Der Vertrag von Nizza wurde am 26. Februar 2001 unterzeichnet und trat am 1. Februar 2003 in Kraft. Die Regierungen der damaligen EU-Mitgliedstaaten hatten die Verhandlungen über den Vertrag im Dezember 2000 in der französischen Stadt am Mittelmeer abgeschlossen.
Vor 20 Jahren: Unterzeichnung des Vertrags von Nizza
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Der Vertrag von Nizza vom 26. Februar 2001 sollte die Europäische Union auf die bevorstehende Ost- und Süderweiterung vorbereiten. Um trotz des Wachstums handlungsfähig zu bleiben, verabschiedete man sich in vielen Politikfeldern vom Einstimmigkeitsprinzip.
Zuvor hatte der 1992 beschlossene
Neue Stimmengewichte im Ministerrat
Angesichts der wachsenden EU fürchteten Expertinnen und Experten schon in den 1990er Jahren eine mögliche Überforderung der EU-Institutionen. Schließlich waren die legislativen und exekutiven Abläufe für eine weit kleinere Staatengemeinschaft ausgelegt. Neben möglichen institutionellen Hürden sorgten sich die größeren Mitgliedstaaten, dass sich das Stimmengewicht im
Daher wurde die Stimmengewichtung der Mitgliedstaaten für die Abstimmungen im
Die wohl wichtigste Änderung war, dass bei Abstimmungen im Rat in vielen Bereichen das Einstimmigkeitsprinzip aufgegeben wurde und fortan eine
Mittlerweile gilt in der EU allerdings das Prinzip der "doppelten Mehrheit". Demzufolge ist eine qualifizierte Mehrheit dann erreicht, wenn 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, einem Beschlussvorschlag zustimmen. Das Einstimmigkeitsprinzip gilt heute nur noch in wenigen Politikbereichen.
Ein Kommissionsmitglied aus jedem EU-Land
Um zu verhindern, dass die
Auch die Befugnisse der Präsidentin oder des Präsidenten der EU-Kommission wurden durch die Nizza-Reform ausgeweitet. Dazu zählt unter anderem die Aufgabe, den Kommissionsmitgliedern Ressorts zuzuweisen und diese gegebenenfalls auch in der laufenden Amtsperiode umzuverteilen. Ernannt wurden die Präsidenten der Kommission von den im Europäischen Rat versammelten Staats- und Regierungschefs – die Entscheidung bedurfte bereits damals auch der Zustimmung des Europaparlaments. Heute wählt das Parlament den Kommissionspräsidenten bzw. die Kommissionspräsidentin.
Schutz der Grundrechte
Die Zahl der Abgeordneten im Europäischen Parlament wurde mit dem Vertrag von Nizza auf höchstens 732 erhöht. Die Zusammensetzung des Parlaments orientiert sich seit der Reform stärker an der Bevölkerungsgröße der Mitgliedstaaten. Außerdem erweiterte der Vertrag die Mitspracherechte der Abgeordneten auf weitere Politikbereiche. So wurde beispielsweise festgelegt, dass auch das Parlament Handlungen der EU-Organe auf ihre Rechtmäßigkeit überprüfen lassen kann ("
Auch der Gerichtshof der EU wurde gestärkt und der Ausschuss der Regionen als Vertretung der lokalen und regionalen Ebene wurde demokratisch legitimiert. Ein weiteres Thema war der Schutz der Grundrechte. So konnte der Rat durch den Vertrag von Lissabon in einer Erklärung feststellen, dass ein Mitgliedstaat Grundsätze der Union wie Demokratie oder Rechtsstaatlichkeit verletzt und dabei Empfehlungen an den Mitgliedstaat richten.
Vertrag von Lissabon löst Vertrag von Nizza ab
Viele Staats- und Regierungschefs der EU empfanden die Verträge von Nizza und Amsterdam als nicht weitgehend genug, um die EU institutionell zu reformieren. Daher einigte man sich auf die Einberufung eines
Nach zähen Verhandlungen einigten sich die EU-Staaten in der Folge auf den Vertrag von Lissabon, der im Dezember 2007 unterzeichnet wurde und viele Inhalte des Verfassungsentwurfs in abgewandelter Form aufnahm. Er trat am 1. Dezember 2009 in Kraft. Im Vergleich zum Vertrag von Nizza und dem
Karl-Rodolf Korte: Vertrag von Nizza
Der Lissabonner Vertrag auf einen Blick (Dossier: Die Europäische Union)
Interner Link: Vor 15 Jahren: EU-Osterweiterung (Hintergrund aktuell, April 2019)
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