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Arbeitsblatt: Analyse und Vergleich filmischer Einstellungen | Erzählen und Zeigen im Film | bpb.de

Erzählen und Zeigen im Film Einführung: Die Verbindung von Analyse und Praxis in der Filmvermittlung Die Filmeinstellung: Eine Pädagogik der kleinen Einheiten Eine Szene in Varianten Politisches Zeigen, politisches Erzählen Unterichtsmaterial Redaktion

Arbeitsblatt: Analyse und Vergleich filmischer Einstellungen

Stefanie Schlüter

/ 5 Minuten zu lesen

Beim Betrachten eines Filmstreifens – ein Still aus Gus van Sant´s Film "Elephant". (© picture-alliance, United Archives/Impress )

Klassen: Jahrgangsübergreifend, Klasse 5-12
Fächer: Kunst, Deutsch, Französisch, Englisch, Ethik, Geschichte
Methodisch-didaktischer Kommentar: Interner Link: Download "Hinweis für Lehrende" als pdf-Datei

Aufgabe 1: Analyse einer Einstellung: „Attelage d’un camion“ (Auguste & Louis Lumière, F 1896)

Klasse 5-12

  1. Schaut euch den Film "Attelage d’un camion“ ("Ziehen des Wagens“, F 1896) der Brüder Lumière an. Tragt im Plenum zusammen, was ihr im Film gesehen habt: Beschreibt möglichst umfassend, was der Film – auch am Rande des Geschehens – zeigt. Diskutiert, was der Film über die Zeit und den Ort erzählt, an dem er gedreht wurde.

  1. Versetzt euch in einen Menschen aus dem Film und denkt euch eine kurze Geschichte zu dieser Figur aus. Schreibt diese Geschichte in fünf Sätzen auf.


  2. Schaut euch den Film mehrmals an und achtet dabei auf die filmischen Mittel (z.B. Kamerastandpunkt, -bewegungen, -höhe, Perspektive, Wahl des Bildausschnitts, Bewegungen sowie Bewegungsrichtungen im Bild, Rhythmus, Schnitt, Licht, Farbe, Ton usw.). Tragt die filmischen Mittel mündlich im Plenum zusammen und überlegt gemeinsam, welche Wirkung (z.B. Spannungsaufbau) diese im Zusammenhang mit dem Gezeigten entfalten.

    Beschreibt in Partner*innenarbeit, wie sich die Wirkung ändern würde, wenn der Kameramann einen anderen Kamerastandpunkt gewählte hätte. Überlegt euch dazu zwei Varianten, die ihr schriftlich festhaltet. Vergleicht die Varianten im Plenum. (Anmerkung: Die Kamera wurde in der Zeit der ersten Filme der Brüder Lumière ausschließlich von Kameramännern bedient. Dagegen war der Filmschnitt im Stummfilmkino, der sich einige Jahre später entwickelte, ein Frauenberuf.)


  3. Diskutiert im Plenum, welche technischen Grenzen dem Filmemachen zu Beginn der Filmgeschichte gesetzt waren. Notiert an der Tafel drei "Spielregeln“ für das Drehen eines Films nach dem Vorbild der Brüder Lumière: Bezieht euch dabei 1. auf die Dauer der Filme, 2. auf die Möglichkeiten der Filmmontage und 3. auf die der Kameraführung.

Tipp: Auf der Internetseite des Institut Lumière könnt ihr euch eine 3D-Animation des "Externer Link: Cinématographe Lumière“ ansehen. Diese Filmkamera war die Erfindung der Firma Lumière, sie diente auch als Filmprojektor und -kopiermaschine.

