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Nachrichtendienste in Deutschland

Jonas Grutzpalk Tanja Zischke

/ 10 Minuten zu lesen

Die Arbeit der Nachrichtendienste spielt sich meist im Verborgenen ab. Nachrichten- und Geheimdienste umweht daher oft ein Hauch von Unnahbarkeit und Mysterium. Doch was machen diese Dienste eigentlich genau? Wie viele gibt es in Deutschland, wodurch unterscheiden sie sich, und wie sehen die Rechtsgrundlagen ihrer Arbeit aus?

Blick auf den Eingang der Zentrale des Bundesnachrichtendienstes in Pullach bei München (© AP)

Wenn von Nachrichtendiensten die Rede ist, kommt es manchmal zu begrifflichen Unschärfen. Dann wird der Nachrichtendienst mit dem Geheimdienst oder gar der Geheimpolizei gleichgesetzt oder verwechselt. Ein Blick in unsere Nachbarländer mag helfen, im wahrsten Sinne des Wortes einen Begriff davon zu bekommen, was die Tätigkeit von Nachrichtendiensten ausmacht.

In Frankreich heißen die Nachrichtendienste "services de renseignement" (also: "Auskunftsdienste"), während man im englischsprachigen Bereich gerne von "intelligence" spricht. Aufgabe der Nachrichtendienste ist in erster Linie die Sammlung, Auswertung und Weitergabe von Informationen. Geheimhaltung spielt für sie zwar eine bedeutende Rolle, diese ist aber Methode bzw. Mittel zum Zweck statt eigentlicher Kernaufgabe. So halten Nachrichtendienste manche Informationen geheim, um etwa Informanten zu schützen.

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es drei Nachrichtendienste: den Verfassungsschutz als Inlandsnachrichtendienst, den Bundesnachrichtendienst (BND) als zentralen Auslandsnachrichtendienst und den Militärischen Abschirmdienst (MAD), der für militärische Liegenschaften zuständig ist.

Darstellung des Informationsflusses bei einem Nachrichtendienst (CC, Jonas Grutzpalk) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Das zweitälteste Gewerbe der Welt

Nicht ganz ohne Ironie nennen einige Autoren das Nachrichtendienstwesen das "zweitälteste Gewerbe der Welt". Tatsächlich kann die Spionage als eine Form der geplanten Informationsbeschaffung auf eine lange Geschichte zurückblicken. Hingegen ist die bürokratisch organisierte Form der staatlichen Informationsbeschaffung eine Erscheinung der Moderne. Während nämlich vormoderne Formen der Polizei in der Regel ausschließlich strafverfolgend in Erscheinung traten, haben moderne Polizeien den Anspruch, auch präventiv, also bereits vor dem Entstehen einer Straftat, tätig zu werden. Zu diesem Zweck müssen sie Informationen zusammentragen und archivieren, um bei Bedarf auf sie zurückgreifen zu können. Polizei, Nachrichtendienst und Archiv haben so einige Schritte ihrer Modernisierung gemeinsam vollzogen. Mit der Zeit hat sich dabei eine Struktur des organisierten Wissensmanagements herausgebildet, die bei den meisten Nachrichtendiensten ungefähr gleich aussieht. Herzkammer dieses Informationsflusses ist die nachrichtendienstliche Auswertung. Hier fließen die Daten zusammen, die durch nachrichtendienstliche Erhebungsmethoden sowie durch offene Recherche erfasst werden. In der Auswertung werden Daten gesammelt, aber, was noch viel wichtiger ist: gedeutet.

Nachrichtendienste und Geheimdienste – damals und heute

Eine wichtige Unterscheidung betrifft jene zwischen demokratischen Nachrichtendiensten und diktatorischen Geheimdiensten. In diesem Zusammenhang ist nach der rechtsstaatlichen Kontrolle der jeweiligen Nachrichtendienste zu fragen. So kannte etwa die Geheime Staatspolizei (Gestapo) unter der NS-Diktatur (1933-1945) überhaupt keine rechtlichen Schranken. In ihrer "Reichsbürgerkunde" von 1941 beschreiben die Autoren Heinrich Kluge und Rudolf Krüger das so: Die Gestapo "als Hüterin der Gemeinschaft hat überall dort einzuschreiten, wo deren Belange es erfordern. Weder ist dafür ein gesetzlicher Auftrag notwendig, noch gibt es eine sie hindernde gesetzliche Schranke; ihr Ziel ist die innere Sicherheit der deutschen Volksordnung gegen jede Störung und Zerstörung. Ihre Tätigkeit darf durch Normen weder gebunden noch beschränkt werden".

