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Milchpreis auf historischem Tief | Hintergrund aktuell | bpb.de

Milchpreis auf historischem Tief Ergebnisse des Milchgipfels

Redaktion

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Deutschland und die EU befinden sich in einer "Milchkrise". Erstmals erhalten Bauern von Molkereien weniger als 20 Cent für einen Liter Frischmilch. Auf dem Milchgipfel am 30. Mai hat die Regierung nun Soforthilfen beschlossen.

Die Milchpreise sind niedriger denn je. Zum Teil erhalten Bauern von Molkereien weniger als 20 Cent für einen Liter Frischmilch. (© picture-alliance/dpa)

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt hatte für den 30. Mai zum Milch-Gipfel geladen, auf dem Lösungsansätze für die derzeitige Milchkrise diskutiert werden sollten. Das Problem ist der sinkende Milchpreis. Nach einem Hoch von 46 Cent pro Liter im September 2013 ist er stetig gesunken und liegt heute bei gerade einmal 20 Cent für einen Liter Frischmilch. In manchen Regionen ergaben Preisverhandlungen zwischen Molkereien und Landwirten laut Medienberichten Auszahlungspreise von lediglich 19 oder 18 Cent. Um kostendeckend wirtschaften zu können, bräuchten die über 73.000 Milchbauern in Deutschland jedoch einen Erzeugerpreis von etwa 40 Cent pro Liter.

Wie setzt sich der Milchpreis zusammen?

Beim Milchpreis unterscheidet man zwischen dem Auszahlungspreis – auch Erzeugerpreis genannt – den Molkereien an die Landwirte für ein Kilogramm Milch entrichten, und dem Verbraucherpreis, den Konsumentinnen und Konsumenten für die Ware im Handel bezahlen. In den Molkereien fallen Produktions-, Verpackungs- und Lagerkosten an. Im Lebensmitteleinzelhandel kommen noch weitere Kosten für Kühlung, Lagerung, Logistik, Entsorgungsgebühren für den Grünen Punkt, die Mehrwertsteuer und der Gewinnzuschlag hinzu. So ergibt sich der Verbraucherpreis, den Kundinnen und Kunden letztendlich im Supermarkt für einen Liter Milch bezahlen.

Zu viel Milch auf dem Markt

Derzeit gibt es mehr Milch auf dem Markt – sowohl in Deutschland, EU-weit als auch global –, als nachgefragt wird. Aufgrund dieses Überangebots sind die Milchpreise in allen EU-Staaten niedrig. Die Landwirte versuchten, die Niedrigpreise dadurch auszugleichen, dass sie mehr Kühe kauften, um die Milchmenge zu erhöhen. Dies ist einer der Gründe, weshalb es zu einer Überproduktion gekommen ist.

Bisher wurde die Produktion durch die sogenannte Interner Link: "Milchquote“ der EU" geregelt. Die 1984 eingeführte Quote sollte die Milchproduktion in den Mitgliedstaaten beschränken und dadurch für stabile Preise sorgen sowie den Fortbestand der Milchviehbetriebe sichern. Die Quote ist jedoch im Frühjahr 2015 nach mehr als 30 Jahren ausgelaufen. Da sie nicht den gewünschten Erfolg gebracht hat, soll sie nicht verlängert werden. Der Staat entscheidet nun nicht mehr darüber, wie viel Milch produziert wird – dies müssen die Marktbeteiligten in Erzeugung, Verarbeitung und Handel selbst tun. Unter anderem der Deutsche Bauernverband hoffte, sich dadurch neue Märkte erschließen zu können; Landwirte investierten in neue Kühe und Ställe.

Diese Hoffnung erfüllte sich jedoch nicht: Zwar wird in Europa mehr Milch produziert, aber sie findet weniger Abnehmer auf dem Weltmarkt. Das Interner Link: Handelsembargo gegenüber Russland und die sinkende Nachfrage vor allem in China gelten als zwei der wichtigsten Ursachen für die fallenden Milchpreise.

Überangebot soll abgebaut werden

Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zufolge könne nur eine Reduzierung des Überangebotes zu besseren Preisen führen. Eine Rückkehr zur Milchquote ist momentan jedoch weder für Schmidt, den Bundesverband deutscher Milchviehhalter noch die EU-Kommission eine Option.

Der Milch-Gipfel sollte dazu dienen, wie den Milchbauern geholfen werden kann, die von den niedrigen Preisen in Bedrängnis gebracht werden. Ziel sollte die gerechte Verteilung des Marktrisikos sein. Schon im Vorfeld hatte Schmidt Steuererleichterungen und Liquiditätshilfen in Aussicht gestellt. Auf dem Milchgipfel sagte Schmidt nun: "Seitens des Bundes wird der Bund die Bauern mit einem Paket von 100 Millionen Plus x unterstützen."

In einer Pressemitteilung des Bundes deutscher Milchviehhalter (BDM) vom 18. Mai hieß es dazu schon: "Mehrere Hundert Millionen Finanzmittel für Liquiditätshilfen sind angesichts Milliarden-Verlusten bei den Milchbauern nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein." Vielmehr sollten Landwirte eigenverantwortlich ihre Milchproduktion reduzieren – um überflüssige Mengen gar nicht erst zu produzieren – und dabei vom Staat finanziell unterstützt werden. Auch die Agrarministerkonferenz der Länder hatte sich für eine solche Lösung ausgesprochen. Zum Gipfeltreffen waren der Bundesverband der deutschen Milchviehhalter und die Länderagrarministerinnen und -minister jedoch nicht eingeladen. Eingeladen waren dagegen der Deutsche Bauernverband (als Vertreter für die Landwirtschaft), die Molkereien und der Handel.

Maßnahmen der EU und Aussetzung des Kartellrechts

Bereits Ende vergangenen Jahres hatte die Europäische Kommission auf die Misere reagiert und ein Maßnahmenpaket verabschiedet. Europäische Landwirte wurden mit 500 Millionen Euro unterstützt, wovon über 69 Millionen an deutsche Milchbauern und Schweinefleisch-Produzenten flossen.

Die Bundesregierung hat zudem Ende April 2016 auf Erlaubnis der EU hin beschlossen, das Kartellrecht de facto Externer Link: für sechs Monate auszusetzen. Dies würde Landwirten und Molkereien kurzzeitig erlauben, sich über Produktionsmenge und Preise zu verständigen, ohne kartellrechtlich in Probleme zu geraten.

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