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Die Globale Dimension: Der Krieg im asiatisch-pazifischen Raum 1937-1945 | Der Zweite Weltkrieg | bpb.de

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Die Globale Dimension: Der Krieg im asiatisch-pazifischen Raum 1937-1945

Peter Lieb

/ 15 Minuten zu lesen

Trotz globaler Folgen konzentrierten sich die militärischen Auseinandersetzungen des Zweiten Weltkriegs auf den europäisch-nordafrikanischen (mit dem Atlantik) sowie den asiatisch-pazifischen Raum.

Angriff auf Pearl Harbor, Hawaii, am 7. Dezember 1941. (© picture-alliance/AP)

Der Zweite Weltkrieg war – wie der Name schon sagt – ein globaler Krieg. Daraus ergeben sich bis heute unterschiedliche Sichtweisen auf diesen größten Krieg der Menschheitsgeschichte, denn nicht alle Teile der Welt waren gleichermaßen von der Gewalt betroffen. Den geringsten Einfluss hatte der Krieg sicher auf Lateinamerika. Zwar erklärten dort sämtliche Staaten auf Druck der USA den Achsenmächten den Krieg, doch an Kriegshandlungen waren sie nicht beteiligt. Einzig Brasilien entsandte im Herbst 1944 ein Expeditionskorps nach Italien und Mexiko schickte einen kleinen Flugzeugverband im Frühjahr 1945 auf die Philippinen. In Lateinamerika selbst war die Gewalt auf einige wenige Küstengebiete beschränkt, so bei der Versenkung des deutschen Panzerschiffs „Admiral Graf Spee“ am Rio de la Plata im Dezember 1939 sowie bei mehreren Gefechten zwischen deutschen U-Booten und alliierten Schiffen in der Karibik. Neben Lateinamerika blieben auch weite Teile Afrikas von der Gewalt und größeren Auswirkungen des Kriegs verschont.

Als imperialer Krieg hatte der Zweite Weltkrieg jedoch überall Auswirkungen auf das Wirtschaftsleben, das unter dem Wegfall von Handelspartnern, Embargos, Blockaden, Konfiszierungen und Rationierungen litt. Nahrungsmittel waren vielfach Mangelware, selbst in Gebieten, die nicht direkt vom Krieg betroffen waren. Das konnte schreckliche Ausmaße annehmen und zu Hungersnöten führen wie bei dem in Europa weitgehend vergessenen „Bengal Famine“ 1943/44 im Nordosten der britischen Kronkolonie Indien. Über die Gründe hierfür gibt es nach wie vor unterschiedliche Thesen. Mit der japanischen Besetzung von Burma 1942 verlor Bengalen ein wichtiges Importgebiet für Reis. Fortan war Reis in dieser ohnehin schon immer armen Region Mangelware. Die Preise stiegen massiv und die Gehälter konnten mit der Inflation nicht mithalten. In ihrer Not traten viele Männer in die British Indian Army ein, was die Situation noch weiter verschärfte, da fortan der Brotgeber in der Familie fehlte. Die Maßnahmen der britischen Kolonialverwaltung waren meist kontraproduktiv. Beispielsweise konfiszierte sie aus Angst vor einem Einmarsch der Japaner sämtliche Transportmittel in Bengalen, so dass das dortige Wirtschaftsleben weitgehend zum Erliegen kam. Bis heute variieren die angegebenen Todeszahlen des „Bengal Famine“ zwischen 2 und 3 Millionen. Höhere Schätzungen gehen sogar von 4 Millionen aus. Auch in China und Indochina kam es während des Kriegs zu großen Hungersnöten, die einige Millionen Tote forderten.

