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Zwei Ökonomen – drei Meinungen? | Wirtschaftspolitik | bpb.de

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Zwei Ökonomen – drei Meinungen? Die drei wichtigsten Lehrmeinungen in der Ökonomik

Jan Priewe

/ 16 Minuten zu lesen

Die heutige VWL wird von drei Grundströmungen dominiert. Doch wie haben sich die Neue Neoklassische Synthese, der Neoliberalismus und Keynesianismus entwickelt – und wie unterscheiden sie sich?

Das komplizierteste Autobahnkreuz der Welt im chinesischen Chongqing. (© picture-alliance, He Lili/HPIC/dpa)

In der Interner Link: Volkswirtschaftslehre (VWL) gibt es zwar viele Meinungen, aber nur drei theoretische Grundströmungen. Häufig werden diese auch Paradigmen genannt, vermischt oder synthetisiert, sodass sie nicht mehr so leicht zu erkennen sind. Wirtschaftspolitik ist keine Wissenschaft, orientiert sich aber an dem einen oder anderen Paradigma.

Die heute relevanten Paradigmen in der VWL sind die neue neoklassische Synthese (NNS, auch „New Consensus“ genannt), der Neoliberalismus und der Keynesianismus. Dabei ist die NNS, die aus der Neoklassik hervorging und einzelne Teile des Keynesianismus integriert, das dominante Paradigma, auch Mainstream genannt.

Die wichtigsten Unterschiede zwischen den drei Paradigmen liegen in ihrer zugrunde liegenden Forschungsmethodik. Um die Komplexität der Wirtschaftswelt zu erfassen, bildet man meist vereinfachende Modelle. In der Neoklassik und der NNS verfolgt man „reine Theorie“, also meist sehr abstrakte mathematische Grundmodelle, die – wie in der Mathematik – nur richtig oder falsch sein können, sodass man sie empirisch nicht überprüfen kann. Die NNS versteht sich wie eine Naturwissenschaft, der Neoliberalismus ist dagegen normativ ausgerichtet, und der Keynesianismus benutzt zwar auch Modelle, die aber den „stilisierten Fakten“ entsprechen sollen. Neoliberalismus und Keynesianismus verstehen sich als Sozialwissenschaften, in die auch Werturteile einfließen. Die Methodologie der NNS ist im Kern „axiomatisch-deduktiv“ und leitet alle Aussagen aus dem vermeintlichen Verhalten eines repräsentativen Individuums ab („methodologischer Individualismus“). Daher dominiert in der NNS die „Interner Link: Mikroökonomik“, während makroökonomische Aussagen aus der Aggregation der mikroökonomischen Aussagen resultieren. Dagegen geht der Keynesianismus „empirisch-induktiv“ vor; die gesamtwirtschaftliche Sicht („Interner Link: Makroökonomik“) wird betont, die nicht zwingend dem individuellen Verhalten entspricht. Sowohl NNS als auch Keynesianismus fordern empirische Überprüfbarkeit ihrer Theorien, im Gegensatz zur Neoklassik. Für den Neoliberalismus ist die Empirie weniger wichtig.

Mikro- und Makroökonomik

Aus: Das Lexikon der Wirtschaft, Interner Link: www.bpb.de/162.

Interner Link: Mikroökonomie Mikroökonomik, mikroökonomische Theorie

Teil der Volkswirtschaftstheorie, der sich mit dem Wirtschaftsverhalten von privaten Haushalten und Unternehmen befasst. So wird danach gefragt, wie wirtschaftliche Entscheidungen in privaten Haushalten (z. B. über die Verwendung des Einkommens) und Unternehmen (z. B. über die geplante Produktionsmenge) zustande kommen und wie sich diese Entscheidungen auf Angebot und Nachfrage auf verschiedenen Märkten auswirken.

Interner Link: Makroökonomie Makroökonomik, makroökonomische Theorie

Teil der Volkswirtschaftstheorie, der sich mit dem wirtschaftlichen Verhalten ganzer Sektoren (z. B. private Haushalte, Unternehmen oder Staat) befasst, gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge (z. B. die Konjunkturlage oder das Wachstum) untersucht und gesamtwirtschaftliche Größen (z. B. das Sozialprodukt, das Volkseinkommen oder die Beschäftigung) erklärt.

