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Wie steht es um die deutschen Krankenhäuser? | Hintergrund aktuell | bpb.de

Wie steht es um die deutschen Krankenhäuser? Ein Überblick zur Krankenhausreform

Redaktion

/ 6 Minuten zu lesen

Viele Kliniken machen Verluste. Die Krankenhausreform soll ein unkontrolliertes Kliniksterben verhindern. Fragen und Antworten zur Reform sowie zur Lage deutscher Krankenhäuser.

2024 gab es in Deutschland fast 2000 Krankenhäuser. Bei vielen ist das Geld knapp. (© picture-alliance/dpa, Marcus Brandt)

Die ökonomische Situation der Krankenhäuser in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert - drei von vier Krankenhäusern schrieben 2024 Verluste. Seitens der Politik besteht die Sorge, dass ohne Reformen viele Kliniken schließen müssen. Insbesondere Kommunen warnen vor einer Insolvenzwelle. Kritikern gilt das deutsche Krankenhaussystem als zu teuer und ineffizient. Die Betreiber weisen das zurück.

Was ist bisher beschlossen?

Um die Lage der deutschen Krankenhäuser zu verbessern, brachte bereits die vorherige Interner Link: Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP die Krankenhausreform auf den Weg. Der Bundestag stimmte dieser im Externer Link: Oktober 2024 zu. Schon damals galt die Reform als umstritten. Die Reform sah im Kern eine stärkere Spezialisierung der Kliniken vor. Zudem sollte das bisherige Vergütungssystem mit Pauschalen nach behandelten Patienten ("Fallpauschalen") reformiert werden. Durch die Fallpauschalen bestanden unter bestimmten Umständen ökonomische Anreize, möglichst viele Patienten zu behandeln. Die Reform sollte den wirtschaftlichen Druck auf Kliniken verringern.

Das Gesetz trat zum 1. Januar 2025 in Kraft, die Umsetzung erfolgt schrittweise und dauert voraussichtlich bis 2029. Die aktuelle Bundesregierung aus Union und SPD will die Reform in mehreren Punkten nachjustieren (Externer Link: Krankenhausreformanpassungsgesetz, KHAG). Es soll beispielsweise mehr Ausnahmen für Kliniken geben, um die ländliche Versorgung sicherzustellen. Auch ist geplant, die Reform zu größeren Anteilen seitens des Bundes zu finanzieren, um die gesetzlichen Krankenkassen und die Länder zu entlasten. Die wesentlichen Elemente der Reform sollen jedoch bestehen bleiben.

Wer ist verantwortlich für die Gesundheitspolitik und das Gesundheitssystem?

Trotz der teilweisen Privatisierung unterliegt der Gesundheitssektor hierzulande Interner Link: einer relativ starken politischen Steuerung. Die politischen Rahmenbedingungen in der Gesundheitspolitik bestimmen sowohl der Bund als auch die Bundesländer.

Dem Bund kommt dabei die zentrale Bedeutung zu, vor allem mit Blick auf die Sozialversicherung sowie die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser. Die Bundesländer verfügen hingegen nur über relativ geringe gesundheitspolitische Kompetenzen. Die Länder sind unter anderem für die Krankenhausplanung zuständig, sie müssen etwa dafür Sorge tragen, dass es genügend Klinikplätze in jeder Region gibt.

Die Kommunen unterliegen der Aufsicht durch die Länder und setzen Bundes- und Landesrecht als Pflichtaufgabe um. Doch auch auf kommunaler Ebene bestehen gewisse Spielräume zur eigenständigen Gestaltung der Gesundheitsförderung und Prävention vor Ort.

Viele maßgeblichen Entscheidungen für das Gesundheitssystem werden allerdings auf Bundesebene getroffen - insbesondere jene, die die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung betreffen.

Die Europäische Union gewinnt regional zwar an Bedeutung für die Gesundheitspolitik, dennoch steuert sie in der Gesundheitspolitik weniger als in anderen Politikfeldern.

Welche Ziele verfolgt die Krankenhausreform?