Aller globaler Auswirkungen zum Trotz konzentrierten sich die rein militärischen Auseinandersetzungen des Zweiten Weltkriegs lediglich auf den europäisch-nordafrikanischen (mit dem Atlantik) sowie den asiatisch-pazifischen Raum. In vielerlei Hinsicht waren diese beiden großen Kriegsschauplätze nicht nur räumlich strikt voneinander getrennt, sondern auch militärisch. Eigentlich waren es zwei parallele Kriege. Die „Achse Berlin-Rom-Tokyo“ war dysfunktional, so dass die Bündnispartner ohne verbindliche Absprachen ihre eigenen Ziele verfolgten und in der Folge auch ihre eigenen Kriege führten. Eine gemeinsame globale Strategie fehlte völlig, die Verbindungen zwischen den beiden großen Kriegsschauplätzen blieben auf ein absolutes Minimum beschränkt. Auch die Sowjetunion konzentrierte sich ganz auf den Krieg in Europa und griff erst wenige Wochen vor Kriegsende im August 1945 in Fernost ein. Die Klammer zwischen den beiden großen Kriegsschauplätzen in Europa und Asien bildeten das Commonwealth und vor allem die USA. Das hat bis heute Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Zweiten Weltkriegs, wie sich beispielsweise im „National World War II Museum“ in New Orleans zeigt. Dem (europäischen) Besucher fallen dort in der Eingangshalle sofort die ungewohnten Jahreszahlen des Zweiten Weltkriegs ins Auge: 1937-1945.

Diese Periodisierung ist aber logisch, wenn man den Zweiten Weltkrieg als globalen Krieg begreift. Demnach begann er nicht am 1. September 1939, sondern am 7. Juli 1937 mit dem Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke bei Peking zwischen Japan und China. Manche Historiker gehen sogar noch weiter zurück und sehen in der japanischen Besetzung der Mandschurei im Herbst 1931 den eigentlichen Beginn des Zweiten Weltkriegs. Gerade in Japan spricht man teilweise vom Zweiten Weltkrieg als dem „15-Jährigen-Krieg“.

Der Zweite Sino-Japanische Krieg (1937-45)

Das Kaiserreich Japan war in den 1920er Jahren eine Demokratie, entwickelte sich aber in der Folge zunehmend in ein autoritäres Staatswesen, in dem ein Kriegsrat von sechs Politikern und Militärs die Geschicke in die Hand nahm. Kennzeichen waren ein übersteigerter, ja fast schon fanatischer Militarismus und Nationalismus. Einer der Gründe für diese Radikalisierung lag – ähnlich wie in Italien und im Deutschen Reich – an den Ergebnissen des Ersten Weltkriegs. Japan hatte zwar 1918 zu den Siegermächten gehört, doch die Hoffnungen auf große territoriale Gewinne wurden enttäuscht. Mangels eigener Rohstoffe blieb die wirtschaftliche Verwundbarkeit ein dauerhaftes Problem, so dass eine Expansion auf dem asiatischen Kontinent einen Ausweg zu bieten schien. Aus dem bereits 1910 besetzten Korea marschierte die japanische Kwantung-Armee im September 1931 in die chinesisch verwaltete Mandschurei ein. Das vom Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und Nationalregierung (Kuomintang) geschwächte China leistete kaum Widerstand. In der an Kohle, Öl und Erzen reichen Mandschurei errichteten die Japaner im Frühjahr 1932 den Satellitenstaaten Mandschukuo, der aber international von den meisten Staaten nicht anerkannt wurde und Japan weitgehend in die diplomatische Isolation führte.

Über die weitere strategische Stoßrichtung bestand in Tokyo keine Einigkeit. Die Besetzung der Mandschurei fußte auf einem Alleingang des Militärs, der nicht mit der Politik abgestimmt gewesen war. Das Militär selbst definierte fortan zwei unterschiedliche Möglichkeiten: Die Marine wollte eine weitere Expansion in Richtung Südostasien, was die Gegnerschaft des Britischen Empires und der USA hervorrufen würde; das Heer hingegen plädierte für ein weiteres Ausgreifen auf dem asiatischen Kontinent – und setzte sich schließlich durch.

