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Europäische Wirtschaftspolitik als Balance-Akt zwischen den Interessen der Mitgliedsstaaten

Tom Gebhardt

/ 11 Minuten zu lesen

Große Krisen haben zuletzt zu einer engeren Koordinierung in der Wirtschaftspolitik geführt. Beim Blick in Europas Presse zeigen sich jedoch die verschiedenen Interessen der einzelnen EU-Staaten.

20.03.2024: Polnische Landwirte demonstrieren in Krakau (Polen) gegen den "Green Deal" und den Import ukrainischer Agrarprodukte. (© picture-alliance, Anadolu)

In der europäischen Wirtschaftspolitik steckt ein Widerspruch: Denn obwohl der Prozess der europäischen Einigung von Anfang an auch ein ökonomisches Projekt war, haben die EU-Institutionen nur begrenzte Instrumente bei der Gestaltung einer gemeinsamen Wirtschaftspolitik. Einerseits kann man den gemeinsamen Binnenmarkt, in dem sich Arbeiter frei bewegen, Unternehmen frei niederlassen, und Kapital und Dienstleistungen die nationalen Grenzen passieren können, – mit den Externer Link: Worten des Europawissenschaftlers Peter Becker – als „Kern des europäischen Integrationsprozesses“ verstehen. Andererseits ist die EU zwar für die Zollunion und die Wettbewerbsregeln im Binnenmarkt (EU-Kommission) sowie für die gemeinsame Währungspolitik für die Euro-Zone (EZB) zuständig, aber die Wirtschaftspolitik im engeren Sinne bleibt gemäß der Externer Link: gültigen Verträge auf die „enge Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten“ beschränkt.

Während der zurückliegenden Legislaturperiode des EU-Parlaments wurde die Notwendigkeit dieser engen Koordinierung durch große Krisen deutlich – insbesondere den Externer Link: Klimanotstand, die Externer Link: Corona-Pandemie, die Externer Link: steigende Inflation, Externer Link: Russlands Totalangriff auf die Ukraine und den daraus resultierenden Externer Link: Energienotstand. Gleichzeitig zeigen Debatten über die gemeinsame Agrarpolitik der EU, den Umgang mit dem Import von Agrarprodukten aus der Ukraine, die Zinspolitik in der Euro-Zone oder die unterschiedlichen Ansätze beim Lösen der Externer Link: Energiekrise immer wieder, wie verschieden die Interessen der einzelnen EU-Staaten sind. Dabei werden – vor allem durch Externer Link: rechtspopulistische und europaskeptische Parteien – wiederholt Rufe nach mehr Souveränität nationaler Wirtschaftspolitik laut. Das Ergebnis der EU-Wahlen, das daraus resultierende neue EU-Parlament und die anschließend gebildete neue EU-Kommission werden entscheidenden Einfluss darauf haben, in welche Richtung sich Ausmaß und Ausrichtung der Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik entwickeln.

Wie kann die EU wettbewerbsfähiger werden?

Momente, in denen die großen Medien der EU-Mitgliedsstaaten gleichzeitig über die Wirtschaftspolitik der EU diskutieren, sind rar. Einer dieser seltenen Anlässe war im April 2024 die Debatte über die Externer Link: Vorschläge des italienischen Ex-Premiers Enrico Letta. Grundtenor: Um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu steigern, solle der Binnenmarkt auf die bislang ausgenommenen Bereiche Energie, Telekommunikation und Finanzen ausgeweitet werden und Brüssel müsse die Möglichkeit eingeräumt werden, direkte Beihilfen an Unternehmen zu zahlen. Auf konkrete Maßnahmen in diese Richtung müsse man sich nach der EU-Wahl einigen. Dass dies aber nicht leicht sein wird, zeigt ein Blick in die Externer Link: Kommentarspalten der europäischen Presse.

