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Rat der Europäischen Union

Olaf Leiße

/ 3 Minuten zu lesen

Viele Räte, wechselnder Vorsitz, filigrane Kompromisse: Der Rat der Europäischen Union ist wo Europa konkret ausgehandelt wird – zwischen nationalen Interessen und europäischer Lösung.

Der niederländische Außenminister Caspar Veldkamp (links) und der belgische Minister für Auswärtige Angelegenheiten Maxime Prevot (rechts) im Gespräch beim Rat der Außenminister. (© picture alliance / ANP | JONAS ROOSENS)

Beim Rat der Europäischen Union handelt es sich um ein System von mittlerweile zehn unterschiedlichen Räten und deren Verwaltung. Während imInterner Link: Europäischen Rat die politischen Spitzen der Mitgliedstaaten sitzen, bestehen die Räte aus den Fachministern der Mitgliedstaaten. So gibt es beispielsweise einen Rat für Wirtschaft und Finanzen, Justiz und Inneres, Beschäftigung, Verkehr und Umwelt. Der Rat der Außenminister tagt in zwei verschiedenen Formationen: Zum einen als Rat für Auswärtige Angelegenheiten, bei dem der Hohe Vertreter für die Außen- und Sicherheitspolitik den Vorsitz führt, zum anderen als Rat für allgemeine Angelegenheiten, der zusammen mit dem Europäischen Parlament die Gesetze in der EU bestimmt.

Rund einmal im Monat treffen sich die aus den Mitgliedstaaten angereisten Fachminister, um über Gesetzesvorschläge zu beraten, den Haushaltsplan festzulegen, die Wirtschaftspolitik zu koordinieren oder über die Außen- und Sicherheitspolitik abzustimmen. Die Ratsformationen tagen getrennt voneinander, so dass bei insgesamt rund 80 Sitzungen pro Jahr wöchentlich ein oder zwei Ministerrunden aus den Mitgliedstaaten in Brüssel zusammentreffen. Auf diese Weise wird ein dichtes Netz aus politischen Akteuren geschaffen, die sich untereinander gut kennen und in unzähligen Verhandlungsrunden und Konsultationen politische Ideen kreieren und diskutieren.

Deutsche Beteiligung im RatWelcher Minister nimmt an welcher Ratsformation teil?

Normalerweise vertreten die jeweiligen Bundesministerinnen oder Bundesminister Deutschland im Rat der Europäischen Union. Des Öfteren lassen sie sich aber auch durch ihre Staatssekretäre vertreten.

  • Allgemeine Angelegenheiten (GAC): Auswärtiges Amt (i. d. R. Europastaatsminister; bei Querschnitt/Koordination auch Bundeskanzleramt)

  • Auswärtige Angelegenheiten (FAC): Auswärtiges Amt; Unterformate: Handel: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie; Verteidigung: Bundesministerium der Verteidigung; Entwicklung: Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

  • Wirtschaft & Finanzen (ECOFIN): Bundesministerium der Finanzen

  • Justiz & Inneres (JHA): Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (Justizthemen) / Bundesministerium des Innern (Inneres, Migration, Schengen)

  • Beschäftigung, Soziales, Gesundheit, Verbraucherschutz (EPSCO): Bundesministerium für Arbeit und Soziales (Beschäftigung/Soziales) / Bundesministerium für Gesundheit (Gesundheit) / Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Verbraucherschutz, je nach Dossier)

  • Wettbewerbsfähigkeit (COMPET): Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Binnenmarkt/Industrie, teils Raumfahrt) / Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (Forschung/Innovation)

  • Verkehr, Telekommunikation & Energie (TTE): Bundesministerium für Verkehr (Verkehr/Telekommunikation) / Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Energie)

  • Landwirtschaft & Fischerei (AGRIFISH): Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat

  • Umwelt (ENVI): Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit

  • Bildung, Jugend, Kultur & Sport (EYCS): je nach Materie: Bildung: oft Länder/KMK (EUZBLG – Länderzuständigkeit); Kultur/Medien: Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien; Jugend: Bundesministerium für Bildung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend; Sport: Bundesministerium des Innern

Bei Länderzuständigkeiten (z. B. Schule/Bildung) können gemäß EUZBLG ausnahmsweise Landesminister Deutschland im Rat vertreten.

Die ressortübergreifende Abstimmung läuft über das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, strittige Punkte werden im Staatssekretärsausschuss für Europafragen besprochen.