Die Du Yi, eine der Hauptstraßen der provisorischen Hauptstadt Chungking, liegt nach einem Luftangriff im Mai 1939 in Trümmern. (© picture-alliance/dpa)

Ausgehend von dem eigentlich unbedeutenden Grenzzwischenfall an der Marco-Polo-Brücke entluden sich die chinesisch-japanischen Spannungen im Sommer 1937 im Zweiten Sino-Japanischen Krieg, der an Brutalität und Opferzahlen dem Deutsch-Sowjetischen Krieg ähnelte. Nach der Sowjetunion hatte China mit geschätzten 15 bis 20 Millionen Toten durch direkte oder indirekte Folgen des Zweiten Kriegs die meisten Opfer zu beklagen. Im Blitzkrieg-Stil besetzte die Kwantung-Armee bis Ende 1938 weite Teile von Ostchina, darunter den bisherigen Regierungssitz Nanjing sowie die industriell bedeutsamen Gebiete um Peking, Shanghai, Wuhan und Guangzhou. China verlor damit fast 90 Prozent seiner Industriekapazitäten. Während ihres Rückzugs hinterließ die chinesische Armee vielfach „verbrannte Erde“ ohne Rücksicht auf die eigene Bevölkerung. Mit der Sprengung eines Uferdamms am Gelben Fluss im Juni 1938 wurden große Landesteile unter Wasser gesetzt; zwischen 500.000 und 800.000 Menschen starben an den direkten oder indirekten (Hungersnöte und Krankheiten) Folgen, 4 Millionen mussten fliehen.

Chiang Kai-shek im Jahr 1928. (© picture-alliance, sz-photo)

Die japanische Herrschaft über die neu eroberten Gebiete war fragil und eine neu eingesetzte Marionettenregierung erhielt in der Bevölkerung keinen Zuspruch. Vielmehr noch: Die Kuomintang setzte unter der Führung von Chiang Kai-shek den Kampf als Kleinkrieg fort. Blutige japanische Repressalien waren die Folge. Zudem verbündete sich Chiangs Kuomintang mit den bislang verfeindeten Kommunisten unter Mao-Tse-Tung gegen die japanischen Invasoren. Auch chinesische Warlords, die bislang keiner der beiden Bürgerkriegsparteien zuzuordnen waren, schlossen sich dem Bündnis an. Strategisch resultierte daraus ein Patt, der Krieg „versumpfte“: Einerseits konnte China die japanischen Besatzer nicht aus eigener Kraft vertreiben. Andererseits konnte Japan China nicht vollständig besiegen. Der Krieg auf dem asiatischen Festland entwickelte sich zu einem ressourcenintensiven Unternehmen, das zudem Japan weiter in die politische Isolation führte. Die USA und andere Staaten verhängten Embargos, die Japans Wirtschaft schwer trafen.

Der Angriff auf Pearl Harbor und die japanischen Erfolge 1941/42

Tokyo glaubte sich in einer strategischen Zwickmühle, der es nur durch weitere Expansionen entkommen konnte. Mehrere Grenzzwischenfälle mit der Sowjetunion 1938/39 zeigten die Risiken eines verstärkten Engagements auf dem Festland. So geriet fortan Südostasien mit seinen reichen Rohstoffen, allen voran Erdöl, fest in den japanischen Blick – ganz so wie es die Marineführung schon seit längerem gefordert hatte. Zudem befiel Militärs und Politiker gleichermaßen das Gefühl, die Zeit arbeite gegen das Land. Bereits mittelfristig – so die durchaus berechtigte Annahme – würden die USA militärisch Japan eindeutig überflügeln; wirtschaftlich würden die Embargos das Land regelrecht ersticken. Eine „Jetzt-oder-Nie“-Stimmung war allerorts zu spüren.

Japanische Kampfflugzeuge auf dem Weg nach Pearl Harbor. (© picture-alliance, Publifoto)

Japan trat daher die Flucht nach vorne an, ein Angriff auf die US-Dominanz im Pazifik sollte wie ein Befreiungsschlag wirken. Ziel war der größte US-Militärstützpunkt im Pazifik: Pearl Harbor auf Hawaii. Mit einem Überraschungsangriff hoffte das japanische Militär, die US-Pazifikflotte zu zerschlagen oder zumindest nachhaltig zu schwächen. Von sechs Flugzeugträgern aus bombardierten am 7. Dezember 1941 etwa 350 japanische Flugzeuge Pearl Harbor. Eine Kriegserklärung an die USA (und an das britische Empire) folgte erst wenige Stunden später. Mit über 2.400 Toten war Pearl Harbor nach dem D-Day der blutigste Tag für das US-Militär im gesamten Zweiten Weltkrieg. Zudem wurden sechs Schlachtschiffe versenkt, drei beschädigt und weitere kleinere Schiffseinheiten versenkt; über 300 Flugzeuge gingen verloren. Trotzdem blieb der japanische Erfolg unter den Erwartungen, da die Amerikaner ihre Flugzeugträger vorher heimlich abgezogen hatten. Nach dem Krieg entspannten sich daher Theorien, US-Präsident Franklin D. Roosevelt habe vorab von dem Angriff gewusst. Diese Anschuldigungen haben sich aber als nicht haltbar erwiesen.

