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Ganz schön vielfältig – die Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte | Deutschland | bpb.de

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Ganz schön vielfältig – die Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte

Vera Hanewinkel

/ 5 Minuten zu lesen

Die Bevölkerung Deutschlands ist stark von Einwanderung geprägt. Jede vierte im Land lebende Person hat eine Einwanderungsgeschichte.

Fußgängerzone am Wuppertaler Hauptbahnhof (Aufnahmedatum: 02.05.2025) (© picture-alliance, Jochen Tack)

Hinweis

Dieser Beitrag ist eine aktualisierte Fassung eines am 08.12.2021 im Länderprofil Deutschland erschienenen Beitrags mit dem Titel "Ganz schön vielfältig - die Bevölkerung mit Migrationszuschreibung".

In Deutschland leben viele Menschen, die entweder selbst eingewandert sind oder von Eingewanderten abstammen. In Bevölkerungsstatistiken werden sie mit unterschiedlichen Konzepten erfasst. Lange wurde in solchen Statistiken nur zwischen ausländischen und deutschen Staatsangehörigen unterschieden. Dies änderte sich mit dem Mikrozensus 2005: Er führte die Kategorie „Interner Link: Migrationshintergrund“ ein. Sie machte auch eingebürgerte Eingewanderte und ihre Nachkommen statistisch sichtbar. Der Definition des Statistischen Bundesamtes zufolge wird einer Person ein Migrationshintergrund zugeschrieben, „wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt besitzt“.

Infolge einer 2021 erfolgten Empfehlung einer von der Bundesregierung eingesetzten Fachkommission hat das Statistische Bundesamt das neue Konzept Interner Link: „Einwanderungsgeschichte“ in den Mikrozensus integriert und 2023 dazu erstmals Daten veröffentlicht. Erfasst werden dabei Personen, die selbst nach Deutschland zugewandert sind oder zwei seit 1950 eingewanderte Elternteile haben. Im Vergleich zum „Migrationshintergrund“ wird der Blick damit stärker auf die eigene oder über beide Eltern vermittelte Zuwanderungserfahrung gelenkt: Denn nun zählen z.B. auch im Ausland geborene und aufgewachsene Kinder von deutschen Staatsangehörigen, die nach Deutschland einwandern, zur „Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte“. Dieser Personenkreis ist in der Kategorie mit „Migrationshintergrund“ nicht enthalten, weil diese an die eigene Staatsangehörigkeit bzw. die der Eltern zum Zeitpunkt der Geburt anknüpft.

Aktuell nutzt das Statistische Bundesamt noch beide statistischen Kategorien parallel. Mittelfristig sollen nur noch Daten zur „Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte“ erhoben und veröffentlicht werden. Beiden Kategorien ist gemein, dass sich mit ihnen zeigen lässt, wie Einwanderung die Bevölkerungszusammensetzung Deutschlands prägt. Bedingt lassen sich auch Teilhabeunterschiede z.B. mit Blick auf die Bereiche Bildung, Arbeit und Wohnen sichtbar machen und damit Rückschlüsse zu gesellschaftlichen Integrationsprozessen ziehen. So geben die Daten aus dem Mikrozensus beispielsweise Auskunft über die erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüsse in der Bevölkerung mit und ohne Einwanderungsgeschichte, wodurch sich die Bildungsteilhabe vergleichen lässt. Aus den Daten lassen sich zwar Unterschiede, nicht aber Ursachen für Ungleichheiten zwischen der Bevölkerung mit und ohne Migrationshintergrund ablesen. Neben vielen Faktoren umfassen diese auch strukturelle Barrieren, etwa eine mangelnde Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungsabschlüssen, oder fehlende Unterstützung beim Übergang von der Schule in den Beruf, oder gesellschaftliche Schließungsprozesse durch zum Beispiel Diskriminierung.

Demografie der Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte in Daten

2024 zählten nach Mikrozensus-Daten 21,2 Millionen Menschen zur Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte:

  • 16,1 Millionen Eingewanderte, also Menschen, die selbst nach Deutschland zugewandert sind (sogenannte erste Generation), und

  • 5,2 Millionen Nachkommen, also Personen mit zwei zugewanderten Elternteilen (sogenannte zweite Generation).