Entscheidung mit doppelter Mehrheit

Das Abstimmungsverfahren im Rat war Gegenstand langjähriger, äußerst zäher Verhandlungen der Mitgliedstaaten. Dahinter steckte die Sorge, bei Mehrheitsabstimmungen übervorteilt zu werden oder womöglich dauerhaft in eine Minderheitenposition zu gelangen. Diese Sorge war besonders groß, da auch Staaten, die bei einer Abstimmung unterliegen, die beschlossenen Gesetze umsetzen müssen. Seit dem Interner Link: Vertrag von Lissabon hat jedes Land unabhängig von seiner Größe eine Stimme. Als Abstimmungsregel wurde die doppelte Mehrheit eingeführt, die besagt, dass für einen Beschluss eine Mehrheit von 55% der Mitgliedstaaten benötigt wird, die 65% der Bevölkerung der EU repräsentieren. Auf diese Weise werden die Interessen von großen und kleinen Staaten in ein Gleichgewicht gebracht und Mehrheiten auf eine breite Grundlage gestellt.

Wechselnder Ratsvorsitz und Trio-Präsidentschaft

Der Vorsitz im Rat wechselt alle sechs Monate zwischen den Mitgliedstaaten, sodass jeder Staat die Leitung für ein halbes Jahr übernimmt. Die drei aufeinanderfolgende Ratsvorsitze arbeiten in einer sogenannten Trio-Präsidentschaft zusammen. Mit einem gemeinsamen Achtzehnmonatsprogramm sorgen sie für Stabilität über einzelne Präsidentschaften hinweg. Jeder Ratsvorsitz ist auch im Internet mit einer eigenen Webseite präsent. Dort sind alle Dokumente, das immense Arbeitsprogramm und der Zeitplan der jeweiligen Präsidentschaft zu finden.

Der Mitgliedstaat, der den Ratsvorsitz innehat, leitet auch alle übrigen Formationen des Rates. Unterhalb der Räte der Fachminister befindet sich der Interner Link: Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV oder auch COREPER). Die Ständigen Vertreter sind Mitarbeiter der nationalen Außenministerien im Rang eines Botschafters und leiten die Ständigen Vertretungen der Mitgliedstaaten in Brüssel.

Ausschüsse und Arbeitsgruppen

Der Ausschuss der Ständigen Vertreter bereitet die Sitzungen des Rates vor und sucht Kompromisslinien. Unstrittige Themen können dann bei den Treffen der Fachminister nur kurz abgehandelt werden. Die Ständigen Vertreter handeln in einem Spannungsfeld zwischen der Durchsetzung nationaler Interessen und dem Interesse an einer europäischen Lösung. Sie sind Vertreter der Mitgliedstaaten in Brüssel und gleichzeitig eingebunden in die europäische Politikgestaltung. Neben dem Ausschuss der Ständigen Vertreter gibt es noch weitere Ausschüsse, die den Fachministern zuarbeiten, sowie unzählige Arbeitsgruppen.

Das System der Räte ist unübersichtlich und oft schwer zu verstehen. Ihre Arbeit erfolgt häufig verborgen, um die Kompromissfindung zu erleichtern. Dass ihre Arbeit nicht immer offen sichtbar ist, träft dazu bei, dass die EU manchmal als undemokratisch kritisiert wird. Andererseits schaffen sie ein enges Netzwerk aus unterschiedlichen Akteuren, die in der alltäglichen schwierigen Arbeit der Konsensfindung die europäische Integration vorantreiben.

LinklisteLinks zu offiziellen Seiten der Europäischen Union

Externer Link: Europäische Union – Offizielle Website – Überblick über die EU, ihre Institutionen und aktuelle Themen
Externer Link: Europäische Kommission – Informationen zu politischen Strategien, Initiativen und Gesetzgebung
Externer Link: Europäisches Parlament – Informationen zu Abgeordneten, Debatten und Gesetzgebungsprozessen
Externer Link: Rat der Europäischen Union – Beschlüsse und Arbeit des Ministerrats
Externer Link: Europäischer Gerichtshof (EuGH) – Urteile und Rechtsprechung in der EU
Externer Link: Europäischer Bürgerbeauftragter (Ombudsman) – Beschwerden über Fehlverhalten von EU-Behörden

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Apl. Prof. Dr. Olaf Leiße ist Leiter des Arbeitsbereichs Europäische Studien am Institut für Politikwissenschaft der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Er ist außerplanmäßiger Professor für Europäische Studien und Autor zahlreicher Bücher über die Europäische Union.