Nur einen Tag nach Pearl Harbor schlugen die Japaner auch gegen das britische Kolonialreich in Südostasien zu. Nach der Landung auf der malaiischen Halbinsel stieß die japanische 25. Armee überraschend schnell durch den Dschungel auf den bedeutenden Marinestützpunkt Singapur vor. Die Belagerung selbst dauerte nur eine Woche. Am 15. Februar 1942 streckte der britische Befehlshaber, General Arthur Percival, mit 80.000 Mann die Waffen. Der Fall von Singapur bedeutete einerseits eine der größten Niederlagen in der britischen Militärgeschichte und führte zu einer veritablen Krise der Churchill-Regierung. Andererseits galt Singapur vielen Menschen in Südostasien als Fanal für das Ende der Herrschaft des „weißen Mannes“. In der Folge zerschlug das Japanische Kaiserreich in nur wenigen Wochen die britischen, niederländischen und französischen Kolonialreiche in Südostasien und vertrieb die US-Truppen unter General Douglas MacArthur von den Philippinen. Japan stand im Sommer 1942 im Zenit seiner Macht und kontrollierte ein Gebiet, das doppelt so groß war, wie die Gesamtheit aller deutschen Besatzungsgebiete im Zweiten Weltkrieg.

Damit verfügte Japan endlich auch über die notwendigen und kriegswichtigen Rohstoffe. Unter dem Schlagwort der „Großasiatischen Wohlstandssphäre“ gab Japan den Menschen in Asien ein Zukunftsversprechen. Sie sollten selbstbestimmt und befreit von der Einflussnahme der „weißen Kolonialherren“ leben können. In der Realität aber ersetzten die Japaner die alten Kolonialmächte nur durch ihren eigenen Besatzungsapparat; rassisch fühlten sie sich den anderen asiatischen Völkern überlegen. Die Menschen vor Ort kamen deshalb vielfach vom Regen in die Traufe, ja die japanische Besatzung bedeutete häufig sogar noch eine deutliche Verschärfung der Repressionen; extreme Gewalt war omnipräsent, wenn auch regional unterschiedlich ausgeprägt. Eines der schlimmsten Massaker fand Anfang 1945 während der Schlacht von Manila gegen die US-Army statt, wo die japanischen Streitkräfte etwa 100.000 Zivilisten umbrachten. Ein besonders dunkles Kapitel waren zudem Massenvergewaltigungen im Zuge großer Massaker wie 1937 in Nanjing, 1942 in Singapur oder 1945 in Manila sowie die Zwangsprostitution einheimischer Frauen für die japanischen Feldbordelle (euphemistisch als „comfort women“ bzw. „Trostfrauen“ bezeichnet).

Die Wende: Korallenmeer, Midway und Guadalcanal

Mitte 1942 führte Japan Krieg in drei Richtungen: Im Zentralpazifik, in Südostasien bzw. dem Südwestpazifik und in China. Doch damit hatte das Kaiserreich seine Möglichkeiten der Machtprojektion so weit überdehnt, dass die Kriegswende im asiatisch-pazifischen Raum schneller als erwartet eintrat. Die japanische Hybris nach den raschen militärischen Erfolgen trug hierzu entscheidend bei.