Damit hatte rund jede vierte in Deutschland lebende Person (25,7 Prozent) eine Einwanderungsgeschichte. 49,5 Prozent davon waren Frauen; 43,7 Prozent waren deutsche und 56,3 Prozent ausländische Staatsangehörige. Europa ist die Hauptherkunftsregion: 64,8 Prozent aller Personen mit Einwanderungsgeschichte waren selbst in einem europäischen Land geboren worden oder hatten Eltern, deren Geburtsland in Europa liegt.

In der Zusammensetzung der Einwanderungsbevölkerung spiegelt sich die Migrationsgeschichte Deutschlands seit 1950 in groben Zügen wider. So wurden 29,9 Prozent aller Personen mit Einwanderungsgeschichte entweder selbst in einem der Länder geboren, aus denen die Bundesrepublik Interner Link: zwischen 1955 und 1973 Arbeitskräfte angeworben hat oder haben zwei Elternteile, auf die dies zutrifft. 22,9 Prozent waren selbst oder ihre Eltern auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion geboren worden – von dort sind viele Interner Link: (Spät-)Aussiedler:innen, aber auch Interner Link: jüdische Kontingentflüchtlinge nach Deutschland gekommen. Seit dem EU-Beitritt Polens (2004) und Rumäniens (2007) gehören diese beiden Länder zu den Hauptherkunftsländern von nach Deutschland eingewanderten EU-Bürger:innen. Aus Kosovo sowie Bosnien und Herzegowina Interner Link: sind in den 1990er Jahre viele Vertriebene der post-jugoslawischen Kriege nach Deutschland gekommen, in den vergangenen Jahren haben beide Länder zur Arbeitsmigration nach Deutschland beigetragen. Die jüngere Fluchtzuwanderung nach Deutschland zeigt sich ebenfalls in den Daten: Unter den zehn Ländern, zu denen die meisten Personen mit Einwanderungsgeschichte einen Bezug haben, zählen mit Syrien und der Ukraine zwei Staaten, aus denen seit Mitte der 2010er Jahre viele Schutzsuchende nach Deutschland eingereist sind.

Wie sehr die Bevölkerung Deutschlands durch Migration geprägt ist, zeigt sich besonders unter jungen Menschen. So hatten 2023 beispielsweise rund 26 Prozent der unter 10-Jährigen eine Einwanderungsgeschichte, dies traf aber nur auf ca. 16 Prozent der 65- bis 74-Jährigen zu.

Regionale Verteilung

Die Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte verteilt sich regional sehr unterschiedlich. 2024 hatten rund 28 Prozent der Bevölkerung Westdeutschlands (einschließlich Berlin) eine Einwanderungsgeschichte, in Ostdeutschland galt dies für rund zehn Prozent der dort lebenden Menschen. Im gesamtdeutschen Vergleich wiesen vor allem die Stadtstaaten Bremen, Hamburg und Berlin sowie die Flächenländer Hessen und Baden-Württemberg einen hohen Anteil an Personen mit Einwanderungsgeschichte auf: Zwischen 32 Prozent und 39 Prozent der Einwohner:innen dieser Bundesländer sind Eingewanderte und deren Nachkommen.

Die Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte konzentriert sich auf städtische Gebiete, wo 31 Prozent der Einwohner:innen eine Einwanderungsgeschichte haben. In ländlichen Regionen sind es 16 Prozent. Während in Gemeinden mit weniger als 2.000 Einwohner:innen im Schnitt neun Prozent der Bevölkerung Eingewanderte und ihre Nachkommen sind, gilt dies für 36 Prozent der Menschen, die in Gemeinden mit 500.000 und mehr Einwohner:innen leben.

Fazit: eine Kategorie – große Vielfalt

Die Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte ist sehr heterogen. Diese Heterogenität lässt sich mit der Bevölkerungsstatistik nur bedingt anhand der darin abgebildeten demografischen und sozio-ökonomischen Merkmale wie Alter, Geschlecht, Wohnort, Nationalität und Familienstand zeigen. Nicht erfasst wird hingegen die Vielfalt der individuell ganz unterschiedlichen Wertvorstellungen, Weltanschauungen, Lebensentwürfe und anderer Dimensionen.

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Vera Hanewinkel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.