Die heute vorherrschenden Paradigmen haben sich auf den Fundamenten der liberalen ökonomischen Klassik – mit Adam Smith, David Ricardo und John Stuart Mill – und der Neoklassik herausgebildet, die Ende des 19. Jahrhunderts aufkam (repräsentativ Alfred Marshall aus Cambridge). Der erste Paradigmenwechsel kam nach 1945, als die vorherrschende Neoklassik durch die Theorie von John Maynard Keynes (1936) erschüttert wurde. Die Neoklassik konnte die Weltwirtschaftskrise von 1929 nicht erklären, nicht vorhersehen und nicht bekämpfen. In stark verkürzter Form wurde Keynes‘ Lehre als neue makroökonomische Theorie mit der neoklassischen Mikroökonomie „verbandelt“. Paul Samuelson, der damals wichtigste Lehrbuchautor, prägte 1948 dafür den Begriff „neoklassische Synthese“ – für die „kurze Frist“ gilt Keynes, für die „lange Frist“ die Neoklassik. Doch die Wirtschaftspolitik der „neoklassischen Synthese“ hatte für das Zusammentreffen von Inflation und Rezession infolge der Ölkrise der 1970er Jahre keine brauchbare Konzeption. Ende der 1970er setzte ein neuer Paradigmenwechsel mit dem neoliberalen Monetarismus von Milton Friedman ein. Dieser bestand in der Wirtschaftskrise 1980-82 den Praxistest nicht und wurde ein Auslaufmodell. Damit stand die Neoklassik ohne monetäre Theorie da. Über einige Zwischenstationen hinweg entwickelte sich die Neue Neoklassische Synthese (NNS, auch „New Consensus“ genannt), die die neoklassische Theorie erneuerte und Teile des Keynesianismus übernahm. Diese Synthese dominiert seit den 1990er Jahren und bildet heute den internationalen Mainstream der VWL.

Die Neue Neoklassische Synthese

Um diese Theorie zu verstehen, muss zuvor die Neoklassik kurz dargestellt werden. Diese konstruiert ein Modell der optimalen gleichgewichtigen Produktion unter der Bedingung vollständigen Wettbewerbs auf allen Märkten bei Privateigentum an Unternehmen – und ohne Staat. Angebot und Nachfrage treffen sich bei einem Gleichgewichtspreis , egal ob auf dem Güter-, Arbeits- oder Finanzmarkt. Diese Gleichgewichte sind stabil in dem Sinn, dass Märkte nach schockartigen Abweichungen schnell wieder in den Ruhezustand des Gleichgewichts zurückfinden. Treibende Kraft ist das Streben der Individuen nach Nutzenmaximierung („Interner Link: homo oeconomicus), das für Unternehmen die Form der Gewinnmaximierung annimmt.

Herrscht auf allen Märkten einer Volkswirtschaft allgemeines Gleichgewicht, also auch Vollbeschäftigung, dann werden die Einkommen und deren Verteilung durch die Produktivität von Arbeit und Kapital erklärt. Diese Theorie der Produktion erklärt also die gesamtwirtschaftliche Nachfrage ausschließlich aus der „realen“ – d.h. nicht monetär beeinflussten – Produktion von Gütern: Der Warenaustausch funktioniert wie Naturalhandel, Geld ist nur das „Schmiermittel“ des Tausches. Das gesamtwirtschaftliche Angebot erzeugt stets die ausreichende Nachfrage, auch auf dem Arbeitsmarkt („Interner Link: Saysches Theorem“). Die Einkommensverteilung ist technologisch bestimmt. Gespartes Einkommen fließt automatisch in den volkswirtschaftlichen Kreislauf als Nachfrage nach Gütern zurück. Hierfür ist die Theorie der „ausleihbaren Fonds“ maßgebend. Der gleichgewichtige Zins entspricht der Produktivität des Kapitals. Die umlaufende Geldmenge ist naturgegeben (früher Gold) oder wird von einer zentralen Bank bestimmt. Die Geldmenge bestimmt lediglich das Preisniveau, hat also keinen Einfluss auf das Niveau der Produktion („Geld ist neutral“) oder den Zins. Folglich ist eine reine Marktwirtschaft krisenfrei – jedenfalls frei von Arbeitslosigkeit und Inflation. Wirtschaftswachstum entsteht durch Wachstum der Beschäftigung und eine nicht erklärbare Restgröße, die technischer Fortschritt genannt wird und den Einsatz von Kapital und Arbeit effizienter macht. In einer offenen Volkswirtschaft müssen Freihandel, marktbestimmte Wechselkurse und vollständige Kapitalmobilität herrschen, sodass die globale Wirtschaft wie eine nationale Volkswirtschaft funktioniert. Die Realität weicht natürlich – auch aus Sicht der Neoklassik – häufig von diesem Modell ab, aber nur kurzfristig. Störfaktoren können auch anhaltende Wettbewerbshemmnisse, Verteilungskämpfe und staatliche Eingriffe oder marktwidrige Institutionen sein.

