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Ergebnisse der COP27 in Ägypten

Redaktion

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Im ägyptischen Sharm El-Sheikh ging die Weltklimakonferenz in die Verlängerung, weil zentrale Punkte bis zum Schluss strittig blieben. Die Ergebnisse rufen kontroverse Reaktionen hervor.

27. Konferenz der Vereinten Nationen zum Klimawandel, COP27. (© picture alliance / photothek | Thomas Imo)

Im ägyptischen Sharm El-Sheikh trafen sich vom 6. November bis zum 20. November 2022 die Vertreterinnen und Vertreter von 196 Staaten zur 27. UN-Weltklimakonferenz (COP, Conference of the Parties). Die Vereinten Nationen registrierten gut 33.000 Teilnehmende. Die Delegationen der Teilnehmerstaaten verhandelten zwei Tage länger als ursprünglich geplant. Zuletzt verständigten sie sich auf einen Fonds zum Ausgleich klimabedingter Schäden. Länder, die besonders von der Klimakrise gefährdet sind, sollen damit finanziell unterstützt werden. Auf einen Ausstieg aus der Öl- und Gasförderung konnten sich die Teilnehmenden auf der Konferenz jedoch nicht einigen. Dies stieß auf breite Kritik.

Die UN-Klimarahmenkonvention

Klimakonferenzen gibt es mittlerweile seit fast drei Jahrzehnten: Auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro einigte sich die internationale Staatengemeinschaft 1992 auf die Interner Link: Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen. 154 Staaten legten sich auf eine Konvention mit dem Ziel fest, Treibhausgasemissionen so zu senken, dass eine „gefährliche Störung des Klimasystems verhindert wird“. Konkrete Ziele wurden in der Konvention nicht festgelegt, sondern erst in den ab 1995 jährlich stattfindenden UN-Klimagipfeln ausgehandelt. Die Staaten verpflichteten sich aber, regelmäßig über ihre Treibhausgasemissionen zu berichten und Klimaschutzmaßnahmen umzusetzen. Mittlerweile haben 198 Staaten inklusive der EU die Klimarahmenkonvention unterzeichnet.

Das Kyoto-Protokoll

1997 verabschiedete der Großteil der Weltgemeinschaft bei der dritten Klimakonferenz in Japan das Interner Link: Kyoto-Protokoll. Es trat im Februar 2005 in Kraft. Darin verpflichteten sich fast alle Industriestaaten erstmals rechtsverbindlich zur Reduzierung des Ausstoßes der Treibhausgase. Diese sollten bis 2012 insgesamt um rund fünf Prozent im Vergleich zu 1990 sinken. Die Vereinigten Staaten, damals der größte Emittent von Treibhausgasen, traten jedoch 2001 aus dem Abkommen aus.

Kyoto-Protokoll entfaltet nur begrenzte Wirkung

2012 endete die erste Periode des Kyoto-Protokolls. Erst kurz vor dessen Ablauf einigten sich die Vertragspartner in Doha, Katar (COP18) darauf, das Protokoll bis 2020 fortzusetzen und die Emissionen weiter abzusenken. Die teilnehmenden Länder verpflichteten sich, ihre Emissionen bis zum Jahr 2020 um insgesamt 18 Prozent zu senken. Anders als die EU nahmen jedoch wichtige Industriestaaten wie Japan oder die USA nicht mehr an der zweiten Verpflichtungsperiode teil. Die noch verbliebenen Staaten des Kyoto-Protokolls waren zusammen nur noch für knapp 15 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich.

In Kyoto mussten weder Entwicklungs- noch Schwellenländer verbindliche Maßnahmen zum Schutz des Klimas ergreifen – darunter auch China, das mittlerweile zum weltweit größten CO2-Emittenten aufgestiegen ist. 2019 gingen rund 28 Prozent des gesamten Kohlendioxids-Ausstoßes auf die Volksrepublik zurück. Dahinter rangierten die USA mit 14,5 Prozent, gefolgt von Indien mit gut 7 Prozent.

Pariser Klimaabkommen

Am 12. Dezember 2015 beschloss die Weltgemeinschaft schließlich das Interner Link: Pariser Klimaabkommen als Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls. Fast alle Staaten sowie die EU vereinbarten verbindlich, die Erderwärmung im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter auf deutlich unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, möglichst sogar auf unter 1,5 Grad.

Schwellenländer in der Pflicht

Anders als das Kyoto-Protokoll sieht das Pariser Abkommen vor, dass auch Schwellen- und Entwicklungsländer nationale Selbstverpflichtungen ausarbeiten müssen. Das Abkommen von Paris trat im November 2016 in Kraft, nachdem es von 55 Staaten, die mindestens 55 Prozent der weltweiten Treibhausgase ausstoßen, ratifiziert wurde.

Die Vertragsstaaten sind völkerrechtlich zwar nicht verpflichtet, diese Klimaschutzziele tatsächlich zu erreichen. Jedoch müssen die Länder sich mit entsprechenden Gesetzen darum bemühen. Diese "nationally determined contributions (NDCs)", also nationale Beiträge zum Klimaschutz, sollen alle fünf Jahre überprüft und von den Staaten gegebenenfalls durch neue, strengere Maßnahmen ersetzt werden.

