurden. Nach dem Ende des Vietnamkrieges nahm Australien in der zweiten Hälfte der 1970er und Anfang der 1980er Jahre mehr als 100.000 Menschen aus Vietnam, Kambodscha und Laos auf. Sie wurden in Flüchtlingslagern in Südostasien von Teams der australischen Einwandererbehörde ausgewählt.
Bis Ende 1975 hat Australien Flüchtlinge in erster Linie aus wirtschaftlichen Gründen aufgenommen. Die Auswahlkriterien waren entsprechend strikt und schlossen in der Regel Personen aus, von denen die Einwanderungsbehörde annahm, dass sie aufgrund ihrer beruflichen Qualifikation, ihres Alters oder ihres Gesundheitszustandes nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. Seitdem Australien die Neuansiedlung von Flüchtlingen auch aus humanitären Gründen betreibt, gibt es ein umfangreiches Programm staatlich finanzierter Integrationshilfen speziell für sogenannte humanitäre Einwanderer.
Derzeit umfasst das Kontingent humanitärer Einwanderer, das jedes Jahr neu festgelegt wird, 13.750 Personen pro Jahr. Darunter sind 1.000 Plätze für Frauen, die in den Erstzufluchtsstaaten besonderen Risiken ausgesetzt sind. Im September 2015 beschloss die Regierung, zusätzlich 12.000 Flüchtlinge aus Syrien und dem Irak aufzunehmen.
Einen besonderen Fall stellt die Aufnahme von Flüchtlingen aus dem Interner Link: Kosovo im Jahr 1999 dar. Anders als anderen Flüchtlingen wurden ihnen nur temporäre Aufenthaltsgenehmigungen (sogennante "safe haven visas") erteilt. Mit wenigen Ausnahmen wurde es ihnen nicht erlaubt, sich dauerhaft in Australien niederzulassen.
Die australische Flüchtlingspolitik wird weltweit als modellhaft anerkannt, soweit damit die dauerhafte Neuansiedlung (Interner Link: "resettlement") von Flüchtlingen als eine der drei von dem UNHCR favorisierten "dauerhaften Lösungen" gemeint ist. Sie wird zudem von einem breiten gesellschaftlichen Konsens getragen. Es ist allerdings umstritten, wie viele Flüchtlinge Australien jährlich aufnehmen kann oder soll; derzeit fordern die größte Oppositionspartei, die Arbeiterpartei, und die Grünen, die Zahl der jährlich zur Verfügung stehenden Plätze für humanitäre Einwanderer deutlich zu erhöhen.
Asylpolitik
Es können fünf Kategorien von Interner Link: Asylsuchenden unterschieden werden. Die weitaus kleinste umfasst Diplomaten, die sich zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung legal in Interner Link: Australien aufhielten und einen Antrag auf politisches Asyl stellten. In der Regel wurden derartige Anträge abgelehnt, jedoch ohne dass die Antragsteller abgeschoben wurden.
Menschen aus Interner Link: Indonesien oder der von Indonesien annektierten früheren niederländischen Kolonie West-Neuguinea (West Irian), die zwischen 1963 und 1973 in das damals von Australien regierte Papua-Neuguinea flohen, machen die zweite Gruppe aus. Australien erkannte ihren Antrag auf Asyl nicht an, erlaubte aber vielen dieser Flüchtlinge, sich mit Hilfe temporärer Aufenthaltsgenehmigungen in Papua-Neuguinea niederzulassen.
Die dritte Gruppe umfasst Personen, die sich mit einem regulären Visum (etwa als Studenten oder Touristen) in Interner Link: Australien aufhalten und Asyl beantragen, weil sie befürchten, bei einer Rückkehr in ihr Heimatland verfolgt zu werden. In der Regel werden solche Gesuche nach einer Einzelfallprüfung entschieden, bei der untersucht wird, ob die Antragsteller die im Artikel 1 der Interner Link: Genfer Flüchtlingskonvention niedergelegten Kriterien erfüllen. Eine Ausnahme bildeten chinesische Staatsangehörige, die sich zum Zeitpunkt des Interner Link: Tian’anmen-Massakers 1989 in Australien aufhielten und denen ohne derartige Einzelfallprüfungen befristete Aufenthaltsgenehmigungen erteilt wurden.
