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1. Juli 1993 | Deutschland-Chronik bis 2000 | bpb.de

Deutschland-Chronik bis 2000 I: Alliierte Besatzungspolitik 1. Vorentscheidungen der Siegermächte 2. Die Teilung Deutschlands 3. Wirtschafts- und Sozialreformen 4. Interzonale Verflechtungen und Sonderfall Saargebiet 5. Berlin und Berlin-Blockade II: Gründerjahre der beiden deutschen Staaten 6. Konstituierung der beiden deutschen Staaten 7. Bipolare Außenpolitik und Wiederaufrüstung im Kalten Krieg 8. Deutschlandpolitik und Berlin-Status im Kalten Krieg 9. Wirtschaft, Sozialpolitik und Gesellschaft 10. BRD und DDR: Bildungs-, Kultur-, Familien- und Jugendpolitik 1949 - 1955 III: BRD und DDR als Vorposten ihrer Schutzmächte 11. Regierung und Innenpolitik 12. Außen- und Sicherheitspolitik der beiden deutschen Staaten 13. Deutschlandpolitik und deutsch-deutscher Konflikt 1955 - 1961 14. Wirtschaft, Arbeit und Sozialpolitik 15. BRD und DDR: Bildungs- und Familienpolitik 1955 - 1961 IV: Deutschland in der Ära der Koexistenz 16. Regierungen, Parteien und Verfassung im politischen Wandel 17. Außen- und Sicherheitspolitik zwischen Konfrontation und Normalisierung 18. Deutsch-deutscher und Berlin-Konflikt im Übergang 1961 - 1969 19. Wirtschafts- und Sozialpolitik 20. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1961 - 1969/71 21. BRD und DDR: Bildung und Familie 1961 - 1969/71 V: Die deutschen Staaten im Wandel vom Ost-West-Konflikt zur Entspannung 22. Innenpolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 23. Außen- und Sicherheitspolitik in der Ära Brandt/Schmidt und Honecker 24. Zwei Staaten, eine Nation in Deutschland 1969 - 1982 25. Berlin-Regelung und Berlin-Politik 1971 - 1982 26. Ökonomie, Umwelt und soziale Sicherung 27. Entwicklungspolitik und Weltwirtschaft 1969 - 1982 28. Familie und Jugend, Bildung und Kultur VI: Von der Ost-West-Entspannung bis zum Vorabend der 'Wende' 29. Innenpolitik in der ersten Ära Kohl und am Ende der Ära Honecker 30. Außen- und Sicherheitspolitik 31. Deutsch-deutsche Sonderbeziehungen und Berlin 1982 - 1989 32. Wirtschaft und soziale Sicherung, Umwelt und Entwicklung 33. BRD und DDR: Familie und Bildung 1982 - 1989 VII: Von der friedlichen Revolution zur staatlichen Einheit 34. »Wir sind das Volk«: Die friedliche Revolution vor und nach dem 40. Jahrestag der DDR-Gründung 35. DDR und BRD: Von der Vertragsgemeinschaft zur Einheit 36. Internationale und sicherheitspolitische Rahmenbedingungen der deutschen Einheit 37. Die Wiederherstellung der Einheit Berlins als »kleine Wiedervereinigung« 1989 - 1990 VIII: Deutschland auf dem Weg zur inneren Einheit 38. Regierungssystem und Innenpolitik in der zweiten Ära Kohl 39. Deutsche Außen- und Sicherheitspolitik nach der Einheit 40. Wirtschaft, Steuern und Sozialpolitik in Deutschland 41. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1990 - 1998 42. Familien-, Jugend- und Bildungspolitik in Deutschland 1990 - 1998 IX: Kontinuität und Wandel 43. Regierungswechsel und Innenpolitik 44. Deutschland in der internationalen Politik 45. Wirtschafts-, Finanz- und Sozialpolitik 46. Weltwirtschaft, Dritte Welt und Umwelt 1998 - 2000 47. Familie und Bildung 1998 - 2000 Über die Chronik Redaktion

