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Der Tod von George Floyd | Hintergrund aktuell | bpb.de

Der Tod von George Floyd

Redaktion

/ 6 Minuten zu lesen

Am 25. Mai 2020 wurde in den USA der Afroamerikaner George Floyd von einem Polizisten getötet. Sein Tod löste Proteste und Reformen zur Verringerung von Polizeigewalt aus – diese sind nun gefährdet.

Die Kreuzung, an der George Floyd in Minneapolis umgebracht wurde, ist als Gedenkort gestaltet und in George Floyd Square umbenannt worden. Das Foto wurde an seinem zweiten Todestag im Jahr 2022 aufgenommen. (© picture-alliance, abaca | TNS)

Der Afroamerikaner George Floyd starb am 25. Mai 2020 in der US-Stadt Minneapolis, nachdem der weiße Polizist Derek Chauvin sein Knie etwa neun Minuten lang auf Floyds Hals gepresst hatte. Der brutale und rechtswidrige Polizeieinsatz löste weltweit Demonstrationen gegen Polizeigewalt und Rassismus aus.

Ablauf des Polizeieinsatzes und Tod von Floyd

Beamte des Minneapolis Police Department im Bundesstaat Minnesota hatten Floyd am Abend des 25. Mai zunächst kontrolliert und dann versucht, ihn festzunehmen. Anlass der Kontrolle war der Vorwurf, der 46-Jährige habe eine Schachtel Zigaretten mit Falschgeld bezahlt. Von Passantinnen und Passanten gefilmte Videoclips dokumentieren, wie Floyd schließlich von drei Polizisten auf dem Boden fixiert wurde. Der Polizist Derek Chauvin kniete insgesamt neun Minuten auf seinem Hals, während Floyd immer wieder sagte, dass er nicht atmen könne.

Mehrere Polizisten halfen Chauvin beim Fixieren, auch hielten sie Passanten ab, Floyd zu helfen. Erst als ein eintreffender Sanitäter ihn aufforderte, vom Opfer abzulassen, nahm Chauvin sein Knie weg. Floyd starb im Krankenwagen. Ursächlich war laut Autopsie das brutale Vorgehen des Polizeibeamten Chauvin.

Juristische Aufarbeitung: Lange Haftstrafen für die Täter

Die beteiligten Polizisten wurden aus dem Polizeidienst entlassen. Ein knappes Jahr nach Floyds Tod begann der Prozess gegen den Haupttäter Chauvin am Strafgericht in Minneapolis. Im Verfahren ging es unter anderem darum, ob die Gewaltanwendung ursächlich für Floyds Tod war oder ob auch andere Faktoren wie Drogen- oder Alkoholkonsum eine Rolle spielten.

Im Juni 2021 wurde Chauvin zu 22 Jahren und sechs Monaten Haft wegen Mordes zweiten Grades verurteilt. Dies entspricht im deutschen Recht in etwa einem Totschlag in einem schweren Fall. Der nicht vorbestrafte Angeklagte habe als Polizist seine Machtstellung missbraucht, keine Erste Hilfe geleistet und Floyd in Anwesenheit von Kindern mit „besonderer Grausamkeit“Externer Link: behandelt, begründete der Richter das Strafmaß. Es ist die höchste Strafe die bis dahin gegen einen Polizeibeamten im Bundesstaat Minnesota verhängt wurde.

Die Bürgerrechtsbewegung erhoffte sich durch das Urteil ein Signal gegen Rassismus. Einer der Anwälte der Familie sprach gar von einem möglichen „Wendepunkt“ in der US-Geschichte. Der damalige US-Präsident Joe Biden nannte die Strafe „angemessen“. Der Oberste Gerichtshof lehnte einen Berufungsantrag Chauvins ab.

Zweite Verurteilung durch Bundesgericht

Im Juli 2022 verurteilte ein Bundesgericht Chauvin zudem zu weiteren 21 Jahren Haft. Er hatte zuvor im Rahmen eines Vergleichs gestanden, Floyd vorsätzlich seiner verfassungsmäßigen Rechte beraubt zu haben. In das Urteil floss auch eine Attacke Chauvins 2017 gegen einen Teenager mit ein.