Das bisherige Vergütungssystem soll grundsätzlich reformiert werden: In Zukunft soll die Honorierung durch die gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nicht mehr wie bislang hauptsächlich über die Zahl der behandelten Patienten (Fallpauschalen) erfolgen. Fallpauschalen setzen die Krankenhäuser unter finanziellen Druck. Durch das System haben Krankenhäuser einerseits einen Anreiz, die Kosten pro Behandlungsfall zu senken. Gleichzeitig ist es lukrativ, die Zahl der Behandlungsfälle zu erhöhen, die finanziell unter der ausgezahlten Pauschale liegen. Laut Studien führt das teils dazu, dass mehr operiert wird, als eigentlich notwendig.

Ab 2027 sollen schrittweise 60 Prozent der Gelder von gesetzlichen Krankenkassen an die Kliniken allein dafür fließen, dass sie bestimmte Geräte und Leistungen zur Verfügung stellen - die sogenannte Vorhaltevergütung. Nur die restlichen 40 Prozent sollen über Fallpauschalen finanziert werden. Darüber hinaus sieht die Reform weitere staatliche Krankenhauszuschüsse vor. Die Maßnahmen dienen dazu, den Kostendruck auf die Kliniken zu reduzieren.

Die einzelnen Interner Link: Krankenhäuser sollen weniger medizinische Fachgebiete, aber dafür einen höheren Qualitätsstandard anbieten. Die Kliniken werden nach medizinischen Fachgebieten in Leistungsgruppen mit jeweils strengen Qualitätsvorgaben eingeteilt. Zu den in der Reform geplanten 61 Leistungsgruppen zählen etwa "Innere Medizin" oder "Intensivmedizin". Nur, wenn in den jeweiligen Gruppen bestimmte Qualitätsstandards erfüllt werden, sollen die Kliniken für die Behandlung Geld von den Krankenkassen erhalten. Für Kliniken im ländlichen Raum, die eine Notfallversorgung anbieten müssen, soll es den Plänen der neuen Bundesregierung zufolge Ausnahmen geben.

Wie finanzieren sich Krankenhäuser in Deutschland?

Krankenhäuser werden in Deutschland über zwei Wege finanziert: Die Bundesländer bezahlen die Investitionskosten, während die gesetzlichen Krankenkassen die Betriebskosten durch Versicherungsbeiträge finanzieren.

Zu den Investitionskosten zählen zum Beispiel die Ausgaben für Neubauten oder neue Geräte. Unter die Betriebskosten fallen Behandlungskosten inklusive sogenannter Vorhaltekosten - also die Kosten für Personal und den Erhalt bestehender Infrastruktur. Die Behandlungskosten werden durch die Krankenkassen als Kombination von einer Pflegepersonalkostenvergütung sowie Interner Link: Fallpauschalen finanziert.

2024 zahlten die gesetzlichen Krankenkassen (GKV) knapp 102 Milliarden Euro an die Kliniken. In den vergangenen Jahren sind die Kosten kontinuierlich gestiegen. 2020 lagen die GKV-Ausgaben für Krankenhausbehandlungen noch bei 82 Milliarden Euro.

Die Zuschüsse der Bundesländer für Investitionen gingen dagegen seit Jahren zurück. Zahlten die Länder 1993 noch 3,9 Milliarden Euro, waren es 2021 noch 3,3 Milliarden Euro. Weil viele Kliniken zuletzt erhebliche Verluste verzeichneten, haben viele Landkreise und kreisfreie Städte kommunale Krankenhäuser Interner Link: mit hohen Zahlungen unterstützt. Kommunale Klinikverbände sowie private Betreiber gehen von jährlichen Zahlungen im Milliardenbereich aus. Da die Kommunen gesetzlich nicht für die Krankenhausfinanzierung zuständig sind, fehlt dieses Geld bei anderen kommunalen Aufgaben wie dem ÖPNV und dem Erhalt öffentlicher Einrichtungen.

Wie hoch sind die deutschen Gesundheitskosten im europäischen Vergleich?