Aufgabe 2: Vergleich zweier motivähnlicher Einstellungen
"Attelage d’un camion“ (Auguste & Louis Lumière, F 1896)
und "Jeunes Lumières“ (Nathalie Bourgeois, F 1995)

Klasse 5-12

Ein Pferdegespann verlässt den Filmkader. Ein Filmstill aus "Attelage d´´un camion". (© Cinémathèque française)

Ein frei laufendes Pferd auf einer Koppel – Filmstill aus "Jeunes Lumières“. (© Le Cinéma, cent ans de jeunesse and Agat Films et Cie)

  1. Schaut euch den Minutenfilm der "Jeunes Lumières“ (Nathalie Bourgeois, F 1995) an, der Pferde auf einer Koppel zeigt.

Jeunes Lumières - Pferde auf der Koppel

Video

Jeunes Lumières - Pferde auf der Koppel

einminütiger Kurzfilm nach Art der Lumières aus dem Projekt "Cinéma, cent ans de jeunesse" der Cinémathèque française

  1. Schaut euch beide Filme, den der Brüder Lumière und den der Jeunes Lumières, nacheinander an. Überlegt zu zweit, worin Gemeinsamkeiten und Unterschiede bestehen hinsichtlich dessen, was die beiden Filme zeigen und wie sie zeigen.


  2. Vergleicht den gefilmten Raum beider Filme, indem ihr zwei Raumskizzen anfertigt. Faltet dazu ein DIN A4-Blatt im Hochformat in der Mitte; zeichnet in beide Hälften des Blatts (also oberhalb und unterhalb der Faltlinie) jeweils einen rechteckigen Rahmen im Querformat ein. Auf eurem Din A4-Blatt befinden sich jetzt zwei Rahmen übereinander; diese sollen euch als Bildausschnitte für die beiden Raumskizzen dienen.

    Skizziert im oberen Bildausschnitt den Raum aus "Attelage d’un camion“ (F 1896) und im unteren Bildausschnitt den aus "Jeunes Lumière“ (F 1995). Zeichnet räumliche Begrenzungen (Mauern, Gebäude, geometrische Linien im Bild usw.) und Bewegungsrichtungen der Pferde/Menschen/Kutschen ein. Markiert die Position der Filmkamera mit einem Kamerasymbol jeweils am unteren Bildrand. Vergleicht eure Zeichnungen zu zweit und diskutiert eure Ergebnisse.


  3. Beschäftigt euch anhand eurer Raumskizzen mit dem Off des Filmbilds: Überlegt euch zu zweit, welche Rolle bei beiden Filmen das Bild-Off spielt, d.h. der nicht sichtbare Bereich außerhalb des Bildausschnitts.
    Haltet die Ergebnisse eurer Diskussion schriftlich fest, indem ihr sie in eure beiden Raumskizzen einzeichnet und zu beiden Filmen das Verhältnis von Bild-On und Bild-Off schriftlich erläutert. Tragt die Ergebnisse im Plenum zusammen.


  4. Entscheidet, welche der beiden Einstellungen ihr interessanter findet – die der Lumières von 1896 oder die der Jeunes Lumières von 1995. Begründet eure Wahl schriftlich!

Aufgabe 3: Formalästhetischer Vergleich zweier Einstellungen
"Attelage d’un camion“ (Auguste & Louis Lumière, F 1896)
und eine Einstellung aus "Elephant“ (Gus van Sant, USA 2003)

Jahrgangsübergreifend: ab 10. Klasse

Diskussion im Stuhlkreis – Filmstills aus Gus van Sants "Elephant“. (© Studiocanal Arthaus Edition)

  1. Schaut euch den stummen Film "Attelage d’un Camion“ (F 1896) der Brüder Lumière noch einmal an und danach die Einstellung aus dem Film "Elephant“ (USA 2003) von Gus van Sant, in der eine Gruppe Jugendlicher in einem Sitzkreis miteinander diskutiert. Schaltet bei der ersten Sichtung der Einstellung aus "Elephant“ den Ton aus und konzentriert euch auf das Filmbild.

    Notiert, was euch beim vergleichenden Sehen an Gemeinsamkeiten und Unterschieden auffällt. Bezieht die filmischen Räume sowie den Bild-Rhythmus in den Vergleich mit ein. Tragt die Ergebnisse im Plenum zusammen.

