Die Abschiebung – eine aufenthaltsbeendende Zwangsmaßnahme
Wenn eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit kein Aufenthaltsrecht mehr hat – sie aus rechtlicher Sicht also nicht (mehr) im Land leben darf – kann der Staat sie unter bestimmten Voraussetzungen dazu verpflichten, das Staatsgebiet zu verlassen. Reist die betroffene Person nicht freiwillig aus, können die Behörden sie auch gegen ihren Willen außer Landes bringen. Diese zwangsweise Beendigung des Aufenthalts wird rechtlich als Abschiebung bezeichnet. In Deutschland ist sie in den Paragraphen (§§) 58 ff. des Aufenthaltsgesetzes geregelt.
Die Abschiebung erfolgt in der Regel in den Staat, dessen Staatsangehörigkeit die betroffene Person besitzt. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie aber auch in einen anderen Staat erfolgen, wenn dieser zur Aufnahme bereit ist und die Einreise gestattet hat.
Bevor eine Person aus Deutschland abgeschoben wird, muss sie eine schriftliche Entscheidung der zuständigen Ausländerbehörde erhalten. In dieser wird festgestellt, dass die Person den Staat verlassen muss und bis wann eine selbstständige Ausreise möglich ist. Gegen die behördliche Entscheidung kann die betroffene Person innerhalb einer bestimmten Frist vor einem Verwaltungsgericht klagen. Tut sie dies nicht bzw. nicht rechtzeitig oder hat sie vor Gericht keinen Erfolg, kann sie – sobald die Frist zur freiwilligen Ausreise verstrichen ist – abgeschoben werden.
In bestimmten Fällen dürfen ausländische Staatsangehörige nicht abgeschoben werden, selbst wenn die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen ansonsten erfüllt sind. Ein sogenanntes Abschiebungsverbot kann zum Beispiel aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen bestehen, beispielsweise wenn die betroffene Person schwer krank ist oder sie in ihrem Herkunftsstaat aus politischen Gründen verfolgt werden würde oder ihr dort Folter droht. Liegt ein solches Abschiebungsverbot vor, darf die Abschiebung dauerhaft nicht durchgeführt werden. Die Person erhält in der Regel eine Aufenthaltserlaubnis. Ist eine Abschiebung vorübergehend nicht möglich, beispielsweise wegen fehlender Reisedokumente oder Reiseunfähigkeit (z.B. bei Schwangerschaft), wird die Person in Deutschland geduldet (§§ 60a-60d Aufenthaltsgesetz). Im Falle einer Duldung erhält die Person keinen Aufenthaltstitel, darf aber zunächst in Deutschland bleiben. Sie ist weiterhin ausreisepflichtig, die Abschiebung wird jedoch zeitlich aufgeschoben, solange das Hindernis besteht.
Ausweisung, Auslieferung, Zurückweisung, Zurückschiebung – verschiedene Begriffe, unterschiedliche rechtliche Bedeutung
Im alltäglichen Sprachgebrauch werden verschiedene Begriffe wie Ausweisung oder Auslieferung teilweise als Synonyme zur Abschiebung verwendet. In rechtlicher Hinsicht haben sie aber eine andere Bedeutung und müssen von der Abschiebung unterschieden werden:
Während die Abschiebung eine konkrete, aufenthaltsbeendende Zwangsmaßnahme ist, handelt es sich bei der Ausweisung um eine behördliche Entscheidung. Diese stellt fest, dass eine ausländische Person nicht mehr in Deutschland bleiben darf.
Die Voraussetzungen der Ausweisung sind in den §§ 53 ff. des Aufenthaltsgesetzes festgelegt. Sie erfolgt insbesondere dann, wenn von der Person eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht – sie beispielsweise eine Straftat begangen hat. Die Entscheidung führt in der Regel zur Ausreisepflicht und wird oft mit einem befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbot verbunden. Das bedeutet, dass die betroffene Person für einen bestimmten Zeitraum nicht mehr nach Deutschland einreisen oder sich hier aufhalten darf. In vielen Fällen ist eine Ausweisung die rechtliche Grundlage für eine spätere Abschiebung und dieser zeitlich vorgelagert.
Eine Auslieferung ist hingegen kein migrationsrechtliches, sondern ein völkerrechtliches Verfahren. Damit fordert ein Staat (der sogenannte ersuchende Staat) einen anderen (den ersuchten Staat) dazu auf, eine Person, die sich auf dessen Staatsgebiet befindet, an ihn zu übergeben. Dies geschieht in der Regel zur Strafverfolgung – das heißt, wenn ein Ermittlungs- oder Gerichtsverfahren im ersuchenden Staat läuft – oder zur Strafvollstreckung, wenn die Person bereits rechtskräftig verurteilt wurde. In Deutschland ist die Auslieferung im Gesetz über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) geregelt.
Eine Zurückweisung ist eine Maßnahme, mit der ausländischen Staatsangehörigen an der Grenze die Einreise verweigert wird (§ 15 Aufenthaltsgesetz). Sie betrifft Menschen, die einreisen wollen, ohne die erforderlichen Einreisevoraussetzungen zu erfüllen, beispielsweise weil sie kein gültiges Visum oder keinen Pass vorlegen können.