Die NNS ergänzt die Neoklassik zur allgemeinen Gleichgewichtstheorie und macht dabei Anleihen beim Neu-Keynesianismus, der Teile von Keynes‘ Theorie uminterpretiert. Die wichtigsten Veränderungen gegenüber der Neoklassik sind die Folgenden:

  • Starre Preise: Löhne, Preise und Zinsen sind nicht so flexibel wie die Neoklassik annahm, und zwar aus Gründen mikroökonomischer Effizienz: ständig schwankende Preise können die Kosten von Markttransaktionen erhöhen. Das kann zu temporären Marktungleichgewichten führen, sodass Lohnsenkung in Krisen, das neoklassische Rezept gegen Arbeitslosigkeit, kurzfristig nicht funktioniert.

  • Mikrofundierung: Alle ökonomischen Aussagen, auch der Makroökonomik, müssen mikrofundiert sein, also durch Maximierungslogik der Individuen begründbar sein.

  • Verzicht auf den Monetarismus: Zentralbanken können die Geldmenge nicht kontrollieren, wohl aber die kurzfristigen Zinsen („Leitzinsen“), eine von den Keynesianern übernommene Theorie. Die Zinspolitik der Zentralbanken kann Inflation wirksam bekämpfen. Langfristig ist Geld neutral. Die Zinsen dürfen nicht so niedrig sein, dass sie zu so niedriger Arbeitslosigkeit führen, dass davon inflationärer Lohndruck ausgeht, aber sie dürfen auch nicht zu hoch sein. Die Investitionen sind bei stabilen Erwartungen allein vom Zins abhängig, sodass die Zentralbank Preisniveaustabilität und hohe Beschäftigung bei ausreichender Investitionsmenge gewährleisten kann.

  • Theorie rationaler Erwartungen: Die Gleichgewichtstheorie wird auf Zukunftsmärkte ausgedehnt (Investitionen, Finanzmärkte), auf denen Zukunftserwartungen eine große Rolle spielen. Weil wettbewerbliche Zukunftserwartungen der Wirtschaftssubjekte rational seien, kommt es auch hier zu stabilen Gleichgewichten, insbesondere auf den Finanzmärkten. Daher brauchen diese nicht reguliert werden.

  • Krisen: Wirtschaftskrisen entstehen durch unerwartete Ereignisse, durch „exogene“ Schocks wie Naturkatastrophen, Epidemien oder Kriege.

  • Fiskalpolitik: Für die kurze Frist, also in einer Rezession, ist antizyklische Fiskalpolitik mit Kreditfinanzierung notwendig. Die Haushaltsdefizite sollten in der Hochkonjunktur ausgeglichen werden, so dass über den Konjunkturzyklus hinweg ein Budgetausgleich entsteht.

  • Effiziente Institutionen sind zur Bekämpfung von Marktversagen (öffentliche Güter) und externen Effekten der Produktion und Konsumption wichtig.

  • Technischer Wandel: Technischer Fortschritt ist nicht „exogen“. Innovationen entstehen durch positive externe Effekte von Forschung und Entwicklung sowie von Humankapital (Ausbildung).

  • Sozialstaat: Die NNS ist indifferent in Bezug auf Veränderungen der Einkommens- und Vermögensverteilung. Statische und dynamische Allokationseffizienz ist für die NNS wichtiger. Effizienz wird meist als „Pareto-Effizienz“ interpretiert.

Die NNS hat trotz vieler Neuerungen große Ähnlichkeit mit der alten Neoklassischen Synthese von Paul Samuelson: vereinfacht gesagt, kurzfristig ein wenig Keynesianismus (Keynes als Ratgeber nur bei schweren Krisen), Neoklassik für den Normallfall. Die Überzeugungskraft der NNS hat jedoch nach der Finanzkrise 2008-09 nachgelassen, da die Fiskalpolitik mit Staatsverschuldung – insbesondere in den USA – faktisch eine viel größere Rolle spielt, und die Theorie rationaler Erwartungen durch die Finanzkrise massiv beschädigt wurde. Sie wird auch durch die Verhaltensökonomik infrage gestellt. Die extreme Polarisierung der Einkommens- und Vermögensverteilung wird nicht thematisiert. Auch erscheint die Fähigkeit von Zentralbanken, Inflation wirksam zu bekämpfen, begrenzt. Auf viele Fragen, die mit der Globalisierung der Volkswirtschaften zusammenhängen, geht die NNS nicht ein. Auf Entwicklungs- und Schwellenländer ist sie nicht ohne weiteres anwendbar.

Neoliberalismus

Teilweise von Neoklassik und NNS abweichend, teilweise überlappend existiert eine weitere Strömung, die man als Neoliberalismus im weiteren Sinne bezeichnen kann; ihre Protagonisten in Deutschland sind der Ordoliberalismus um die „Freiburger Schule“ mit Walter Eucken und international die Chicago-Schule (Chicago School of Economics) um Friedrich von Hayek und Milton Friedman. Im Gegensatz zu den Freiburgern sind sie „marktradikal“. Gegenwärtig bezieht sich der argentinische Präsident Javier Milei auf diese Theorie, früher die britische Premierministerin Margaret Thatcher.