Wenig Chancen für höhere öffentliche Ausgaben für eine europäische Industriepolitik sieht die Externer Link: Süddeutsche Zeitung: „Die Kosten dafür müssten 'kollektiv getragen werden'. Die Frage ist nur: Wie soll das bitte funktionieren? Ausgerechnet in Frankreich, wo seit jeher am lautesten nach Subventionen für die Industrie gerufen wird, gibt es kaum finanziellen Spielraum. Präsident Emmanuel Macron treibt die Schulden in gefährliche Höhen.“ Ein aus dem Süden geforderter gemeinsamer Kapitalmarkt stößt auf die Kritik aus dem Norden, stellt die italienische Externer Link: Avvenire fest: „Man bräuchte öffentliche Gelder, und zwar jede Menge, aber in dieser Frage sind die 27 Mitgliedstaaten besonders uneins – vor allem wenn es um Eurobonds geht, die von den 'Falken' im Norden abgelehnt werden. In der Zwischenzeit muss man also auf private Investitionen setzen. Das Problem ist, dass die Zersplitterung der europäischen Kapitalmärkte, die in 27 Vorschriften untergliedert sind, eine starke Bremse darstellt.“ Auch im belgischen Externer Link: Le Soir sieht man Hürden für eine Einigung: „Die Ziele der deutschen Industrie sind nicht die gleichen wie die ihrer französischen Nachbarn.“

Andere Zeitungen verweisen darauf, dass die Not Europa zusammenschweißen wird. In der niederländischen Externer Link: De Volkskrant klingt das so: „Die zunehmende geopolitische Rivalität wird die EU früher oder später zum Handeln zwingen. Europa muss sich verteidigen gegen die Konkurrenz aus China, die Produkte mit Staatssubventionen auf den europäischen Markt schmeißt. Es wird auch eine Antwort finden müssen auf die Dynamik der USA, die durch eine einfache Steuersenkung Milliarden an Klimasubventionen verteilt. ... Die EU ist eine Union von souveränen Staaten, in der erst unter dem Druck großer Krisen Veränderungen zustande kommen.“ Externer Link: Corriere della Sera betrachtet die Entwicklung im Zeitraffer: „In der neuen globalen Welt ging die Macht der 'alten Politik' – einst Staaten und ihren Parlamenten vorbehalten – allmählich auf andere und neue Akteure über. Auf den 'internationalen Finanzmarkt'. ... Oder auf 'Netzgiganten', die in postmoderner Form heute das tun, was die alten Staaten ursprünglich taten: Damals bauten sie Straßen, garantierten Freiheit, prägten Geld. Heute scheinen dies Datenhighways, telematische Agoras und virtuelle Währungen zu sein. Wenn die Realität heute auf Gedeih und Verderb global ist, können Politik und Demokratie nicht lokal bleiben. Gerade deshalb kann Europa, die Heimat der modernen Demokratie, heute das Experimentierfeld für die Rückkehr von Politik und Demokratie sein.“

Streit über Agrarpolitik und Zollfreiheit

Beispiele dafür, wie leicht die Einsicht in die Notwendigkeit gemeinsamer Wirtschaftspolitik an die Grenzen nationaler Interessengegensätze stößt, gibt es hingegen viele. Sogar der europäische Binnenmarkt wird dabei mitunter infrage gestellt, wie der jüngste Externer Link: Streit um den Import ukrainischer Agrarprodukte zeigt. Um der ukrainischen Wirtschaft zu helfen, deren Exporte durch die Externer Link: russische Blockade ukrainischer Häfen stark eingeschränkt waren, wurden Zollbestimmungen bei der Einfuhr ukrainischer Agrarprodukte in die EU vereinfacht. Mehrere Nachbarländer wollten nur den Transit durch ihr Territorium erlauben, nicht aber den Verkauf im eigenen Land. Als eine entsprechende Schutzregelung von Brüssel nicht verlängert wurde, kam es zu Protesten der Landwirte, die zwischenzeitlich auch die Grenzübergänge blockierten. Polen, Ungarn, die Slowakei und Bulgarien führten teilweise EU-Recht brechende Externer Link: Importstopps für ukrainische Agrarprodukte ein. Erst nach heftigem Streit einigte man sich auf einen Externer Link: Kompromiss, der sowohl der Ukraine den Export ermöglicht als auch europäische Landwirte vor massiven Billigimporten schützen soll.“