Ein weiteres Beispiel für einen Geheimdienst ist das Ministerium für Staatssicherheit (MfS oder Stasi) in der DDR, das sich als "Schwert und Schild der Partei" in einer "Diktatur des Proletariats" definierte. Die Rechtsgrundlage der Stasi war ein Statut des Nationalen Verteidigungsrates, das nie veröffentlicht wurde. Über die Aufgaben und Befugnisse der Behörde wussten daher auch die Mitarbeiter nur vage Bescheid. Trotz oder auch wegen dieser mangelhaften rechtlichen Regelung der Zuständigkeiten wuchs die Behörde immer weiter an: In den letzten Jahren der DDR kam auf 170 DDR-Bürgerinnen und Bürger ein hauptamtlicher Stasi-Mitarbeiter. Zum Vergleich: In der Bundesrepublik Deutschland kommt ein Verfassungsschützer auf ca. 13.000 Bürgerinnen und Bürger.

Wer kontrolliert die Dienste?

Im Unterschied zu Geheimdiensten müssen Nachrichtendienste in der Demokratie einer demokratischen Kontrolle unterworfen sein. In Deutschland wird diese Rolle durch verschiedene parlamentarischen Kontrollgremien übernommen, die im Bundestag und in den Landtagen angesiedelt sind. In Diktaturen gibt es demgegenüber verschiedene undemokratische Methoden, die Kontrolle der Geheimdienste sicherzustellen: Häufig werden mehrere, parallel und in Konkurrenz zueinander stehende Geheimdienste eingerichtet. Oder aber die Geheimdienste sind allein dem Herrscher, einer Partei oder einer machthabenden Familie unterstellt.

Die Unterscheidung von demokratischen Nachrichten- und diktatorischen Geheimdiensten ist allerdings historisch betrachtet sehr holzschnittartig und auch heute nicht immer korrekt. Auch die Nachrichtendienste der Bundesrepublik Deutschland waren in ihrer Geschichte nicht immer eindeutig rechtsstaatlich gebunden, und bis heute lassen sich Mängel in Fragen der Transparenz und Überprüfbarkeit feststellen.

Das Trennungsgebot als eine deutsche Besonderheit

Die Erfahrungen mit der politisch gelenkten Gestapo begründeten die Zurückhaltung, mit der Ende der 1940er Jahre die Aufstellung von Nachrichtendiensten in der entstehenden Bundesrepublik Deutschland diskutiert wurde. Es war den westlichen Alliierten klar, dass die künftige Bundesregierung eine "Stelle zur Sammlung und Verbreitung von Auskünften über umstürzlerische, gegen die Bundesregierung gerichtete Tätigkeiten" einrichten würde. Allerdings hielten die Militärgouverneure in dem sogenannten "Polizeibrief" vom 14. April 1949 fest, dass "diese Stelle (...) keine Polizeibefugnisse" (z.B. vorläufige Festnahmen, Hausdurchsuchungen usw.) haben solle.

Hier finden wir die historische Wurzel dessen, was bis heute als Trennungsgebot von Polizei und Nachrichtendiensten bezeichnet wird. Es schreibt vor, dass in Deutschland Nachrichtendienste bestimmte Informationen zusammentragen und auswerten; Aufgabe der Polizei ist es, gegebenenfalls aus diesen Informationen Konsequenzen zu ziehen und polizeiliche Maßnahmen zu ergreifen. Zum Beispiel kommt es vor, dass eine Landesbehörde für Verfassungsschutz von Waffenbesitz in den Händen von Rechtsextremisten erfährt. Es ist dann Aufgabe der Polizei, solch ein Waffenlager aufzulösen und die Besitzer festzunehmen.

Das Trennungsgebot ist kein zwingender Bestandteil eines demokratischen Nachrichtendienstes. Eine strikte Trennung zwischen polizeilicher und nachrichtendienstlicher Tätigkeit wird nicht in allen demokratischen Ländern so vehement eingefordert wie in Deutschland. Die US-amerikanische Bundespolizei FBI etwa hat sowohl polizeiliche als auch nachrichtendienstliche Kompetenzen. Die Erfahrungen aus der beschriebenen Arbeitsteilung lassen allerdings für Deutschland den Schluss zu, dass das Trennungsgebot ein geeignetes Instrument ist, um einen demokratiefeindlichen Missbrauch der Nachrichtendienste zu vermeiden.

