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Finanzierung der Vereinten Nationen
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Wie werden die Vereinten Nationen und ihre Arbeit wie die UN-Friedensmissionen finanziert? Welche Staaten zahlen wie viel? Und woher rührt die oft beklagte Unterfinanzierung der UN?
Das Finanzierungssystem der Vereinten Nationen basiert auf drei wesentlichen Säulen: den Pflichtbeiträgen zum ordentlichen Haushalt, den Pflicht-Beitragsumlagen zur Finanzierung der Friedensmissionen und Internationalen Tribunalen für Ruanda (ICTR = International Criminal Tribunal for Rwanda) und dem ehemaligen Jugoslawien (ICTY = International Criminal Tribunal for the former Yugoslavia ) sowie den freiwilligen Beiträgen der Mitgliedsstaaten.
Der ordentliche Haushalt setzt sich aus den Pflichtbeiträgen seiner Mitglieder zusammen. Finanziert werden dadurch die zentralen Organe, wie zum Beispiel das Sekretariat, die Generalversammlung, die Fachausschüsse und Untergremien. Die Höhe des Haushaltsbudgets und der jeweiligen Pflichtbeiträge wird durch die Generalversammlung beschlossen. Diese Pflichtbeiträge errechnen sich durch einen Beitragsschlüssel, der alle drei Jahre auf Empfehlung des Beitragsausschusses von den Mitgliedsstaaten verabschiedet wird. Grundlage für den Beitragsschlüssel sind die jeweiligen Anteile der Mitgliedsstaaten am Welt-Bruttosozialprodukt (gemessen an den vergangenen sechs Jahren) und die Zahlungsfähigkeit des Landes.
Bei der Bemessung der Beiträge lautet das Prinzip: Reichere Länder zahlen mehr, ärmere Länder zahlen weniger. Allerdings gibt es bei der Berechnung des Beitragsschlüssels sowohl einen Mindest- wie auch einen Höchstsatz. Für die Periode 2010-2012 gilt eine Untergrenze von 0,001 Prozent und eine Obergrenze von 22 Prozent am UN-Haushalt. Die USA zahlen als einziger Mitgliedsstaat den Höchstsatz von 22 Prozent, Deutschland ist mit acht Prozent drittgrößter Beitragszahler des aktuellen UN-Haushalts. Insgesamt beläuft sich der Doppelhaushalt 2010/2011 der Vereinten Nationen auf 5,156 Mrd. US-Dollar, für das Jahr 2010 sind dafür 2,167 Mrd. US-Dollar an Mitgliedsbeiträgen veranschlagt. Die Jahresbeiträge für den ordentlichen Haushalt müssen innerhalb von 30 Tagen nach Benachrichtigung durch den Generalsekretär – das heißt bis Ende Januar des Haushaltsjahres – geleistet werden.
Die zweite Finanzierungssäule der Vereinten Nationen sind die sogenannten Pflicht-Beitragsumlagen. Hieraus finanzieren sich die Friedensmissionen der Vereinten Nationen sowie die Internationalen Straftribunale für Ruanda und für das ehemalige Jugoslawien. Auch hier gibt es prozentuale Beitragsbemessungen (gemessen an der Wirtschaftskraft der Mitglieder), die sich an den jeweiligen Beiträgen zum ordentlichen Haushalt orientieren.
Für die Friedensmissionen gilt: Der prozentuale Beitrag der Mitgliedsstaaten entspricht je nach Wirtschaftskraft zwischen zehn und 100 Prozent ihres Beitragsschlüssels zum ordentlichen Haushalt. So zahlen zum Beispiel die ärmsten Mitgliedsländer der UN zehn Prozent ihres Beitragssatzes zum Haushalt (0,001 Prozent), d.h. 0,0001 Prozent der Pflicht-Beitragsumlagen. Ausnahme sind die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Sie übernehmen einen prozentual höheren Anteil an den Pflicht-Beitragsumlagen als am ordentlichen Haushalt. Dies spiegelt die besondere Verantwortung, aber auch die außerordentlichen Rechte der fünf ständigen Mitglieder wider, wie zum Beispiel ihr Vetorecht im Sicherheitsrat. Dieser Mehrbeitrag kompensiert gleichzeitig auch die geringeren Beiträge der Entwicklungsländer.