Katowice mit Regelbuch zum Pariser Abkommen

2018 wurde bei der 24. UN-Klimakonferenz in Katowice, Polen, ein gemeinsames Regelbuch für die Umsetzung der Ziele von Paris vereinbart. Die entscheidenden Grundlagen dafür wurden ein Jahr zuvor in Bonn bei der Interner Link: COP23 ausgearbeitet. Seither sind verbindliche Transparenzstandards und einheitliche Regeln, Verfahren und Leitlinien für alle Vertragsparteien festgelegt. Auf diese Weise sollten nationale Fortschritte bei der CO2-Reduktion international überprüfbar werden. Ein Problem besteht aus Sicht von Kritikerinnen und Kritikern darin, dass die angepeilten Emissions-Höchstwerte zwar völkerrechtlich verbindlich sind, die Nichterfüllung jedoch keine Sanktionen zur Folge hat. Die UN-Klimakonferenz in Madrid 2019 brachte keine verbindlichen Ziele im Klimaschutz hervor, im Jahr 2020 pausierte die Konferenz aufgrund der weltweiten COVID-19-Pandemie.

Kohleausstieg in Glasgow beschlossen

2021 fand die COP26 im schottischen Interner Link: Glasgow statt. Dort einigten sich die teilnehmenden 197 Staaten erstmals auf das Ziel, die Energiegewinnung durch Kohle schrittweise abzubauen und Subventionen für fossile Brennstoffe abzuschaffen. Dennoch erreichten die CO2-Emissionen im Jahr 2021 den höchsten Stand aller Zeiten. Erstmals seit 2013 wuchs zudem der Ausbau von Kohleverstromung schneller als der von erneuerbaren Energien.

China für gut ein Drittel der CO2-Emmissionen verantwortlich

Der weltweite Ausstoß an Kohlendioxid stieg 2021 an und hat laut statistischem Bundesamt einen Wert von fast 38 Milliarden Tonnen erreicht. Die Interner Link: G20-Staaten waren dabei für 81 Prozent der Emissionen verantwortlich. 1990 hatte der CO2-Ausstoß weltweit noch bei gut 23 Milliarden Tonnen gelegen.

Für knapp ein Drittel des Kohlendioxid-Ausstoßes war im vergangenen Jahr China verantwortlich. Die USA zählen einen Anteil von 13 Prozent an den globalen CO2-Emissionen. An dritter Stelle folgt Indien sowie die gesamte Europäische Union mit sieben Prozent. Deutschland blieb 2021 der größte CO2-Emittent der EU. Im vergangenen Jahr wurden hierzulande 4,5 Prozent mehr an Treibhausgasen freigesetzt als noch 2020.

COP27: Kein Ausstieg aus Öl und Gas

In der Abschlusserklärung des UN-Klimagipfels in Sharm El-Sheikh bekräftigte die Staatengemeinschaft das Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Ob die Staaten ihre Klimaschutzpläne nachschärfen, bleibt allerdings freiwillig. Auch sonst legten die Staaten keine konkreten Maßnahmen fest, die die Treibhausgasemissionen senken sollen. Zwar gilt die Absicht zum Kohleausstieg, eine Abkehr von der Öl- und Gasförderung legte die Staatengemeinschaft trotz der Forderung zahlreicher Länder nicht fest. Einzelne Staaten wie Saudi-Arabien, dessen Reichtum auf Öl und Gas basiert, hatten sich dagegen gewehrt. Die Forderung der Europäischen Union, der Höchststand der Treibhausgasemissionen müsse weltweit vor 2025 erreicht sein, wurde ebenfalls nicht in die Abschlusserklärung aufgenommen.

Klimafonds für arme Länder

Wetterextreme fallen als Folge des Klimawandels immer heftiger aus. Viele arme Länder sind besonders betroffen: So starben etwa bei der Flutkatstrophe in Interner Link: Pakistan in diesem Jahr mindestens 1.700 Menschen. Jahrelang diskutierte die Staatengemeinschaft bereits über die Frage, ob Industriestaaten Ausgleichszahlungen an ärmere Staaten, die in besonderem Maße von Dürren, Stürmen, Überschwemmungen oder Wüstenbildung betroffen sind und gleichzeitig in geringem Maße zur globalen Erwärmung beitragen, leisten sollten. In Sharm El-Sheikh einigten sich die Länder darauf, einen Klimafonds einzurichten. Empfänger sollen vor allem sogenannte Entwicklungsländer sein, die zum einen besonders gefährdet sind und zum anderen selbst vergleichsweise niedrige CO2-Emissionen verursachen.

Wer in den Fonds einzahlen und wer davon profitieren solle, ist nicht abschließend geklärt. Mehrere Länder wie Deutschland sahen hier neben den USA und der EU aufgrund der hohen CO2-Emissionen auch China in der Pflicht. China versteht sich wiederum als Nehmerland. Die aktuelle Erklärung der COP27 sieht nicht vor, dass Schwellenländer wie China zum Fonds beitragen müssen.