Der Begriff Interner Link: Neoliberalismus stammt von Alexander Rüstow, der ihn schon 1938 entwickelte, ähnlich wie Wilhelm Röpke. Beide verstanden ihn als Gegenbegriff zum weitgehend unregulierten „laissez-faire-Kapitalismus des 19. und frühen 20. Jahrhunderts in Deutschland, den sie als monopolistisch und unsozial, als Selbstzerstörung der Marktwirtschaft kritisierten. Beide sprachen sich für einen „Dritten Weg“ zwischen Kapitalismus und sozialistischer „Zentralverwaltungswirtschaft“ aus. Die wirtschaftliche Freiheit der Unternehmen müsse vor Missbrauch zugunsten einer Monopolbildung geschützt werden. Indessen entwickelte Eucken (1940 und 1952) eine ausdifferenzierte Theorie einer wettbewerbsorientierten Marktwirtschaft, die er jedoch nicht als „Dritten Weg“, sondern als Alternative zur zentralisierten Planwirtschaft verstand. Sein Leitbild ist der vollständige Wettbewerb, der eine offene Volkswirtschaft einbezieht. Eucken ist der Architekt des Ordoliberalismus, den er mit acht „konstituierenden“ und vier „regulierenden“ Prinzipien zusammenfasst. Zu ersteren gehören u.a. das „Primat der Währungspolitik“ durch eine unabhängige Notenbank, Privateigentum an Produktionsmitteln, das Haftungsprinzip und Vertragsfreiheit. Sie sollen für „Konstanz der Wirtschaftspolitik“ sorgen, also stabile Rahmenbedingungen des Wirtschaftens. Die regulierenden Prinzipien gelten für einige wenige fallweise Interventionen des Staates. Damit ist Wirtschaftspolitik im Kern Ordnungspolitik, die die Angebotsbedingungen für Produktion verbessern sollen. Die Begrenzung von wirtschaftlicher Macht durch Wettbewerb sowie Armutsbekämpfung sind Leitmotive seiner Theorie des Kapitalismus.

Aus diesen Ideen formte Alfred Müller-Armack (1946) den Begriff der „sozialen Marktwirtschaft“, der so variabel ausfiel, dass er wissenschaftlich nahezu unbrauchbar war, aber als politisches Markenzeichen viel konsensstiftenden Interpretationsspielraum ließ. Er wurde von Ludwig Erhard übernommen, Jahrzehnte später auch von der deutschen Sozialdemokratie. Der Begriff wird nahezu nur in Deutschland verwendet. Die Konzeption im Sinne von Eucken ist makroökonomisch blind und lehnte den Keynesianismus ab.

Friedrich von Hayek wies den Freiburger Ordoliberalismus zurück, insbesondere die Idee der sozialen Marktwirtschaft, weil er Märkte per se als sozial ansah, denn sie gewährleisten die wirtschaftliche Freiheit des Individuums gegenüber dem Staat. Statt vollständigem Wettbewerb wurde von ihm die Funktion von Wettbewerb als „Entdeckungsverfahren“ für Innovationen jeder Art favorisiert, und zugleich Wettbewerb von verschiedenen Währungen auf nationaler Ebene und in Verbindung mit freiem Kapitalverkehr gefordert. Hayeks Buch „Der Weg zur Knechtschaft“ (1944) warnte nicht nur vor Planwirtschaft, sondern auch vor Interventionsspiralen in einem Sozialstaat, die letztlich die Freiheit der Individuen bedrohen.

Die Public Choice-Theorie von James Buchanan vergleicht gewählte Politiker mit Eigennutz maximierenden Unternehmern und fordert die Beschränkung von staatlicher Tätigkeit, vor allem durch ein Verbot staatlicher Kreditaufnahme in der Verfassung und durch weitgehende Privatisierungen. Auch Milton Friedman steht für einen starken, autoritären Staat sowie für deregulierte Märkte, insbesondere auch Arbeitsmärkte und Finanzmärkte. Er forderte auch die Abkehr vom Festkurssystem für Wechselkurse im System von Interner Link: Bretton Woods. Freie Märkte seien in sich stabil, Störungen erfolgen nur durch „nicht-marktkonforme“ Staatseingriffe. Die Hauptvertreter der neoliberalen Chicago-Schule lehnen Sozialstaatlichkeit mit wenigen Ausnahmen ab und haben ein distanziertes, bisweilen ablehnendes Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie, die zu Kollektivismus und zur Einschränkung der Rolle von Märkten tendiere. Allerdings wird Friedmans Monetarismus spätestens seit Mitte der 1990er Jahre von keiner Zentralbank der Welt mehr vertreten. Diese Theorie ist gescheitert, wie von der NNS eingestanden.

