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Leistungserbringer – Leistungserbringung – Leistungsinanspruchnahme | Gesundheitspolitik | bpb.de

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Leistungserbringer – Leistungserbringung – Leistungsinanspruchnahme

Thomas Gerlinger

/ 5 Minuten zu lesen

Eine Pflegerin und eine Bewohnerin in einem Seniorenpflegeheim in Berlin (© picture alliance / ZB)

1. Professionelle Pflegeeinrichtungen und deren Träger

Der bei weitem größte Teil der Pflegebedürftigen wird zu Hause von Angehörigen oder Nachbarn versorgt („informelle Pflege“). Ungeachtet dessen sind professionelle Pflegeeinrichtungen für die Langzeitpflege unverzichtbar. Vieles spricht dafür, dass ihre Bedeutung in der überschaubaren Zukunft weiter wachsen wird, denn es ist zu erwarten, dass die Schwierigkeiten, die Versorgung durch informelle Pflege sicherzustellen, angesichts des sozialen Wandels wachsen werden. Diese Erwartung gründet sich auf folgende strukturelle Veränderungen (Gerlinger & Rosenbrock 2023):

  • die wachsende Zahl pflegebedürftiger Menschen bei einem gleichzeitigen Rückgang der Zahl von Menschen im erwerbsfähigen Alter;

  • die (weitere) Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit,

  • die hohe und vermutlich weiterwachsende Zahl von 1-Personen-Haushalten,

  • die in den letzten Jahrzehnten gestiegenen Flexibilitätserwartungen in der Arbeitswelt.

Auch vor diesem Hintergrund zählt(e) es zu den wichtigsten Zielen des Pflegeversicherungsgesetzes (PflegeVG), zum Aufbau einer leistungsfähigen (professionellen) Pflegeinfrastruktur beizutragen. In der Tat hat die Einführung der Pflegeversicherung der Entwicklung der professionellen Langzeitpflege und -betreuung einen starken Schub gegeben und die Pflegeinfrastruktur in Deutschland einschneidend verändert (z.B. Roth 2003). Es kam zu einer außerordentlich starken Ausweitung des Angebots sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich, „der zum Teil allerdings auch Züge eines ungelenkten Wildwuchses annahm“ (Gerlinger & Rosenbrock 2023).

Das Elfte Sozialgesetzbuch (SGB XI) unterscheidet zwischen ambulanten und stationären Einrichtungen (§ 71 SGB XI). Demnach sind ambulante Pflegedienste solche Einrichtungen, die „Pflegebedürftige in ihrer Wohnung pflegen und hauswirtschaftlich versorgen“ (§ 71 Abs. 1 SB XI). Stationäre Pflegeeinrichtungen (Pflegeheime) sind „Einrichtungen, in denen Pflegebedürftige gepflegt werden“ und „ganztägig (vollstationär) oder nur tagsüber bzw. nur nachts (teilstationär) untergebracht und verpflegt werden können“ (§ 71 Abs. 2 SB XI).

Ende 2019 waren in Deutschland 14.688 ambulante und 15.380 stationäre Einrichtungen zugelassen. Unter den stationären Einrichtungen gab es – unter Einschluss von Mehrfachangeboten – 11.317 Einrichtungen mit vollstationären Leistungen, 1.336 Einrichtungen mit Leistungen der Kurzzeitpflege und 5.352 Einrichtungen mit teilstationären Leistungen (s. Tabelle 1).

Mit dem Aufschwung der professionellen Langzeitpflege wuchs insbesondere die Zahl der privat getragenen Einrichtungen. Das Angebot an Pflegeeinrichtungen wird aktuell von diesen und von freigemeinnützigen Trägern dominiert (s. Tabelle 2). Mehr als die Hälfte (54,3 %) aller Pflegeeinrichtungen wurde Ende 2019 von privaten, 42,7 Prozent von freigemeinnützigen und lediglich 3,0 Prozent von öffentlichen – zumeist kommunalen – Trägern betrieben (StBA 2020: 23, 33). Dabei sind private Träger unter den ambulanten Pflegediensten besonders weit verbreitet (s. Tabelle 2). Der Anteil der freigemeinnützigen und öffentlichen Einrichtungen an den Pflegeplätzen fällt etwas höher aus als ihr Anteil an den Einrichtungen (StBA 2020: 24, 34). Ende 2019 standen in der knapp 15.400 Pflegeheimen fast 970.000 stationäre Pflegeplätze verfügbar, davon rund 877.000 (90 %) in der vollstationären Dauerpflege (StBA 2020: 14, 35).

2. Beschäftigte und Beschäftigungsverhältnisse

Die professionelle Langzeitpflege hat sich mittlerweile zu einem wichtigen Beschäftigungs- und Wirtschaftszweig entwickelt. In Pflegeeinrichtungen waren 2019 über 1,22 Millionen Personen beschäftigt, fast doppelt so viele wie zwanzig Jahre zuvor (StBA 2020: 25, 37; BMG 2022: 16f.). Ungeachtet der stark gestiegenen Beschäftigtenzahlen existiert in der Langzeitpflege bekanntlich bereits seit vielen Jahren ein eklatanter Fachkräftemangel. Zu den wichtigsten Ursachen zählen die schlechten Arbeitsbedingungen und die geringe Bezahlung (s. Artikel Interner Link: „Aktuelle Probleme“). Teilzeitbeschäftigung spielt in der Langzeitpflege traditionell eine große Rolle: 2019 waren in ambulanten Pflegediensten nur 27,8 Prozent und in Pflegeheimen nur 29,1 Prozent des Personals vollzeitbeschäftigt (StBA 2020: 25, 37).