Die vernichtende Niederlage des britischen Empires in Südostasien hatte ein großes Machtvakuum hinterlassen, das Japan auszunutzen gedachte. Mit einer Ladung im Osten Neuguineas sollten die Voraussetzungen für einen möglichen Vorstoß auf Australien geschaffen werden. Dies verhinderten jedoch die amerikanische und australische Marine in der Seeschlacht im Korallenmeer im Mai 1942. Gemessen an der Anzahl der beteiligten Schiffe (u.a. jeweils zwei Flugzeugträger) und verglichen mit späteren Schlachten im pazifischen Raum war die Schlacht im Korallenmeer eher klein, bedeutete aber das Ende der japanischen Siegesserie.

Geschütze der USS Astoria bei der Schlacht um Midway am 4. Juni 1942. (© picture-alliance, akg-images)

Nach der Niederlage im Korallenmeer suchte die japanische Marineführung die Entscheidung im Zentralpazifik. Mit der Einnahme des kleinen Midway-Atolls sollte die US-Pazifikflotte in eine große Seeschlacht gezwungen und vernichtet werden. Mit ihren vier stärksten verfügbaren Flugzeugträgern (Akagi, Kaga, Sōryū und Hiryū) waren die Japaner quantitativ und qualitativ sogar überlegen, so dass ein Sieg wahrscheinlich war. Doch es kam ganz anders. Die Amerikaner hatten mittlerweile den japanischen Marinecode entschlüsselt und wussten daher vorab von dem Angriff auf Midway. Vor allem aber führten eklatante taktische Fehlentscheidungen der japanischen Befehlshaber sowie eine Kette von Zufallsereignissen schließlich in der Seeschlacht von Midway im Juni 1942 zum unerwarteten Verlust aller vier Flugzeugträger. Es war ein Rückschlag, von dem sich die japanische Marine nie wieder erholen sollte und dem ein sukzessiver Kontrollverlust über die Meere folgte.

Im Südwestpazifik begannen die Amerikaner kurz nach Midway ihre erste große Gegenoffensive. Zwischen August 1942 und Februar 1943 gelang ihnen nach erbitterten Kämpfen die Rückeroberung der Salomoneninsel Guadalcanal. Die japanische Marine hatte entschieden, die Inselbesatzung rechtzeitig zu evakuieren. Dies sollte im Pazifik aber eine Ausnahme bleiben, denn im weiteren Verlauf des Kriegs ließ die japanische Führung immer häufiger ihre Soldaten bis zur sprichwörtlich letzten Patrone kämpfen. Nach Guadalcanal lag die strategische Initiative endgültig bei den Amerikanern und den mit ihnen verbündeten Briten und Australiern.

Japan in der Defensive

In den unendlichen Weiten des pazifischen Raums prägten vor allem die Marine und die Luftwaffe den Krieg. Die zahllosen, weit verstreuten Inseln und Atolle dienten als Stützpunkte für die Operationen. Amphibische Landungen zur Eroberung dieser Inseln sowie Dschungelkämpfe waren Kernelemente des Pazifikkriegs. Eine besondere Bedeutung kam den Flugzeugträgern zu, da sie die Operationsbasen zu Land ersetzten und somit den eigenen Operationsradius deutlich erweitern konnten. Die Flugzeugträger mussten allerdings durch zahlreiche Begleitschiffe wie Kreuzer, Zerstörer oder auch U-Boote gesichert werden. Ähnlich wie der Krieg im Atlantik zeigte auch der Krieg im Pazifik, dass die Zeit der großen Schlachtschiffe vorbei war. Symbolisch stand hierfür die japanische Yamato, das größte jemals in der Geschichte gebaute Kriegsschiff. Obwohl die Yamato an vielen großen Seeschlachten des Pazifiks beteiligt war, blieb sie meist ohne Feindkontakt und feuerte nur in der Schlacht im Leyte-Golf im Oktober 1944 Schüsse ab, bevor sie im April 1945 schließlich versenkt wurde.

