Die Entscheidung für Bonn als Regierungssitz eines zukünftigen westdeutschen Staates fiel vor dem Hintergrund des beginnenden
10. Mai 1949: Parlamentarischer Rat stimmt für Bonn als provisorische Hauptstadt
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Vieles sprach für Frankfurt am Main als neue westdeutsche Hauptstadt. Doch Bonn setzte sich in der Abstimmung im Parlamentarischen Rat mit knapper Mehrheit gegen Frankfurt durch.
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Ende 1947 scheiterten die Gespräche zwischen den Alliierten zur Einigung in der deutschen Frage endgültig. Frankreich, Großbritannien und die USA bereiteten nun die Gründung eines westdeutschen Staates vor. Formal beschlossen wurde die Staatsgründung auf der
Eröffnung des Parlamentarischen Rats
Am 1. September 1948 trat der
Im Zuge der Frage, wie das neue Staatsgebilde aufgebaut sein sollte, wurde auch über dessen Symbole debattiert. Die Politik wollte deutlich machen, dass es sich bei dem westdeutschen Staat um ein Provisorium handele, um die Einheit Deutschlands nicht zu gefährden. Schon bei der Einsetzung des Rats sprachen die Ministerpräsidenten daher vom „Grundgesetz“ statt von einer Verfassung und vom „Parlamentarischen Rat“ statt von einer Nationalversammlung.
Auch die Frage der Hauptstadt wurde unter diesen Vorzeichen diskutiert: die Abgeordneten wollten durch ihre Wahl nicht Berlin den Hauptstadttitel streitig machen. Der Begriff der Hauptstadt wurde daher auch zunächst nicht verwendet, stattdessen war vom „Bundessitz“ oder dem „vorläufigen Sitz der Bundesorgane“ die Rede.
Bonn und Frankfurt als Favoriten
Als Regierungssitz standen zunächst viele Orte zur Debatte, beispielsweise Bamberg, Kassel und Stuttgart. Bald jedoch kristallisierten sich zwei Hauptbewerber heraus: Bonn und Frankfurt am Main.
Für Frankfurt sprach die zentrale Lage im neuen westdeutschen Staat, aber auch historische Gründe: Hier wurden ab dem Spätmittelalter die deutschen Kaiser gekrönt.
Bau des Plenarsaals des Bonner Bundestags, 1949. (© Bundesarchiv B 145 Bild-P099042, Hanns Hubmann)
Bau des Plenarsaals des Bonner Bundestags, 1949. (© Bundesarchiv B 145 Bild-P099042, Hanns Hubmann)
Ein wichtiger Fürsprecher für Bonn war der Vorsitzende des Parlamentarischen Rats, der frühere Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer, der bei der ersten Bundestagswahl 1949 auch für das Direktmandat im Wahlkreis Bonn kandidierte. Er sah den Vorteil, dass Bonn als Stadt im Rheinland seit jeher enger mit Deutschlands westlichen Nachbarn verbunden war. Für viele Befürworter symbolisierte die bis dahin eher unbedeutende Stadt den provisorischen Charakter, den der westdeutsche Staat haben sollte. Bonn versuchte zudem, Fakten zu schaffen: Schon im Februar 1949 begannen am Sitz des Parlamentarischen Rats die Bauarbeiten für das spätere Bundeshaus, das als Parlamentsgebäude dienen sollte.
Bonn wird provisorischer Regierungssitz
Am 10. Mai 1949 stimmte der Parlamentarische Rat über den „vorläufigen Sitz der Bundesorgane“ ab. In geheimer Abstimmung siegte Bonn mit 33 zu 29 Stimmen knapp gegen Frankfurt.
Das letzte Wort in der Hauptstadtfrage hatte allerdings der Bundestag. Auf der ersten Sitzung des westdeutschen Parlamentes am 7. September 1949 machte sich die SPD erneut für Frankfurt als vorläufigen Regierungssitz stark. Denn Frankfurt galt als Arbeiterstadt und SPD-Hochburg – Bonn hingegen als beschaulich-bürgerliche Stadt.
Drei Wochen später, am 30. September, wurde ein Sonderausschuss einberufen, um die Hauptstadtfrage zu klären. Am 3. November 1949 stimmte der Bundestag schließlich ab – und votierte abermals mit einem knappen Ergebnis (200 zu 176 Stimmen) für Bonn.
Eingerichtet im Provisorium?