Die laufenden Interner Link: Gesundheitsausgaben in der Bundesrepublik beliefen sich nach Angaben der Externer Link: Europäischen Union 2023 auf knapp 12 Prozent des Interner Link: Bruttoinlandsprodukts (BIP). Gemessen an der Wirtschaftsleistung gab Deutschland demnach so viel wie kein anderes EU-Land für sein Gesundheitssystem aus. Der Schnitt aller 27 EU-Staaten lag den Angaben zufolge bei einer Quote von 10 Prozent des BIP.

Die deutschen Krankenhausausgaben sind dagegen im europäischen Vergleich eher niedrig: Im Jahr 2022 lag der Anteil an Krankenhausausgaben bei 3 Prozent des deutschen BIP. Nur Norwegen (2,6 Prozent) gab weniger aus. An der Spitze der Auswertung lagen Dänemark (4,2 Prozent) und Österreich (3,7 Prozent). Das geht aus einer Externer Link: Auswertung des Deutschen Krankenhausinstituts hervor.

Wie steht es um die Krankenhausversorgung?

Die Zahl der Kliniken in Deutschland ist seit der Wiedervereinigung rückläufig. 1991 zählte Deutschland laut Externer Link: Bundesamt für Statistik noch 2411 Krankenhäuser - 2024 waren es noch 1841. Kamen in Deutschland im Jahr nach der Wiedervereinigung über 832 Klinikbetten auf 100.000 Einwohner, waren es 2023 noch 564.

Im europäischen Vergleich hat Deutschland zumindest in quantitativer Sicht eine sehr gute Versorgung mit Kliniken: Hierzulande gab es im Jahr 2023 die meisten Regionen, in denen Patienten eine Klinik in maximal 15 Minuten mit dem Auto erreichen konnten. Besonders viele dieser Regionen liegen in Süddeutschland und Nordrhein-Westfalen. In manchen ländlichen Regionen ist der Weg zu Kliniken aber auch in Deutschland Externer Link: mitunter weit. Durch die Klinikreform könnte die Zahl der Kliniken allerdings sinken.

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung kam 2019 zu dem Ergebnis, dass viele Krankenhäuser in Deutschland zu klein seien und oftmals nicht über die nötige Ausstattung und Erfahrung verfügten, um spezifische Notfälle angemessen zu behandeln. Die Autoren der Studie schlagen dagegen eine Konzentration auf deutlich unter 600 Kliniken vor. In diesen sei dann eine bessere Ausstattung, größere Spezialisierung sowie bessere personelle Ausstattung möglich, so die Argumentation.

Die Studie wurde mitunter stark kritisiert. Die Ergebnisse basieren auf dem Raum Köln/Leverkusen und gelten insbesondere für solche Ballungszentren. Damit seien die Ergebnisse etwa nicht für Rückschlüsse für den ländlichen Raum geeignet. Auch seien hohe Investitionen notwendig, um die dann verbliebenen Kliniken besser auszustatten. Externer Link: Andere Studien verweisen im Hinblick auf die hohen Gesundheitsausgaben in Deutschland eher darauf, dass eine stärkere Kooperation der unterschiedlichen Akteure auf Bundes- und Länderebene sowie zwischen Kliniken und ambulanter Versorgung notwendig sei.

Wie ist die wirtschaftliche Situation der Kliniken?

Einer Erhebung der Unternehmensberatung Roland Berger zufolge schrieben 75 Prozent der bundesweit für das Jahr 2024 untersuchten Kliniken nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr rote Zahlen - im Jahr 2019 war es dagegen mit 32 Prozent nur knapp jedes dritte Krankenhaus gewesen. Zugleich sank demzufolge der Anteil jener Kliniken, die einen Gewinn erwirtschafteten im gleichen Zeitraum von 48 Prozent auf nur mehr 18 Prozent.

Eine Erhebung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung kommt zu anderen Ergebnissen. Die Autoren schätzen für das Jahr 2024, dass 56 Prozent der Kliniken Verlust machten. Viele Kliniken leiden unter der etwa im Vergleich zu den 1990er-Jahren spürbar gesunkenen Auslastung ihrer Betten.

Wie viele private Krankenhäuser gibt es?