International hat der deutsche Ordoliberalismus wenig Resonanz gefunden, dafür umso mehr die libertären Ideen von Hayek, die teilweise in den Mainstream einflossen. Häufig wird im internationalen Kontext auch der sogenannte “Washington Consensus” als Inbegriff des Neoliberalismus bezeichnet, obwohl darin dieser Begriff nicht vorkommt.

"Washington Consensus"

Der Begriff wurde von John Williamson 1990 geprägt, einem Entwicklungsökonomen und Politikberater in Washington, der darstellen wollte, was die in Washington vorherrschende wirtschaftspolitische Meinung unter der Präsidentschaft von Reagan und Bush Senior gegenüber Lateinamerika und anderen Ländern ist. Dabei bezog er sich auf die Meinungen und Prinzipien, die im US-Finanz- und Außenministerium, in der Weltbank und im Währungsfonds damals Konsens waren (alle vier sind räumlich eng benachbart in Washington und befinden sich in ständigem Meinungsaustausch). Diese Meinung würde möglicherweise angesichts des Zusammenbruchs der Sowjetunion auch auf osteuropäische Länder übertragen, mangels einer speziellen Strategie. In zehn “Geboten”, die nicht unbedingt Williamsons eigene Meinung widerspiegeln, fasste er diese vermeintliche Strategie für Entwicklungs-, Schwellen- und Transformationsländer zusammen. Die wichtigsten sind:

Reduktion der Budgetdefizite auf inflationsneutrales Niveau; Umschichtung öffentlicher Ausgaben zugunsten von Bildung und Infrastruktur; Senkung des Spitzensteuersatzes bei breitere Bemessungsgrundlage; Abschaffung von Obergrenzen für Kreditzinsen („financial repression“ genannt); Abwertung der Währungen gegenüber dem Dollar, um Industrieexporte wettbewerbsfähiger zu machen; Abschaffung mengenmäßiger Importbeschränkungen, Zollsenkung; Beseitigung von Hemmnissen für ausländische Direktinvestitionen, nicht zuletzt aus den USA; Privatisierung von Staatsunternehmen; Beseitigung von Wettbewerbsbeschränkungen gegenüber ausländischen Firmen und besserer Schutz von Eigentumsrechten im informellen Sektor.

Interessant ist, dass in dieser Liste die Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs nicht auftaucht, ebenso wenig freie Wechselkurse. Bei der Anwendung dieser Grundsätze in Osteuropa, aber auch in Lateinamerika und Asien standen Deregulierungen im Finanzsektoren, Privatisierungen (auch der Banken), Förderung von Direktinvestitionen und mehr freier Außenhandel im Vordergrund. Diese „zehn Gebote“ passen zu beiden Flügeln des zuvor beschriebenen Neoliberalismus, obwohl diese sich sehr kritisch gegenüberstehen.

Keynesianismus

Keynes entwickelte in seinem Hauptwerk (1936) „Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“ (orig. The General Theory of Employment, Interest and Money) einen Gegenentwurf zur Neoklassik. Der Titel des Buches ist Programm. Keynes stellte das Saysche Theorem auf den Kopf: die gesamtwirtschaftliche Güternachfrage bestimmt normalerweise das Angebot und damit bei gegebener Produktivität die Beschäftigung. Unterauslastung der Kapazitäten, also Nachfragemangel mit mehr oder minder hoher Arbeitslosigkeit kommt, viel häufiger als Vollbeschäftigung vor. Arbeitslosigkeit kann nicht durch Lohnsenkung beseitigt werden, weil dadurch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage reduziert würde. Der Mangel an Nachfrage hängt in erster Linie von zu geringen Investitionen in Produktionskapazitäten ab. Diese sind wiederum von der erwarteten zukünftigen Konsumnachfrage, der zukünftigen Rentabilität und den Zinsen abhängig, auch von der unternehmerischen kollektiven Zuversicht („animal spirits“ oder Lebensgeister bei Keynes) – also von Erwartungsgrößen. Diese sind von Unsicherheit geprägt, weil die Zukunft fundamental unsicher ist. Mal sind die Erwartungen zu optimistisch, häufig zu pessimistisch. Zudem haben die Menschen ganz unterschiedliche Erwartungen, nicht einheitliche, vermeintlich „rationale“. Bei schlechten Nachfrageerwartungen halten die Vermögensbesitzer ihre Anlage eher liquide oder präferieren kurzfristige Anlagen („Liquiditätspräferenz“), umgekehrt in guten Zeiten. Der Zinssatz wird vor allem von der jeweiligen Liquiditätspräferenz bestimmt. Der Zins kann gesamtwirtschaftliches Sparen und Investieren nicht in Übereinstimmung bringen, zumal Sparen und Konsum relativ zinsunelastisch sind. Investitionen bestimmen letztlich die Höhe der Produktion, des Volkseinkommens und des Sparens (bei gegebener Sparquote). Ohne staatliche Nachfragestabilisierung durch die Geld- und Fiskalpolitik kann sich Arbeitslosigkeit und Produktion auf niedrigem Niveau verfestigen.

