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Glossar | Ravensbrück – Überlebende erzählen | bpb.de

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Glossar K – R

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Im Rahmen des Dossiers "Ravensbrück – Überlebende erzählen" finden Sie hier ein Glossar.

Kommandantur

Sitz der Lagerleitung von Ravensbrück. Das zweistöckige Steingebäude wurde 1940 in unmittelbarer Nähe zum Lagergelände errichtet. Hier befanden sich neben der Politischen Abteilung, der Abteilung "Lagerarzt" mit dem Krankenrevier für SS-Angehörige, der Postzensurstelle und einer Apotheke im Keller, im ersten Stockwerk die Büros des Schutzhaftlagerführers und seines Adjutanten sowie der Verwaltung.

Kolonnenführerin

Siehe Anweiserin.

Krätze (Skabies)

Eine der typischen Lagerkrankheiten. Es handelt sich um eine ansteckende Hautkrankheit, die durch Milben hervorgerufen wird. Die Weibchen bohren Gänge in die oberen Hautschichten und legen dort ihre Eier ab, bevorzugt an Gelenken und in Hautfalten. Meist siedeln sich die Milben zwischen den Fingern, an Hand- und Fußgelenken, Achselfalten, Ellenbeuge und im Anal- und Genitalbereich an. Es kommt zu kleinen geröteten Knötchen auf der Haut und zu starkem Juckreiz, der sich durch Wärme noch verstärkt.

Krankenrevier

Auch Revier, Häftlingskrankenbau oder Krankenbau. Im Krankenrevier wurden Häftlingsfrauen als Ärztinnen und Pflegerinnen eingesetzt, dort waren aber auch SS-Ärztinnen und -Ärzte beschäftigt. Die im Revier herrschenden Zustände waren, was die Hygiene und die ärztliche Versorgung anbelangte, nicht mit einem Krankenhaus zu vergleichen, und nur im äußersten Notfall meldeten sich Häftlingsfrauen dort krank. Die Häftlingsärztinnen bemühten sich ihnen trotz der beschränkten Mittel an Medikamenten, Verbandsmaterial und anderen notwendigen Geräten zu helfen, so gut sie konnten. Das Revier galt dennoch weniger als ein Ort, in dem Frauen gesund werden konnten, vielmehr war es ein Ort des Sterbens und Tötens, der Selektionen und medizinischen Experimente.

Krematorium

Das Krematorium gehörte zu den "Sondereinrichtungen" in Ravensbrück und lag außerhalb des Lagergeländes. Im April 1943 wurde das Krematorium mit zwei Verbrennungsöfen in Betrieb genommen. Zuvor wurden die Leichen der gestorbenen und ermordeten Häftlingsfrauen im städtischen Krematorium von Fürstenberg verbrannt. Im Oktober 1944 musste das Krematorium im Lager erweitert werden, da die Kapazitäten der vorhandenen Verbrennungsöfen, die Tag und Nacht brannten, erschöpft waren und nicht mehr alle Leichen eingeäschert werden konnten.

Lagerälteste

Funktionshäftling. Diese von der SS eingesetzte Häftlingsfrau war als Vertreterin des Lagers gegenüber der SS verantwortlich.

Lagerführer

Siehe Schutzhaftlagerführer.

Lagergefängnis

Siehe Zellenbau.

Lagerpolizei

Aus Häftlingsfrauen bestehender Aufsichtsdienst, der im Sommer 1942. in Ravensbrück eingerichtet wurde. Die Aufgaben der Lagerpolizei waren die Wahrung der äußeren Ordnung und Disziplin im Lager.

Lichtenburg

Konzentrationslager in einem Schloss aus dem 16. Jahrhundert, in Prettin bei Torgau gelegen, das seit 1812 als Zuchthaus genutzt wurde. Von August 193 3 bis Juli 1937 stand es unter SS-Gewalt als Konzentrationslager für Männer, danach waren dort nur noch weibliche Gefangene inhaftiert. Politische Gefangene gehörten hier zur Minderheit, zu den größeren Gruppen zählten die Zeuginnen Jehovas sowie "asoziale" und "kriminelle" Häftlingsfrauen. Wegen Überfüllung mit über eintausendvierhundert Frauen kam es im Mai 1939 zur Überführung aller Gefangenen in das neu errichtete Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück.

Männerlager

Das Männerlager im Konzentrationslager Ravensbrück existierte von 1941 bis 1945. Im Laufe dieser Jahre waren dort etwa zwanzigtausend Häftlinge interniert, die vorwiegend bei Bauarbeiten für das Konzentrationslager eingesetzt wurden.

Mischling

Seit der Verabschiedung der Reichsbürgergesetze 1935 unterschieden die Nationalsozialisten Menschen jüdischer Herkunft nach "Mischlingen ersten Grades" ("Halbjuden"), die zwei jüdische Großelternteile hatten, und "Mischlingen zweiten Grades" ("Vierteljuden") mit einem jüdischen Großelternteil. Abgesehen von Einschränkungen in der Berufswahl wurden "Mischlinge zweiten Grades" wie "Arier" behandelt und sollten grundsätzlich in die deutsche Nation integriert werden, während "Mischlinge ersten Grades" mit Juden ("Volljuden") gleichgesetzt wurden.

Neuzugang

Anderer Begriff für neu im Lager angekommene Frauen, die als Häftlinge aufgenommen wurden.

