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Geplante US-Truppenverlegung | Hintergrund aktuell | bpb.de

Geplante US-Truppenverlegung

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Die USA haben angekündigt einen erheblichen Teil ihrer Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland abziehen zu wollen. Warum sind US-Truppen in Deutschland stationiert? Und welche Folgen hat der Abzug vor Ort und für die transatlantischen Beziehungen?

Ein Schild mit dem Schriftzug "U.S. Air Force Spangdahlem Air Base" weist auf den US-Militärflughafen hin. Die US-Regierung plant, die Zahl der permanent in Deutschland stationierten Soldaten auf maximal 25.000 zu verringern. In Spangdahlem ist bisher ein Geschwader mit Kampfflugzeugen des Typs F16 stationiert. (© picture-alliance/dpa, Harald Tittel)

Die Interner Link: Vereinigten Staaten von Amerika wollen ihre Militärpräsenz in Deutschland um rund ein Drittel reduzieren. Die US-Regierung plant dem Pentagon zufolge, die Zahl der in der Bundesrepublik stationierten Soldatinnen und Soldaten auf maximal 25.000 zu verringern. Von den 11.900 Soldatinnen und Soldaten, die abziehen sollen, werden 5600 in andere europäische NATO-Länder verlegt. Rund 6400 Frauen und Männer sollen in die Vereinigten Staaten zurückkehren.

Betroffen von dem Truppenabzug sind den Angaben zufolge das derzeit in Stuttgart ansässige Hauptquartier für Europa (USEUCOM) und womöglich die ebenfalls in Stuttgart ansässige Kommandozentrale für Einsätze in Afrika (USAFRICOM). Auch vom Standort Vilseck in Bayern und aus Spangdahlem in Rheinland-Pfalz sollen Truppen abgezogen beziehungsweise nach Italien verlegt werden – so etwa ein Geschwader mit rund 20 F-16-Kampfjets samt Besatzung, Mechanikerinnen und Mechanikern und Unterstützungskräften.

Das Pentagon hat Ende Juli angekündigt, den Teilabzug "so schnell wie möglich" umzusetzen. Das ist allerdings keineswegs sicher: Sollte die Republikanische Partei die Präsidentschaftswahl im November verlieren, könnte der mögliche Nachfolger Trumps die Entscheidung zumindest in Teilen revidieren. Auch gab es im Kongress zuletzt Pläne, die Truppenverlegungen über das Gesetz zum kommenden Militärhaushalt zu blockieren.

Warum sind US-Truppen in Deutschland stationiert?

Nach dem Interner Link: Zweiten Weltkrieg besetzten die Interner Link: Siegermächte Deutschland und teilten es in vier Besatzungszonen auf. Vor allem aufgrund des sich rasch zuspitzenden Kalten Kriegs beließen US-Amerikaner, Briten und Franzosen auch nach der Gründung der beiden deutschen Staaten große Truppenkontingente in der Bundesrepublik. Die Sowjetunion hatte ebenfalls Soldaten in der DDR stationiert.

Als am 23. Mai 1949 das Interner Link: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland verkündet wurde, erlangte Westdeutschland eine zunächst eingeschränkte Souveränität. Im Interner Link: Besatzungsstatut vom 21. September 1949 sicherten sich die westlichen Siegermächte weitreichende Befugnisse in der Bundesrepublik zu. Fünf Jahre später beendeten die Interner Link: Pariser Verträge vom 23. Oktober 1954 den Besatzungsstatus: Mit dem Inkrafttreten der Verträge im Mai 1955 war die BRD weitgehend souverän. Allerdings besaßen die Alliierten weiter die Möglichkeit, in Notstandssituationen die volle Kontrolle über die Staatsgewalt zu übernehmen und hatten Truppen in Deutschland stationiert.

Seine volle Souveränität erlangte Deutschland mit dem Inkrafttreten des Interner Link: Zwei-plus-Vier-Vertrags am 15. März 1991 zurück. In Interner Link: Artikel 4 legte der Vertrag außerdem den Abzug der sowjetischen Streitkräfte aus dem Gebiet der DDR bis zum Jahr 1994 fest. Der Abzug der NATO-Partner USA, Großbritannien und Frankreich war dagegen im Zwei-plus-Vier-Vertrag nicht vorgesehen.

Strategische Bedeutung der US-Stützpunkte in Deutschland

Die innerdeutsche Grenze trennte bis zum Zusammenbruch des Ostblocks zugleich auch die beiden großen Machtblöcke des Kalten Kriegs. Deutschland galt daher als mögliches Aufmarschgebiet für den Fall eines direkten Krieges zwischen den Bündnispartnern der NATO und des Warschauer Pakts. Während des Kalten Kriegs waren in der Bundesrepublik zeitweise bis zu 250.000 US-Soldaten stationiert. Nach dem Fall der Mauer verkleinerte Washington das Kontingent jedoch deutlich: 2009 gab es in der Bundesrepublik nur noch etwa 72.420 US-Soldatinnen und Soldaten, 2018 verrichteten der Bundesregierung zufolge 33.250 US-Soldatinnen und -Soldaten ihren Dienst in Deutschland. Weltweit hat das Pentagon allerdings in keinem fremden Land außer Japan mehr Soldaten stationiert als hierzulande.

Gaststreitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland (Interner Link: Grafik vergrößern) (© Zentrum für Geoinformationswesen der Bundeswehr)

Auch andere verbündete Länder haben noch immer kleinere Kontingente in der Bundesrepublik stationiert – so gab es 2018 noch mehr als 3.300 britische Soldatinnen und Soldaten in der Bundesrepublik.

Deutschland galt auch nach Ende des Kalten Kriegs als wichtiger Standort für die US-Truppen. Das liegt zum einen an seiner für die USA strategisch günstigen Lage: Sowohl die Südost- als auch die Nordostflanke der NATO sind relativ rasch zu erreichen. Auch für diverse Einsätze in Asien und Afrika – so etwa im Rahmen des Afghanistan-Kriegs, im Irak oder in Somalia – war und ist Deutschland ein wichtiges logistisches Drehkreuz. So flogen die US-Streitkräfte Verwundete in den vergangenen Jahren oft nach Deutschland aus. Aktuell wird auf dem US-Stützpunkt in Ramstein – dem größten US-Stützpunkt außerhalb der USA – ein weiteres Krankenhaus gebaut, um Verwundete aus den US-Militäreinsätzen zu versorgen. Zugleich spielt Ramstein eine zentrale Rolle für die völkerrechtlich hochumstrittenen US-Drohneneinsätze.

Warum sollen die Truppen abgezogen werden?

US-Präsident Donald Trump kritisierte wiederholt, dass Deutschlands Verteidigungsausgaben zu niedrig seien und drohte mit Konsequenzen, wenn Berlin das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel bei den Rüstungsausgaben weiterhin verfehle. Auf dem NATO-Gipfel in Wales im September 2014 hatten sich alle Mitgliedsländer der NATO verpflichtet darauf hinzuwirken, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für die Verteidigung auszugeben. "Deutschland ist säumig", begründete Präsident Trump Ende Juli auf Twitter seinen Beschluss, einen Teil der Truppen abzuziehen. Schon zuvor hatte Trump mehrfach seinen Unmut darüber geäußert, dass US-Soldaten zum Schutz Deutschlands im Land seien, die Bundesrepublik aber nicht für sie zahle.

Der Anteil der Verteidigungsausgaben am BIP war in der Bundesrepublik 2019 zwar gestiegen, liegt mit 1,42 Prozent aber immer noch unter dem Zwei-Prozent-Ziel. Teile der Bundesregierung verweisen jedoch darauf, dass der Anteil der Verteidigungsausgaben an der Wirtschaftsleistung als Kennziffer nur bedingt aussagekräftig sei. Wenn das Bruttoinlandsprodukt zurückgehe, könne man eine höhere Prozentzahl erreichen, "ohne dass es de facto mehr Geld für die Verteidigung gibt", so Bundesverteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer (CDU) im Juli. Tatsächlich prognostizierten Ökonominnen und Ökonomen des Instituts der deutschen Wirtschaft zuletzt, dass die Quote der Verteidigungsausgaben in diesem Jahr auf 1,58 Prozent ansteigen könnte, weil das BIP aufgrund der Corona-Pandemie deutlich geschrumpft ist.

Welche Auswirkungen hat der geplante Abzug für Deutschland?

Jahrzehntelang waren die Bundesrepublik und die USA enge Bündnispartner. Das unter Präsident Trump zunehmend abgekühlte transatlantische Verhältnis könnte durch die Entscheidung zum Abzug der Truppen weiter Schaden nehmen. Kritisiert wird nicht nur der Abzug selbst, sondern auch, dass das US-Staatsoberhaupt die Maßnahme als Bestrafung versteht und die Bundesregierung vor der Bekanntgabe des Schritts nicht in Kenntnis gesetzt wurde.

In den Regionen, die vom Abzug betroffen sind, fürchten Kommunalpolitikerinnen und -politiker ökonomische Konsequenzen. Die US-Soldatinnen und Soldaten sind mancherorts ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Im politischen Berlin fallen die Bewertungen der Truppenverlagerungen unterschiedlich aus. "Wir schätzen die seit Jahrzehnten gewachsene Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften sehr", teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums mit. Der Koordinator für die transatlantische Zusammenarbeit der Bundesregierung, Peter Beyer, nannte die Entscheidung der US-Regierung Ende Juli "bitter für die betroffenen Gemeinden, Landkreise und Bundesländer". Die Verringerung liege "nicht im Sicherheitsinteresse Deutschlands oder der NATO". Teile der Opposition befürworten dagegen den Abzug. Die LINKEN-Bundestagsabgeordnete Sevim Dagdelen forderte etwa, auch die verbleibenden US-Soldaten abzuziehen.

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