Mehrere Polizisten, die George Floyd nicht geholfen hatten und ihn teils mitfixiert hatten, wurden in weiteren Verfahren zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.

Black Lives Matter und Massendemonstration

Nach dem Tod von George Floyd kam es Interner Link: in den USA unter dem Motto Interner Link: „Black Lives Matter“ (Schwarze Leben zählen) zu massiven Protesten – Millionen Menschen nahmen an Kundgebungen teil und forderten ein Ende der Diskriminierung von Schwarzen in den USA. Wegen gewaltsamen Ausschreitungen und Plünderungen wurden in zahlreichen Städten Ausgangssperren verhängt. Nichtregierungsorganisationen wie Externer Link: Amnesty International und Externer Link: Reporter ohne Grenzen werfen den Polizeibehörden vor, brutal gegen Demonstrierende und Presseleute eingeschritten zu sein. Auch in zahlreichen anderen Ländern gingen Menschen in großer Zahl auf die Straße. In Deutschland etwa demonstrierten am 6. Juni 2020 – trotz der Einschränkungen während der Covid-19-Pandemie – in verschiedenen Städten zehntausende Menschen gegen Rassismus und Polizeigewalt.

Bereits am Tag nach George Floyds Tod trafen sich am Tatort in Minneapolis Menschen, um gegen Polizeigewalt und strukturellen Rassismus zu demonstrieren. (© picture-alliance/AP)

Unter dem Hashtag #BlackLivesMatter hatte die Bewegung ab Mai 2020 monatelang auch im Internet großen Zulauf. Der Hashtag selbst ist jedoch schon älter. Er stammt aus dem Jahr 2013 und ist eine Reaktion auf den Freispruch des Nachbarschaftswachmanns George Zimmermann, der 2012 in Sanford, Florida, einen 17-jährigen Schwarzen erschossen hatte, weil er ihm „verdächtig“ vorkam. Ab 2014 wurde Black Lives Matter (BLM) zur nationalen Bewegung, nachdem der 18-jährige Michael Brown in Missouri von einem weißen Polizisten erschossen worden war.

Ein wesentlicher Aspekt der Arbeit von Black Lives Matter ist der Kampf gegen Interner Link: rassistische Polizeigewalt. Viele der Aktivisten prangern aber auch die Interner Link: strukturelle Benachteiligung und Interner Link: Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer Hautfarbe, anderer äußerlicher Merkmale oder Herkunft an. Ein Video der Tat gegen George Floyd war in der Corona-Zeit viral gegangen. Generell trugen die vermehrt geposteten Videos von tatsächlich oder vermeintlich illegaler Polizeigewalt gegen Schwarze zum massiven Zuwachs der Black Lives Matter-Bewegung bei. Auch in Deutschland wurden Polizeigewalt und Rassismus in den Sicherheitsbehörden in den folgenden Jahren öffentlich thematisiert.

Schwarze in den USA strukturell benachteiligt

Die Demos in den USA richteten sich sowohl gegen Polizeigewalt als auch die Interner Link: strukturelle Benachteiligung von Schwarzen. Diese zeigte sich während der Pandemie ganz besonders. 2020 verloren in den Vereinigten Staaten während der Lockdowns und der damit einhergehenden Wirtschaftsflaute überproportional viele Schwarze ihre berufliche Existenz. Generell haben schwarze US-Amerikanerinnen und Amerikaner ein niedrigeres Einkommen, besuchen die schlechteren Schulen und studieren weit seltener als weiße. Die Müttersterblichkeit unter schwarzen Frauen ist in den Vereinigten Staaten beinahe dreieinhalb mal so hoch wie unter weißen Frauen. Die Wahrscheinlichkeit ins Gefängnis zu kommen ist Interner Link: für schwarze Männer in den USA fünf mal so hoch wie für weiße.

Welche Rolle spielt rassistische Polizeigewalt?

In den Vereinigten Staaten starben zwischen 2015 und 2024 jährlich Externer Link: rund 1000 Menschen aufgrund von polizeilicher Waffenanwendung – d.h. gut drei pro einer Million Einwohner. Das ist weit mehr als in anderen Industrienationen. Zum Vergleich: In Deutschland waren es im selben Zeitraum Externer Link: 13 Menschen pro Jahr (0,16 pro 1 Mio. Einwohner).