Die vierte Gruppe umfasst Personen aus Ost-Timor, die nach der indonesischen Besetzung der portugiesischen Kolonie nach Australien evakuiert wurden und nicht nach Portugal weiterreisen wollten. Sie wurden zwar nicht als Flüchtlinge anerkannt, doch den meisten von ihnen wurde erlaubt, in Australien zu bleiben.
Personen, die entweder aus ihrem Heimatland oder aus einem Drittland per Schiff direkt nach Australien fliehen und dort Anerkennung als Flüchtlinge beantragen, bilden die fünfte Kategorie. Die ersten Bootsflüchtlinge waren West-Papuaner, die 1969 per Floß nach Australien gelangten. Zwischen 1976 und 1981 kamen mehr als 2.000 Bootsflüchtlinge aus Indochina nach Australien. Ihnen wurde fast ausnahmslos gestattet, sich in Australien niederzulassen.
Asylsuchende, die Australien ohne Visum auf dem Meeresweg erreicht haben
Seit 1992 werden Personen, die ohne Visum per Schiff nach Interner Link: Australien einreisen (oder einzureisen versuchen) so lange interniert, bis über ihren Antrag auf Schutz als Flüchtlinge und das damit verbundene Visum ("protection visa") entschieden worden ist. Ungeachtet dieser Maßnahme, die ursprünglich als Abschreckung für eine relativ geringe Anzahl von Bootsflüchtlingen aus Kambodscha konzipiert war, nahm die Zahl der Bootsflüchtlinge Ende der 1990er Jahre zu. Daraufhin wurden Asylbewerbern, die auf dem Meereswege eingereist waren, bei positivem Entscheid nur noch zeitlich befristete Visa – sogenannte TPVs ("temporary protection visas") – erteilt.
Im August 2001 kam es zur Tampa-Affäre, bei der die australische Regierung einem norwegischen Containerschiff verbot, im Indischen Ozean gerettete Bootsflüchtlinge auf Christmas Island landen zu lassen. Im Anschluss an die Affäre wurde zwischen 2001 und 2002 die australische Marine im Rahmen der "Operation Relex" angewiesen, auf hoher See gefundene Bootsflüchtlinge an der Weiterreise nach Australien zu hindern. Seit 2013 werden Asylsuchende, die auf hoher See aufgegriffen werden, im Rahmen der "Operation Sovereign Borders" nach Indonesien abgeschoben, zum Teil in von der Marine eigens für diesen Zweck mitgeführten Rettungsbooten. Bootsflüchtlinge, die nicht versuchen, über Indonesien nach Australien zu gelangen, sondern direkt aus dem Fluchtland (z.B. Sri Lanka) kommen, werden in der Regel an das Herkunftsland überstellt.
Seit 2001 wurden Asylbewerber, die per Schiff Australien erreicht hatten, nach Manus oder Nauru deportiert und dort interniert. Die Insel Manus gehört zu Papua-Neuguinea, Australiens nächstem Nachbarn. Sie ist wie der im nördlichen Pazifik gelegene Inselstaat Nauru eine ehemalige australische Besitzung. Diese im Anschluss an die Tampa-Affäre eingeführte sogenannte "Pazifische Lösung" wurde 2008 ausgesetzt, aber 2013 neu aufgelegt. Seitdem ist es unmöglich für Flüchtlinge, deren Anträge auf Asyl von den Behörden in Nauru oder Papua-Neuguinea positiv beschieden wurden, sich in Australien anzusiedeln. Papua-Neuguinea und Nauru sind nicht in der Lage oder willens, die Neuansiedlung einer größeren Anzahl von Flüchtlingen zu garantieren. Seitdem der Versuch scheiterte, in Nauru als Flüchtlinge anerkannte Asylsuchende in Kambodscha anzusiedeln, und seitdem der Oberste Gerichtshof Papua-Neuguineas die Internierung von Flüchtlingen und Asylbewerbern auf Manus für unrechtmäßig erklärt hat, ist ihre Zukunft ungewiss.
Die obligatorische Internierung von Asylsuchenden, insbesondere von Minderjährigen, und die extraterritoriale Internierung von Asylbewerbern sind von Menschenrechtsorganisationen und dem Interner Link: UNHCR mehrfach scharf kritisiert worden. Sie sind auch in Australien umstritten; allerdings werden diese Maßnahmen von allen großen Parteien unterstützt und finden bei der Mehrheit der australischen Bevölkerung Zustimmung.