Am 29. Juni 2010 unterzeichneten die Interner Link: Volksrepublik China und Interner Link: Taiwan (Selbstbezeichnung "Republik China") ein Rahmenabkommen über wirtschaftliche Zusammenarbeit: Das Externer Link: Economic Cooperation Framework Agreement (ECFA). Es war die erste Annäherung im Externer Link: Taiwan-Konflikt seit dem Ende des Interner Link: Zweiten Weltkriegs. Trotz wirtschaftlicher Vorteile protestierten viele Taiwanerinnen und Taiwaner wenige Jahre später gegen den Kurs der Regierung – aus Angst vor zu viel Einfluss Pekings. Heute, 10 Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens, ist unklar, ob die Volksrepublik es verlängern wird – das Verhältnis ist angespannt.
Wirtschaftliche Vorteile versus politische Abhängigkeit
Die Karte zeigt die Insel Taiwan im Verhältnis zur VR China. (© picture-alliance/dpa)
Die Karte zeigt die Insel Taiwan im Verhältnis zur VR China. (© picture-alliance/dpa)
Das ECFA liberalisierte den Personen- und Warenverkehr und enthielt Paragraphen zum Schutz von Investitionen. Außerdem wurden Zölle gesenkt und teils gestrichen: 539 taiwanesische Produkte durften nach einer Übergangsfrist zollfrei auf das Festland exportiert werden – dies entsprach damals etwa 16 Prozent der Ausfuhren in die Volksrepublik China. Betroffen waren in diese Richtung Warenströme im Wert von fast 14 Milliarden US-Dollar. Besonders profitierten Taiwans Chemie- und Autobranche sowie der Maschinenbau von den neuen Regelungen.
Umgekehrt betraf die Regelung 267 aus der Volksrepublik China nach Taiwan exportierte Güter. Diese machten mit einem Wert von knapp drei Milliarden US-Dollar etwa 11 Prozent der Ausfuhren aus.
Trotz der wirtschaftlichen Vorteile für Taiwan gab es an dem Abkommen Kritik. Vor allem Politikerinnen und Politiker der damals größten Oppositionspartei, der Demokratischen Fortschrittspartei (Democratic Progressive Party, DPP), hatten die Befürchtung, dass das rund 24 Millionen Einwohner zählende Land aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Abhängigkeit zukünftig auch politisch von Festlandchina kontrolliert werden könnte.
China-Taiwan-Konflikt
Die Beziehung zwischen der Volksrepublik China und Taiwan ist kompliziert: Die Volksrepublik sieht in Interner Link: Taiwan bis heute eine abtrünnige Provinz, keinen eigenständigen Staat. Nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Japan die Insel 1945 an China abgegeben. 1949 siegten die Kommunisten unter Interner Link: Mao Zedong im chinesischen Bürgerkrieg und Interner Link: riefen die Volksrepublik aus. Der Anführer der Nationalisten, Interner Link: Chiang Kaishek, zog sich daraufhin auf die 130 Kilometer vor dem chinesischen Festland liegende Insel Taiwan zurück. Dort errichtete er mit seiner Partei Kuomintang (National People's Party, KMT) eine marktwirtschaftlich ausgerichtete Diktatur.
Sowohl die Interner Link: Volksrepublik China als auch Taiwan sahen sich in den folgenden Jahrzehnten als einzige legitime Vertretung Chinas. Zunächst war Taiwan Mitglied der Vereinten Nationen – Externer Link: 1971 wurde Taiwans Mitgliedschaft jedoch durch die der Volksrepublik ersetzt. Seit Ende der 1980er Jahre entwickelte sich Taiwan zu einer funktionierenden Demokratie.
Heute erkennen nur wenige Staaten Taiwan als souveränen Staat an. Die deutsche Bundesregierung lehnt eine diplomatische Anerkennung Taiwans ab, Externer Link: um die deutsch-chinesischen Beziehungen nicht zu beschädigen. Taiwan hat sich bisher selbst nicht formal für unabhängig erklärt.
Größte Annäherung seit Kriegsende
Der ECFA-Vertrag war die größte Annäherung zwischen der Volksrepublik China und Taiwan seit Externer Link: Kriegsende: Unter dem von 2008 bis 2016 amtierenden taiwanesischen Präsidenten, Ma Ying-jeou, hatte sich das Verhältnis zur Volksrepublik zunehmend entspannt. Er und weite Teile der Kuomintang-Partei sahen keine Alternative zum ECFA-Abkommen: Sie fürchteten die wirtschaftliche Isolation ihres Landes, insbesondere nachdem China und das ostasiatische Staatenbündnis ASEAN im Januar 2010 eine gemeinsame Interner Link: Freihandelszone (ACFTA) geschaffen hatten.
2013 unterzeichneten beide Seiten zusätzlich zum ECFA-Vertrag ein Dienstleistungsabkommen. Dieses trat jedoch nicht in Kraft, weil das taiwanische Parlament es nicht ratifizierte. Viele Taiwanerinnen und Taiwaner lehnten das Abkommen ab, weil sie einen wachsenden Einfluss Pekings befürchteten. Die Kuomintang-Regierung verlor in Umfragen massiv an Rückhalt, wollte aber inhaltlich nicht von dem Abkommen abrücken.