Das japanische Kriegsschiff Yamato im Jahr 1941. (© picture-alliance, Ann Ronan Picture Library)

In den ersten Kriegsmonaten war die japanische Marine mit ihren elf Flugzeugträgern der US-Navy und der Royal Navy noch überlegen, doch nach dem Verlust von vier Flugzeugträgern bei Midway war dieser Vorteil dahin. Immer stärker zeigte sich das industrielle Schwergewicht der USA, wie sich an der Anzahl der gebauten Flugzeugträger ablesen lässt. Während die kaiserliche Marine im Laufe des Kriegs insgesamt 20 Flugzeugträger besaß (wobei im September 1945 nur noch einer einsatzbereit war), verfügte die US-Navy im gleichen Zeitraum über 110 Flugzeugträger, wovon die meisten ab 1943 in Dienst gestellt wurden. Nur zwölf von ihnen wurden im Laufe des Kriegs durch die japanische Marine versenkt. Hinzu kam rund ein Dutzend Flugzeugträger der Royal Navy im asiatisch-pazifischen Raum.

Obwohl der Krieg im Pazifik spätestens Ende 1943 eigentlich schon entschieden war, dauerte es noch knapp zwei Jahre bis zur Kapitulation. Verbissen krallten sich die Japaner an den zahllosen Inselstützpunkten fest, wo sich immer wieder unerhört hartnäckige, ja brutale Kämpfe entwickelten. Gefangene wurden meist nur wenige gemacht. Grund hierfür war unter anderem ein weit verbreiteter Rassismus der Amerikaner gegenüber den Japanern. Für diese wiederum galt die Kriegsgefangenschaft als eine unverzeihliche Schande; bis Kriegsende gingen daher nur etwa 40.000 japanische Soldaten in US-Gefangenschaft. Eine neue Gewaltdimension bedeutete ab Herbst 1944 der Einsatz japanischer Selbstmordflieger, der berüchtigten Kamikaze („Göttlicher Wind“). Ihre militärischen Erfolge werden bis heute kontrovers diskutiert. Sicher ist nur, dass kein Flugzeugträger oder anderes großes Schiff der US-Navy oder der Royal Navy durch einen direkten Kamikaze-Angriffe versenkt wurde. Bis heute gelten die Kamikaze als Symbol für die fanatische Kriegsführung der japanischen Streitkräfte.

Der Abwurf der Atombomben und das Kriegsende im asiatisch-pazifischen Raum

Im Herbst 1944 eroberten die Amerikaner nach der siegreichen Seeschlacht im Leyte-Golf die Philippinen zurück, die Briten bis Frühjahr 1945 Burma. Am 19. Februar 1945 landeten US-Marines auf der Vulkaninsel Iwo Jima und damit erstmals auf einem Gebiet, das als Teil des japanischen Mutterlands galt. Nach fünf Wochen härtester Kämpfe konnten die Amerikaner die Insel schließlich einnehmen. Das Muster wiederholte sich auf Okinawa zwischen dem 1. April und dem 22. Juni 1945. Mühsam und unter hohen Verlusten mussten die Amerikaner die zahllosen Höhlen im Dschungel einnehmen, worin sich die Japaner verschanzt hatten. Die blutigen Kämpfe auf Iwo Jima und Okinawa gaben den Amerikanern einen Vorgeschmack, was sie bei einer Landung auf den japanischen Hauptinseln erwarten würde. Nirgends hatten sich bislang größere japanische Verbände ergeben, so dass es aus Sicht des US-Militärs „no alternative to annhilation“ gab, um den Krieg siegreich zu beenden. Gleichzeitig intensivierte die USAAF (US Army Air Force) den Bombenkrieg über Japan und verwüstete zahllose Städte. Allein Tokyo wurde von Dezember 1944 bis August 1945 über 30-mal angegriffen, wobei der Feuersturm vom 9./10. März 1945 circa 100.000 Menschen das Leben kostete.

In der Potsdamer Deklaration vom 26. Juli 1945 forderten die USA, Großbritannien und China die bedingungslose Kapitulation Japans. Gleichzeitig plante der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte im Pazifik, General MacArthur, einen zweiphasigen Angriff (Operation Downfall) auf die japanischen Hauptinseln für November 1945 (Operation Olympic) und März 1946 (Operation Coronet). Die US-Militärs rechneten mit extrem hohen Verlusten und befürchteten, dass das japanische Militär sich gar nicht ergeben, sondern einen Untergrundkampf führen würde. Aus nachrichtendienstlichen Erkenntnissen wussten sie von den gigantischen japanischen Mobilisierungsplänen: Die Heimatarmee sollte von zwölf auf sechzig Divisionen verstärkt werden und im Unternehmen Ketsu-gō („Entscheidung“) den letzten Kampf führen. Die gelandeten Amerikaner – so das Kalkül des japanischen Militärs – sollten derartige Verluste erleiden, dass sie zu Friedensverhandlungen gezwungen werden würden.