NN-Häftlinge

Nacht- und Nebel-Häftlinge. Personen, die im Rahmen des "Nacht- und Nebel-Erlasses" von Dezember 1941 aus den von den Deutschen besetzten westeuropäischen Ländern in Konzentrationslager deportiert wurden, weil sie gegen die Nationalsozialisten Widerstand geleistet hatten oder auch nur im Verdacht standen, dieses getan zu haben. Sie sollten einfach "vom Erdboden verschwinden", ihre Angehörigen sollten dadurch von Widerstandshandlungen abgeschreckt werden.

Organisieren

Organisieren war der in der Lagersprache übliche Begriff für eine überlebensnotwendige Handlung. Er bezeichnete das Aneignen von Gütern bzw. Eigentum der SS, das sie ihren Opfern gestohlen hatte. Organisieren galt daher nicht als Diebstahl, im Gegensatz zum Aneignen von Besitz einer Mitgefangenen, wie z. B. deren Brotration oder Schuhe.

Phenol

Tödliches Gift, das mit Spritzen in das Herz von Häftlingsfrauen injiziert wurde.

Politische Abteilung

Vertretung der Gestapo im Konzentrationslager, die teilweise unabhängig von der Lagerführung war, was häufig zu Spannung zwischen Lagerleitung und Politischer Abteilung führte. Einlieferungen und Entlassungen von Häftlingen sowie der gesamte Aktenverkehr von und zur Gestapo außerhalb des Lagers liefen über die Politische Abteilung. Hier wurden Häftlingsfrauen auch verhört und gefoltert.

Politische (Häftlinge)

Frauen, die aufgrund ihres politischen Widerstandes gegen die Nationalsozialisten oder die deutschen Besatzer ihres Landes inhaftiert waren. Nach 1933 wurden in Deutschland zuerst Frauen verhaftet, die sich politisch den Nationalsozialisten entgegenstellten wie sozialdemokratische, linkssoziale, kommunistische und liberale Abgeordnete des Reichstags, der Landtage und der Gemeinderäte. Auch weibliche Angehörige nicht mehr greifbarer politisch aktiver Männer wurden in Haft genommen. Als Häftlingsfrauen in Ravensbrück hatten die so genannten deutschen Politischen daher häufig schon jahrelange Haft in verschiedenen Gefängnissen und Zuchthäusern hinter sich.

Quarantäne

Isolierung der neu im Lager angekommenen Frauen in einer eigens dafür vorgesehenen Baracke, dem so genannten Zugangsblock, mit der Absicht, die Ausbreitung von Infektionskrankheiten zu verhindern. Grassierten im Lager Krankheiten, wurden auch die Frauen in Quarantäne regelmäßig untersucht. Während der Quarantäne wurden sie nicht zur Zwangsarbeit eingeteilt, sondern sollten den ganzen Tag ohne zu reden in der Baracke sitzen.

Ravensbrück-Prozesse

In sieben Prozessen vor dem britischen Militärgericht in Hamburg mussten sich Angehörige des SS-Personals in Ravensbrück zwischen 1946 und 1948 für ihre Verbrechen verantworten. Siebzehn Männer und einundzwanzig Frauen standen vor Gericht, darunter auch vier weibliche Funktionshäftlinge. Neunzehn Personen wurden zum Tode verurteilt, vierzehn zu Haftstrafen, vier wurden freigesprochen und ein Angeklagter starb vor der Urteilsfindung. Daneben fanden von 1949 bis 1950 vor dem französischen Militärgericht in Rastatt Prozesse statt und im so genannten Nürnberger Ärzteprozess mussten sich 1946/47 auch SS-Ärzte wegen medizinischer Experimente an Häftlingsfrauen in Ravensbrück verantworten.

Revier

Siehe Krankenrevier.

Rote-Kreuz-Pakete

Auch Care-Pakete genannt. Pakete mit Lebensmitteln, die das Rote Kreuz in die Konzentrationslager schickte. Sie waren für die Häftlinge gedacht, doch zumeist behielt die SS den Inhalt der Pakete für sich oder plünderte sie, bevor sie den Gefangenen ausgehändigt wurden.

Rote-Kreuz-Transporte

Auch Evakuierungstransporte. In den letzten Wochen vor der Befreiung von Ravensbrück konnten zwischen acht- und zehntausend Häftlingsfrauen durch das Schwedische Rote Kreuz und das Internationale Komitee mit so genannten Rote-Kreuz-Transporten gerettet werden. Die ersten Frauen, vor allem Französinnen, wurden am 5. April 1945 mit Bussen des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes in die Schweiz gebracht. Danach folgten die unter dem Namen "Aktion Bernadotte" bekannt gewordenen Rettungstransporte. Graf Folke Bernadotte hatte mit Heinrich Himmler die Freilassung von Häftlingsfrauen aus Skandinavien und aus westeuropäischen Ländern ausgehandelt. Diese wurden mit weißen Bussen aus Ravensbrück abtransportiert. Insgesamt konnten beinahe siebentausendfünfhundert Frauen nach Schweden und Dänemark gerettet werden, darunter auch tausend polnische Jüdinnen.

Quelle: Gabriele Knapp, Frauenstimmen – Musikerinnen erinnern an Ravensbrück, Berlin, 2003.

Fussnoten