Es ist unstrittig, dass Schwarze in den USA öfter Opfer von Polizeigewalt werden als Weiße. 2022 waren fast 25 Prozent der durch die Polizei getöteten Schwarze – während der Anteil der Afroamerikanerinnen und Afroamerikaner an der US-Bevölkerung nur gut halb so hoch ist. In die Bewertung der Zahlen sollte Expertinnen und Experten zufolge aber auch einfließen, dass Schwarze in den USA überproportional häufig sowohl Opfer als auch Täter von tödlicher Gewaltkriminalität sind. Zwischen 2008 und 2019 wurden 38 Prozent der jährlich ca. 50 Tötungsdelikte an Polizistinnen und Polizisten von Schwarzen verübt .

Dass es strukturellen Rassismus in der US-amerikanischen Polizei gibt, ist unbestritten. Trotzdem zeige die Studienlage keinen eindeutigen Zusammenhang zwischen Rassismus und Polizeigewalt, so die Einschätzung des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung. Eindeutiger sei hingegen, dass ärmere Bevölkerungsgruppen überproportional von Polizeigewalt betroffen sind - hierzu gehören überproportional viele Schwarze.

Zitat

Festzuhalten ist, dass die Wissenschaft trotz mehrerer Jahrzehnte Forschung zum Zusammenhang zwischen Rassismus und Polizeigewalt in den USA zu keinen eindeutigen Ergebnissen gekommen ist. […] Klar ist, dass Schwarze im Vergleich zu ihrem Anteil an der Bevölkerung überproportional häufig Opfer von Polizeigewalt werden.

Peter Kreuzer, Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung

Reformen bei der Polizei

Durch die Proteste der Black-Lives-Matter-Bewegung wurden lokal und auf Bundesebene Reformen vorangetrieben, die Polizeigewalt und strukturellen Rassismus zurückdrängen sollen. Im Rahmen von Diversitäts-Programmen etwa sollten Vorurteile gegenüber People of Color abgebaut und deren Anteil im Polizeidienst zudem durch gezielte Einstellungen erhöht werden.

Die von Anfang 2021 bis Anfang 2025 amtierende US-Regierung unter dem demokratischen Präsidenten Joe Biden hatte sich vorgenommen, die Polizeigewalt zu reduzieren. 2022 unterzeichnete Biden ein Dekret, das Bundespolizistinnen und -polizisten zu mehr Rechenschaft verpflichtet. Für die mehr als 100.000 Bundespolizisten wurde eine neue nationale Datenbank für polizeiliches Fehlverhalten geschaffen. Verstöße gegen Bürgerrechtsverletzungen durch Polizistinnen und Polizisten sollten besser untersucht und verfolgt, Bodycams häufiger aktiviert werden, damit mögliches Fehlverhalten dokumentiert wird.

Die Reform betraf jedoch nur einen kleinen Teil der US-amerikanischen Polizei. Denn in den USA ist die Polizei weitgehend kommunal organisiert. Es gibt über 15.000 Polizeibehörden auf Ebene der Bundesstaaten und Gemeinden, die teilweise mit lokalen Maßnahmen versuchen, die Zahl der Opfer durch Polizeigewalt zu senken.

Trump will Diversitätsprogramme abschaffen

Im März 2025 wird in Washington D.C. der Schriftzug "Black Lives Matter" von der Straße entfernt. (© picture-alliance/AP)

Die Administration von US-Präsident Donald Trump verfolgt eine zu seinem Vorgänger völlig konträre Sicherheits- und Diversitätspolitik. Die Datenbank für Polizistinnen und Polizisten hat der Republikaner bereits per Dekret wieder abgeschafft. Ermittlungsbehörden ermutigt er, angeklagte Polizistinnen und Polizisten zu unterstützen. Diversitätsprogramme werden wieder deutlich zurückgefahren – nicht nur auf Bundesebene, auch Städte und Gemeinden werden hierzu unter Druck gesetzt. In Washington D.C. wurde auf Druck der Trump-Regierung und ihrer Unterstützer im Kongress der nach dem Tod von George Floyd auf einer Straße unweit des Weißen Hauses in großen gelben Buchstaben aufgebrachte Schriftzug „Black Lives Matter“ entfernt.

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