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Die EU und Resettlement | Legale Zugänge zum Flüchtlingsschutz: Resettlement und andere Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge | bpb.de

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Die EU und Resettlement

J. Olaf Kleist

/ 3 Minuten zu lesen

Über Resettlementprogramme des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen gelangen besonders gefährdete Flüchtlinge auf legalem Weg aus einem Erstzufluchtsland in ein anderes Land, wo sie dauerhaft Schutz finden sollen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union beteiligen sich bislang nur geringfügig an solchen Programmen, obwohl die EU-Kommission bereits mehrfach zum Ausbau der Resettlementkapazitäten aufgerufen hat.

Fußballturnier für geflüchtete Menschen aus Syrien in Airdrie, Schottland - Juni 2016. (© picture-alliance, empics)

Die EU kann Flüchtlinge nicht über Resettlementprogramme aufnehmen, da nur souveräne Nationalstaaten Flüchtlingsschutz gewähren können. Seitdem die EU seit 1999 ein Interner Link: Gemeinsames Europäisches Asylsystem entwickelt, wird auch Resettlement als Teil europäischer Außenpolitik angestrebt. Dies geschieht insbesondere dadurch, dass die EU versucht, Mitgliedstaaten zu ermutigen, eigene Resettlementprogramme aufzulegen. Die wichtigste Möglichkeit, die der EU hierfür zur Verfügung steht, sind Zahlungen aus dem Asylum, Migration and Integration Fund (Interner Link: AMIF). Für jeden neuangesiedelten Flüchtling erhält das Aufnahmeland zurzeit 6.000 Euro bzw. 10.000 Euro bei spezifischen gefährdeten Gruppen oder im Rahmen von gezielten EU-Programmen. Angesichts der Kosten, die die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen mit sich bringen, sind diese Summen allerdings höchstens für ärmere EU-Staaten von Relevanz.

Tatsächlich ist die Anzahl an EU-Mitgliedstaaten, die in den vergangenen zehn Jahren an Resettlementprogrammen teilgenommen und jährliche Aufnahmequoten eingeführt haben, stark gestiegen. 2016 beteiligen sich 14 EU-Staaten sowie drei nicht-EU Schengenstaaten mit jährlichen Programmen am Resettlement. Allerdings variieren die Aufnahmequoten stark und umfassen in einigen Fällen nur eine Handvoll Flüchtlinge pro Jahr, in anderen Fällen mehrere Duzend oder einige hundert Fälle. Vor allem die nordischen Staaten stellen demgegenüber bereits seit den 1970er Jahren eine deutlich höhere Zahl an Resettlementplätzen zur Verfügung. Doch insgesamt nehmen europäische Staaten jährlich nur 6.000 - 8.000 Flüchtlinge durch Resettlementprogramme auf, was weniger als zehn Prozent der weltweiten Resettlementkapazität ausmacht. Durch Maßnahmen im Zuge der aktuellen Interner Link: Flüchtlingskrise, insbesondere die Agenda für Migration und das EU-Türkei-Abkommen, sind diese Zahlen vorübergehend höher.

Um trotz der geringen Aufnahmezahlen eine Wirkung zu erreichen, ist die EU bemüht, die Resettlementprogramme der Mitgliedstaaten zu koordinieren. So betreibt die EU langfristige Schutzprogramme in den Herkunftsregionen von Flüchtlingen. Diese sollen den Flüchtlingen Schutz in der Nähe ihres Heimatlandes gewähren und das Migrationsmanagement in den Herkunftsregionen fördern. Dabei kann Resettlement eine strategische Hilfsfunktion einnehmen, indem Flüchtlinge, für die es vor Ort keine andere Lösung gibt, nach Europa gebracht werden. Die Aufnahmeländer in der Herkunftsregion können so entlastet werden. Dies funktioniert allerdings nur, wenn sich die EU-Staaten bereit erklären, eine höhere Zahl an Flüchtlingen über Resettlementprogramme aufzunehmen.

In Notfallsituationen versucht die EU, Mitgliedstaaten ad hoc zu gemeinsamem Handeln zu bewegen. So rief 2008 der EU-Rat für Justiz und Inneres dazu auf, 10.000 irakische Flüchtlinge neu anzusiedeln. Zwölf Mitgliedstaaten beteiligten sich; die Hälfte von ihnen hatte bis dahin noch kein jährliches Resettlementprogramm aufgelegt. Zu letzteren gehörte auch Deutschland, das mit 2.501 Irakern die meisten Flüchtlinge aufnahm. Erst 2012 führte Deutschland ein festes Resettlementprogramm ein und beteiligte sich im selben Jahr an einer gemeinsamen EU-Aktion, um in Tunesien festsitzende Flüchtlinge nach Europa zu bringen. Aufrufe im Rahmen der EU-Agenda für Migration von 2015, Flüchtlinge über Resettlementprogramme aufzunehmen, brachten zunächst wenige zusätzliche Plätze, nicht zuletzt angesichts hoher Asylbewerberzahlen in Europa. Erst mit dem 2016 geschlossenen Abkommen mit der Türkei wurde Resettlement zu einem wesentlichen Instrument in der Flüchtlingskrise. Es fungiert dabei jedoch nicht als zusätzliches Schutzinstrument, sondern als Ersatz für die Möglichkeit, in der EU Asyl zu erhalten.

Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: Legale Zugänge zum Flüchtlingsschutz: Resettlement und andere Aufnahmeprogramme für Flüchtlinge.

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Dr. phil., Politikwissenschaftler und Mitglied am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), Universität Osnabrück; Gründer des Netzwerks Flüchtlingsforschung.