Um eine Zurückschiebung handelt es sich hingegen, wenn eine Person bereits unerlaubt in einen Staat eingereist ist und nahe der Grenze aufgegriffen wird. Gibt es Anhaltspunkte dafür, dass ein anderer Staat für das
Schließlich gibt es als besondere Form der Abschiebung noch die sogenannte Dublin-Überstellung. Hierbei wird eine Person in einen anderen europäischen Staat gebracht, welcher für deren Asylverfahren zuständig ist. Der Name leitet sich von der Dublin-III-Verordnung ab, einem Rechtsakt der Europäischen Union. Dieser regelt, welcher Staat für die Prüfung des Asylantrags einer Person zuständig ist. Häufig ist dies der Staat, in welchem die Person erstmals europäischen Boden betreten oder der dieser ein Visum ausgestellt hat. Aufgrund der im Frühjahr 2024 beschlossenen
Abschiebehaft zur Durchsetzung der Ausreisepflicht
Die Abschiebehaft ist eine besondere Form des Freiheitsentzugs. Sie soll sicherstellen, dass die Ausreisepflicht auch tatsächlich durchgesetzt werden kann. Die betroffene Person wird also nicht inhaftiert, um sie zu bestrafen. Deshalb dürfen Abschiebehäftlinge auch nicht zusammen mit Strafgefangenen untergebracht werden. Inhaftiert werden sie in speziellen Abschiebehaftanstalten; die Haftbedingungen dort müssen human ausgestaltet sein.
Das deutsche Gesetz regelt mehrere Formen der Abschiebehaft. Diese unterscheiden sich nach ihrem Zweck, ihren Voraussetzungen und ihrer Höchstdauer. Eine Unterart ist die Sicherungshaft gemäß § 62 Absatz 3 Aufenthaltsgesetz. Sie soll sicherstellen, dass eine bereits ausreisepflichtige Person nicht untertaucht oder sich der Abschiebung entzieht. Sie wird von einem Gericht angeordnet, wenn beispielsweise Fluchtgefahr besteht und darf bei Erwachsenen maximal 18 Monate dauern. In Vorbereitungshaft kann eine Person genommen werden, wenn sie zwar noch nicht ausreisepflichtig ist, die Behörde jedoch eine Ausweisung plant (§ 62 Absatz 2 Aufenthaltsgesetz). Auch diese Haftart muss gerichtlich angeordnet werden; sie ist auf maximal sechs Wochen beschränkt. Der Ausreisegewahrsam nach § 62b Aufenthaltsgesetz ist eine mildere Form des Freiheitsentzuges und dient der kurzfristigen Vorbereitung einer Abschiebung. Er kommt zur Anwendung, wenn eine ausländische Person innerhalb weniger Tage abgeschoben werden soll und befürchtet wird, dass sie ihre Abschiebung erschweren oder vereiteln könnte. Ein Gericht kann den Ausreisegewahrsam für bis zu 28 Tage anordnen. Auch im Falle einer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Dublin-Überstellung kann eine Person vorübergehend inhaftiert werden.
Alle Formen der Abschiebehaft müssen verhältnismäßig sein, also das mildeste Mittel, um die Abschiebung durchzusetzen. Die betroffene Person kann dagegen
Ablauf einer Abschiebung
Verlässt eine ausreisepflichtige Person Deutschland nicht freiwillig, können die Behörden sie zwangsweise abschieben. Staatliche Stellen – in der Regel die Polizei – bringen die Person in diesem Fall in einen anderen Staat. Je nach Einzelfall und Risikoabwägung läuft eine Abschiebung unterschiedlich ab. Unterschieden werden vor allem zwei Formen: Die kontrollierte Ausreise kommt bei kooperativen Personen zur Anwendung. Sie werden von Polizistinnen und Polizisten bis zum Flughafen oder Bahnhof begleitet und reisen ab dort allein ins Zielland. Wird angenommen, dass sich die Person der Abschiebung widersetzen könnte, erfolgt eine begleitete Abschiebung. Hier reisen Polizeikräfte mit bis in den Aufnahmestaat. Polizeiliche Zwangsmaßnahmen wie Hand- oder Fußfesseln, die Abnahme von Mobiltelefonen oder der Einsatz beruhigender Medikamente sind im Einzelfall zulässig, sofern sie verhältnismäßig sind.
Abschiebungen finden häufig unangekündigt statt und erfolgen aus der Wohnung oder Unterkunft oder direkt aus der Ausländerbehörde heraus. Sie können als Einzelabschiebung nur einzelne oder wenige bzw. in Form einer Sammelabschiebung eine Vielzahl von Menschen betreffen. Letztere erfolgt per Charterflug oft in Staaten, mit denen es bilaterale Rücknahmeabkommen gibt.
Der deutsche Gesetzgeber hat in den letzten Jahren die Möglichkeiten zur Durchsetzung von Abschiebungen zunehmend verschärft. Bei jeder Gesetzesänderung ist darauf zu achten, dass die Grund- und Menschenrechte der Betroffenen nicht ausgehöhlt werden, insbesondere ihr Recht auf ein faires Verfahren gewahrt wird.