Der moderne Keynesianismus, häufig „Post-Keynesianismus“ genannt (im Gegensatz zum Neu-Keynesianismus), erweitert und aktualisiert Keynes‘ Ideen an verschiedenen Stellen:

  • Verteilung: Löhne und Kapitalrenditen werden nicht durch die (Grenz-)Produktivität von Arbeit und „Kapital“ bestimmt. Kapital lässt sich nicht widerspruchsfrei aggregieren. Der Grad des Wettbewerbs sowie Verteilungskonflikte bestimmen Löhne und Gewinnaufschläge.

  • Starre Güterpreise: Ähnlich wie die NNS beobachten die Keynesianer eine Tendenz zu geringerer Preisflexibilität. Sie begründen dies mit der Dominanz monopolistischer und oligopolistischer Märkte. Unternehmen schauen mehr auf die Mengen als auf die Preise, sodass bei Ungleichgewichten auf vielen Güter- und Arbeitsmärkten Mengenanpassung dominiert.

  • Wachstum: Die Tendenz zu Überkapazitäten und einem strukturellen, also langfristigen Mangel an gesamtwirtschaftlicher Nachfrage kann das Wachstum der Volkswirtschaften langfristig dämpfen. Investitionen erhöhen zwar die Nachfrage, aber auch die Kapazitäten. Daher muss auch der Konsum, stark von Löhnen getragen, mitsteigen. Unter günstigen Rahmenbedingungen kann es auch lange Phasen starken Wachstums mit hoher Beschäftigung geben, wie in der Nachkriegszeit. Das Wachstumstempo selbst bestimmt zu einem wichtigen Teil das Tempo des technischen Fortschritts (Nicholas Kaldor). Das Wachstum des privaten Konsums ist stark von der Einkommensverteilung abhängig: wohlhabende Haushaushalte sparen viel mehr als Normalverdiener oder Arme, viele Vermögensbesitzer, auch Firmen, bevorzugen Sparen in Form von Immobilien und Wertpapieren. Technischer Fortschritt bedarf zudem der Förderung des Staates in Forschung und Entwicklung sowie bei der Ausbildung.

  • Zinsen und Monetarismus: Die Zinsen werden nicht von der Theorie der verleihbaren Fonds bestimmt, sondern von der Notenbank, die indirekt mit dem kurzfristigen Zins auch den langfristigen Zins weitgehend bestimmt. Dieser beeinflusst die Unternehmensentscheidungen.

  • Ablehnung der Theorie rationaler Erwartungen: Keynes war der erste, der die Rolle von Erwartungen entdeckt hat. Deren Unsicherheit drückt sich in Volatilität aus. Häufig erfolgt die Erwartungsbildung durch Rückgriff auf die Trends der Vergangenheit, durch „animal spirits“ oder Spekulation, besonders auf Vermögensmärkten. Erwartungen können durch stabile Nachfragedynamik, stabile langfristige Zinsen, niedrige Inflation, stabile Wechselkurse und durch Finanzmarktregulierung verstetigt werden, oder durch eine Interner Link: Tobin-Steuer, deren Idee von Keynes stammt.

  • Inflation ist meist Konfliktinflation infolge von Verteilungskonflikten, insbesondere zwischen Kapital und Arbeit, Anbietern von Rohstoffen und deren Nachfragern oder durch Abwertung. Daher ist eine regelbasierte Einkommenspolitik, etwa durch produktivitätsorientierte Lohnentwicklung, von großer Bedeutung. Hohe Zinsen können Inflation nur langsam und häufig verbunden mit Stagnation („Stagflation“) bekämpfen, und niedrige Zinsen haben nur schwache Wirkung auf Investitionen, wenn es an Nachfrage mangelt.

  • Fiskalpolitik: Bei schwacher Nachfrage ist kreditfinanzierte expansive Fiskalpolitik, vorzugsweise über die Staatsausgaben, sehr wirksam. Auch langfristig können Staatsausgaben in eigener Währung kreditfinanziert werden, solange die Staatsschulden tragfähig bleiben. Da jegliche Kreditaufnahme, auch die der Privaten, zur Geldschöpfung führt („endogene Geldmenge“), ist auch eine direkte Kreditfinanzierung des Staates bei der Zentralbank prinzipiell inflationsneutral möglich (Abba Lerner).