Die Zahl der privaten Krankenhäuser hat sich seit 1991 mit 750 mehr als verdoppelt. Damit waren zuletzt 40 Prozent aller Kliniken in privatwirtschaftlicher Hand. In Folge der Einführung des Fallpauschalen-Systems im Jahr 2000 folgte eine Privatisierungswelle öffentlicher Krankenhäuser, die erst ab 2009 abflachte.

Etwa 30 Prozent der Kliniken gehört einem freigemeinnützigen Träger wie etwa dem Deutschen Roten Kreuz oder einer Kirche. Die restlichen Krankenhäuser werden staatlich betrieben, etwa von einer Kommune oder einem Bundesland. Manche Häuser bieten nur eine Grundversorgung an, andere haben sich auf bestimmte Fachbereiche spezialisiert.

Finanziell befinden sich viele private Krankenhäuser nach eigenen Angaben in einer finanziell stabilen Lage: Laut der Externer Link: Erhebung der Unternehmensberatung Roland Berger machen nur 17 Prozent der befragten privaten Einrichtungen Verluste - gegenüber 89 Prozent der öffentlichen und 68 Prozent der gemeinnützigen Krankenhäuser. Externer Link: Untersuchungen deuten darauf hin, dass private Einrichtungen effektiver wirtschaften als öffentliche. Forschende bemängeln allerdings, dass es mangels transparenter Datengrundlage schwierig ist, unabhängige Aussagen zu treffen.

Wie viele Ärztinnen und Ärzte gibt es in Deutschland?

2024 gab es in Deutschland nach Angaben der Bundesärztekammer insgesamt rund 437.000 berufstätige Ärztinnen und Ärzte und damit 2 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Seit 2019 sank die Zahl der niedergelassenen Ärzte um gut 8 Prozent auf rund 106.600. Der Anteil der in Kliniken tätigen Ärzte stieg dagegen seit dem Jahr 2002 um 54 Prozent auf fast 222.000 im Jahr 2023 an.

Die Arztdichte in Deutschland hat sich seit den 1980er-Jahren mehr als verdoppelt. 2022 kamen auf einen Arzt im Schnitt 198 Einwohner. Im internationalen Vergleich ist die Arztdichte relativ hoch. In manchen Regionen, etwa in Teilen Ostdeutschlands, ist sie jedoch niedriger als im Bundesschnitt.

Deutschland hat in den vergangenen Jahren verglichen mit anderen Ländern besonders viele Medizinerinnen und Mediziner ausgebildet. Zudem wanderten auch Ärzte in größerem Umfang nach Deutschland ein - jeder achte Arzt hatte 2023 eine ausländische Staatsangehörigkeit.

Welche Debatten gibt es um die Reform?

Die Krankenhausreform und deren geplante Anpassung sind Gegenstand kontroverser Debatten. So wünschen sich etwa die Bundesländer mehr Entscheidungsspielraum bei der Zuteilung der Qualitätsvorgaben durch Leistungsgruppen. Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass die Länder zwar über Ausnahmen entscheiden dürfen, die Zuteilung aber mit den Krankenkassen abstimmen müssen. Die Krankenkassen dagegen kritisieren, dass solche Ausnahmen zu den Qualitätsvorgaben überhaupt möglich sein sollen. Sie warnen vor regionalen Unterschieden in der Behandlungsqualität, die sich daraus ergeben könnten.

Die deutsche Krankenhausgesellschaft befürchtet, dass die Reform ein unkontrolliertes Krankenhaussterben nicht verhindere und fordert mehr Planungssicherheit. Das linksgerichtete Bündnis "Krankenhaus statt Fabrik" kritisiert, dass die Anpassung die wesentlichen Elemente der Reform unberührt lässt. Dazu gehört etwa der Fortbestand des Fallpauschalensystems, auf dessen Grundlage weiterhin 40 Prozent der Kosten finanziert werden sollen. Dem Bündnis gehören Gewerkschaften und andere Interessenverbände an.

Die Oppositionsparteien Linke, Grüne und AfD kündigten bereits an, im laufenden Interner Link: Gesetzgebungsverfahren eigene Änderungsvorschläge einzubringen. Der Gesetzentwurf soll in den kommenden Wochen in zweiter und dritter Lesung weiter beraten werden.

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