Für die beiden Internationalen Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und Ruanda gilt die Besonderheit, dass sich der Nettobeitrag zur Hälfte auf Basis der Beitragsskala für den regulären Beitrag und zur Hälfte auf Basis der Beitragsskala für die Friedensmissionen errechnet. Insgesamt wurden für 2010 die Beiträge der UN-Mitgliedsstaaten für die Friedensmissionen und Straftribunale auf 9,766 Mrd. US-Dollar veranschlagt. Auch hier zahlen die USA den höchsten Beitragssatz.
Freiwillige Beiträge der Mitgliedsstaaten bilden die dritte Säule des Finanzierungssystems der Vereinten Nationen. Aus den freiwilligen Beiträgen werden die Spezial- und Nebenorgane, Programme und Fonds der Vereinten Nationen ganz oder zumindest teilweise finanziert. Dazu gehören zum Beispiel das Kinderhilfswerk UNICEF, das Entwicklungsprogramm UNDP oder die Weltgesundheitsorganisation WHO. Ausnahmen sind die sogenannten Bretton-Woods-Institutionen, d.h. der Internationale Währungsfond und die Weltbankgruppe. Sie verfügen über ein eigenes Finanzierungsmodell.
Die Höhe der freiwilligen Beiträge wird auf sogenannten Beitragszusagekonferenzen festgelegt. Der Vorteil dieses Systems für die Geberländer liegt darin, politische Schwerpunkte setzen zu können. Gleichzeitig können sie aber auch durch die Höhe ihrer Beiträge Einfluss nehmen auf die Arbeit einer Organisation und gegebenenfalls politischen Druck erzeugen. Der Nachteil für die Organisationen, die durch die freiwilligen Beiträge finanziert werden, ist die Planungsunsicherheit. Ein immer wiederkehrender Kritikpunkt an diesem System ist, dass die kurzfristigen Haushaltszusagen langfristigen Entwicklungszielen widersprechen.
Seit vielen Jahren leidet das System der Vereinten Nationen an einer kontinuierlichen Unterfinanzierung. Diese resultiert daraus, dass Mitgliedsstaaten ihre Beiträge nicht in voller Höhe oder zumindest nicht rechtzeitig zahlen. Bei einigen Mitgliedsstaaten resultiert dies aus haushaltstechnischen Zwängen, wie zum Beispiel nationalen Sparprogrammen oder Finanzkrisen. Die Zurückhaltung von Beitragszahlungen kann aber auch einen politischen Hintergrund haben. Gerade die großen Beitragszahler können so Druck auf die Vereinten Nationen ausüben, strategische Interessen betonen oder ihre Ablehnung an UN-Programmen demonstrieren. Einige Experten sprechen daher auch eher von einer politischen als finanziellen Krise der Vereinten Nationen.
Im Oktober 2010 hatten 119 von 192 Mitgliedsstaaten ihre Beiträge zum ordentlichen Haushalt 2010 bezahlt. Rund 787 Mio. US-Dollar, also gut ein Drittel an Pflichtbeiträgen für das laufende Haushaltsjahr, wurden nicht bzw. nicht rechtzeitig überwiesen. Ein ähnliches Verhältnis ergibt sich mit Blick auf die Pflicht-Beitragsumlagen. Im Oktober 2010 standen noch 3,241 Mrd. US-Dollar an Verpflichtungen zur Unterhaltung der Friedensmissionen und der Straftribunale aus. Nur dreizehn der 192 Mitglieder hatten dabei ihre veranschlagten Beiträge beglichen, darunter auch Deutschland.