Das völlig zerstörte Hiroshima im Jahr 1946. (© picture-alliance, akg-images)

In dieser unsicheren Atmosphäre fiel die US-Entscheidung zum Abwurf der beiden Atombomben auf Hiroshima am 6. August und Nagasaki drei Tage später. 150.000 bis 200.00 Menschen starben sofort oder bis Jahresende an den unmittelbaren Folgen; beide Städte waren dem Erdboden gleichgemacht. Hiroshima und Nagasaki veränderten die Welt grundlegend und läuteten ein neues Zeitalter ein. Bis heute hält die Kontroverse an, warum die Amerikaner die Atombomben zündeten und ob dies militärisch überhaupt notwendig gewesen wäre. Sicher ist nur: Die Massenvernichtungswaffen führten der Menschheit vor Augen, dass sie sich selbst auslöschen konnte.

Neben der Atombombe erlitt Japan in jenen Tagen noch einen zweiten Schock. Am 8. August erklärte die bislang neutrale Sowjetunion Japan den Krieg und bereits am folgenden Tag fiel die Rote Armee in die Mandschurei ein. Stalin hatte den Kriegseintritt bereits auf der Konferenz von Jalta im Februar 1945 mit den Amerikanern und Briten abgesprochen. Tokyo wusste davon nicht, ja es hatte in Moskau sogar stets einen potentiellen Friedensvermittler gesehen. Doch diese Hoffnung war nun dahin, und darüber hinaus entwickelte sich der Krieg in der Mandschurei innerhalb weniger Tage zu einer Katastrophe, die Kwantung-Armee kollabierte regelrecht. Begleitet waren die Kämpfe von zahllosen Ausschreitungen, Plünderungen, Massenvergewaltigungen und Erschießungen durch die Rote Armee. Die Sowjets nahmen etwa 2,7 Millionen Japaner gefangen, wovon nur ein Drittel Soldaten waren, der Rest Siedler und Verwaltungsbeamte. Die Sowjets sollen für den Tod von über 350.000 dieser Menschen verantwortlich gewesen sein. Von sowjetischer bzw. russischer Seite wurden und werden diese Verbrechen bis heute geleugnet.

Unter dem Eindruck der Atombombenabwürfe und der sich abzeichnenden vernichtenden Niederlage in der Mandschurei warf Kaiser Hirohito schließlich seine Autorität in die Waagschale und drängte im Kriegsrat auf eine Annahme der Forderungen der Potsdamer Deklaration. Erst jetzt gaben die Falken in der Regierung klein bei. Am 2. September 1945 endete daher offiziell der Krieg im asiatisch-pazifischen Raum und somit der Zweite Weltkrieg. Japan erlitt ein ähnliches Schicksal wie das Deutsche Reich. Die Amerikaner besetzten das Land und machten dem japanischen Militarismus den Garaus. Die wichtigsten Kriegsverbrecher kamen – analog zu den Nürnberger Prozessen – 1946/48 vor ein internationales Militärgericht in Tokyo. Die gesellschaftliche Ordnung sowie das gesamte politische System wurden zerschlagen – mit Ausnahme der Institution des Kaisers. Nie wieder sollte Krieg von Japan ausgehen. Bis heute weigert sich Japan beharrlich, seine dunklen Geschichtsflecken angemessen aufzuarbeiten. Erst seit den letzten Jahren sind hier zaghafte Fortschritte erkennbar.