Mit dem Blick aus London analysiert Externer Link: The Spectator, dass Brüssel zu wenig Verständnis für die EU-Mitglieder im Osten hat: „Das unterstreicht Brüssels langjähriges Versagen, Osteuropa zu verstehen. Die EU hat nicht begriffen, dass die relativ effiziente Landwirtschaft dort – anders als in weiten Teilen des Westens – ein wichtiger Wirtschaftszweig ist, der unterstützt werden muss.“ Die finnische Tageszeitung Externer Link: Iltalehti malt sich aus, wie groß die Streitigkeiten in Zukunft werden könnten: „Sollte die Ukraine Mitglied der EU werden, wäre dies eine kalte Dusche für alle EU-Staaten mit ausgeprägter Landwirtschaft.“ Die polnische Zeitung Externer Link: Rzeczpospolita kommentiert entsprechend: „Polen muss sich auf die Kosten vorbereiten, die mit dem Beitritt seines östlichen Nachbarn zur EU verbunden sind.“ Auch die slowenische Externer Link: Delo kommentiert: „Die Getreideprobleme deuten darauf hin, was bei und nach einem Beitritt der Ukraine passieren könnte.“ Externer Link: Adevărul aus Rumänien verlangt mehr Verständnis für die Regierungen in Warschau und Budapest: „Polen und Ungarn hatten mehrfach gewarnt, dass es zu einer Krise von nationaler Bedeutung kommen könnte.“

Aber die Agrarpolitik ist nicht nur in Bezug auf die Ukraine ein explosives Streitthema, das die EU auch nach den Wahlen beschäftigen wird, wie die Externer Link: Debatte über die Massenproteste der Landwirte in verschiedenen europäischen Ländern zeigt. Externer Link: Ouest-France sieht die Protestwelle als „gefundenes Fressen für alle euroskeptischen Bewegungen, die schnell bereit sind, die nationale Präferenz zu ihrem Steckenpferd bei den Europawahlen zu machen“. Dass es sich bei den Protesten um keine einheitliche Front handelt, betont das bulgarische Portal Externer Link: News: „Die Erfüllung der Forderungen der Landwirte in einem Land benachteiligt automatisch Kollegen in anderen Ländern.“ Für die ungarische Externer Link: Magyar Hírlap sind „die Landwirte in der EU – vor allem in Westeuropa – aufgrund der massiven Subventionen bequem geworden“. Sie seien „die Begünstigten eines überholten Subventionssystems.“ Externer Link: Die Presse aus Österreich ärgert sich über die negativen Folgen der Bauerproteste, nachdem die Verhandlungen der EU-Kommission über das Mercosur-Freihandelsabkommen auf Eis gelegt worden waren: „Europas Politiker opfern den Wohlstand der vielen und Stummen der Agitprop der wenigen und Lauten.“ Und dass wichtige Entscheidungen bei dem brenzligen Thema zu lange rausgezögert werden, befürchtet Externer Link: De Morgen aus Belgien: „Die heiße Kartoffel wird verschoben bis nach der Europawahl. Ein riskanter Zug. ... Der Unterschied zwischen großen Agrar-Konzernen, die das meiste Geld der Subventionen einstecken, und kleinen Bauern bleibt groß. Die EU sollte diese Kluft lieber schnell überbrücken, denn auf einen Bauernkrieg kann Europa bei all den anderen Krisen gut verzichten.“

Regulierung von Künstlicher Intelligenz

Während die EU bei der Regulierung des ältesten Produktionszweigs also auch in Zukunft mit alten Problemen zu kämpfen hat, sieht das Externer Link: Fazit der Kommentatoren beim Meistern neuer Herausforderungen mitunter besser aus. Im März 2024 stimmte das EU-Parlament der mit den EU-Staaten ausgehandelten Fassung des Externer Link: AI-Act zur Regulierung Künstlicher Intelligenz (KI, oder Englisch AI) zu. Externer Link: La Stampa lobt: „Im technologischen Rennen haben zwar die USA klar und noch vor China die Nase vorn. Aber die Regeln sind wichtig, und Europa hat auf diesem Gebiet gewonnen. Denn mit diesen Regeln müssen sich alle auseinandersetzen, die jetzt künstliche Intelligenz in der Welt entwickeln: Die 27 Länder der Union sind ein zu großer Markt, um ignoriert zu werden, wie wir mit der europäischen Datenschutzverordnung gesehen haben, die zum Bezugspunkt für alle geworden ist.“