Das Trennungsgebot wirkt sich auf verschiedenen Ebenen aus:

  1. Es besteht ein Angliederungsverbot der Nachrichtendienste an jede Polizeidienststelle (organisationsrechtliche Dimension).

  2. Den Nachrichtendiensten sind polizeiliche Befugnisse strikt versagt (funktionelle Dimension).

  3. Diese befugnisrechtlichen Trennung hat auch Auswirkungen auf den Umgang mit Informationen. Demnach dürfen die Nachrichtendienste keinen Zugang zu polizeilichen Informationen haben, die unter dem Einsatz polizeilicher Zwangsbefugnisse erhoben wurden.

  4. Beiden Einrichtungen werden unterschiedliche Aufgabenbereiche zugestanden. Während sich die Polizeibehörden um die Prävention und Aufklärung von Straftaten kümmern, konzentriert sich das Tätigkeitsfeld der Nachrichtendienste auf das sogenannte Vorfeld: Die Nachrichtendienste beobachten Bestrebungen, deren Verhaltensweisen (noch) nicht strafbar sind, das heißt die sich am Rande der Legalität bewegen (Vorfeldaufklärungsfunktion).

  5. Damit das Trennungsgebot effektiv seine Wirkung entfalten kann, ist eine Personalunion zwischen Polizei und den Nachrichtendiensten untersagt (personelle Trennung).

Aufklärung im Inland als Auftrag des Verfassungsschutzes

Der Verfassungsschutz ist – wie die Polizei auch – Ländersache. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) ist dementsprechend keine weisungsbefugte Oberbehörde, sondern eine Art Dachverband der verschiedenen Landesbehörden für Verfassungsschutz (LfV). Die Verfassungsschutzbehörden der Länder sind der zivile Inlandsnachrichtendienst in der Bundesrepublik Deutschland. Laut den gesetzlichen Bestimmungen in den jeweiligen Länderverfassungsschutzgesetzen dienen sie dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, dem Bestand und dem Schutz des Bundes oder eines Landes. Kontrolliert werden die Landesbehörden für Verfassungsschutz durch parlamentarische Gremien in den jeweiligen Landtagen, die in manchen Bundesländern Parlamentarisches Kontrollgremium (PKG) und in anderen Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) heißen.

Das Organigramm des LfV Hessen als Beispiel für die mögliche interne Organisation einer VS-Behörde in Deutschland. Stand: 17.10.2011 (© LfV Hessen )

Ein Aspekt der Tätigkeit des Verfassungsschutzes, die Spionageabwehr, soll hier nur kurz zur Sprache kommen. Sie ist in den meisten Landesbehörden thematisch und personell eher unterrepräsentiert. Der so genannte "Geheimschutz" − also die technische und personelle Sicherung von sicherheitsrelevanten Informationen − ist eine Aufgabe, die von den meisten Verfassungsschutzbehörden in Form der Aufklärungstätigkeit für sicherheitssensible Behörden und Firmen angeboten wird.

Der zentrale Auftrag der Verfassungsschutzbehörden ist es, auf Dauer angelegte Personenzusammenschlüsse (sogenannte Bestrebungen), die einige Kernbereiche des demokratischen Gemeinwesens angreifen (die sogenannte freiheitlich demokratische Grundordnung), sowohl mit offenen als auch mit verdeckten Methoden zu beobachten. Zu den verdeckten Methoden gehören unter anderem Observationen, Abhörmaßnahmen oder der Einsatz von V-Leuten, die Informationen aus den Bestrebungen an den Verfassungsschutz verkaufen.

Die freiheitlich demokratische Grundordnung als oberster Wert

Was zur freiheitlich demokratischen Grundordnung zählt, wurde erstmals 1952 vom Bundesverfassungsgericht definiert. "Freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Art. 21 II GG ist eine Ordnung, die unter Ausschluss jeglicher Gewalt und Willkürherrschaft eine rechtsstaatliche Herrschaftsordnung auf der Grundlage der Selbstbestimmung des Volkes nach dem Willen der jeweiligen Mehrheit und der Freiheit und Gleichheit darstellt. Zu den grundlegenden Prinzipien dieser Ordnung sind mindestens zu rechnen: die Achtung vor den im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechten, vor allem vor dem Recht der Persönlichkeit auf Leben und freie Entfaltung, die Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und die Chancengleichheit für alle politischen Parteien mit dem Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung einer Opposition."

