Die Bundesregierung hat im Juli 2022 eine Interner Link: Ausweitung der Bleiberechtsregelungen für Geduldete beschlossen. Damit greift sie auch Forderungen auf, die auf zivilgesellschaftlicher Ebene von migrantischen Selbstorganisierungen artikuliert werden, die sich schon länger für Menschen mit prekärem Aufenthaltsstatus einsetzen. Ein Beispiel, auf das in diesem Beitrag näher eingegangen wird, ist die Gruppe Jugendliche ohne Grenzen, die sich seit über 15 Jahren für ein "Bleiberecht für alle" engagiert. Ihr Engagement zeigt, dass geflüchtete Jugendliche eine Stimme haben können, obwohl sie in Deutschland formell nicht zum Kreis der Bürger:innen gezählt werden. Dabei leisten migrantische Selbstorganisierungen einen wichtigen Beitrag zur Demokratie – und durchaus auch zu ihrer Erneuerung –, insofern als sie die Grenzen etablierter Institutionen neu aushandeln und demokratische Prinzipien artikulieren.
Der Grundsatz: Betroffene haben eine eigene Stimme
Gruppen wie The Voice Refugee Forum, Women in Exile, oder Lampedusa in Hamburg Interner Link: engagieren sich teils seit Jahrzehnten für die Rechte von Geflüchteten. Sie können als Form politischer Selbstorganisierung begriffen werden, in denen die maßgeblich handelnden Akteur:innen aufgrund der von ihnen unmittelbar erfahrenen Diskriminierung aktiv werden.
Trotz ihrer gesellschaftlich marginalisierten Stellung gelingt es den Jugendlichen, sich politisch zu positionieren. So fordert Deniz, ein Mitgründer von JoG: "Nehmt uns als Subjekte wahr und nicht nur als Objekte, über die gesprochen wird!"
Empowerment und politische Intervention: ein umfassendes Partizipationsverständnis
Migrantische Selbstorganisationen wie JoG zeigen, wie sichtbare Politiken der Intervention in die Migrationspolitik auf relativ unsichtbare Politiken des Austauschs, der Selbsthilfe und des Empowerments angewiesen sind.
Bei öffentlichen Auftritten von JoG ist es zentral, dass die Jugendlichen sich selbst vertreten und ausgehend von der eigenen Erfahrung Missstände ansprechen und Forderungen zur Sprache bringen. Indem sie ihre persönlichen Geschichten erzählen, können sie Mitgefühl anregen, aber auch eine empörende Einsicht erzeugen. Dadurch wird eine andere Sichtweise eröffnet: Nicht mehr Migrant:innen erscheinen als Problem, sondern Probleme der deutschen Migrationspolitik werden sichtbar gemacht. Auf diese Weise soll auch auf einen weiteren Zusammenhang hingewiesen werden: dass sie nicht die Einzigen sind und es viele Jugendliche in einer ähnlich schlechten Lage gibt. Es ist ein Problem, für das die gesamte Gesellschaft verantwortlich ist und nicht sie allein.
Einsatz für die eigenen Rechte als Aktualisierung der Demokratie für alle
Anhand von Zusammenschlüssen wie JoG wird die Bedeutung politischer Selbstorganisierung für die Demokratie deutlich, denn sie stehen im Gegensatz zum häufig defizitären Blick auf Migration in Politik, Medien und Wissenschaft. Sie ermöglichen es Betroffenen, am politischen Prozess teilzuhaben, sich für ihre Mitbestimmung im Allgemeinen und ihre politischen Anliegen im Besonderen einzusetzen. JoG und andere Selbstorganisierungen zeigen zudem, dass Demokratie nicht allein nationalstaatlich gedacht werden muss,