Konkrete Schritte, inwieweit die Staaten ihrer Verpflichtung nachkommen müssen, regelt die Abschlusserklärung in Sharm El-Sheikh nicht. Nichtregierungsorganisationen loben den Schritt grundsätzlich, bemängeln aber, dass zentrale Fragen der Ausgestaltung des Fonds erst 2023 ausgearbeitet werden sollen.

Ursprünglich hätten Industriestaaten bereits seit 2020 eine jährliche Zahlung von 100 Milliarden US-Dollar an arme Länder vereinbart. Während diese jährlichen 100 Milliarden Dollar für mögliche Präventionsmaßnahmen genutzt werden sollen, sieht der Fonds, der auf der aktuellen COP27 beschlossen wurde, Entschädigungszahlungen für bereits eingetretene Schäden durch den Klimawandel vor.

Kritik von Nichtregierungsorganisationen

Klima- und Entwicklungshilfeorganisationen, aber auch die EU und die Vereinten Nationen, zeigten sich zum Großteil unzufrieden mit den Ergebnissen der COP27. Oxfam sprach von einem "deprimierenden Ergebnis". Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hält das Erreichen des 1,5-Grad-Ziels angesichts der Gipfelergebnisse für "zunehmend unwahrscheinlich". Laut der Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch ist die ägyptische COP-Präsidentschaft ihrer Aufgabe nicht gerecht geworden. Die Organisation kritisierte vor allem, Ägypten sei intransparent aufgetreten und hätte die Zivilgesellschaft eingeschränkt. Auch habe das Land die Reduzierung fossiler Energien nicht in die Abschlusserklärung aufgenommen, obwohl die Mehrheit der Staaten dies gefordert hatte. Lob gab es jedoch für die prinzipielle Einigung auf den Klimafonds, den etwa die Allianz der kleinen Inselstaaten (Aosis) als "historisch" bezeichnete.

Herausforderung durch aktuelle Krisen

Die Weltklimakonferenz stand in diesem Jahr im Schatten anderer Krisen, insbesondere des Krieges in der Ukraine und der Energiekrise. Beispielsweise wird in Deutschland, um von russischen Energielieferungen unabhängiger zu werden, kurzfristig mehr Kohle verbrannt, als ursprünglich vorsehen. Auch andere Länder greifen verstärkt auf Kohle zurück, obwohl diese als ein Haupttreiber der weltweiten Emissionen gilt.

Die Rolle Chinas

Eine Bürde für den Gipfel war aus Sicht von Kritikerinnen und Kritikern zudem die fehlende Kompromissbereitschaft Chinas. Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping nahm anders als viele andere Staats- und Regierungschefs nicht an der COP27 teil. Dabei ist die Volksrepublik der weltweit größte CO2-Emittent und setzt auch weiterhin auf den Ausbau von Kohlekraft.

Maßnahmen nicht ausreichend

Viele Länder sind weit davon entfernt, ihre Klimaziele bis 2030 zu erreichen. Einem Externer Link: Bericht der Vereinten Nationen vom Oktober 2021 zufolge wird bei dem aktuell globalen Treibhausgasausstoß eine Erwärmung um 2,7 Grad Celsius bis zum Jahr 2100 prognostiziert, wenn die Staatengemeinschaft nicht entschieden gegensteuere.

Die bis heute seitens vieler Staaten eingereichten Klimaschutzprogramme reichten nicht aus, die Erderwärmung auf eine Temperatur von 1,5 Grad Celsius abzusenken. Laut Berechnungen des Global Carbon Project werden die Treibhausgasemissionen 2022 erneut ansteigen.

Die globale Durchschnittstemperatur lag 2021 laut der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) etwa 1,1 Grad über dem vorindustriellen Niveau von 1850-1900. Jedes Zehntel Grad Erwärmung hat eine Zunahme von Klimaschäden, ausgelöst etwa durch Extremwetterereignisse, zur Folge. Steigt die globale Durchschnittstemperatur auf über 1,5 Grad an, kann es zu sogenannten Kippelementen kommen. Diese könnten weitreichende Veränderungen im Klimasystem wie das Abschmelzen der Polkappen mit einem deutlichen Anstieg der Meeresspiegel bedeuten. Dabei handelt es sich Expertinnen und Experten zufolge um Entwicklungen, die kaum oder nicht umkehrbar sind.

Reformen der COP?

Aus Sicht von Kritikerinnen und Kritikern haben die Klimakonferenzen der vergangenen Jahre keine ausreichenden Ergebnisse erzielt. Der Vorwurf lautet, die COP sei schwerfällig und müsse reformiert werden. So wurde etwa über ein kleineres Format debattiert, an dem die Staaten teilnehmen, die für den Großteil der Emissionen verantwortlich sind. Aus der Wissenschaft kommt zudem die Forderung nach einer größeren Beteiligung von Forscherinnen und Forschern während der Verhandlungen, die aktuell noch zu niedrig sei.

Trotz aller Kritik gilt die Weltklimakonferenz als ein zentrales Forum, in dem sich Staaten unabhängig von ihrer Größe auf Augenhöhe begegnen können – und bietet damit auch ein großes Potenzial.

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