Dem Zweiten Weltkrieg folgten große politische Nachbeben in Fernost. Die japanischen Siege 1942 hatten die Achtung vor den europäischen Kolonialmächten nachhaltig zerstört. Als Großbritannien, Frankreich und die Niederlande 1945 ihre einstigen Besitzungen wieder komplett übernahmen, sahen sie sich allerorts Aufständen von nationalen Unabhängigkeitsbewegungen gegenüber. Bis Ende der 1950er Jahre mussten sich die europäischen Mächte nach einer Reihe von Dekolonisierungskriegen aus Südostasien zurückziehen – meist in Schmach wie die Franzosen in Vietnam oder die Niederländer in Indonesien. Nur in einigen Fällen wie in Malaysia gelang den Europäern ein geordneter Rückzug. Dort hatten die Briten zunächst eine kommunistischen Rebellion niedergeschlagen („Malayan Emergency“) und anschließend 1957 das Land als Demokratie in die Unabhängigkeit entlassen.

Global gesehen waren besonders die politischen und militärischen Entwicklungen in China und Korea bedeutend. Dort veränderte der beginnende Kalte Krieg die Machtverhältnisse bis heute nachhaltig. Nachdem die japanische Gefahr gebannt war, zerbrach in China das fragile Bündnis zwischen Maos Kommunisten und Chiangs Kuomintang schnell; der Bürgerkrieg entflammte erneut. Diesmal waren die Kommunisten klar im Vorteil, denn im Kampf gegen Japan hatten sie ihre Ressourcen geschont, während sich die Kuomintang gegen die Invasoren aufgerieben hatte. Trotz US-Unterstützung musste der 1948 von einer parteiübergreifenden Nationalversammlung zum Präsidenten gewählte Chiang Kai-shek 1949 nach Taiwan fliehen. Bis heute stehen sich die kommunistische Volksrepublik China und die mittlerweile demokratische Republik China (Taiwan) als Nachfolger der Kuomintang unversöhnlich gegenüber.

Auch in der einstigen japanischen Kolonie Korea brach kurz nach 1945 der Krieg aus. Im Juni 1950 überfiel die Kommunistische Volksrepublik Korea (Nordkorea) die westlich orientierte Republik Korea (Südkorea). Der Krieg führte zum Eingreifen der UN mit den USA auf Seiten Südkoreas sowie Chinas auf Seiten Nordkoreas. Erst im Sommer 1953 konnte sich die Konfliktparteien auf einen Waffenstillstand einigen. Als erster sogenannter Stellvertreterkrieg des Kalten Kriegs zementierte der Koreakrieg die Konfrontation der einstigen Verbündeten USA und Sowjetunion. Korea selbst ist bis heute in zwei Staaten unterteilt, eine Einigung nicht in Sicht.

Quellen / Literatur

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Takuma Melber und Frank Engehausen (Hrsg.), Kriegsende 1945. Transnationale Analysen einer globalhistorischen Zäsur. Frankfurt und New York 2026. Daniel Marston (Hrsg.), The Pacific War Companion. From Pearl Harbor to Hiroshima, Oxford 2005.

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Fussnoten

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Dr. Peter Lieb, geboren 1974, ist Regierungsdirektor und Projektbereichsleiter am Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr (ZMSBw) in Potsdam. Er war von 2001 bis 2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Zeitgeschichte in München im Projekt "Wehrmacht in der NS-Diktatur" und promovierte mit einer Arbeit über die Wehrmacht und Waffen-SS in Frankreich 1943/44. Von 2005 bis 2015 lehrte er War Studies an der Royal Military Academy Sandhurst (UK) und hatte zudem Lehrauträge an der University of Reading. 2015 kehrte Peter Lieb nach Deutschland zurück und war bis 2021 Mitarbeiter am ZMSBw, Abteilung Bildung. Anschließend war er Referent für Militärgeschichte und Militärtradition im Bundesministerium der Verteidigung. Seit 2024 ist er als Projektbereichsleiter im Fachbereich III (Militärgeschichte nach 1945) wieder am ZMSBw. Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, München 2007. Die Waffen-SS. Neue Forschungen, Paderborn 2013 (hg. m. Jan-Erik Schulte und Bernd Wegner). Unternehmen Overlord. Die Invasion in der Normandie und die Befreiung Westeuropas, München 32023 (Erstauflage 2014). Krieg in Nordafrika 1940-1943, Stuttgart 2018. Die Schlacht um Berlin und das Ende des Dritten Reichs 1945, Stuttgart 2020.