Auch Externer Link: La Libre Belgique jubelt: „Dieser Rechtsrahmen kann Europa helfen, sich wieder als bedeutender Akteur auf der wirtschaftlichen Weltbühne zu etablieren.“ Schon bei der Externer Link: Vorbereitung des AI-Acts merkt die slowenische Externer Link: Delo jedoch an: „In der Internet-Branche hat die EU den Zug bereits verpasst, denn dort herrschen Unternehmen aus den USA und immer stärker aus China. Auch im KI-Bereich verläuft der Hauptkampf zwischen diesen beiden, die EU spielt nur in ihrem Schatten mit.“ Und die polnische Externer Link: Rzeczpospolita fürchtet, „dass es Europa schwerfallen wird, seinen Drang, alles zu regeln, unter Kontrolle zu halten. Und die Folgen einer Überregulierung könnten für die Wirtschaft katastrophal sein, die durch künstliche Intelligenz auf eine ganz neue Ebene gehoben werden soll.“

Zwei Säulen und langsame Annäherung bei der Steuerpolitik Der jüngste Externer Link: Annual Report on Taxation der EU-Kommission beschäftigt sich in Kapitel 3.5 mit der Thematik, dass die Steuersysteme der einzelnen EU-Staaten zueinander in Konkurrenz stehen: „Steuern spielen eine wichtige Rolle bei Investitionsentscheidungen, und die Mitgliedsstaaten können die Steuerkonkurrenz über verschiedene Arten nutzen, um Unternehmen anzulocken. Das kann zu Steuer-Komplexität und (durch Steuerausnahmen, reduzierte Steuersätze oder sich auf andere negativ auswirkende Investitionsanreize) zu übermäßiger/störender Steuer-Konkurrenz oder unzulässigen Staatshilfen führen.“

Um diese Steuerkonkurrenz zu regulieren, verfolgt die EU – nach einem G20-Beschluss, der unter der Federführung der OECD umgesetzt wird – eine Externer Link: Zwei-Säulen-Politik. Erstens sollen Unternehmen ihre Gewinne nicht mehr im Land des offiziellen Firmensitzes versteuern, sondern dort, wo sie erwirtschaftet werden. Zweitens will man einen globalen Mindest-Umsatzsteuersatz von zunächst 15 Prozent durchsetzen. Irland, das in den vergangenen Jahren durch Externer Link: niedrige Unternehmenssteuern große US-Konzerne für ihre Niederlassung in Europa angelockt hatte, hält sich seit Beginn 2024 an diesen Steuersatz. Die Externer Link: Neue Zürcher Zeitung bemerkt dazu: „Dass dies die Konzerne sofort in die Flucht schlägt, ist zwar unwahrscheinlich. Aber es macht den Standort Irland weniger attraktiv.“

Gleichzeitig steht die EU vor der Herausforderung, die Steuergesetze der einzelnen Mitglieder anzugleichen, um es international agierenden Unternehmen zu erleichtern, in der EU tätig zu werden, wie es 2023 im Externer Link: Steuerbericht der EU-Kommission heißt: „Das Thema Körperschaftssteuer kann in der EU sehr komplex und schwierig werden, wenn Unternehmen in mehr als einem Mitgliedstaat tätig sind. Die EU hat einen stark integrierten Binnenmarkt, aber die Unternehmen müssen immer noch mit 27 verschiedenen nationalen Körperschaftssteuersystemen und zahlreichen bilateralen Steuerabkommen fertig werden. Das schafft unnötige Komplexität.“