1. Juli 1993

Die Reform des Asylgrundrechts und das angepasste Asylverfahrensgesetz treten in Kraft. Der Bundestag hatte die Verfassungsänderung und das neue Asylverfahrensgesetz am 26. 5. 1993 verabschiedet, während das Parlaments- und Regierungsviertel in Bonn durch Demonstrationen und Blockaden in eine Art Belagerungszustand versetzt worden war. Der neu eingefügte Art. 16a GG gewährleistet gemäß Abs. 1 nach wie vor, dass politisch Verfolgte Asyl genießen (= alte Fassung des Art. 16 Abs. 2 Satz 2 GG). Verbürgt bleibt damit das weltweit bislang einzigartige, einklagbare Individualgrundrecht des politisch verfolgten Ausländers auf Asyl in der BRD. Neu ist jedoch, dass sich Personen, die aus sicheren Drittstaaten einreisen, nicht mehr auf das Asylrecht berufen können (Art. 16a Abs. 2 GG). Als verfolgungssichere Drittstaaten gelten alle EU-Mitgliedstaaten, Finnland, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden, die Schweiz und Tschechien. Wer folglich auf dem Landwege an den Grenzen zur BRD Asyl beantragt, wird zurückgewiesen. Aufenthaltsbeendende Maßnahmen, z. B. bei illegaler Einreise, können unabhängig von einem eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden, sodass kein vorläufiges Bleiberecht besteht. Wer vom Asylverfahren ausgeschlossen ist, kann vom Ausland aus dagegen klagen. Bei Einreise aus einem sicheren Herkunftsland wird angenommen, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu befürchten sind (Art. 16a Abs. 3 GG). Nach dem Asylverfahrensgesetz gelten als sichere Herkunftsländer (Nichtverfolgerstaaten) Bulgarien, Gambia, Ghana, Polen, Rumänien, Senegal, Slowakei, Tschechien und Ungarn. Wer aus diesen Staaten per Flugzeug oder Schiff einreist, dessen Asylantrag wird generell als »offensichtlich unbegründet« eingestuft, es sei denn, es werden Tatsachen vorgetragen, die die Annahme begründen, dass politische Verfolgung vorliegt. In der Regel ist das Asylverfahren drastisch verkürzt. So entscheidet auf Flughäfen im Transitbereich (»Niemandsland«) eine Außenstelle des Zirndorfer Bundesamtes binnen zwei Tagen über den Asylantrag, im Falle eines Einspruchs gegen den ablehnenden Bescheid das zuständige Verwaltungsgericht binnen zwei Wochen (Flughafenregelung). Die BRD kann sich europäischen Vereinbarungen über die Zuständigkeit für Asylverfahren und die gegenseitige Anerkennung von Asylentscheidungen anschließen (Art. 16a Abs. 5 GG). Sie strebt damit eine europäische Harmonisierung des Asylrechts an und ermöglicht die Ratifikation des Dubliner Asylrechtsübereinkommens vom 15. 6. 1990. Es schafft klare Zuständigkeiten für die Prüfung eines in einem EU-Mitgliedstaat gestellten Asylantrags und tritt in der BRD am 7. 7. 1994 in Kraft. über die Asylanträge entscheiden direkt neu geschaffene Außenstellen des Zirndorfer Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge, über die Einsprüche Verwaltungsrichter möglichst vor Ort. Als »offensichtlich unbegründet« gelten auch widersprüchliche, mehrfache oder gefälschte bzw. verfälschte Asylanträge, als »unbeachtlich« Anträge, wenn der Asylbewerber offensichtlich in einem Drittstaat vor Verfolgung sicher war. Abgelehnte Asylbewerber können abgeschoben werden, sofern sie nicht Abschiebeschutz (»kleines Asyl«) erhalten oder aus humanitären Gründen vorübergehend geduldet werden. (Interner Link: 1. 11. 1993, Interner Link: 24. 9. 1992 und Interner Link: 7. 5. 1993) Kriegs- und Bürgerkriegsflüchtlinge, die auf einen Asylantrag verzichten, erhalten einen eigenständigen Status, eine befristete Aufenthaltsbefugnis nach dem Ausländergesetz (Interner Link: 1. 1. 1991) und den vollen Sozialhilfesatz.