Architektonisch blieb Bonn als Hauptstadt über viele Jahre ein Provisorium. Große Bauaktivitäten, so die Befürchtung, könnten den Status Bonns als Hauptstadt unumkehrbar festschreiben. Nach der Errichtung einiger Zweckbauten wurde daher 1956 sogar ein Baustopp für den Bund verhängt. Erst nachdem der Mauerbau in Berlin eine baldige Einheit unwahrscheinlich erscheinen ließ, wurde wieder gebaut. 1969 wurde beispielsweise ein Hochhaus für die Abgeordnetenbüros fertiggestellt – der „Lange Eugen“. Doch noch in den 1970er Jahren war man darauf bedacht, nicht zu viel Aufmerksamkeit auf neue Bauvorhaben zu lenken. Der 1973 begonnene Neubau des Bundeskanzleramts wurde in „wenig transparenter, ja fast verschämter Weise“ (Andreas Wirsching) errichtet – trotz der Anerkennung Bonns als „Bundeshauptstadt“ durch Kanzler Willy Brandt im selben Jahr.
Abgrenzung von Weimar und dem Nationalsozialismus
Die
Da sich der Bund ab 1956 einen Baustopp verordnet hatte, um Bonn weiterhin provisorische Hauptstadt bleiben zu lassen, ließ er das neue Gebäudeensemble im Bonner Tulpenfeld ab 1964 von einer großen Versicherungsgesellschaft bauen und bezog die Büroräume zur Miete. Im Hintergrund das Abgeordnetenhochhaus "Langer Eugen". (© picture-alliance, Johannes Gewiess)
Da sich der Bund ab 1956 einen Baustopp verordnet hatte, um Bonn weiterhin provisorische Hauptstadt bleiben zu lassen, ließ er das neue Gebäudeensemble im Bonner Tulpenfeld ab 1964 von einer großen Versicherungsgesellschaft bauen und bezog die Büroräume zur Miete. Im Hintergrund das Abgeordnetenhochhaus "Langer Eugen". (© picture-alliance, Johannes Gewiess)
Der westdeutsche Staat versuchte, sich von der
Bonn als Stadt der kurzen Wege
Durch seine Beschaulichkeit war Bonn eine Stadt der kurzen Wege. Politik und Medien saßen nah beieinander. Dies erleichterte den informellen Austausch. Besprechungen fanden in einer überschaubaren Zahl von Lokalen statt; man wusste, wer in welchen Kneipen und Restaurants zu finden war. Für Journalisten war es so ein Leichtes, Politiker für ein kurzes Gespräch abzufangen – ebenso für Regierungsvertreter, ein Stimmungsbild zu aktuellen Vorhaben einzuholen. Vertrauensbildend konnten die Zusammenkünfte auch lagerübergreifend sein. In den 1990er Jahren kam regelmäßig eine Gruppe junger Abgeordneter aus CDU und Grünen in einem italienischen Restaurant zusammen. Dieser als „Pizza-Connection“ bekannte Gesprächskreis bereitete nach Ansicht von Zeitgenossen den Weg für eine spätere Zusammenarbeit der Parteien.
1991: Berlin wird neue Hauptstadt
Nach der deutschen Wiedervereinigung stellte sich die Hauptstadtfrage erneut. 1991 stimmte der Bundestag nach einer langen und emotionalen Debatte erneut ab. Auch dieses Mal gab es ein knappes Ergebnis, das nun allerdings zu Ungunsten von Bonn ausfiel: Am 20. Juni 1991 votierte der Bundestag mit 338 zu 320 Stimmen für Berlin als neue gesamtdeutsche Hauptstadt. Das Berlin/Bonn-Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses wurde 1994 verabschiedet. Parlament und Regierung zogen 1999 nach Berlin, der Bundesrat folgt im Jahr 2000.
Um Bonn für den Wegfall des Hauptstadtstatus zu entschädigen, wurde im Berlin/Bonn-Gesetz festgelegt, dass ein Teil der Bundesverwaltung in Bonn verbleiben sollte. Gestärkt wurde die Stadt zudem durch finanzielle Zuwendungen. Aktuell haben noch sechs Bundesministerien ihren ersten Dienstsitz in Bonn. Die Ansiedlung eines Standorts der Vereinten Nationen sowie der Zentralen der privatisierten Post und Telekom sicherten die „Bundesstadt“ wirtschaftlich ab. Der befürchtete wirtschaftliche Niedergang ist ausgeblieben: heute zählt Bonn mehr Einwohnerinnen und Einwohner als zur Zeit der Wiedervereinigung.