Mehr als die Hälfte des in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen tätigen Personals sind Pflegefachkräfte (StBA 2020: 28, 29, 39). Dies sind solche Personen, die „eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, die Kenntnisse und Fähigkeiten zur selbständigen und eigenverantwortlichen Wahrnehmung der von ihnen ausgeübten Funktion und Tätigkeit vermittelt“ (§ 6 Heimpersonalverordnung – HeimPersV). Altenpflegehelferinnen und -helfer sind demzufolge keine Fachkräfte. Die Heimpersonalverordnung schreibt vor, dass mindestens die Hälfte der in der Betreuung von Pflegebedürftigen eingesetzten Personen Pflegefachkräfte sind (§ 5 Abs. 1 HeimPersV). Dieser Wert wird im Durchschnitt aller Pflegeheime auch knapp überschritten, allerdings nicht in jedem Pflegeheim erreicht. Während die Vorgabe der Heimpersonalverordnung zur Personalausstattung von einigen als Voraussetzung für eine hochwertige Versorgung begrüßt wird, wird sie von anderen, insbesondere von privaten Pflegeheimträgern, mit dem Argument kritisiert, dass sie den Pflegenotstand verschärfe.

3. Leistungsinanspruchnahme

Zu Beginn der 2020er Jahre empfingen insgesamt rund 4,9 Millionen Personen Leistungen der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegepflichtversicherung, wobei fast 95 Prozent in der sozialen Pflegeversicherung registriert waren (BMG 2022: 1). Rund 80 Prozent der Leistungsempfängerinnen und -empfänger wurden zu Hause versorgt, davon wiederum knapp zwei Drittel allein durch Angehörige und rund 30 Prozent durch ambulante Pflegedienste oder in Kooperation mit ihnen. Fast zwei Drittel der Pflegebedürftigen waren Frauen (s. Artikel Interner Link: „Pflegebedürftigkeit als soziales Risiko“). Mit der Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017 (s. Artikel Interner Link: „Die Leistungen der Pflegeversicherung“) hatten die Zahl und der Anteil der ambulant versorgten Leistungsempfängerinnen und -empfänger deutlich zugenommen.

In der sozialen Pflegeversicherung erhielten zu Beginn der 2020 Jahr mehr als zwei Drittel aller Leistungsempfängerinnen und -empfänger Leistungen nach Pflegegrad 2 (40,5 %) und Pflegegrad 3 (28,2 %).14,2 Prozent entfielen auf Pflegerad 1. In der privaten Pflegepflichtversicherung fällt der Anteil Leistungsempfängerinnen und -empfänger nach den Pflegegraden 4 und 5 Versicherungszweigs (zusammen 25,2 %) deutlich höher aus als in der sozialen Pflegeversicherung mit 17,1 Prozent (s. Tabelle 3). Dies gilt auch für den Pflegegrad 3 (33,1 % gegenüber 28,2 %). Hingegen erhält in der privaten Pflegeversicherung mit 41,6 Prozent ein deutlich geringerer Teil der Pflegebedürftigen Leistungen gemäß den Pflegegraden 1 und 2 als in der sozialen Pflegeversicherung mit 54,7 Prozent (Tabelle 3). Die Gründe für diese Abweichungen sind nicht abschließend geklärt.

Bei der Entwicklung der Leistungsarten in der sozialen Pflegeversicherung fällt der deutliche Rückgang des Anteils der vollstationär versorgten Personen auf (s. Tabelle 4). Er ist vor allem eine Folge der mit der Reform des Pflegebedürftigkeitsbegriffs stark gestiegenen Zahl von Leistungsempfängerinnen und -empfängern in den Pflegegraden 1 und 2, die ganz überwiegend ambulant betreut werden.

Bemerkenswert ist aber auch die wachsende Inanspruchnahme der Kombinationsleistungen. Sie lässt sich als Ausdruck des Willens vieler Angehöriger interpretieren, die Pflege trotz schwieriger Rahmenbedingungen, soweit es geht, selbst durchzuführen. Hier dürfte sich auch die Bemühungen des Gesetzgebers niederschlagen, das Leistungsrecht in diesem Sinn zu flexibilisieren und entsprechende Anreize für Angehörige zu schaffen (Gerlinger & Rosenbrock 2023).

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Richtige Antwort: Etwa zwei Drittel der zu Hause versorgten Leistungsempfängerinnen und -empfänger werden allein von Angehörigen oder von Angehörigen in Zusammenarbeit mit Pflegediensten versorgt.

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ist Professor an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Universität Bielefeld und leitet dort die Arbeitsgruppe "Gesundheitssysteme, Gesundheitspolitik und Gesundheitssoziologie". E-Mail Link: thomas.gerlinger@uni-bielefeld.de