    Der Bild-Rhythmus kann durch unterschiedliche künstlerische Mittel gestaltet werden: zum Beispiel durch Bewegungen im Bild, Bewegungen der Kamera, Wechsel von Licht und Farbe, Klang und Musik, Schnitt usw. Mit solchen und ähnlichen Gestaltungsmitteln, die in der Regel miteinander verschränkt sind, werden Bilder rhythmisiert beziehungsweise eine rhythmische Wirkung erzielt.

Ausschnitt aus "Elephant" (Gus van Sant) OV

Video

Ausschnitt aus "Elephant" (Gus van Sant) OV

Szene aus "Elephant" (Gus van Sant): eine Gruppe Jugendlicher diskutiert in einem Sitzkreis miteinander.

  1. Betrachtet die Einstellung aus "Elephant“ noch einmal separat ohne Ton. Beschreibt nun zu zweit, was diese Einstellung zeigt. Bezieht die sichtbaren Figuren sowie den im Bild gezeigten Raum in die Beschreibung ein.


  2. Überlegt zu zweit, was die Einstellung aus "Elephant“ erzählt: Stellt Vermutungen darüber an, in was für einem Kontext diese Situation gedreht ist und worüber die Jugendlichen möglicherweise diskutieren. Erörtert dabei auch, ob es sich um eine Einstellung aus einem Spiel- oder Dokumentarfilm handelt. Berücksichtigt dabei die Kameraführung und begründet eure Annahmen. Erörtert eure Vermutungen im Plenum.


  3. Schaut euch im Plenum die Einstellung aus "Elephant“ mit Ton (im englischen Original) an. (Im Englischunterricht: Versucht die Dialoge herauszuhören!)
    Achtet im Folgenden darauf, wie im Zusammenhang mit dem Ton das Verhältnis zwischen On und Off des Bildes ist: Das heißt, wen hören wir sprechen und wen sehen wir?

    Diskutiert im Plenum, wie Dialoge normalerweise filmisch dargestellt werden und wie Gus van Sant hier von den filmischen Konventionen abweicht. Erläutert, wie sich die Wirkung der Szene verändern würde, wenn Gus van Sant die Externer Link: Plansequenz in mehrere Einstellungen aufgelöst hätte?


  4. In dieser Einstellung wird ein Bild von Schule als demokratischem Ort erzählt – sowohl auf der Ebene, was die Einstellung erzählt und zeigt, als auch auf der Ebene, wie der Regisseur Gus van Sant die Einstellung filmt. Insofern entfaltet diese Einstellung eine starke (bild-)politische Wirkung.

    Analysiert die politische Dimension des Erzählens und Zeigens dieser Einstellung schriftlich, indem ihr die politischen Aspekte (Diskussionsthema der Schüler*innen, Zusammensetzung der Diskussionsgruppe usw.) mit der ästhetischen Gestaltung in eurer Analyse verbindet. Inwiefern lassen sich sowohl die Inhalte der Einstellung (Was wird erzählt und gezeigt?) als auch ihre Art der Darstellung (Wie wird erzählt und gezeigt?) als "demokratisch“ beschreiben? Tragt die Ergebnisse euer (bild-) politischen Analyse wieder ins Plenum.


  5. Informiert euch im Internet über den Film "Elephant“ und diskutiert im Plenum, wie die analysierte Einstellung in den Kontext des gesamten Films passt.

Weitere Inhalte

Stefanie Schlüter ist ausgebildete Gymnasiallehrerin für Philosophie und Deutsch und arbeitet als Filmvermittlerin. Sie ist Mitglied der Gruppe "Arsenal Filmatelier", die Filmreihen für Kinder und Filmworkshops an Schulen anbietet. Zudem publiziert sie zu Experimental- und Künstler/-innen-Filmen.