Die Regeln sind nicht nur komplex, sondern werden oft nicht ausreichend kontrolliert. Als im sogenannten Externer Link: Cyprus-Confidential-Skandal bekannt wird, dass russische Oligarchen Zypern als Hintertür nutzen, um trotz Sanktionen ihre Vermögen verschleiern und vermehren zu können, stellt Externer Link: Der Standard fest, dass die Dimension des Problems noch viel größer ist: „Möglich ist das, weil Zypern ein EU-Staat mit allen Rechten eines Mitglieds ist, der sich allerdings nicht an alle Regeln hält. Es begeht keine offenen Rechtsbrüche, sondern schaut bei fragwürdigen Geschäften bloß weg.“ Die an den Recherchen zum Skandal beteiligte Zeitung führt aus, dass Zypern und andere EU-Mitglieder mit niedrigen Steuersätzen dabei den Umstand ausnutzen, dass „die EU dem Kapital einen grenzenlosen Markt bietet, aber keine einheitliche Regulierung durchsetzen kann“. Das Einstimmigkeitsprinzip bei Steuergesetzen „öffnet Trittbrettfahrern Tür und Tor, zu denen neben Zypern auch reichere Mitgliedsstaaten wie Irland, die Niederlande oder Luxemburg zählen. Wer Steuern vermeiden oder Besitz verschleiern will, gründet einfach anderswo eine Briefkastenfirma und nutzt dann die Freiheiten des Binnenmarktes.“ In Bezug auf die Ergebnisse des von der EU finanzierten Externer Link: Jahresreports 2024 zu internationaler Steuerhinterziehung kommentiert die spanische Zeitung Externer Link: El País bissig: „Es bleibt noch viel zu tun, insbesondere innerhalb der EU. Es ist paradox, dass gerade die Niederlande, einer der strengsten Staaten in Sachen Haushaltsdisziplin, einer der Orte sind, wo Milliarden Steuer-Euro seiner Partner verschwinden.“

Währungsunion: Wie attraktiv ist der Euro?

In Externer Link: 20 der 27 EU-Staaten ist inzwischen der Euro eingeführt. Externer Link: Kroatien wurde Anfang 2023 als jüngstes Mitglied in den Euro-Raum aufgenommen. Für Bulgarien, Polen, Rumänien, Schweden, Tschechien und Ungarn steht die Euro-Einführung noch aus und ist grundsätzlich verpflichtend. Allein für Dänemark gilt eine Nichtbeteiligungs- oder sogenannte „Opt-out-Klausel“. Über das Externer Link: Eurobarometer führt die EU-Kommission jährlich Umfragen unter den EU-Bürgern durch, deren Länder den Euro noch nicht eingeführt haben. Im Durchschnitt – so der Externer Link: jüngste Bericht vom Frühjahr 2023 – wünschten sich die meisten von ihnen (58 Prozent) den Euro als Währung. Allerdings sind die Einstellungen von Land zu Land sehr unterschiedlich. Während sich in Ungarn 72 Prozent und Rumänien 71 Prozent der Befragten dafür aussprachen, halten sich in Bulgarien Befürworter und Gegner die Waage. In Polen gibt es der Umfrage zufolge zwar eine Mehrheit (55 Prozent) für die Einführung, diese Zahl nahm aber im Vergleich zum Vorjahr um 5 Prozentpunkte ab. In Schweden ist der Trend umgekehrt: Die Zahl der Befürworter (2023: 54 Prozent) stieg im Vergleich zum Vorjahr um neun Punkte an.

Die Tschechen bleiben skeptisch, die Mehrheit (54 Prozent) ist gegen die Einführung. Externer Link: Die nationale Presse debattiert im Januar 2024. Die Vorteile zählt Externer Link: Seznam Zprávy auf: „Nach der Einführung der Gemeinschaftswährung müssten Familien nicht bei jeder Reise ins Ausland Geld wechseln und dafür Gebühren zahlen. Kleinere und mittlere Unternehmen hätten leichteren Zugang zu Krediten in Euro, die längst zu deutlich günstigeren Zinsen angeboten werden als Kredite in tschechischen Kronen.“ Externer Link: Reflex hingegen sieht die Nachteile und hält die aus dem Jahr 2004 stammende Verpflichtung Tschechiens zur Einführung des Euro für obsolet: „2004 durfte beispielsweise die Staatsverschuldung der Mitgliedsländer 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht überschreiten, was mittlerweile von praktisch allen wichtigen Mitgliedern der Eurozone getan wird. ... Gleichzeitig war es den Regierungen strikt verboten, untereinander Kredite aufzunehmen, um Haushaltsprobleme zu lösen. Dies fiel mit der griechischen Schuldenkrise und ist nun durch die EZB faktisch zur Betriebsnorm geworden. Die Schulden der südlichen Länder werden dauerhaft durch die gemeinsame Geldpolitik subventioniert.“

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ist euro|topics-Redakteur.