Dieses Zitat benennt die Kernelemente der Demokratie. Aus der Perspektive des Verfassungsschutzes gilt eine Bestrebung als extremistisch (also als gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung ausgerichtet), wenn sie an einem oder mehreren der oben genannten Grundpfeiler der Demokratie rüttelt. Dabei kann kritisch festgestellt werden, dass die Anhaltspunkte, die eine solche Einschätzung stützen, von den Verfassungsschutzbehörden nicht immer deutlich gemacht werden. Auch ist der Prozess, der zur Kategorisierung einer Gruppe als "extremistisch" führt, von außen nicht immer klar nachvollziehbar.

Umstrittene Gründerjahre: Der Bundesnachrichtendienst

Der Bundesnachrichtendienst (BND) ist der einzige Auslandsdienst sowie der älteste Nachrichtendienst der Bundesrepublik. Er ist kurz nach Kriegsende aus der provisorischen Einrichtung der Organisation Gehlen hervorgegangen. Diese wurde 1946 auf Initiative des US-Kriegsministeriums gegründet und nach ihrem Gründer, dem ehemaligen Wehrmachtsoffizier Reinhard Gehlen, benannt. Gehlen hatte seine geheimdienstlichen Erfahrungen als Leiter der "Abteilung fremde Heere Ost" gesammelt, einer Spionageeinheit der Wehrmacht. Gehlen blieb bis 1968 Leiter der Behörde, die ab 1956 unter dem Namen Bundesnachrichtendienst firmierte. Da während der Gründungsphase des BND einige ebenfalls mit SS-Vergangenheit belastete ehemalige Kollegen von Reinhard Gehlen in der neuen Behörde unterkamen, muss sich der BND zunehmend mit dem Vorwurf mangelnder Aufarbeitung seiner Geschichte auseinandersetzen. Im Jahr 2011 wurde eine Historikerkommission mit der Erforschung dieser Gründungsphase beauftragt.

Bis 1949 unterstand die Organisation Gehlen der amerikanischen Armee und operierte dann bis 1955 als selbständiger Teil der CIA. Der Auftrag der Organisation Gehlen konzentrierte sich vorerst auf die militärische "Ostaufklärung", das heißt auf das Ausspähen der Sowjetunion und der Staaten des Warschauer Paktes. Eine stetige Ausweitung des Tätigkeitsfeldes der Organisation auf politischer und wirtschaftlicher Ebene erfolgte unter Zustimmung der CIA. Erst im Spätsommer 1949 wurde die Bundesregierung unter Konrad Adenauer von der Existenz dieser Einrichtung unterrichtet. Im April 1956 wurde die Organisation in den deutschen Behördenkörper überführt und an das Bundeskanzleramt angegliedert. Die Zentrale des BND befindet sich in Pullach bei München. Derzeit wird der Umzug der Behörde nach Berlin vorbereitet. Darüber hinaus existieren zahlreiche Außenstellen im gesamten Bundesgebiet und im Ausland (Residenturen). Zurzeit beschäftigt der BND etwa 6.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im In- und Ausland.

Formale Gesetzesregelung der Aufgaben erst seit 1990

Bis 1990 wurde das Aufgabenprofil des BND lediglich durch einen Beschluss der Bundesregierung beschrieben; es gab also keine formalrechtliche Grundlage für die Tätigkeiten des BND. Erst am 20. Dezember 1990 hat der BND mit dem Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BNDG) eine formalgesetzliche Legitimation durch den Bundesgesetzgeber erhalten. Der Gesetzestext regelt Struktur und Aufgaben des BND. Demnach ist der BND "eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundeskanzlersamtes" (§ 1 Abs. 1 Satz 1 BNDG) und seit dem 3. Mai 1989 dem Chef des Bundeskanzleramtes unterstellt. Damit ist der BND keinem Fachminister zugeordnet.