  • Wechselkurse: Der moderne Keynesianismus fordert ein globales Währungssystem mit stabilen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen. Besonders schwache Volkswirtschaften im globalen Süden leiden unter stark schwankenden Wechselkursen. Das derzeitige globale Währungssystem führt zu einer starken Hierarchie an Währungen mit der privilegierten Leitwährung (US-Dollar) an der Spitze, während die Währungen von Entwicklungsländern in monetärer Abhängigkeit verharren.

  • Vermögensverteilung: Die ungleiche Einkommensverteilung führt zu großer und steigender Ungleichheit der Vermögensverteilung. Dies hemmt das Wachstum der Güternachfrage, führt zur Vermachtung der Wirtschaft und zum Finanzkapitalismus mit hoher Krisenanfälligkeit. Letztlich untergräbt sie die Funktionsweise der Wirtschaftsordnung.

Mitunter wird keynesianische Wirtschaftspolitik mit „Nachfragepolitik“ gleichgesetzt, also mit Fiskalpolitik zur Stärkung der Güternachfrage durch Haushaltsdefizite. Dies ist eine verengte Sicht. Nachfragesteigerung zielt auf Angebotssteigerung und mehr Beschäftigung. Nachfragepolitik ist also auch Angebots- und Strukturpolitik.

Angesichts neuer ökonomischer Herausforderungen – neue politische Blockbildung, De-Globalisierung, Klimakrise, steigende Ungleichheit der Einkommens- und Vermögensverteilung, extreme Entwicklung der Finanzmärkte – ist eine weitere Aufweichung des Mainstreams oder ein erneuter Paradigmenwechsel nicht auszuschließen, ebenso wenig eine Pluralität von verschiedenen Theorien ohne erkennbaren Mainstream.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Eine grundsätzliche Denkweise.

  2. Aus einem genau definierten Ensemble von abstrakten Begriffen ohne direkten empirischen Bezug logisch abgeleitete Schlussfolgerungen.

  3. Modelle müssen die „stilisierten Fakten“, die Grundzüge der Realität, von Anfang an abbilden.

  4. Beispiel 1: Eine tugendhafte „schwäbische Hausfrau“ geht mit dem Haushaltsgeld sparsam um, und so gelangt die Familie auf lange Sicht zu Wohlstand. Verhalten sich in der Gegenwart alle Haushalte so, wird die gesamtwirtschaftliche Nachfrage vermindert, so dass eine Rezession mit Arbeitslosigkeit entsteht, die zu einem geringeren Volkseinkommen führt. Weil die Hausfrauen clever sind, werden sie sich nicht scheuen, Kredite für größere Projekte aufzunehmen anstelle anzusparen. Beispiel 2: Ein Unternehmer, der eine Investitionsentscheidung fällt, muss sich nach der erwarteten Nachfrage richten. Diese hängt u.a. von der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ab.

  5. „Kurze Frist“ ist in dieser Theorie nicht zeitlich gemeint, sondern es ist die Frist, die gebraucht wird, um ein Ungleichgewicht zu einem Gleichgewicht umzukehren. Es wird vermutet, dass dies nicht lange dauert. Die lange Frist beginnt, wenn das Gleichgewicht erreicht ist, wobei unterstellt wird, dass dieses dann lange anhält.

  6. Ein Mensch, der sein Verhalten allein oder in erster Linie am Ziel der Erhöhung des Eigennutzes ausrichtet.

  7. Genauer: der Grenzproduktivität; diese ist die zusätzliche Menge an Output, die durch den zusätzlichen Einsatz eines Produktionsfaktors um eine Einheit erzielt wird, wenn alle anderen Umstände gleichbleiben.

  8. Wenn hier von Gütern oder Waren gesprochen wird, sind Dienstleistungen einbegriffen.

  9. Jean-Baptist Say formulierte 1803 folgendes Theorem: Produktion von Gütern schafft Angebot und Nachfrage zugleich. Wenn er Produktion meinte, die auch verkauft wird, ist die Aussage eine Tautologie. Er bezog die Aussage auf die gesamte Güterproduktion, nicht jedoch auf den Arbeitsmarkt. Dies erfolgte später durch die Neoklassik.

  10. Englisch: „loanable funds“ theory. Dabei wird das volkswirtschaftliche Sparen, d.h. das Einkommen, das nicht konsumiert wird, in der Grundversion der Theorie als ausleihbares Kreditangebot verstanden, dem die Kreditnachfrage gegenübersteht, in erster Linie Investitionen. Aus Angebot und Nachfrage bildet sich der Zinssatz. Bei flexiblem Zinssatz wird die Ersparnis der Periode in Güternachfrage transformiert.

  11. Als Leitzins hat der kurzfristige Zins auch Einfluss auf den langfristigen Zins, der jedoch in der NNS vor allem auf den Finanzmärkten bestimmt wird.

