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Vor 60 Jahren: Gründung des BND

Redaktion

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Am 1. April 1956 wurde der Bundesnachrichtendienst (BND) gegründet. Er ist der einzige Auslandsgeheimdienst der Bundesrepublik und soll in Folge der NSA-Affäre reformiert werden.

Radome auf dem Gelände der geheimdienstlichen Abhörstation des Bundesnachrichtendienstes (BND) in Bad Aibling (Bayern). Radome (zusammengesetzt aus den Worten "Radar" und "Dome") sind Kuppeln, die innen installierte Antennen vor äußeren Einflüssen wie Wind oder Regen schützen. (© picture-alliance/dpa)

Nach einem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung vom 11. Juli 1955 wurde am 1. April 1956 der Interner Link: Bundesnachrichtendienst (BND) gegründet. Der neue Geheimdienst wurde dem Kanzleramt angegliedert. Die provisorische Vorgängerorganisation des BND, die "Organisation Gehlen", wurde in den BND überführt. Der älteste Geheimdienst der Bundesrepublik ist bis heute der einzige Auslandsgeheimdienst des Landes. Seine wichtigsten Standorte befinden sich in Pullach nahe München sowie in Berlin, wo derzeit eine neue Zentrale errichtet wird. Weitere Dienststellen befinden sich sowohl im In- als auch im Ausland. Insgesamt beschäftigt der BND rund 6.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Der BND ist einer von drei deutschen Interner Link: Nachrichtendiensten, zu denen noch das Bundesamt und die Landesämter für Verfassungsschutz sowie der Militärische Abschirmdienst (MAD) gezählt werden. Ihre Arbeit besteht darin, frei zugängliche und geheime Informationen zu beschaffen und auszuwerten, um frühzeitig Warnungen vor inneren und äußeren Gefahren aussprechen zu können. Wie alle Nachrichtendienste unterliegt auch der BND der Aufsicht des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr). Der BND ist für die Auslandsaufklärung zuständig. Er beschafft Informationen über Vorgänge im Ausland, die die Bundesrepublik und ihre Sicherheit betreffen.

Belastete Geschichte

Die BND-Vorgängerorganisation, die "Organisation Gehlen", entstand 1946 auf Initiative des US-Kriegsministeriums und sollte die Sowjetunion und die Staaten des Interner Link: Warschauer Paktes ausspähen. Bis 1949 unterstand sie der amerikanischen Armee und operierte bis 1955 als selbständiger Teil der CIA; der damalige Interner Link: Bundeskanzler Adenauer erfuhr erst im Sommer 1949 von der Organisation. Benannt war die Organisation Gehlen nach dem ehemaligen Wehrmachtsoffizier Reinhard Gehlen. Während des Interner Link: Zweiten Weltkriegs hatte er die "Abteilung fremde Heere Ost" geleitet, eine Spionageeinheit der Wehrmacht in Osteuropa. Bis 1968 leitete er auch den BND.

Immer wieder wurde Kritik an der Vergangenheit des Nachrichtendienstes hinsichtlich personeller Kontinuitäten mit nationalsozialistischen Organisationen laut, sodass er Ende 2010 begann, diese aufzuarbeiten. Dazu wurde zunächst eine interne Arbeitsgruppe ins Leben gerufen sowie 2011 zusätzlich eine "Unabhängige Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945 bis 1968" (UHK) mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der Frühgeschichte des Bundesnachrichtendienstes und seiner Vorläuferorganisationen beauftragt. Erste Veröffentlichungen der UHK sind für 2016 geplant. Dabei steht vor allem die "Organisation Gehlen" im Fokus. Die Kommission untersucht neben den personellen Kontinuitäten auch die innenpolitischen Aktivitäten des Auslandsgeheimdienstes in den 1950er und 1960er Jahren.

Mehr als zwanzig Jahre war der BND nicht in das deutsche Rechts- und Behördensystem eingegliedert und so jeglicher Kontrolle entzogen. Dies änderte sich 1978, als das "Gesetz über die parlamentarische Kontrolle nachrichtendienstlicher Tätigkeit des Bundes" in Kraft trat. Es regelte die Aufsicht über die Tätigkeit aller Nachrichtendienste, die dem Parlamentarischen Kontrollgremium obliegt. Diese gesetzliche Kontrolle erfolgt jedoch nicht öffentlich. 1990 dann schuf das Gesetz über den Bundesnachrichtendienst, das Externer Link: BND-Gesetz (BNDG), die Rechtsgrundlagen für die Tätigkeit des BND. Das Gesetz regelt unter anderem die Organisation, Aufgaben und Befugnisse des BND, etwa Interner Link: Vorgaben zur Nutzung personenbezogener Daten (§§ 1, 2 und 4 d. BNDG).

NSA-Skandal und Reform des BND

Digitalisierung und Globalisierung von Kommunikationsverbindungen haben in den vergangenen Jahrzehnten die Überwachungsmöglichkeiten des BND – wie auch der Geheimdienste anderer Länder – erheblich gesteigert. Es war gerade die digitale Überwachung und der internationale Datenaustausch des BND mit dem US-Nachrichtendienst NSA (National Security Agency), die seit 2013 zur viel diskutierten Überwachungsaffäre führten. So hat der BND gemäß einer Vereinbarung aus dem Jahr 2002 große Mengen von Daten an die NSA geliefert und über viele Jahre diplomatische- und Regierungseinrichtungen europäischer Länder ausspioniert. Der ehemalige NSA-Mitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden hatte 2013 Externer Link: Material veröffentlicht. Den Unterlagen zufolge soll der BND die deutsche Regierung beeinflusst haben, die Auslegung von Gesetzen zur Privatsphäre aufzuweichen, um bessere Möglichkeiten für den Austausch von geheimdienstlichen Informationen zu schaffen. Im März 2014 wurde auf Antrag aller Bundestagsfraktionen ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die genauen Vorgänge aufklären soll.

Ebenfalls als Folge der NSA-Affäre hat sich die Regierungskoalition in Berlin im November 2015 auf eine Reform der Geheimdienstkontrolle geeinigt. Künftig soll es dem BND verboten werden, in europäischen Ländern und Institutionen zu spionieren. Zudem sollen die Kontrollgremien des Bundestages durch den neu zu schaffenden Posten eines Geheimdienstbeauftragten Unterstützung erhalten. Bürgerinnen und Bürger der EU sollen zudem einen ähnlichen Schutz vor Überwachung durch den BND genießen wie Deutsche. Auch ist vorgesehen, Wirtschaftsspionage zu verbieten. Die entsprechenden Gesetzentwürfe sollen bis zum Sommer 2016 vom Bundestag beschlossen werden, die Reform zum 1. Januar 2017 in Kraft treten.

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