Beobachtung und Aufklärung im Ausland als zentrale Aufgaben

Obwohl der BND auch Daten im Inland erheben und verarbeiten darf (§§ 2-6; §§ 8-11 BNDG), wird aus der Aufgabenzuweisung des § 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG der Charakter eines Auslandsdiensts deutlich. Entsprechend dieser Norm wird dem BND der gesetzliche Auftrag übertragen, "Erkenntnisse über das Ausland, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung für die Bundesrepublik Deutschland sind [zu sammeln und] die erforderlichen Informationen [auszuwerten]" (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BNDG). Das Aufgabenfeld des BND umfasst folglich viele Themenbereiche: Militär, Wirtschaft, Technik und Politik. Die einzelnen Bereiche werden von der Bundesregierung durch ein Auftrags- und Interessenprofil festgelegt. Die Beobachtung des Auslandes erfolgt sowohl kontinuierlich als auch bedarfsorientiert. Überdies ist sie regional und thematisch ausgerichtet, wobei der BND auch ohne konkreten Beobachtungsauftrag aufklärt. Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse unterrichtet der BND die Bundesregierung, die infolgedessen Maßnahmen ergreifen kann.

Der Nachrichtendienst der Bundeswehr: Der Militärische Abschirmdienst

Der Militärische Abschirmdienst (MAD) ist der Nachrichtendienst der Bundeswehr. Er wird auch als der Verfassungsschutz der Bundeswehr bezeichnet. Ihm obliegen daher im Wesentlichen die gleichen Aufgaben wie den Verfassungsschutzbehörden der Länder, jedoch ausschließlich im Geschäftsbereich und auf den Liegenschaften des Bundesministeriums für Verteidigung (BMVg). Die Daseinsberechtigung des MAD leitet sich aus der Einrichtung der Bundeswehr ab.

Der MAD ist aus einer Sicherheitsgruppe hervorgegangen, die im sogenannten Amt Blank integriert war. Dieses Amt gilt als die Vorgängerinstitution des BMVg. Die Sicherheitsgruppe hatte bereits vor Aufstellung der Bundeswehr (1955/1956) damit begonnen, militärische Informationen zu sammeln. Sie wurde mit der Gründung der Bundeswehr auf Grundlage der Organisationsgewalt des BMVg in die Streitkräfte eingegliedert und das "Amt für die Sicherheit der Bundeswehr" gegründet.

Rechtsgrundlagen und Aufgabenbereich

Ebenso wie der BND wurde auch der MAD erst im Dezember 1990 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt (Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst, MADG). Der MAD ist organisatorisch und funktional unmittelbarer Bestandteil der Bundeswehr und untersteht dem BMVg. Als Teil der Streitkräfte gehört der MAD dem Organisationssektor der Streitkräftebasis an. Truppendienstlich untersteht er dem Generalinspekteur der Bundeswehr, fachlich dem Staatssekretär des BMVg. Der MAD unterhält zurzeit 1.200 Dienstposten.

Der gesetzliche Auftrag ist in § 1 Abs. 1 MADG normiert. Laut dieser Vorschrift hat der MAD die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen über verfassungsfeindliche Bestrebungen und sicherheitsgefährdende und geheimdienstliche Tätigkeiten zur Aufgabe, sofern sich diese Bestrebungen oder Tätigkeiten gegen die Bundeswehr oder deren Angehörige richten oder von Bundeswehrangehörigen ausgehen. Im Zuge der vermehrten Auslandseinsätze der Bundeswehr wurde mit § 14 MADG eine Rechtsgrundlage geschaffen, die den Schutz der im Ausland eingesetzten Truppen vor Ort gegen Spionage oder extremistische Kräfte begründet. Zur Wahrnehmung seines gesetzlichen Auftrages erhält der MAD Befugnisse, die denen des Verfassungsschutzes gleichkommen.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Kluge, Heinrich; Krüger, Rudolf: Reichsbürgerkunde, 1941, 368

Weitere Inhalte

Dr. Jonas Grutzpalk ist seit 2009 Professor für Soziologie und Politikwissenschaft an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW. Er studierte Politikwissenschaften, Soziologie und vergleichende Religionswissenschaften in Münster, Oxford und Bonn und war Referent für "Verfassungsschutz durch Aufklärung“ im Brandenburger Innenministerium.

Studium der Verwaltungswissenschaft an der Universität Potsdam, Praktika bei der Berliner Polizei und dem Brandenburger Verfassungsschutz.