  12. Das Kalkül der Zentralbank setzt den Zins auf einem bestimmten Punkt einer für stabil erachteten Phillips-Kurve, der Relation zwischen Inflation und Arbeitslosigkeit. Dieses Maß an Arbeitslosigkeit wird „inflationsstabile Arbeitslosigkeit“ genannt (NAIRU: „non-accelerating-inflation-rate of unemployment“). Diese Arbeitslosigkeit ähnelt der „natürlichen Arbeitslosigkeit“ von Milton Friedman, der Zins heisst „natürlicher Zins“ (Knut Wicksell).

  13. Externe Effekte sind nach Pigou (1920) negative oder positive Auswirkungen der Produktion oder des Konsums auf Dritte, die ohne eine Marktbeziehung Schaden oder Vorteile erlangen. Beispiel: die Treibhausgase belasten die jetzige und zukünftig lebende Generation von Menschen, während die Verursacher die Folgekosten nicht in ihre Produktion einkalkuliert haben. Würden ihnen die Kosten durch eine Pigou-Steuer angelastet werden, würden sie weniger oder gar keine Schäden erzeugen (Internalisierung externer Kosten). Positiver Effekt, Beispiel: staatlich finanzierte Kindergärten haben langfristig positive gesamtwirtschaftliche Effekte, die die Kosten übersteigen.

  14. Ein Interner Link: Pareto-Optimum liegt bei einem Verteilungskonflikt vor, wenn niemand bessergestellt werden kann, ohne mindestens einen schlechter zu stellen.

  15. Die Verhaltensökonomik sucht nach den Ursachen des Wirtschaftshandelns von Individuen. Sie kritisiert das Modell des „homo oeconomicus“ und die Theorie rationaler Erwartungen und betont die Diversität des individuellen Verhaltens. Sie ist keinem Paradigma zuzuordnen, kann aber teilweise in diese integriert werden.

  16. Riesige Unterbeschäftigung im informellen Sektor, Massenarmut, schwache Industrialisierung, unzulängliche Finanzmärkte und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte in Verbindung mit starken Wechselkursschwankungen sind Themen, die die NNS eher am Rande adressiert.

  17. Von ordo, lat. Ordnung

  18. Eine Form des Kapitalismus, bei der der Staat sich nicht in das Marktgeschehen einmischt: „Lasst sie [die Märkte] nur machen“.

  19. So bei der Monopolaufsicht, der Einkommenspolitik zur Vermeidung von Armut und zu großer Ungleichheit, sowie für die Korrektur der „Wirtschaftsrechnung“ bei externen Effekten. Auch müsse bei anormalen Angebotsfunktionen, insbesondere auf dem Arbeits- und Agrargütermarkt, staatlich in Märkte eingegriffen werden.

  20. Auch „Neue Politische Ökonomie“ genannt, die, ausgehend vom „methodologischem Individualismus“, Widersprüche zwischen kollektivem Verhalten (etwa bei Wahlen) und individuellen Präferenzen von Wählern und Politikern untersucht. Handeln Politiker nach ihren individuellen Präferenzen, schaden sie dem Gemeinwohl und ihre Handlungsspielräume müssen begrenzt werden. Manche Vertreter dieser Theoriegruppe haben Zweifel an der Effektivität und Legitimität von Demokratie und möchten Konflikte zwischen Gemeinwohl und individueller Handlungsfreiheit zugunsten letzterer lösen.

  21. 1944 Wurde in den USA unter maßgeblicher Mitwirkung von Keynes als Verhandler Großbritanniens das Weltwährungssystem von Bretton Woods beschlossen, das nahezu feste Wechselkurse vorsah. Das System brach 1973 zusammen.

  22. Eine Steuer auf Transaktionen auf Finanz- und Devisenmärkten mit einem geringen Steuersatz, die hauptsächlich kurzfristige spekulative Transaktionen unattraktiv macht.

  23. Schwache Währungen erfüllen die drei Funktionen des Geldes in geringerem Maße (Tauschmittel, Recheneinheit, Wertaufbewahrung), sodass sie teilweise durch harte Währung wie den US-Dollar ersetzt werden müssen und mit hohen Zinsen verbunden sind.

  24. Das keynesianische Politikarsenal umfasst auch Geldpolitik und Zinsen, Verteilungspolitik, Arbeitszeitverkürzung, Wechselkurse und Finanzmarktregulierung, Steuerpolitik etc.; dabei geht es auch um die Struktur der Nachfrage, etwa Konsum oder Investitionen, oder gezielte Beseitigung von Marktversagen, z.B. Klimapolitik, oder Finanzmittel für Bildung und Erziehung.

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Weitere Inhalte

Jan Priewe ist Professor im Ruhestand für Volkswirtschaftslehre an der HTW Berlin. Er arbeitet zur Makroökonomik von Entwicklungsländern, zu makroökonomischen Problemen der Eurozone, insbesondere zu den Fiskalregeln und den ökonomischen Folgen der Klimakrise.